Rien Ne Va Plus - Please Place Your Bet
Überblick zum Betreiben und Bewerben von Casinos und Sportwetten im Internet
von Rechtsanwalt Michael Terhaag
Erster Teil unserer langjährigen Serie zum Glücksrecht (Inhaltsverzeichnis hier)
Das Gesetz sanktioniert sowohl das Betreiben als auch das Bewerben von Glücksspiel ohne behördliche Genehmigung mit Freiheits- und Geldstrafe. Im Zusammenhang mit Sportwetten und Glücksspiel im Internet hat sich von Seiten der Rechtssprechung in jüngster Zeit einiges getan.
Hier sind zunächst einige maßgebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Spielarten zu treffen. So ist insbesondere die eigentliche Wette von den so genannten Sportwetten, aber auch Glücksspiele von Geschicklichkeits- und Gewinnspielen zu unterscheiden.
Bei der Wette als solche geht es vordergründig um die Bereinigung bzw. Beendigung einer Meinungsverschiedenheit. Hier steht nicht der in Aussicht stehende Gewinn, sondern vielmehr sozusagen das „Recht haben“ gegenüber dem Opponenten im Vordergrund. Während diese Art von Wette grundsätzlich straffrei ist, steht der Großteil der Gelehrten auf dem Standpunkt, dass die Sportwette, bei der eben nicht die Meinung, sondern der in Aussicht gestellte Gewinn Triebfeder des Vertragsschlusses ist, einer behördlichen Genehmigung bedarf, und ohne diese dementsprechend strafbar ist, vgl. dazu unten mehr.
Bei dem straffreien Geschicklichkeitsspiel ist der Ausgang und damit der potentielle Gewinn maßgeblich von den Fähigkeiten des Mitspielers und im Gegensatz zum Glücksspiel nicht vom Zufall abhängig. Letztgenanntes Glücksspiel unterscheidet sich wiederum vom Gewinnspiel in der Regel maßgeblich dadurch, dass hier ein - über den Verwaltungsaufwand hinausgehender - Betrag als Einsatz zum Mitspiel erforderlich ist, und die Erhöhung dieses Einsatzes regelmäßig die Gewinnmöglichkeit entsprechend ansteigen lässt.
Dies nur zur Einleitung. Bislang löste dies regelmäßig berechtigter Auseinandersetzungen hinsichtlich des Tatbestandmerkmales der „behördlichen Genehmigung“ aus. Lediglich unzweifelhaft dürfte an der Sache gewesen sein, dass im Fall gar keiner behördlichen Genehmigung, das Betreiben eines solchen Angebotes ebenso strafbar ist, wie eindeutig straffrei, im Fall einer vorliegenden zulässigen behördlichen deutschen Genehmigung. Bis vor kurzem war in diesem Zusammenhang zumindest nicht eindeutig, wie hier mit ausländischen Genehmigungen verschiedener Art und Güte umzugehen sein muss.
Unter Betrachtung des Schutzzwecks der hier im Mittelpunkt stehenden Norm, lässt sich festhalten, dass die Allgemeinheit und ihr Schutz vor Spielsucht und dem unzuverlässigen Betreiben von Glücksspielen insbesondere im Zusammenhang mit dem potentiellen Gewinn im Vordergrund stehen.
Richtigerweise wäre die konkret vorliegende Genehmigung zum Betrieb eines Online-Casinos oder virtuellen Wettbüros genau zu untersuchen, bevor man über dessen Strafbarkeit entscheidet. Während einer Glücksspielerlaubnis aus dem karibischen Raum, die wohlmöglich gegen ein paar Dollar ohne hinreichende Prüfung des Antragstellers erworben werden kann, sicher erhebliche Bedenken gegenüber stehen, lassen sich diese gegenüber europäischen Genehmigungen, so genannter Mitglieds- oder Gemeinschaftsstaaten, nach Ansicht des Autors nicht ohne weiteres aufrecht erhalten.
Es entbehrt nicht einer gewissen Arroganz, wenn allenfalls Deutschland für sich beansprucht, hinreichend die Bedürfnisse im Zusammenhang mit Glücksspiel, entsprechenden Antragstellern und der zu schützenden Bevölkerung überprüfen zu können, dies ihren Nachbarstaaten, wie z. B. den Niederlanden oder Österreich aber nicht zutraut.
Wie jedoch jüngst durch den BGH durch das Urteil „Sportwetten III“ vom 14. März 2002 - AktZ: I ZR 279/99 - entschieden wurde, stößt diese unterschiedliche Beurteilung gemeinschafts-, d.h. europarechtlich, jedoch nicht auf Bedenken. Insbesondere sei die die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EG) hierdurch nicht unzulässig eingeschränkt. Inwieweit ein Mitgliedstaat auf seinem Gebiet im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen Beschränkungen zum Schutz der Spieler und zum Schutz der Sozialordnung vorsehen will, stehe im Ermessen der nationalen Stellen dieses Mitgliedstaates. Ihnen obliege es zu beurteilen, ob es zur Erreichung des verfolgten Zieles notwendig ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck bestimmte Kontrollen vorzusehen, solange keine Diskriminierung vorliegt. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob diese Vorschrift in sich nicht diskriminierend und vor dem Hintergrund eines einheitlichen Gemeinschaftsgebietes europarechtlich überhaupt haltbar ist.
Auch das OLG Hamburg hatte in seiner unter dem 10. Januar 2002 - AktZ: 3 U 218/01 - verkündeten Entscheidung bereits in diesem Sinne entschieden, eine österreichische Wettspielgenehmigung ausdrücklich nicht zugelassen und ein entsprechendes Angebot und dessen Bewerbung als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG bezeichnet. Insgesamt muss vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtssprechungen zumindest jegliches Online-Casinos von deutschem Boden aus derzeitig gänzlich ausscheiden.
An dieser Stelle soll allerdings nicht ein - aus Sicht des Autors - hervorragendes Urteil des LG Bochum vom 26. Februar 2002 - AktZ: 01 I 49/01 - im Zusammenhang mit Sportwetten unerwähnt bleiben. In geradezu unnachahmlicher Art analysiert hier die entscheidende 2. große auswärtige Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum die Tatbestandsvoraussetzungen eines verbotenen Glücksspiels am Beispiel von Sport- und hier im besonderen Fußballwetten.
Hiernach kommt die Kammer völlig vertretbar zu der Entscheidung, dass es sich bei Fußballtipps eben nicht um Glücksspiel handelt, da der Ausgang zumindest nicht allein vom Zufall abhängen dürfte. Vielmehr wird darauf abgestellt, dass der konkrete Mitspieler durch Erfahrungen und Kenntnisse des konkreten Wettkampfes sich einen erheblichen Vorteil verschaffen und so nicht mehr von reinem Glücksspiel gesprochen werden kann.
Die Kammer geht sogar so weit, dass im Grunde genommen der Vergleich mit einem Aktienerwerb von Papieren des neuen deutschen Marktes zu dem Ergebnis führen muss, dass es sich hierbei deutlich mehr um Glücksspiel handeln dürfte. „Der Mitspieler einer Sportwette, der aufgrund bestimmter Informationen und daraus von ihm abgeleiteter Beurteilungen des zukünftigen Ergebnisses eines Spielereignisses seinen Tipp abgibt, verhält sich letztlich nicht anders, als ein Aktionär, der an der Börse aufgrund bestimmter von ihm über ein dort notiertes Unternehmen eingeholter Informationen und des von ihm erwarteten bzw. prognostizierten wirtschaftlichen Ergebnisses des Unternehmens Aktien erwirbt.„ Auch hier setzt letztendlich der Käufer durch entsprechendes Zusatzwissen auf sein Team (Aktiengesellschaft) und zumindest in jüngster Zeit dürften - auch da sind sich die große Strafkammer und der Autor einig - die Gewinnchancen beim Aktienhandel deutlich schlechter gewesen sein.
Folgt man dieser Argumentation, wäre weder das gewerbliche Betreiben noch Bewerben von bestimmten Sportwetten genehmigungsbedürftig und damit in jedem Fall straffrei. Aber Vorsicht ist geboten: das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und die Revision wurde seitens der Staatsanwaltschaft bereits beim BGH vorgelegt!