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Reedition ist zulässige Bezeichnung für Produktfälschung bei eBay - AG Nürnberg, Urteil vom 17.01.06, Az.: 16 C 8295/05

Autor

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Das Amtsgericht Nürnberg hält den Begriff der "Reedition" für eine geeignete Bezeichnung, um eine gegen das Markengesetz verstoßende Produktfälschung bei eBay zu verkaufen. Dem Käufer, der allein aufgrund dieses Begriffes und des niedrigen Kaufpreises hätte erkennen müssen, dass es sich nicht um ein Originalprodukt handelt, stehen daher keine Ansprüche zu, weder auf Rückzahlung des Kaufpreises, noch auf Zahlung von Schadensersatz. Die Entscheidung wurde in der Berufungsinstanz vor dem LG Nürnberg aufgehoben!

AMTSGERICHT NÜRNBERG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 16 C 8295/05
Entscheidung vom 17. Januar 2006
*nicht rechtskräftig*

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger -

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Withöft & Terhaag, Stresemannstr. 26, 40210 Düsseldorf ;

gegen

...

- Beklagter -

Prozeßbevollmächtigte:

...

wegen Schadenersatz

erläßt das Amtsgericht Nürnberg durch ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2005 folgendes

ENDURTEIL

 

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluß:

Der Streitwert wird auf 4.729,04 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung von 4.729,04 EUR Schadensersatz.

Am 18.10.2004 erwarb der Kläger über das Internetauktionshaus eBay über die eBay-Adresse des Beklagten einen sogenannten "Ball Chair" des finnischen Designers Eero Aarnio. Der Stuhl wurde Unter der Nummer 4329459268WTRP zu einem Preis von 1.919,00 EUR verkauft. Der Kaufpreis von 1.919,00 EUR wurde von dem Beklagten über den Treuhandservice iloxx vollständig entrichtet. Am 20.10.2004 teilte der Verkäufer dem Kläger mit, dass die Zahlung eingegangen sei und der Ball Chair versandt würde.

In der Folgezeit erhielt der Kläger den Ball Chair. Am 28.10.2004 bemängelte der Kläger, dass die Fieberc-lasaußenschale eine Beschädigung in der Größe eines Ein-Cent-Stückes aufwies und dass sich das Innenpolster an mehreren Stellen gelöst hatte sowie nicht in Gänze vernäht zu sein schien. Der Sessel wurde ausgetauscht im Oktober 2004. Danach bestätigte der Kläger gegenüber iloxx, dass der Kaufpreis ausgezahlt werden könne.

Mit Schreiben vom 09.05.2005 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Vertrag.

Der Kläger behauptet, er habe im Frühjahr des Jahres 2005 über die Firma Adelta erfahren, dass der von ihm erworbene Sessel kein Original Ball Chair von Eero Aarnio ist. Er meint, er sei bei Abschluß des Vertrages getäuscht worden. Ihm stehe daher der Betrag in Höhe von 4.500,00 EUR zu, den er aufwenden müßte, um einen Original Ball Chair zu erwerben.

Mit Schriftsatz vom 19.5.2005 erhob der Kläger Klage zum Amtsgericht Recklinghausen. Nach entsprechendem Hinweis des Amtsgerichts Recklinghausen beantragte der Kläger Verweisung an das Amtsgericht Nürnberg.

Mit Beschluß vom 28.9.2005 erklärte sich das Amtsgericht Recklinghausen für örtlich unzuständig und verwies die Sache an das Amtsgericht Nürnberg.

Mit Schreiben vom 2.11.2005, bei Gericht eingegangen am 3.11.2005 änderte der Kläger seinen Klageantrag.

Der Kläger beantragt nunmehr:

 

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.919,00 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des "Ball Chair" sowie weitere 2.810,04 EUR nebst Zinsen aus 4.729,04 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.5.2005 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt:

 

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte behauptet, nicht er, sondern sein Enkel ..., habe den Sessel zum Verkauf angeboten. Er habe lediglich dem Enkel seine eBay-Adresse und sein Visa-Kartenkonto zur Verfügung gestellt.

Im übrigen sei dem Kläger kein Original Ball Chair angeboten worden. Vielmehr ergäbe sich aus der Beschreibung des Sessels, dass es sich dabei um eine Reedition handelt, die nicht ein Originalteil darstelle. Schon aufgrund des erheb­lichen Preisunterschiedes hätte sich jedem aufdrängen müssen, dass kein Original Ball Chair verkauft werden sollte.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz, da er genau die Sache bekommen hat, die er bestellt hat.

Der Beklagte ist passivlegitimiert. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, er habe seinem Enkel lediglich seine eBay­Adresse und sein Kreditkartenkonto zur Verfügung gestellt, jedoch hat er damit eine Anscheinsvollmacht erteilt. Damit ist er zum Vertragspartner des Klägers geworden.

Der Kläger hat nicht beweisen können, dass die Voraussetzun­gen des §§ 823 BGB i.V.m. 263 StGB vorliegen würden. Eine Täuschungshandlung des Beklagten im Sinne des 263 StGB ist nicht ersichtlich. Zudem wird es dem Kläger schwer fallen nachzuweisen, dass der Beklagte den entsprechenden Vorsatz und die entsprechende Bereicherungsabsicht gehabt hatte.

Der Kläger hat jedoch auch keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß 437 BGB. Voraussetzung für die Annahme eines solchen Schadensersatzes wäre, dass die Kaufsache mit einem Sachmangel im Sinne des § 434 BGB behaftet gewesen war. Nach dem neuen Schuldrecht richtet sich die Frage des Sachmangels nach dem subjektiven Fehlerbegriff. Es ist also entscheidend, ob die Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs die vereinbarte Beschaffenheit hatte.

Der Kläger behauptet, der Sessel hätte nach der Produktbeschreibung ein Original Ball Chair sein müssen, der von der Firma Adelta in Lizenz hergestellt wird und in der lizensierten Fassung 4.500,00 EUR kostet. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Aufgrund der Produktbeschreibung des Beklagten, die dem Kläger über eBay zugänglich gemacht wurde (Bl. WTRP43 d.A.), kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine lizensierte Originalversion des Sessels angeboten wurde.

Zwar ist dem Kläger insoweit rechtzugeben, dass aus dem Begriff "Reedition" allein nicht geschlossen werden kann, dass es sich dabei um eine Kopie handelt. Jedoch kann wiederum aus dem Begriff heraus auch nicht geschlossen werden, dass es sich dabei um die lizensierte Reedition handelt. Der Begriff der Reedition muß hierbei auch im Zusammenhang mit dem angebotenen Preis gesehen werden. Der Sessel kostet in der lizensierten Version 4.500,00 EUR. Der streitgegenständliche Sessel wurde zu einem Preis angeboten, der mehr als 50 % unter dem empfohlenen Preis der Firma Aldelta lag. Dabei hätte sich dem Bieter aufdrängen müssen, dass nicht die lizensier­te Version verkauft wird. Zudem wurde der Sessel nicht im Fachhandel erworben, sondern über eBay. Den Bietern wurde nicht zugesichert, dass es sich dabei um eine lizensierte Ausführung der Reedition der Firma Adelta handelte.

Zudem ist davon auszugehen, dass die interssierten Käufer sich auf dem Designer-Möbel-Markt auskennen und wissen, dass die lizensierte Reedition im Neupreis 4.500,00 EUR kostet.

Daher ist davon auszugehen, dass der Kaufvertrag nicht über einen Ball Chair der Firma Adelta abgeschlossen wurde, sondern über einen Ball Chair einer unbekannten Firma.

Zudem ist die Einlassung des Klägers kaum nachvollziehbar, er habe erst im Frühjahr 2005 über die Firma Adelta erfahren, dass allein diese die Lizenz zur Herstellung des Ball Chair habe und dass dieser 4.500,00 EUR kosten würde. Bereits in der Produktbeschreibung bei eBay war nämlich angegeben, dass der empfohlene Verkaufspreis des Herstellers 4.500,00 EUR betragen würde.

Aus alledem ist zu schließen, dass der vom Kläger erworbene Sessel nicht mit einem Mangel behaftet war. Daher hat der Kläger weder ein Rücktrittsrecht noch Anspruch auf Schadensersatz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Unterschrift