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Prüfungsumfang von Sharehostern - Bundesgerichtshof erweitert seine Rechtsprechung

BGH zum Prüfumfang von Filehostern - Was ist zumutbar?

von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M. - Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz

Der Bundesgerichtshof hatte sich diesen Sommer einmal mehr mit dem Thema Filesharing zu beschäftigen. Dass Rechtsfragen hierzu immermal wieder bis zum höchste deutsche Zivilgericht durchkommen, ist nicht neu und sicher auch der vielzahl der Fälle zuzurechnen - man beachte vor allem die immer wieder in anderen Konstellationen auftauchenden Fragen, inwiefern Rechtinhaber gegen die Inhaber von Internetanschlüssen vorgehen können.

Die hier vorliegende Frage war jedoch eine andere: Welche Prüfpflichten treffen Anbieter von Filesharing-Diensten und was ist dabei konkret zumutbar. Die Entscheidung wirft einige Neuigkeiten in diesem Bereich auf und zeigt sehr deutlich, wie umfangreich der BGH das geltende Recht interpretiert und fortbildet.

Die GEMA vs. Rapidshare - Linksammlungen der große Streitpunkt

In dem hier zu entscheidenden Rechtstreit ging es um das Vorgehen der GEMA gegen Rapidshare. Die GEMA machte Rechte von Urhebern geltend und sah diese durch das Geschäftsmodell von Rapidshare verletzt. Rapidshare ist wohl einer der größten und wichtigsten Filehoster hierzulande. Das System dahinter ist relativ einfach: Nutzer können ihre Daten bei Rapidshare hochladen und auf dessen Servern hinterlegen. Anschließend erhalten sie einen Link zu diesen Daten.

Dies ist grundsätzlich auch kein Problem und selbstverständlich grundsätzlich völlig legal. Das Angebot wird vielfach genutzt, um zum Beispiel Daten zu sichern oder auch um größere Datenmengen weiter zu leiten. Der Nutzer kann nämlich seinen Link ohne weiteres an jemanden Dritten weitergeben, der hierdurch Zugang zu den Daten hat und sie sich herunterladen kann.

Allerdings wird dieses Geschäftsmodell auch für massenhafte Urheberrechtsverletzungen genutzt. Es ist nämlich ebenso möglich, Musik oder andere urheberrechtlich geschützte Inhalte bei Rapidshare zu hinterlegen und anderen dann hierzu Zugang zu verschaffen.

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Und genau um dieses Vorgehen ging es in diesem Fall. Die GEMA wollte Rapidshare dafür in Haftung nehmen, dass das Unternehmen seiner Ansicht nach gegen Prüfpflichten verstoßen hat. Die Linklisten müssten regelmäßig kontrolliert werden.

Die Prüfpflichten der Störerhaftung

Die Vorinstanz sah eine entsprechende Prüfpflicht als verletzt an und sprach deshalb einen Unterlassungsanspruch zu. Rapidshare hafte nämlich ohne weiteres als Störer, wenn das Unternehmen von dem Rechteinhaber über die Rechtsverletzungen in Kenntnis gesetzt wurde. Insbesondere weil das Geschäftsmodell derartig attraktiv für massenhafte und vor allem anonyme Rechtsverletzungen sei, könnten auch umfanreichere Prüfpflichten zugemutet werden.

Der BGH bestätigte die Vorinstanz vor allem dahingehend, dass Rapidshare als Störer in Anspruch genommen werden kann und seine in diesem Rahmen bestehenden Prüfpflichten nicht verletzt habe. Dabei orientiert sich der BGH an den Vorschriften des TMG, die eine Überwachungspflicht für Diensteanbieter vorsehen. Danach müssen sie eine erforderliche Sorgfalt an den Tag legen, um bestimmte rechtswidrige Handlungen zu verhindern oder aufzudecken. Diese können sogar recht weit gehen, wenn die Dienste eine besondere Gefahrgeneigtheit aufweisen - klar ausgedrückt bedeutet dies, dass die Prüfpflichten höher sind, wenn die Dienste besonders dafür geeignet sind, für Rechtsverletzungen genutzt zu werden. Hierzu hatte der BGH bereits mehrfach Stellung bezogen. Insbesondere in Bezug auf Rapidshare hatte er ausgeführt, dass gerade dessen Geschäftsmodell massenhaften Urheberrechtsverletzungen Vorschub leistet.

An dieser Stelle sah der BGH es als erwiesen an, dass Rapidshare mit dem Modell Urheberrechtsverletzungen Vorschub leistet. Daraus ergebe sich jedenfalls, dass eine sogenannte "anlassbezogene Prüfungspflicht" bestehe. Diese entstehe dann, wenn Rapidshare konkret auf Rechtsverletzungen hingewiesen wird. Ab diesem Zeitpunkt hätte Rapidshare alles technisch und wirtschaftlich Zumutbare tun müssen, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern. Hierzu gehört nach Ansicht des BGH sogar, dass das Unternehmen einschlägige Linksammlungen untersuchen muss. Dabei muss sich das Unternehmen sogar technischer Hilfsmittel bedienen. Dazu gehört nicht nur die Recherche in sozialen Netzwerken wie Facebook - vielmehr sei es zumutbar, dass Rapidshare sogar Webcrawler einsetzt, um Hinweise auf rechtsverletzende Links zu finden.

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Praxisfolgen - Zumutbarkeit sogar bei Webcrawlern?

Die Entscheidung ist insofern in ihrem Aussagegehalt interessant, als dass sie den Umfang der Prüfpflichten von Rapidshare erstaunlich weit definiert. Dass das Unternehmen sogar Webcrawler einsetzen muss und damit eigene aktive Anstrengungen zu erfolgen haben, erscheint zunächst hart und scheint der Intention des Telemediengesetzes zu widersprechen. Allerdings dürfte nicht zu verkennen sein, dass Rapidshare in erheblichem Umfang dafür genutzt wird, schnell und möglichst unerkannt Daten zu verschieben. Das Unternehmen zieht daraus sogar noch Nutzen, indem es den Dienst gegen Entgelt anbietet. Nach der Argumentation des BGH ist die Prüfpflicht also die Kehrseite dieser Gefahrgeneigtheit - das Motto lautet hierfür: je höher das Risiko und Bewusstsein darüber bei mir ist, dass mein Angebot für Rechtsverletzungen missbraucht wird, desto eher treffen mich Prüfpflichten. Eine interessante weitere Frage kann hierbei aber auch sein, ob derartige Prüfpflichten auch andere Provider treffen, insbesondere möglicherweise Youtube.

Für Unternehmen mit derartigem Geschäftsmodell bedeutet dies eine nicht unerhebliche Haftungsgefahr, wenn sie dieser Prüfpflicht nicht nachkommen. Deshalb ist es besonders ratsam, dass derartige Haftungsfallen ausgeschlossen werden.

Sollten Sie selbst eine Beratung hierzu wünschen, kommen Sie gerne auf uns zu.