Feuer und Fakten – Was vom Fall Lindemann/Rammstein bleibt. Ein Zwischenfazit.
Meinungsfreiheit ist immer noch ein hohes Gut, das allg. Persönlichkeitsrecht - und ja natürlich auch das von Personen die freiwillig in der Öffentlichkeit stehen - aber ebenso!
Auch darauf, dass die Meinungsfreiheit nicht grenzenlos ist und zu den Grundsätzen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung hatten wir schon ausgeführt.
Mit „Zwischen Feuer und Freiheit – Verdachtsberichterstattung und Persönlichkeitsrecht im Fall Till Lindemann“ hatten wir eine ausführlich Zusammenfassung aus verfahrens- und auch medenrechtlicher Sicht gemacht. Nicht zuletzt, weil wir auch wegen eigener Mandate für Pressevertreter in der Sache tief im Thema sind, sondern auch weil der Fall nach wie vor ein Musterbeispiel für moderne Kommunikation ist und anschaulich zeigt, welche Wellen ein Posting -ob nun mit Absicht oder versehentlich- schlagen kann.
Was gibt's Neues?
"Toll, alle gewonnen…“ hatte der Verfasser nach den ersten Pressemitteilungen der Verfahrensbeteiligten zur aktuellen Entscheidung des Landgerichts Hamburg in der Sache Lindemann vs. Shelby Lynn bei LinkedIn kommentiert... Ironie funktioniert bei Social Media nur so mittel. ;-)
Mit Urteil vom 24. Oktober 2025, Az. 324 O 76/24, hat das Landgericht Hamburg im Nachgang zu den ab 2023 viel diskutierten Verfahren rund um den Fall Till Lindemann / Rammstein entschieden.
Das aktuelle Urteil in Kürze
Die Beklagte konnte ihren Vorwurf, ihr seien im Rahmen eines Konzerts in Vilnius „heimlich Drogen verabreicht“ worden, nicht beweisen. Das Landgericht untersagte daher die Wiederholung entsprechender Behauptungen – insbesondere solche, die eine unmittelbare Verantwortlichkeit von Rammstein, Lindemann oder Crew-Mitgliedern suggerierten.
Ein bloßes subjektives Empfinden oder der Eindruck, „gespiked“ worden zu sein, reicht eben nicht aus, um eine Tatsachenbehauptung dieser Schwere öffentlich aufzustellen. Der bloße Verdacht mag menschlich nachvollziehbar sein, rechtlich zu halten ist er ohne konkreten Beweis aber nicht.
Zur rechtlichen Bewertung
Das Urteil bestätigt, was schon zuvor galt: Zwischen zulässiger Meinungsäußerung und unzulässiger Tatsachenbehauptung verläuft eine mitunter feine, aber entscheidende Linie. Während Medien und Betroffene unter engen Voraussetzungen im Rahmen der Verdachtsberichterstattung aus unserer Sicht über im Raum stehende Vorwürfe berichten dürfen, verlangt das Recht bei konkreten Schuldzuweisungen eine belastbare Tatsachengrundlage.
Gerade das macht den Fall auch über die prominenten Beteiligten hinaus relevant: Verdachtsberichterstattung bleibt zu Recht erlaubt – aber nur unter strengen Voraussetzungen, etwa sorgfältiger Recherche, erkennbarer Distanzierung vom Verdacht, u.U. vorheriger Anhörung und ausgewogener Darstellung, siehe im Detail die beiden oben verlinkten Beiträge.
Von wegen Gewinner...
Was aus den ersten Vorwürfen aus Vilnius seither medial, politisch und gesellschaftlich entstanden ist, spricht für sich. Rechtlich bleibt festzuhalten: Rechtskräftig bewiesen ist von den Kernvorwürfen dieses Verfahrens letztendlich nur das Wenigste bzw. das was unbestritten geblieben ist.
Der vielzitierte Aufreger über die angebliche „Row Zero“ Akquise verliert doch sehr an Dramatik, wenn -wie offenbar in diesem Fall- keine heimliche Drogenverabreichung oder sogar unfreiwillige sexuelle Handlungen nachweisbar sind. Berichten sollte man über vermeintliche Missstände dürfen, aber nur eben wenn keine Vorverurteilung erfolgt.
Sieger dieser Zwischenetappe ist nach diesseitiger Betrachtungsweise einmal mehr die Klägerseite.
Fazit
Die Entscheidung ist, nachdem was bislang bekannt ist, nachvollziehbar – und in der Hauptsache bei der Beweislage vorhersehbar. Wer Tatsachen behauptet, muss sie auch beweisen können. Über persönliche Empfindungen darf man trotzdem sprechen, wenn sie als solche erkennbar sind und es macht nachvollziehbar einen großen Unterschied ob ich behaupte, dass ich bei Rammstein oder von Rammstein heimlich KO-Tropfen oder was auch immer bekommen haben will...
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