Urheberrechtlicher und markenrechtlicher Schutz von Schlagzeilen und Logos: OLG Hamburg sieht Schöpfungshöhe bei "Wir sind Papst"

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat in einem wegweisenden Urteil vom 28. August 2024 einem Medienunternehmen Rechte an einer berühmten Schlagzeile aus dem Urheberrecht zugesprochen. Der Fall betraf den Axel Springer Verlag und eine Plattform für Stockfotos.
Hintergrund des Rechtsstreits
Der Axel Springer Verlag, Herausgeber der "Bild"-Zeitung, klagte gegen einen Anbieter von Stockfotos. Dieser bot Lizenzen für Bilder an, die das "Bild"-Logo sowie die berühmte Schlagzeile "Wir sind Papst" enthielten. Der Verlag sah darin eine Verletzung seiner Marken- und Urheberrechte.
Marken- und Urheberrecht
Das Gericht bestätigte weitgehend die Position des Verlags in Bezug auf den markenrechtlichen Schutz. Es untersagte dem Plattformbetreiber, Lizenzen für kommerzielle Nutzungen von Bildern anzubieten, die das "Bild"-Logo prominent zeigen. Dies gilt für verschiedene Nutzungsarten wie Präsentationen, Websites und Marketingmaterialien.
Besonders interessant ist die Entscheidung des Gerichts zum urheberrechtlichen Schutz der Schlagzeile "Wir sind Papst". Das OLG Hamburg erkannte an, dass auch kurze, prägnante Schlagzeilen urheberrechtlichen Schutz genießen können, wenn sie eine hinreichende schöpferische Gestaltungshöhe aufweisen
Schöpfungshöhe
Die Schöpfungshöhe ist im Urheberrecht ein entscheidender Begriff, der die Qualität und Originalität einer kreativen Leistung beschreibt. Nur Werke, die eine gewisse gestalterische Höhe erreichen, also über das rein Handwerkliche oder Alltägliche hinausgehen und eine individuelle schöpferische Leistung des Urhebers widerspiegeln, sind urheberrechtlich geschützt. Bei kurzen Texten wie Schlagzeilen ist die Beurteilung oft schwierig.
Im vorliegenden Fall bejahte das hanseatische OLG den urheberrechtlichen Schutz von „Wir sind Papst“, da die Schlagzeile eine ausreichende Schöpfungshöhe aufweist, weil sie eine prägnante, originelle Zusammenfassung eines historischen Ereignisses mit emotionaler Wirkung ist und dabei sprachliche Mittel wie das „totum pro parte“ verwendet. Es handelt sich nicht nur um eine einfache, beschreibende Wendung, sondern um eine prägnante und innovative Formulierung, die in einem kulturellen Kontext eine gewisse Originalität besitzt. Diese Eigenart unterscheidet die Schlagzeile von gewöhnlichen Sätzen und gibt ihr eine individuelle Prägung.
Die Entscheidung setzt sich auch mit der Kritik auseinander, dass die Schlagzeile „Wir sind Papst“ lediglich an den Slogan „Wir sind Weltmeister“ angelehnt sei. Das Gericht betont jedoch, dass „Wir sind Papst“ eine eigenständige kreative Leistung darstellt, die sich in ihrer Aussage und Gestaltung von ähnlichen Formulierungen unterscheidet. Die Schlagzeile hebe sich durch ihre kreative Formulierung von gängigen Phrasen ab, insbesondere durch die einzigartige Kombination aus Identifikation („Wir“) und der unerwarteten Wahl eines deutschen Papstes. Zudem hat die Schlagzeile durch ihre starke Resonanz und kulturelle Verbreitung in der Öffentlichkeit an Bedeutung und Originalität gewonnen.
Vergleich zur "Geiz ist geil"-Rechtsprechung
Im Gegensatz dazu sah der BGH in dem Slogan „Geiz ist Geil“ keine ausreichende Schöpfungshöhe, vgl. Az I ZR 159/10. Der Senat stellte seiner 2013 zwar fest, dass dieser Slogan "Geiz ist geil" zwar originell und werbewirksam sei, aber keine besondere gestalterische Leistung beinhalte, die über das Handwerkliche hinausgeht. Es handele sich um eine einfache, platte Werbeaussage, die zwar markant ist, aber keine kreative Individualität im Sinne des Urheberrechts entfaltet. Der Ausdruck war aus sicht des BGH seinzeit vor allem als sachlich-werbende Aussage zu verstehen, die keinen besonderen kreativen Spielraum nutze.
Fazit

Die beiden Entscheidungen zeigen, wie schwierig die Einordnung und Beurteilung der Schöpfungshöhe im Einzelfall sein kann. Für Medienunternehmen, Kreative und Plattformbetreiber bedeutet dieses Urteil, dass sie dem Schutz und der Nutzung von Schlagzeilen und Marken erhöhte Aufmerksamkeit widmen müssen. Es unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Verwendung fremder Inhalte stets die rechtlichen Implikationen sorgfältig zu prüfen.
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