Markenverletzung durch AdWord-Anzeigen weiter im Blickpunkt - Machtwort des BGH dringend erforderlich!
- Lotsenfunktion und unlauteres Abfangen oder doch marktübliche Werbung und keine kennzeichenmäßige Nutzung? -
von Michael Terhaag, Fachanwalt für IT-Recht
Es geht wirklich hin und her bei der Bewertung fremder Marken im Rahmen von Google-Adword anzeigen.
Ein bisschen sehen wir uns ins Jahr 2005 zurückversetzt, in dem das Thema fremder Marken -damals in den Metatag Keywords- heftig diskutiert wurde. Seinerzeit sahen wir uns dazu genötigt, die teilweise stark divergierenden Entscheidungen in einem Überblick zusammen zu fassen. Der Bundesgerichtshof zog im Mai 2006 bekanntermaßen einen Schlussstrich unter die Diskussion.
Einen vergleichbaren Beitrag zum Thema fremde Marken in Google-Adword verfassten wir dann Ende 2006, der nunmehr aufgrund aktueller Entwicklungen einer gewissen Auffrischung bedarf.
Entgegen damaliger Einschätzung hat sich mittlerweile das Oberlandesgerichts Köln mittlerweile im Kern wohl der Rechtssprechung des nördlichen Nachbarn, des Oberlandesgerichts Düsseldorf angeschlossen. Hiernach stellt die Verwendung von geschützten Begriffen als so genanntes Adword mangels visueller Wahrnehmbarkeit schlicht keinen markenmäßiger Gebrauch dar, vgl. OLG Düsseldorf Urteil vom 23.01.2007, sowie- OLG Köln, Urteil vom 31.08.2007. Eine Ausnahme wird allerdings durch den Kölner Senat folgerichtig für den Fall angenommen, dass der fremde Markenbegriff in der Adwordanzeige selbst sichtbar verwendet wird, vgl. OLG Köln Urteil 12.10.2007.
Recht aktuell trat zuletzt das Oberlandesgericht Frankfurt der grundsätzlichen Zulässigkeit von fremden Marken in Adwords bei. Nach Einschätzung des dortigen Senats liege dann keine kennzeichenrechtlich relevante Benutzungshandlung vor, wenn bei Eingabe der Marke in die Suchmaschine die durch das Keyword angesteuerte Werbeanzeige als solche klar und eindeutig erkennbar und von der Trefferliste getrennt dargestellt wird. In diesem Fall sei auch keine gezielte Behinderung im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb gegeben, vgl. OLG Frankfurt - Entscheidung vom 6.02.2008.
Zahlreiche Gerichte beurteilen diese Frage anders.
Nach Einschätzung des OLG Stuttgarts stellt die Benutzung einer Wortmarke als so genanntes Keyword im Rahmen des Google AdWords Programms sehr wohl einen kennzeichenmäßigen Gebrauch und damit eine Markenverletzung dar, vgl. hierzu OLG Stuttgart, Urteil vom 26.07.07.
Hierbei folgen die Schwaben der mit durch uns erwirkten Rechtssprechung des OLG Braunschweig und halten fest, dass es für die Frage der kennzeichenmäßigen Verwendung unerheblich ist, wenn der Begriff nicht sichtbar ist und Adword-Anzeigen nicht in der Liste der Suchergebnisse, sondern rechts neben dieser unter der Überschrift „Anzeigen“ erfolgt. Entscheidend ist allein, dass der Verletzer durch die Verwendung des fremden Kennzeichens als Keyword den Benutzer zu seiner eigenen Werbeanzeige und über diese mittels eines entsprechenden Links zu seiner Homepage führt.
Aus technischer Sicht ist im Laufe der Zeit ein weiteres Problem dazugekommen. Es geht um die von Google als standardmäßig eingerichtete Funktion "weitgehend passende Keywords".
Sollte der Werbende die diesbezügliche Checkbox nicht deaktivieren, läuft er technisch bedingt unmittelbar Gefahr, dass seine Anzeige auch bei Suchwörtern eingeblendet wird, die er gar nicht als solche hinterlegt aktiv hat. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hält solche Werbeanzeigen sogar aus geltendem Wettbewerbsrecht für unlauter und damit unzulässig, vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.9.2007.
Das Oberlandesgericht München sieht hierin zudem einen markenmäßigen Verstoß, vgl. OLG München Urteil vom 6.12.2008, wobei es in der Entscheidung -unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme von Google selbst- schön die verschieden Einstellungsmöglichkeiten aufzeigt.
Als maßgeblich für eine kennzeichenmäßige Verwendung, sah der Senat vor allem auch den Umstand, dass sich die Beklagte durch die Wahl eines zur Wortmarke „weitgehend passenden Keywords" die für Kennzeichen spezifische Lotsenfunktion zunutze machte, die darin besteht, in einem großen Angebot zutreffend gezielt zu den eigenen Waren bzw. Dienstleistungen hinzuweisen. In sofern wurde auch hier der Rechtsgedanke der Lotsenfunktion fortgeführt.
Dem vielzitierten OLG und LG Braunschweig wurde zuletzt zu unrecht ein Richtungswechsel attestiert.
Zum einen ist da sicherlich die Entscheidung bezüglicher der Deutschen Post AG erwähnt, wobei es sich hier beinahe ausschließlich um farbige Wort-Bildmarken mit zumindest zweifelhaft kennzeichnungskräftigen Wortbestandteilen ging, vgl. hierzu unseren ausführlichen Beitrag. Die Angelegenheit wurde im Wege eines Vergleiches vor dem OLG Braunschweig erledigt, sodass entsprechende Ausführungen des Senates in der Sache leider ausbleiben werden.
So hat das LG Braunschweig auch in einer anderen Entscheidung zuletzt einen Markenrechtsverstoß bei Adwords verneint. Hier ging es um eine werbende Anwaltskanzlei die Marken in Ihren Anzeigen zur Beschreibung ihrer Tätigkeit verwendete.
Unter dem Hinweis grundsätzlich keineswegs von seiner bisherigen Einschätzung einer markenrechtlichen Relevanz von Adwordanzeigen abzurücken, stellten die Richter auf die zwingend erforderliche der Nutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr ab. Einen solchen verneinten diese mangels herkunftshinweisender Funktion. Wie auch in dem Post-Verfahren sah das Gericht in diesem konkreten Fall die Nutzung der Marke durch § 23 Nr. 3 MarkenG unter dem Stichwort Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben als gerechtfertigt an, da die Nutzung notwendig sei, um Betroffene besser darüber zu informieren, welche Mandate die werbende Kanzlei betreue. Zudem scheidet in einem solchen Fall wohl auch die Verwechslungsgefahr aus, da die Parteien offensichtlich aus verschiedenen Branchen stammten, vgl. LG Braunschweig vom 26.3.2008 Az: 9 O 250/08 (022).
Eine weitere "Runde" von AdWords-Entscheidungen wird in naher Zukunft durch das Landgericht Braunschweig veröffentlicht. Die dortige Kammer hat in einer mündlichen Verhandlung im April 2008 angekündigt, unter Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtssprechung eine Haftungsprivilegierung für besondere Fälle angekündigt. Sobald das Ergebnis mit Begründung vorliegt werden wir natürlich berichten.
Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Marken in Adwordanzeigen bleibt spannend und wird übrigens auch in unserem Hause unter den spezialisierten Rechtsanwälten keineswegs einhellig beurteilt.
Dringend ist insofern auch hier ein Machtwort des Bundesgerichtshof erforderlich, der eine erste Entscheidung zu dieser Problematik allerdings auf telefonische Auskunft hin nicht vor 2009 prognostiziert.
Bis dahin sollte man jede Anzeige konkret prüfen. Durchaus sind solche Anzeigen auch einmal möglich. Im Zweifel sollte man aber vielleicht dennoch lieber die Finger von den fremden Kennzeichen lassen, um Ärger aus dem Weg zu gehen.
Update: BGH entscheidet Anfang 2009 und legt die Kernfrage der Problematik nunmehr dem EuGH vor!