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Keine Haftung von Amazon für Inhalte von Affiliates

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

BGH zu Affiliate-Marketing: Partnerprogramm haftet nicht für Inhalte der Affiliates

von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.
Fachanwanwalt u.a. für gewerblichen Rechtsschutz

Per Pressemitteilung berichtet der Bundesgerichtshof (BGH) von einer spannenden Entscheidung zum Affiliate-Marketing. Wir haben in der Vergangenheit schon viel über diese Werbeform berichtet und auch schon zahlreiche Rechtsstreitigkeiten geführt. Bei diesem Marketing bewerben sogenannte Affiliates (engl. für: Partner), zum Beispiel auf ihren Websites, die Produkte oder Dienstleistungen anderer Unternehmen und erhalten dafür - nahezu immer nur im Erfolgsfalle - eine Provision. Affiliate-Marketing ist mittlerweile fest in der Online-Werbelandschaft etabliert. Der Erfolgsfall tritt in der Regel ein, wenn ein Klick auf ein Werbemittel oder ein getätigter Kauf erfolgt.

Im durch den BGH zu entscheidenden Fall ist Klägerin eine Matratzenherstellerin und die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe, welche in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform Amazon beteiligt sind.

Der Fall

Im Rahmen des von einer der Beklagten betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, den Affiliates, frei, auf der eigenen Webseite Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis. Im Jahr 2019 warb ein Affiliate auf seiner Webseite, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, unter anderem für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei, auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht Köln hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen (LG Köln, Urteil vom 20. Mai 2021, Az. 81 O 62/20). Das Oberlandesgericht Köln hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (OLG Köln, Urteil vom 11. Februar 2022, Az. 6 U 84/21). Die beanstandete Werbung sei zwar irreführend und daher wettbewerbswidrig. Die Beklagten hafteten für diesen Wettbewerbsverstoß des Affiliates aber nicht als Täter oder Teilnehmer. Auch die Voraussetzungen einer Haftung des Unternehmensinhabers für Beauftragte nach § 8 Abs. 2 UWG lägen nicht vor.

So entschied der BGH

Auch der BGH hat nunmehr die Revision zurückgewiesen. Trotz irreführender und damit wettbewerbswidriger Werbung hafteten die Beklagten in dieser Sache für den Wettbewerbsverstoß des Affiliates weder als Täter noch als Teilnehmer. Auch die Voraussetzungen einer Haftung des Unternehmensinhabers für Beauftragte oder Mitarbeiter nach § 8 Abs. 2 UWG liegen nicht vor. Diese Regelung sieht vor, dass wenn Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden, der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet sind.

Nach Einschätzung des BGH liegt innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber.

Entwickeln aber, so der BGH, Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen - hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen -, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren.

Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stelle keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten dar.

Darüber hinaus fehlt es im Streitfall auch an der für eine Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch eine der Beklagten. Der Affiliate wird bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags beziehungsweise der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Schließlich musste - nach Einschätzung des BGH - die Beklagte sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.

Fazit

Ein aus unserer Sicht nachvollziehbares und richtiges Ergebnis, dem Betreiber des Affiliate-Partnerprogramms hier keine Haftung für die in eigenem Ermessen und in eigener Verantwortung betriebene Werbung aufzuerlegen. Die ausführliche Urteilsbegründung des BGH zur Haftung für Affiliates, Urt. vom 26.1.2023, Az I ZR 27/22 finden Sie im Volltext mittlerweile natürlich in unserer Datenbank.

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