OLG Karlsruhe: Datenschutz als Marktverhaltensregel abmahnbar
- von Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Peter Kaumanns, LL.M. -
Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 09.05.2012, Az.: 6 U 38/11) hatte zu klären, ob es einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn sich ein Energieversorger an ehemalige Kunden unter Nutzung von Kundendaten, die bei der Kündigung eines Stromliefervertrags erhoben wurden, mit einem Werbeschreiben wendet.
Beide Parteien sind Energieversoger. In mehreren Schreiben an ehemalige Kunden nutzte die Beklagte die ihr im Rahmen der Vertragsbeendigung zur Kenntnis gelangte Information, dass die Kunden zur Klägerin gewechselt waren, indem sie einen ihrer aktuellen Stromtarife dem Stromtarif der Klägerin vergleichend gegenüberstellt. Somit wurde offensichtlich eine Rückgewinnung ehemaliger Kunden angestrebt.
Das Oberlandesgericht prüfte sämtliche in Betracht kommenden Normen, welche die Verwendung der Kunden hätten rechtfertigen können und kam zu dem Ergebnis, dass die Nutzung personenbezogener Daten (Name und Anschrift früherer eigener Kunden, jetziger Kunden der Klägerin) ohne Einwilligung der Kunden zum Zweck der Versendung eines individuellen Werbeschreibens nicht gemäß § 28 Abs. 1 bis 3 BDSG erlaubt war.
Weiterhin stellten die Richter fest, dass es sich bei den §§ 4 Abs. 1, 28 BDSG um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt, weil und soweit sie die Zulässigkeit des Erhebens (§ 3 Abs. 3 BDSG), Verarbeitens (§ 3 Abs. 4 BDSG) und Nutzens (§ 3 Abs. 5 BDSG) personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 1 BDSG) für Zwecke der Verkaufsförderung, insbesondere der Werbung, regeln.
Der § 4 Nr. 11 UWG erfasst nämlich grundsätzlich nur solche Vorschriften, die zumindest auch den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezwecken. Marktteilnehmer sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind. Der Zweck, Interessen der Marktteilnehmer zu schützen, muss dabeu nicht der einzige und nicht einmal der primäre Zweck der jeweiligen Norm sein.
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe ist deshalb besonders interessant, da hinsichtlich der Wettbewerbswidrigkeit von Datenschutzverstößen bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung besteht und die Obergerichte dieses uneinheitlich bewertet haben. Teilweise wird die wettbewerbsrechtliche Haftung insgesamt abgelehnt, da es sich bei den Datenschutzvorschriften nicht um Marktverhaltensregeln handeln soll. Andere Gerichte gehen davon aus, dass Datenschutz als Marktverhaltensregel nur abmahnbar ist, wenn Daten zu Werbezwecken rechtswidrig erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.
Für die Praxis bedeutet dieses Urteil mehr den je, dass Unternehmen, die einschlägige Daten erheben, verarbeiten und nutzen die Einhaltung des Datenschutzes, z.B. bei Webangeboten durch Umsetzung einer ordnungsgemäßen Datenschutzerklärung, sicherstellen müssen. Anderenfalls drohen nicht nur staatliche Bußgeldern, sondern daneben auch wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen mit der Konkurrenz.
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Das Urteil des OLG Karlsruhe finden Sie im Volltext hier.