Google haftet als Verantwortlicher für rechtswidrige Suchergebnisse
In einem aktuellen Urteil vom 4. Juli 2024 (Az. 15 U 60/23) hat das Oberlandesgericht Köln eine bedeutende Entscheidung zum Persönlichkeitsrecht und Datenschutz im Internet getroffen. Das Gericht stellte fest, dass der Betreiber der Suchmaschine Google im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO als „Verantwortlicher“ für die angezeigten Suchergebnisse anzusehen ist – und zwar selbst dann, wenn diese von einer anderen Konzerngesellschaft aufbereitet und bereitgestellt werden. Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Betroffenen, die sich gegen unrechtmäßige Darstellungen in Googles Suchergebnissen zur Wehr setzen wollen.
Auslistung von Suchergebnissen: Ein Fall von falschen Informationen und Persönlichkeitsverletzung
Im konkreten Fall hatte der Kläger, ein ehemaliges Mitglied des Vorstands eines Kreisverbandes einer politischen Partei, verlangt, dass bestimmte Suchergebnisse, die auf Artikel mit falschen und rechtswidrigen Informationen über ihn verlinkten, entfernt werden. Die beanstandeten Artikel enthielten personenbezogene Daten sowie ein Foto des Klägers, das ohne seine Zustimmung verwendet wurde. Zudem war die im Artikel verbreitete Behauptung, der Kläger trage auf dem Foto ein bestimmtes Abzeichen, nachweislich unwahr. Der Kläger stützte seinen Antrag auf Auslistung der Suchergebnisse auf Art. 17 DSGVO („Recht auf Vergessenwerden“), da die Verarbeitung dieser Daten unrechtmäßig war und die falsche Behauptung sein Persönlichkeitsrecht verletzte.
Gericht stärkt Rechte Betroffener: Suchmaschinenbetreiber in der Pflicht
Das Oberlandesgericht Köln bestätigte in seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf Löschung der Links zu den rechtswidrigen Inhalten. Interessanterweise betonte das Gericht, dass Google nicht dadurch von seiner Verantwortung entbunden wird, dass die Suchergebnisse von einer anderen Gesellschaft, in diesem Fall der Konzernmutter Alphabet Inc., aufbereitet werden. Für den Betroffenen, der die Auslistung rechtswidriger Inhalte fordert, ist es entscheidend, dass die Suchmaschine als gesamtes System für die Darstellung und Weitergabe von Daten verantwortlich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten betroffen sind.
Abwägung der Grundrechte: Persönlichkeitsrecht vs. unternehmerische Freiheit des Suchmaschinenbetreibers und der Meinungsfreiheit
Das Gericht stellte klar, dass es bei der Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten und der unternehmerischen Freiheit von Google zu Gunsten des Klägers entscheiden muss. Die unrichtige Darstellung seiner Person in den Suchergebnissen beeinträchtigte sein Ansehen erheblich, sodass der Beklagten die Verlinkung untersagt wurde.
Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Personen, die unrechtmäßige oder falsche Informationen in Googles Suchergebnissen anfechten möchten. Für Google und ähnliche Unternehmen unterstreicht das Urteil die Bedeutung der DSGVO und die Notwendigkeit, sorgfältig mit personenbezogenen Daten umzugehen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtungen kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie es das angedrohte Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro im vorliegenden Fall verdeutlicht.
Persönlichkeitsrecht hat Vorrang: Wichtige Entscheidung für den Datenschutz im Internet
Das Gericht entschied zugunsten des Klägers, da die falsche Darstellung der Tatsache, dass der Kläger ein bestimmtes Abzeichen trug, nicht nur unwahr war, sondern auch von erheblicher Bedeutung für sein Ansehen. Das Recht des Klägers auf Schutz seiner personenbezogenen Daten und auf die Korrektur falscher Informationen wog in der Interessenabwägung schwerer als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die unternehmerische Freiheit des Suchmaschinenbetreibers. Die falsche Behauptung beeinträchtigte das Persönlichkeitsrecht des Klägers stärker, als die Einschränkung der Verlinkung die Informationsfreiheit berührte.
Das Urteil stellt einmal mehr klar, dass auch internationale Konzerne wie Google sich den örtlichen Regeln, d.h. auch den datenschutzrechtlichen Anforderungen stellen und das Persönlichkeitsrecht schützen müssen, wenn sie ihre Dienstleistungen in Deutschland anbieten. Für betroffene Personen eröffnet es die Möglichkeit, sich gegen falsche Darstellungen und unrechtmäßige Verarbeitungen von personenbezogenen Daten zur Wehr zu setzen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, der Senat hat eine Revison zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen.