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Ein starkes und zweischneidiges Schwert: Der Gegendarstellungsanspruch

Ein starkes mitunter aber auch zweischneidiges Schwert

von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.

Gerade in der Boulevardpresse soll es ja manchmal vorkommen, dass Aussagen über Stars, Sternchen, aber auch schon mal  Otto-Normal-Verbraucher den Kern der Wahrheit um Haaresbreite verfehlen.

Völlig verständlich ist dann, dass die Betroffenen diese etwaigen Schlagzeilen über heimliche Liebschaften, Drogenmissbräuche oder Steueraffären nicht einfach auf sich beruhen lassen, sondern sich vielmehr dagegen zur Wehr setzen wollen.

Ein in diesem Zusammenhang häufig gewähltes Mittel ist der in den Landespressegesetzen und dem Rundfunkstaatsvertrag verankerte Anspruch auf Abdruck einer so genannten Gegendarstellung.

Die Gegendarstellung in der Presse

Ein solcher Anspruch kann aus nahe liegenden Gründen nicht gegen jede beliebige Pressemeldung geltend gemacht werden.

Voraussetzung ist zunächst vielmehr, dass es sich bei der angegriffenen Aussage um eine Tatsachenbehauptung handelt, also um eine Behauptung, die auf objektive Umstände bezogen und – zumindest theoretisch – auch beweisbar ist. Hierzu bedarf es nach einschätzung der Rechtssprechung eines so genannten beweisbaren Tatsachenkern in der gemachten Aussage. Ein Beispiel für eine solche Tatsachenbehauptung könnte lauten: „Politiker S konsumiert Kokain am Swimmingpool“.
Nicht gegendarstellungsfähig sind hingegen grundsätzlich alle rein subjektiv geprägten Meinungsäußerungen, Wertungen und Prognosen („Der Vorsitzende der L-Partei ist ein Weichei!“).

Allerdings ist auch die Meinungsäußerung rechtlichen Grenzen unterworfen. Sobald der Bereich der Schmähkritik oder der Beleidigung erreicht wird („Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!“), darf sich der Betroffene grundsätzlich natürlich auch hiergegen zur Wehr setzen, wobei dies in der Regel nicht im Wege der Gegendarstellung geschieht.

Gerade die Abgrenzung zwischen der bloßen Meinungsäußerung einerseits und der Tatsachenbehauptung andererseits bereitet aber in der Praxis durchaus Probleme, da die Übergänge hier häufig fließend sind, vgl. auch die Interviews des Verfasser zum Thema Youtube & Co. und Persönlichkeitsrechte im Internet.

Über einen solchen Fall hatte jüngst das OLG Karlsruhe (Urteil v. 29.02.2008 – AZ: 14 U 199/07) zu entscheiden. Dort hatte sich der österreichische Sänger Peter Alexander dagegen zur Wehr gesetzt, dass er auf der Titelseite einer Illustrierten im Zusammenhang mit dem Satz „Seine schlimme Zeit in der Gefangenschaft holt ihn jetzt ein“ abgebildet wurde. Zwar handelt es sich bei einer derartigen Aussage auf den ersten Blick tatsächlich um eine Meinungsäußerung. Dadurch, dass auf der Titelseite gleichzeitig aber auch auf einen entsprechenden Artikel im Innenteil der Heftes verwiesen wird, werde bei den Lesern aber der Eindruck erweckt, dass eben dort Tatsachen abgedruckt seien. Da dies aus Sicht des Gerichts bereits ausreicht, gab es dem Sänger recht.

Ganz entscheidend für die Einordnung der angegriffenen Aussage ist stets, wie diese aus Sicht des angesprochenen Publikums zu deuten ist. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2007 -Az: I BvR 967/05- unlängst festgelegt, dass bei mehrdeutigen Aussagen eine Verurteilung zur Gegendarstellung nur dann in Betracht kommt, wenn sich die verdeckte zusätzliche Aussage dem Leser „als unabweisbare Schlussfolgerung“ aufdrängen muss. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn lediglich „eine nicht fernliegende Deutung“ einen gegendarstellungsfähigen Inhalt ergibt.

Ganz ähnlich urteilte übrigens auch das OLG Düsseldorf (Urteil v. 20.02.2008 – AZ: I-15 U 176/07) im bekannt gewordenen Fall zu Günther Jauchs vermeintlicher Motoryacht. Das Magazin WirtschaftsWoche hatte eine mit Google Earth gefertigte Luftbildaufnahme vom Anwesen des Fernsehmoderators veröffentlicht, auf der neben dem eigentlichen Wohnhaus auch ein Bootssteg und eben jenes Motorboot zu sehen war. Der beliebte Fernsehmoderator argumentierte, ihm werde durch das Bild ein Luxusartikel zugeschrieben, den er nicht besitze und zudem auch nicht für erstrebenswert halte. So forderte Jauch die Veröffentlichung einer Gegendarstellung (Wortlaut: "An meinem Bootssteg liegt keine Motoryacht. Und ich besitze auch eine solche nicht. Günther Jauch."). Da diese Interpretation des Bildes sich aber hier nicht als zwingende Schlussfolgerung aufdrängt, verneinte das Gericht den Anspruch und hob damit die gegenteilige Entscheidung der Vorinstanz auf. Ob der Moderator den Anspruch nun im Hauptsacheverfahren weiter verfolgt, bleibt abzuwarten.

Häufiger Streitpunkt ist im Übrigen auch die Größe der Gegendarstellung. Grundsätzlich hat der Beschwerdeführer tatsächlich einen Anspruch darauf, dass seine Gegendarstellung an vergleichbarer Stelle und in vergleichbarer Größe veröffentlich wird. Eine Ausnahme kann aber gelten, wenn sich die angegriffene Schlagzeile auf der Titelseite befunden hat. In diesen Fällen – so jüngst auch das OLG Karlsruhe im oben erwähnten Fall – würde ansonsten eine Fläche in Anspruch genommen, die das Erscheinungsbild und die Funktion der Titelseite (als Kaufanreiz) in zu starker Weise prägen würde. Eine interessante, pressefreundliche und im Ergebnis wohl praxistaugliche Sichtweise. Zudem bestätigt das oben zuerst gewählte Bild die Regel.

… und im Internet

Der Gegendarstellungsanspruch ist nicht allein auf den Bereich der gedruckten Presse beschränkt.

Gerade wegen der unkomplizierten und weltweiten und vor allem dauerhaften Abrufbarkeit von Online-Angeboten und dem damit verbundenen hohen Einfluss auf die öffentliche Willensbildung ist er – neben dem hier vorrangigen Unterlassungsanspruch - selbstverständlich auch auf Medien im Internet anzuwenden. Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist aber, dass es sich bei der jeweiligen Webseite um ein „journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot“ handelt. Dieses muss zudem auch in periodischer Folge erscheinen.

An beide Voraussetzungen werden von den Gerichten indes allerdings keine allzu strengen Anforderungen gestellt. Von einer Verbreitung in periodischer Folge kann daher auch dann auszugehen sein, wenn Aktualisierungen nur in unregelmäßigen Abständen vorgenommen werden. Entscheidung für die Charakterisierung eines Online-Auftritts als „journalistisch-redaktionell“ ist, ob diese eine Meinungsbildungsfunktion erfüllen. Unzweifelhaft der Fall ist dies bei Online-Ausgaben von Printmedien (etwa spiegel.de) sowie bei eigenständigen Online-Magazinen (heise.de). Je nach Ausgestaltung können aber auch regelmäßig erscheinende Newsletter erfasst sein. Nicht erfasst sind grundsätzlich hingegen rein private Homepages. Anders kann dies unter Umständen jedoch bei privaten Blogs sein, wenn diese einen bestimmten Publizitätsgrad erreicht haben.

Das schärfste Schwert schneidet manchmal in zwei Richtungen

Von einer vorschnellen und überstürzten Aufforderung zum Abdruck einer Gegendarstellung ist manchmal gleichwohl abzuraten. Gerade Prominente oder Unternehmen, die auf eine regelmäßige Berichterstattung durch die Presse zwingend angewiesen sind, sollten sich darüber im Klaren sein, dass von einem zur Gegendarstellung genötigten Presseunternehmen in naher Zukunft möglicherweise weniger positiven Erwähnungen zumindest möglich sind.
Zudem ist nicht von der Hand zu weisen, dass Gegendarstellungen für diese Presseorgane im Einzelfall deutliche Imageschäden bewirken können. Aber auch hier mag die Redensart gelten "nichts ist älter als die Bildzeitung von gestern" und langfristig wehtun wird der Zunft zumeist nicht.

Dem Betroffenen sollte aber klar sein, dass eine Gegendarstellung denklogisch in den allermeisten Fällen eine Wiederholung der als schädigend empfundenen Aussage mit sich bringt, diese also erneut der Öffentlichkeit ins Gedächtnis gerufen wird. So wird ein als alkoholabhängig titulierter Prominenter möglicherweise nicht daran interessiert sein, dass eben jene Behauptung zur Einleitung seiner Gegendarstellung erneut im gleichen Wortlaut abgedruckt wird.

All dies sollte den Betroffenen aber natürlich nicht davon abhalten sich in der angemessenen Weise zu wehren, da die richtige Reaktion in aller Regel wichtige Zeichen für die Zukunft und für weitere Berichterstattungen über seine Person setzt!

In diesem Zusammenhang soll aber abschließend nicht unerwähnt bleiben, dass die Gegendarstellung nicht die einzige Verteidigungsmethode gegen unliebsame Schlagzeilen darstellt. Weiterhin in Betracht zu ziehen sind immer auch der Anspruch auf Widerruf der Aussage sowie der auf die Zukunft gerichtete Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Äußerungen. Gerade im Online-Bereich ist wegen der dauerhaften Abrufbarkeit von Inhalten und der damit verbundenen andauernden Gefährdungen zudem immer zunächst der Unterlassungsanspruch in Form der unverzüglichen Löschung anzustreben.

Was im jeweiligen Einzelfall die richtige Methode sollte, prüfen wir gern für Sie und machen Ihre Rechte rasch gerichtlich geltend.