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Der urheberrechtliche Schutz von Datenbanken im Internet

Der urheberrechtliche Schutz einer Datenbank im Internet

Zur Zulässigkeit von Screen-Scraping oder verbotene Hilfe bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen!

Von Rechtsanwalt Dr. Volker Herrmann

In letzter Zeit ergingen mehrere Urteile zum urheberrechtlichen Schutz von Internet-Datenbanken. Hintergrund ist die zunehmende Schwierigkeit für die User, zwischen den schier unendlichen Möglichkeiten und Angeboten zu wählen und bei der Suche nach z. B. dem günstigsten Angebot, dieses zu finden. Während man vor 20 Jahren bei der Suche nach einem günstigen gebrauchten Kfz, die Gebrauchtwagenhändler vor Ort abklappern oder umständlich die Angebote in Printmedien auswerteten musste, übernehmen diese Aufgabe seit Mitte der neunziger Jahre Plattformen wie mobile.de oder autoscout24. Da aber auch diese immer mehr Konkurrenz untereinander erfahren und der Nutzer vollends die Übersicht zu verlieren droht, drängen Angebote auf den Markt, die einem genau diese Aufgabe abnehmen – VERGLEICHEN! In diesem Fall spricht man von Aggregatoren.

Hierbei handelt es sich entweder um Software-Programme, genannt Feedreader oder News-Aggregator oder um Dienstleister, die aus zahlreichen Inhalten ein neues Angebot basteln. Die sicher bekanntesten Aggregatoren waren zunächst Yahoo oder auch die Funktion Google-News.

Die ersten, die Preise verglichen waren Anbieter wie guenstiger.de, billiger.de oder kelkoo.de. Um aber bei der Fülle von Angeboten z. B. auf dem Kfz-Markt oder den Low-Cost-Carriern im Flugsektor und den hierzu vorhandenen verschiedenen Portalen nicht den Überblick zu verlieren, setzten findige Unternehmer auf das sog. „Screen Scraping“ oder „Web Scraping“. Die Vermittler der Information extrahieren hierzu Daten, um diese auf dem Markt in aufbereiteter Form wieder darzustellen und dann selbst, z. B. durch Werbeanzeigen Geld zu verdienen.

Mit Sicherheit besteht hier ein legitimes Interesse auf Verbraucherseite, ein günstiges Angebot zu finden. Allerdings hat auch der Portalbetreiber ein Interesse daran, dass sein Angebot nicht noch einmal ausgelesen wird und in etwas anderer Zubereitung die erneute Runde durchs Netz macht. Die durch Werbung erzielten Umsätze kommen nämlich dann gerade nicht dem Portalbetreiber zugute.

Das OLG Frankfurt hatte in einer (Entscheidung vom 5. März 2009, Az.: 6 U 221/08) darüber zu entscheiden, ob das Auslesen der Datenbank einer Billigairline durch einen Portalbetreiber, der diese dann mit anderen Datensätzen anderer Airlines vergleicht, zulässig ist.

Zunächst stellten die Richter klar, dass die Vermittlung von Flugreisen via „Screen Scraping“ unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden sei. Entgegen des Landegerichts Hamburg kann das Verhalten des Portalbetreibers nicht als Verstoß gegen ein „virtuelles Hausrecht“ gesehen werden. Ein solches gäbe es schlichtweg nicht, da das Hausrecht in Räumen oder auf Grundstücken nicht auf Internetseiten übertragbar sei. Die Airline versuchte zudem vergeblich das Verhalten als wettbewerbswidrig darzustellen, dass es durch das „Screen Scraping“ zu Störungen kommt. Allein die Angabe, dass es durch die Aktivitäten bei Zeiten zu reduzierten Buchungen komme, reichte den Richtern nicht.

Aber auch ein Verstoß gegen das Urheberrecht liege nicht vor. Das Gericht führt hierzu aus:

„Die Datensätze einzelner Flugverbindungen, die die Antragstellerin gegebenenfalls ausliest und auf ihrer eigenen Internetseite wiedergibt, können nicht als „wesentliche Teile“ der Datenbank im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Diese Datensätze sind auch nicht gemäß § 87 b I, 2 UrhG geschützt, da deren Nutzung durch die Antragstellerin sich im Rahmen einer normalen Auswertung der Datenbank hält und die berechtigten Interessen der Antragsgegnerin nicht unzumutbar beeinträchtigt. Im Rahmen der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Angebot ein berechtigtes Bedürfnis der Verbraucher befriedigt, kostengünstige Angebot aufzufinden, und der Antragsgegnerin damit letztlich auch Kunden zuführt.“

Zum Merkmal der „wesentlichen Teile“ einer Datenbank nahm ebenfalls das Hanseatische Oberlandesgericht (Entscheidung vom 16.04.2009, Az.: 5 U 101/08) Stellung. In diesem Fall unterlag die Online-Automobilbörse „autoscout24“ gegen den Hersteller einer Software, mit welcher Suchanfragen bei mehreren Automobilbörsen im Internet gleichzeitig durchgeführt werden können, ohne dass der User diese aufsuchen muss. In der Eingabemaske gibt der User die Daten seines Traumwagens ein und löst dann bei verschiedenen Börsen eine Suche aus. Die beanstandete Software entnimmt die Daten, bereitet sie auf und stellt sie dann dem Suchenden zur Verfügung, wobei es bei der Automobilbörse zu technischen Funktionsbeeinträchtigungen kommen kann. Dies gilt vor allem dann, wenn der Suchende die Option „automatische Suche“ aktiviert hat. Denn dann bietet die Software die Alternativen „täglich“, „alle 60 min“, „alle 30 min“, „alle 10 min“, „alle 5 min“, „alle 3 min“ und „permanent“ an.

Zwar liegt eine Datenbank vor, aus der auch Datensätze entnommen werden. Die Richter verneinten jedoch die Vervielfältigung eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank. Es sei nicht dargelegt worden, dass die Software in der Weise eingesetzt wird, dass durch die Vielzahl der möglichen Anfragen in der Summe die Wesentlichkeitsgrenze überschritten wird. Die Suchanfragen, auch im Modus „permanent“ beträfen immer nur einen Teil der Datenbank. Wird eine einmal definierte Suchanfrage in zeitlich sehr kurzen Abständen wiederholt, bezieht sich diese dann aber immer auf denselben, durch die Suchkriterien vorgegebenen Teil der Datenbank. Es ist also nicht überwiegend wahrscheinlich, dass Nutzer sozusagen nach und nach durch verschiedene Teilmengen in der Summe einen wesentlichen Teil der Datenbank entnehmen.

Der Senat verneinte auch eine gezielte Behinderung im Sinn des Wettbewerbsrechts:

„Soweit die Antragstellerin eine Behinderung in technischer Hinsicht geltend macht, da der Einsatz der Software zu einem erhöhten Datenvolumen führe, ist dies nur eine indirekte Folge des Einsatzes der Software. Der Vertrieb der Software ist gerade nicht in erster Linie darauf gerichtet, den Betrieb der Datenbank der Antragstellerin zu stören, sondern sie soll ihren Nutzern die schnelle und zeitgleiche Auswertung des Inhalts der Datenbank ermöglichen, d.h. die Nutzer sollen durch die Software an der Datenbank der Antragstellerin partizipieren, nicht sie in der Verwertung der Datenbank behindern.“

Ebenso scheitert ein deliktischer Anspruch an der mangelnden Betriebsbezogenheit des Eingriffs.

Das Problem zur Wesentlichkeitsgrenze bei Entnahme aus einer Datenbank wird hiernach auch weiterhin die Gerichte beschäftigen. Täglich werden neue Datenbanken geschaffen und andere werden hieran immer partizipieren wollen, ohne eigene Investitionen anstrengen zu müssen.

Je nach den Umständen des Einzelfalls kann Screen Scraping aber gegen geltendes Urheberrecht verstoßen. Es kommt sowohl auf die Menge der ausgelesenen Datensätze, aber auch auf die Methode sowie konkrete Art der Verwendung der Datensätze an.