×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Nachrichten
/
Urheberrecht
/
Museum Schloss Moyland wird Ausstellung von Beuys-Fotografien untersagt

Museum Schloss Moyland wird Ausstellung von Beuys-Fotografien untersagt

Der Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, hinter dem die Witwe von Joseph Beuys steht und der Stiftung Museum Schloss Moyland dauert nun schon knapp zwei Jahre an. Im Kern geht es wohl darum, die umfassende Sammlung von Beuys-Exponaten nach Düsseldorf zu verlegen. Die Stiftung Schloss Moyland verfügt über eine der größten Sammlungen, die Werke des namhaften Künstlers beherbergt.

Originalbild aus dem Urteil

Juristisch beginnt der Streit im Mai 2009 mit einer einstweiligen Verfügung, welche die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst gegen das Museum Schloss Moyland vor dem Landgericht Düsseldorf erwirkte.

Was war geschehen?

In dem Verfahren vor der 12. Kammer des Landgerichts Düsseldorf ging es im Wesentlichen um folgenden Sachverhalt:

Das Museum eröffnete am 9.5.2009 die Ausstellung „Joseph Beuys – Unveröffentlichte Fotografien von Manfred Tischer mit dem unveröffentlichten Serien „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“ sowie „Ausstellung Kleve 1961“. In dem Verfahren vom dem Landgericht Düsseldorf ging es aber nur um einen Teil der Serie „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“. Die streitgegenständlichen Aufnahmen wurden am 11.12.1964 in einer Live-Sendung des ZDF aus der Reihe „Die Drehscheibe“ angefertigt.

Da eine Aufzeichnung der Sendung nicht existiert, handelt es sich um bei den Fotografien um die einzige Dokumentation der Aktion.

Die Aufnahmen zeigen den berühmten Düsseldorfer Künstler Beuys aus verschiedenen Perspektiven. Der Künstler ordnete einen Bretterverschlag rechtwinklig an und betrat das Aktionsfeld mit einer mit sich gezogenen Filzdecke. Er legte diese ab, entnahm einem mitgebrachten Karton mehrere Margarinepackungen und stapelte diese. Auf dem Boden liegend und kriechend bildete er im inneren Winkel des Bretterverschlages eine Fettecke aus. Der ebenfalls anwesende Norbert Tadeusz malte auf Anweisung von Beuys die Worte „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“ mit Braunkreuzfarbe und Schokolade auf ein am Boden liegende Plakat.

Parallel zu der Aktion von Beuys fanden auch Aktionen der Künstler Bazon Brock und Wolf Vostell statt, die ebenfalls auf einigen der Aufnahmen mit eingefangen wurden.

Beuys gehörte zu dieser Zeit der „Fluxus-Bewegung“ an. Diese internationale Kunstrichtung der 60er und 70er Jahre wendete sich gegen die elitäre Hochkunst, wobei gleichzeitig neue kollektive Lebensformen geschaffen werden sollten. Fluxus wird als fließender Übergang zwischen Kunst und Leben interpretiert, beziehungsweise deren Einheit.

Die "Festtecke" von Joseph Beuys

Beuys wollte mit seiner „Fettecke“ „Kritik an Duchamps Kunstbegriff und ebenso an seinem späteren Verhalten und dessen Kultivierung üben, als er die Kunst aufgab und nur noch dem Schachspiel und der Schriftstellerei nachging“ (Adriani, Konnertz, Thomas: Joseph Beuys, 1994). Diese „Fettecke“ ist nicht mit der der Kunstakademie in Düsseldorf zu verwechseln. Hier hatte Beuys am 28.02.1982 in einer Ecke seines Ateliers in Baum 3 in der Kunstakademie Düsseldorf ca. 2 Meter unterhalb der Raumdecke fünf Kilogramm Butter angebracht. Das Werk wurde kurz nach seinem Tod versehentlich durch einen Hausmeister im Jahre 1986 entfernt.

Mai 2010 - VG Bild-Kunst erwirkt eine einstweilige Verfügung gegen das Museum

Mit Urteil vom 12.05.2010 – Az. 12 O 191/09 – untersagten die Richter die Ausstellung streitgegenständlichen Bilder von Manfred Tischer in den Räumen des Museum Schloss Moyland.

Das Gericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass Beuys Urheber der Aktion im Sendestudio des ZDF ist. Alleiniger Urheber ist, wer die Idee, Choreografie und die Ausführungsanweisungen für das Happening gibt. Entscheidend ist, wer die schöpferischen Beiträge geleistet hat. Beuys hatte alle Materialien dabei gehabt und lediglich Norbert Tadeusz die Anweisung gegeben, den Schriftzug auf das Plakat zu mahlen.

Die Kammer geht nun neue Wege im Urheberrecht, indem Sie mangels Einwilligung der Rechtsnachfolger von Joseph Beuys von einer Verwertung einer Umgestaltung des Werkes ausgeht.

Ein Werk im Sinne des Urheberrechts liegt vor, da nach dem Gesamteindruck eine persönliche geistige Schöpfung von Beuys gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG und dem Umstand, dass die Fluxus-Bewegung in Deutschland den Kunstbegriff zu erweitern versuchte.

Nach Ansicht der Kammer liegt keine Vervielfältigung vor. Eine solche scheidet aus, wenn eine Fotografie von einer länger andauernden Darbietung in Frage steht.

Vielmehr sei eine Umgestaltung verwertet worden. An dieser Stelle führt das Gericht aus:

„T. übertrug die Kunstaktion in Form eines dynamischen Prozesses in einen statischen. Zwar kann es grundsätzlich keinen Motivschutz geben, indes ist vorliegend – anders als bei einem Naturmotiv – davon auszugehen, dass bei einer Übernahme eines gestellten Motivs (bzw. Teilen davon) diese Inszenierung Teil der künstlerischen Bildsprache des Schöpfers ist, von der die jeweilige Situation lebt. Gerade die prägenden schöpferischen Elemente, nämlich die »Fettecke« und das Plakat mit der Aufschrift »Das Schweigen des M. D. wird überbewertet« finden sich auf den Fotografien wieder.

Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, es sei entscheidend, ob die einzelnen Fotos für sich genommen schutzfähige Bestandteile des Films darstellten, verfängt dieser Einwand nicht. Es geht nicht um die Frage, ob die Fotografien schutzfähig i. S. d. Urheberrechts sind, sondern darum, ob die Fotografien eine Urheberrechtsverletzung der Aktion darstellen. Deshalb kommt es auf die obige Entscheidung des Landgerichts München nicht an, denn dass eine Fotografie nicht eine Vervielfältigung einer länger andauernden Aktion sein kann, welche nur wegen des Gesamtcharakters urheberrechtlichen Schutz genießt, ist offensichtlich. Vorliegend geht es um die Umgestaltung der (gesamten) Aktion durch alle 7 Fotografien, nicht um eine Fotografie. Durch die Mehrzahl der Fotografien wird der individuell ästhetische Gesamteindruck in anderer Art und Weise wiedergegeben (vgl. BGH GRUR 1981, GRUR Jahr 1981 Seite 267 – Dirlada).

Auch der weitere Einwand der Antragsgegnerin, entscheidend sei, ob gerade die Teile der Aktion, die Gegenstand der Fotografien sind, urheberrechtlich geschützt sind, geht fehl. Gegenstand des Bearbeitungsrechts ist die gesamte Aktion des Künstlers B.“

September 2010 - Landegricht Düsseldorf geht auch in der Hauptsache von einer "Umgestaltung" der Aktion aus

Dies bestätigte die Kammer nun auch im Hauptsacheverfahren. Das Urteil hat uns freundlicher Weise unser Kollege aus Berlin, Herr Simon Bergmann von der Kanzlei Bergmann und Scherz, zukommen lassen. In der Entscheidung vom 29.09.2010 – Az. 12 O 255/09 – mit nun 19 streitgegenständlichen Fotografien hält das Gericht an seinen bekannten Ausführungen zur Umgestaltung fest und auch eine freie Benutzung nach dem Urheberrecht ab. Hierfür fehlt es an der Voraussetzung, dass angesichts der Eigenheit des neuen Werkes die prägenden Züge des geschützten Werkes verblassen. Die Fotoserie enthält die tragenden Elemente der Aktion des Schöpfers. Die inhaltliche Gesamtaussage der Aktion findet sich in der Fotodokumentation wieder.
Das Gericht hat hier zu einer bis dato noch nicht geklärten Frage des Urheberrechts Stellung genommen. Da gerade Aktionskünstler sich selbst in der Öffentlichkeit präsentieren und eine Dokumentation zulassen, wenn nicht gar wünschen, sehen viele in der Literatur die Rechte der Fotografen nicht ausreichend geschützt.

Viele Museen haben in ihren Archiven Fotos von Aktionen diverser Künstler. Diese dürften nun ohne Einwilligung der Rechteinhaber nicht mehr ausgestellt werden. Ging es den Künstlern noch darum ihre Kunst zu verbreiten, wollen die Erben in der Regel ein Stück vom Kuchen abhaben. Ob dem so ist, werden nun die nächsten Instanzen und am Ende womöglich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entscheiden.

Wenn Sie als Urheber nun auch Ihre Rechte verletzt sehen oder als Fotograf oder Gallerist Fragen zu einer Ausstellung haben, melden Sie sich doch einfach bei uns.