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Flop, Turn, River - eine Nation im Pokerfieber

Flop, Turn, River... alle sind im Pokerfieber

 

 - Texas Hold'em ist beliebt nicht mehr nur im Netz, sondern auch im TV sowie kleinen und großen Veranstaltungsräumen -

von Rechtsanwalt Michael Terhaag

 

 

Die Thematik Glückspiel haben wir ja bereits häufig angesprochen. Zum Einstieg empfehlen wir unbedingt einen ersten B(K)lick in unseren Einführungsartikel zum Thema sowie vielleicht auch noch in unser Einführungsartikel zum Thema zu dieser Serie.

Während sich bei den Sportwetten tatsächlich eine uneinheitliche Rechtssprechung fortsetzt, wartet eine ganze Branche auf ein Machtwort des europäischen Gerichtshof und hierdurch mehr Rechtssicherheit auf die eine oder andere Weise. Das bis zum Ende 2007 eigentlich zu erschaffene Sportwettengesetz dürfte, wann es auch immer kommen wird, hierdurch nicht unbeeinflusst bleiben. 
Im Schatten dieser anhaltenden Diskussion gewinnt das Pokerspiel immer mehr Anhänger und erhält gerade im Fernsehen und das auch in Deutschland eine noch nie dagewesene Medienpräsenz.

Hierbei fällt auch, dass die gesellschaftliche Akzeptanz des Pokerspiels zumindest in Europa immer mehr zunimmt. Während bis vor wenigen Jahren die dem Pokerspieler zugeschriebenen Attribute in erster Linie negativ waren, wird das Kartenspiel heute meist als eine Art Sport betrachtet und ist zumindest auf internationaler Ebene als Sportart weitgehend anerkannt.
Zahlreiche, häufig von Online-Casinos gesponserte, TV-Übertragungen von professionellen Poker-Turnieren werden so auch im Sportfernsehen übertragen und dokumentieren diese Entwicklung. Übrigens da Werbung für die real-Money-Auftritte aus Übersee vergleichsweise eindeutig unzulässig ist, haben die meisten großen Anbieter zusätzlich Pokerschulen und Internetaufrtritte mit ausschließlich Spielgeld ins Leben gerufen.

Der große Rubel rollt natürlich auch beim Poker in erster Linie im Internet und hier dann naturgemäß im Ausland. Über kurz oder lang dürfte den meisten Internetspielern das Zocken mit Monopolygeld zu langweilig werden und man surft dann auf die kostenpflichtigen Seiten weiter. Da es vielen Pokerfreunden aber tatsächlich auch um das Event als solches, das Bluffen, den Augenkontakt und den unmittelbaren Wettkampf geht, erfreuen sich aktuell zahlreiche nicht virtuelle Veranstaltungen großer Beliebtheit. Bei diesen Veranstaltungen wird, gegen ein kleines Eintrittsgeld, dann mit Spielgeld gegeneinander gepokert.

Die populärste Pokervariante aktuell ist wohl Texas Hold'em. Dabei werden fünf Karten vom Kartengeber offen aufgedeckt. Vorher erhält jeder Mitspieler zwei verdeckte Karten, die er mit Karten aus den fünf offenen zu einer Hand aus fünf Karten kombinieren kann - die beste Kombination gewinnt. Ein Nachkaufen von Spielchips um trotz Verlust der Startchips am Tisch und im Spiel bleiben zu können, ist ausgeschlossen (kein so genanntes „rebuy“). Wer keine Chips mehr hat scheidet aus dem Spiel aus und muss den Tisch verlassen. Der zuletzt übrig bleibende Spieler ist der Sieger dieses Tisches, so genanntes K.O.- oder auch "Freeze out" System. Dieser obsiegende Spieler ist dann häufig berechtigt an einer Endrunde teilzunehmen, erhält Punkte, einen Preis o.ä..

Gerade bei den angesprochenen nationalen Events, und mit diesem möchten wir uns hier in aller Kürze beschäftigen, stellt sich den Ordnungsbehörden vor Ort die Frage, ob sie solche Veranstaltungen wegen verbotenen Glückspiels verbieten sollen oder gar müssen. Das kommt natürlich auf die genaue Ausgestaltung an, aber aus unserer Sicht müssen und dürfen sie es in den meisten Fällen nicht!

Ausschlaggebende Norm ist auch hier einmal mehr § 284 des <link>Strafgesetzbuches (StGB), der die öffentliche Veranstaltungen von Glückspiel ohne behördliche Erlaubnis ebenso unter Strafe stellt wie die Bereitstellung von Einrichtungen oder Werbung für solche Veranstaltungen.

Also was war eigentlich noch einmal ganz genau Glückspiel? Beim Glückspiel wird nach Einschätzung des Bundesgerichtshofes die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Spielregeln nicht wesentlich von den Fähigkeiten und Kenntnissen und vom Grade der Aufmerksamkeit der Spieler bestimmt, sondern allein bzw. hauptsächlich vom Zufall, dass heißt vom Wirken unberechenbarer Ursachen, die dem Einfluss der Beteiligten im Durchschnitt entzogen sind.

Aha. An dieser Stelle sagen die meisten Profispieler, oder die die sich dafür halten: "alles klar, dann ist Pokern kein Glückspiel".
Tatsächlich ist es wohl so das gerade bei der Texas Hold'em-Variante das Zufallsmoment noch mehr in den Hintergrund gedrängt werden soll als beim klassischen Pokern. Allein durch die zu mischenden Karten bleibt sicher ein Zufallselement bestehen. Auf viele Spiele, sogenannte einzelne Hände, gesehen, dürfte ein unbedarfter "Rookie" aber tatsächlich kaum eine Chance gegen einen Profispieler haben, der die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Blätter während eines ganzen Spieles zu jederzeit deutlich besser abschätzen kann. Tatsächlich wurde für das Kartenspiel Skat seitens der Rechtsprechung bereits je nach konkreten Spielablauf und naturgemäß mit jedem einzelnen Spiel wachsend ein überwiegendes Geschicklichkeitselement bejaht. Soweit wir informiert sind,  wird diese Frage wohl tatsächlich bereits in England auch vor zuständigen Gerichten diskutiert. Hierzulande ist noch kein entsprechendes Verfahren bekannt.

Die Beurteilung der Zulässigkeit der Turniere, sofern Sie nicht von staatlich konzessionierten Casinos veranstaltet werden, bemisst im Ergebnis am Einsatz und den potentiellen Gewinnen. Eine einheitliche Verwaltungspraxis ist hier noch nicht ersichtlich. Teilweise dulden die Behörden die Turniere, wenn nicht mehr als 15,- € Eintritts- bzw. Startgeld genommen wird und die Veranstalter selbst keinen Gewinn machen. Eine wie auch immer geartete Gesetzesgrundlage gibt es indes weder für die eine noch die andere Regelung.

Nach Einschätzung des Verfassers sind solche Turniere mit einem Eintrittsgeld von sogar bis zu 50,- € als zulässig anzusehen, wenn ansonsten mit Spielgeld, ohne „rebuy“ und wie zumeist hierfür den ganzen Abend, also mehrere "Tische" und zahlreiche "Hände" gepokert wird.
Dies liegt im Ergebnis daran, dass für solche Veranstaltungen der Begriff des Glückspiels i.S. der Gesetzes unserer Einschätzung nach nicht greift. Schutzweck dieser Norm, d.h. Sinn und Zweck des § 284 StGB, ist nicht nur die Kanalisierung des Glückspiels, sondern und vor allem der Schutz des Einzelnen vor einer möglichen Existenz- und Suchtgefährdung. Bei einer mehrstündigen oder gar abendfüllenden Turnierveranstaltung steht aus unserer Sicht je nach konkreter Ausgestaltung eindeutig der Unterhaltungswert im Vordergrund.
Der mögliche Einsatz muss im Verhältnis mit dem hierfür erhalten Spielzeitraum und im Vergleich mit anderen Freizeitaktivitäten gesehen werden. Wenn man bedenkt, das ein normaler Kinobesuch in einer deutschen Großstadt kaum unter 20 Euro zu bewältigen ist, ein normales „Spaßbad“ für zwei Stunden Schwimmen 19 Euro und der eine oder andere internationale „Musikstar“ für ein Konzert 60-100 und mehr Euro pro Abend Eintritt verlangt, ist die angesprochene Teilnahmegebühr für einen ganzen Abend Pokerspielen sicher kein überragendes Vermögensopfer und zudem nicht geeignet, die einzelnen Teilnehmer in ihrer Existenz zu gefährden. Zusätzlich ließen sich auch noch weitere Einschränkungen machen, dass einzelne Spieler beispielsweise höchstens an zwei oder drei Veranstaltungen pro Monat teilnehmen können. Die Beschränkung auf Sachpreise ist in diesem Zusammenhang allerdings kaum zielführend, weil diese ab einem bestimmten Wert den Geldgewinnen ohne Weiteres gleichzusetzen sind.

Glückspiel soll hier von unserer Seite aber ebenso wenig unterstützt wie mögliche Suchtgefahren verharmlost werden. Gerade im Internet sind die Gefahren sicher groß. Warum verschiedene Suchtgefahren (Alkohol, Drogen, Glückspiel) allerdings so unterschiedlich durch den Gesetzgeber beurteilt werden müssen, verschließt sich dem Verfasser allerdings. Warum sie es dennoch werden, ist sicher allen Beteiligten klar.
Wir sind hier jedenfalls der Rechtsauffassung, dass eine abendfüllende Pokerveranstaltung bei der richtigen Ausgestaltung sehr wohl als Unterhaltungs- wenn nicht gar Geschicklichkeitsevent gesehen werden kann und ebenso seinen Preis haben darf, wie dessen Veranstalter Ihren Gewinn für die Organisation des Events haben dürfen.

Wichtig: Bitte lassen Sie aber Ihre ganz persönliche Veranstaltung unbedingt vorher von einem fachkundigen Rechtsanwalt prüfen und bewerten. Bitte zeigen Sie diese vorab dem für den Veranstaltungsort zuständigen Ordnungsamt an.  Die hier getroffenen Ausführungen sind lediglich allgemein und sollen die Diskussion um diese Art der Abendveranstaltung fördern und in der Öffentlichkeit thematisieren. Gesicherte Rechtssprechung in diesem Zusammenhang liegt unserer Kenntnis nach noch nicht vor. Eine verbindliche Bewertung oder gar Rechtsberatung kann und soll dieser Beitrag nicht darstellen, da es auf jede ganz konkrete Veranstaltung ankommt und sich Verallgemeinerungen in diesem Zusammenhang verbieten.

Bitte werfen Sie zu diesem Thema auch einen Blick in unseren Beitrag "All-in vor dem OVG Münster".

Wenn Sie rechtliche Fragen haben und konkret Rechtsberatung in diesem Bereich benötigen, sprechen Sie uns bitte an.