Urteil: Zustellung einer Klage in deutscher Sprache an Facebook zulässig
Von Rechtsanwalt Michael Terhaag
und Rechtsanwalt Christian Schwarz
Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat entschieden, dass eine Klageschrift an den europäischen Facebook-Sitz in Irland auch in deutscher Sprache zugestellt werden kann. Es sei nämlich davon auszugehen, dass bei Facebook genügend Mitarbeiter tätig sind, die der deutschen Sprache mächtig sind (Versäumnisurteil vom 8. März 2017, Az. 15 C 364/16).
Grundsätzlich ist es nach der europäischen Zustellungsverordnung so, dass die Annahme eine zuzustellenden Schriftstücks verweigert werden kann, wenn es nicht in der Sprache verfasst ist, die entweder der Adressat versteht oder welche die Amtssprache am Zustellungsort ist beziehungsweise keine entsprechende Übersetzung beigefügt ist. Somit hätte die Klageschrift grundsätzlich ins Englische übersetzt werden müssen.
Darauf hatte sich Facebook wohl auch berufen: Die zuständige Rechtsabteilung würde die deutsche Sprache nicht verstehen. Aus diesem Grund habe man sich bisher nicht gegen die Klage verteidigt, da die Klage nach der Auffassung von Facebook nicht wirksam zugestellt worden sei.
Bei Unternehmen sei für die Sprachkenntnisse jedoch nicht auf die persönlichen Fähigkeiten der Mitglieder der Geschäftsleitung (in Irland) abzustellen, sondern auf die Organisation des Unternehmens insgesamt, so das Amtsgericht Berlin-Mitte. Entscheidend sei deshalb, ob davon ausgegangen werden könne, dass im Unternehmen Mitarbeiter vorhanden sein müssten, welche sich um rechtliche Auseinandersetzungen mit den Kunden kümmern können. Dabei könnten regelmäßig schon ausreichende Kenntnisse derjenigen Sprache zugrunde gelegt werden, die im Geschäftsverkehr des Adressaten genutzt worden seien.
Dafür spreche bei Facebook viel: Die Plattform wird in deutscher Sprache angeboten. Zudem ist sie über eine „.de“-Kennung erreichbar. Ferner sind sämtliche, zwischen Nutzern und Facebook verwendete Dokumente (z.B. AGB, Datenrichtlinie, etc.) in deutscher Sprache verfasst und abrufbar. Zudem sei die deutsche Sprache als Vertragssprache nicht ausgeschlossen. Letztlich reagierte Facebook auf die Beschwerde des Klägers mit einer deutschen Antwort.
Auch berücksichtigte das Amtsgericht, dass Facebook – nach eigenen Angaben – mehr als 20 Millionen Nutzer in Deutschland habe. Hierfür müssten logischerweise rechtlich bewanderte deutschsprachige Mitarbeiter zur Verfügung stehen, da anders ein solcher Umfang an Geschäftstätigkeit nicht ausgeübt werden könne.
Somit könne sich Facebook, so das Ergebnis der Entscheidung, nicht darauf berufen, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein.
Fazit
Das Urteil, auch wenn es wohl noch nicht rechtskräftig ist, ist äußerst begrüßenswert. Eine solche Entscheidung war längst überfällig.
Viele Nutzer schreckten bislang vor teils horrenden Übersetzungskosten zurück, wenn es darum ging, Ansprüche gegen Facebook gerichtlich durchzusetzen. Es scheint nahezu zynisch, dass Unternehmen, die auf dem deutschen Markt sehr aktiv mit (deutschsprachigen) Angeboten auftreten, sich in Fällen von juristischen Auseinandersetzungen hinter der europäischen Zustellungsverordnung verstecken wollen.
Sollte das Urteil bestandskräftig werden, wäre das ein wichtiges Signal und eine Erleichterung bei der Rechtsdurchsetzung.