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Glücksrecht VII: Neuigkeiten deutschen und europäischen Sportwettenrechts

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Neue Entwicklungen im deutschen und europäischen Glücksrecht - Teil VII

- ist am Horizont des Sportwettenrechts etwa ein Trend erkennbar? -

von Rechtsanwalt Michael Terhaag
- vergleichen Sie zu diesem Thema auch Teil 1  Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6 und Teil 8 (wird ständig fortgesetzt)- 

Heute Abend will Bundestrainer Jürgen Klinsmann gegen die Löwen aus Kamerun mit der seit jeher jüngsten Abwehr auflaufen. So gibt es erfreulicherweise auch aus deutschen Gerichtssälen hinsichtlich aktuellen Sportwetten- und Glücksrechts wieder ordentlich frischen Wind:

Zwar befand jüngst das hanseatische Oberlandesgerichtnoch einmal, dass das Vermitteln von Sportwetten nach England wettbewerbswidrig sei, es steht mit dieser konservativeren Einschätzung zumindest in unserem heutigen Beitrag aber allein dar.
Nach Einschätzung der Hamburger Richter reichte eine im Königreich ausgestellte „bookmakers permit“ nicht aus, da die Vermittlung der Sportwetten auf deutschem Territorium stattfinde. Auch auf eine Erlaubnis aus einem Vermittlungslizenzvertrag, der sich auf eine „DDR-Lizenz“ stützt, könne sich die Beklagte zumindest dann nicht berufen, wenn das tatsächliche Wettangebot über das des Vertrages hinausgeht.

Für Wirbel sorgte die Bekanntmachung, der hessische Verwaltungsgerichtshof habe Ende Oktober 2004 seine bisherige Rechtsprechung korrigiert und die Untersagungen der Vermittlung von Oddset-Sportwetten durch private Anbieter doch für rechtmäßig erklärt.
Der Teufel liegt jedoch wie häufig im Detail. Bei genauerer Hinsicht stellt sich dann nämlich heraus, dass es in den hier konkret zu entschiedenen Fall eigentlich mehr darum ging, ob die „Isle of Man“ zur europäischen Gemeinschaft gehört oder nicht. Nachdem man im Ergebnis dazu kam, dass dies nicht der Fall sein solle, stellt die Bestätigungen des Verbot keineswegs eine Abkehr von der zuvor im „Lichte der Gambelli Rechtssprechung des EuGH“ ergangenen Entscheidung von Anfang Februardar.

Die nächste Urteil hat zwar nicht direkt was mit Sportwetten zu tun, soll aber nicht unerwähnt bleiben. Der BGH hatte über die Werbung  „Oddset, die Sportwette mit festen Quoten, nur bei Lotto" zu befinden. Nach Einschätzung des für das Wettbewerbsrecht zuständigen ersten Zivilsenats stellt sie wenig überraschender Weise eine irreführende Alleinstellungswerbung dar.
Der Verbraucher, wisse nicht, was sich hinter dem Begriff „Oddset“ verberge und nehme an, dass allein die staatlichen Lotteriegesellschaften solche Sportwetten anböten. Dies ist aber unstreitig nicht der Fall. Bei dem Begriff Oddset handelt es sich um nichts anderes als die glatte Beschreibung von (Sport-) Wetten zu festen Quoten. Und die gibt es bekanntlich nicht nur bei Lotto.

Im Übrigen können wir allerdings maßgeblich nur von liberalisierenden aktuellen Entscheidungen berichten.

So hat das Amtsgericht Heidenheimsich mit dem grenzüberschreitenden Angebot von Sportwetten kürzlich in einer Strafsache auseinandergesetzt und die Sach- und Rechtslage sehr umfassend erörtert. Eine Strafbarkeit von Werbung für ein in Österreich zugelassenes Sportwettunternehmen ist in Deutschland nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht gegeben. § 284 StGB habe im vorliegenden Fall unanwendbar zu bleiben, da die Vorschrift einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch EG-Vertrag gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit der österreichischen Anbietergesellschaft, mit der der Angeschuldigte zusammenarbeitet, darstellen würde.

Das Verwaltungsgericht Kassel hat jüngst die landesrechtlichen Glückspielregelungen in diesem Zusammenhang insgesamt für verfassungswidrig erklärt. Bei seiner Entscheidung griffen die Richter gar nicht mal hoch bis zum Europarecht, sondern ließen die hessischen Regelungen sogar schon an Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (Berufsfreiheit) scheitern.

In einer anderen Entscheidung machte erfreulicherweise sogar das Bundesverfassungsgerichtmit einer vielfach bereits bemängelten Praxis der Instanzgerichte Schluss. Die meisten auch hier immer wieder geschilderten Auseinandersetzungen bewegen sich im einstweiligen Rechtschutz, bei dem im Wege einer sogenannten summarischen Prüfung von den Richtern im Regelfall „lediglich“ eine sachgerechte Interessenabwägung stattfindet.
Hierbei dürfen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Richter nicht die aktuellen Entwicklungen, insbesondere die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes im Zusammenhang mit dem Fall Gambelli unberücksichtigt lassen und hätten in dem konkret entschiedenen Fall schon aufgrund dessen den einstweiligen Rechtschutz nicht versagen dürfen.

Besonders ans Herz gelegt sei dem Interessierten und Sportwettfreund an dieser Stelle die erst fünf Tage alte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden. gutes Auge ist wichtig.Das nordrheinwestfälische (!) Gericht befasste sich ausgesprochen intensiv mit der aktuellen Situation des staatlichen Sportwetten-Monopols in der Bundesrepublik und führte in diesem Zusammenhang unter anderem aus:

 

Die staatlichen Lotteriegesellschaften betreiben im gesamten Bundesgebiet in Sportstätten und Medien eine breit angelegte Werbung zur Teilnahme an Oddset- Sportwetten, um mit den Einnahmen kostenintensive öffentliche Vorhaben und Veranstaltungen, u.a. die Fußballweltmeisterschaft 2006, zu finanzieren oder zu unterstützen und Haushaltsdefizite auszugleichen.

Angesichts dieser klaren Zielsetzung ist nicht erkennbar, dass durch das staatliche Vorgehen der Spieltrieb kanalisiert und eingedämmt wird. Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass der Staat im Wesentlichen aus finanziellen Gründen sein Glücksspielangebot kontinuierlich mit Hilfe offensiver Werbekampagnen, die darauf abzielen, jede Altersklasse als Zielgruppe zu erreichen, ausdehnt. Die endgültige Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die danach vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Der Betrieb eines Sportwettunternehmens fällt in den Schutzbereich der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG.

Insofern kamen die Richter zum Ergebnis, dass, weil staatliche Institutionen aus fiskalischen Gründen derzeit das Glückspiel mit massiven, ja sogar aggressiven Werbemaßnahmen fördern, sie privaten Anbietern von Sportwetten das Gewerbe nicht verbieten können.

Wir bleiben selbstverständlich auch weiterhin für Sie in der Thematik „am Ball“ und der Autor steht, wie alle unsere Anwälte, für Rückfragen und Beratung natürlich gerne zur Verfügung.

 

Nächste Folge u.a. zum aktuellem Sportwettskandal wegen strittiger Schiedsrichterentscheidungen hier!!