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Keine Verletzung von Grundrechten – BVerfG bestätigt BGH und Kennzeichnungspflicht für Influencer-Werbung

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Influencerin scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht – Kennzeichnungspflicht bleibt und BGH-Linie bestätigt

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde der Influencerin Luisa-Maxime Huss gegen das „Influencer III“-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 24. April 2025, Az. 1 BvR 1223/22). Damit bleibt die Rechtsprechung zur Werbekennzeichnung in sozialen Medien auch auf verfassungsrechtlicher Ebene unangetastet.

Hintergrund: Die BGH-Urteile zum Influencer-Marketing

Bereits im Jahr 2021 hat der Bundesgerichtshof in einer Reihe von Verfahren entschieden, wann Social-Media-Posts von Influencer:innen rechtlich als Werbung gelten – und wann sie entsprechend gekennzeichnet werden müssen, nicht nur wir hatten umfangreich berichtet.

Der Bundesgerichtshof hat danach in insgesamt fünf Grundsatzurteilen entschieden, dass eine Kennzeichnungspflicht für Social-Media-Posts immer dann besteht, wenn Influencer:innen für die Präsentation von Produkten oder Marken eine Gegenleistung – etwa Geld, Geschenke oder Dienstleistungen – erhalten. Auch unaufgeforderte Zusendungen können eine Kennzeichnungspflicht auslösen. Fehlt eine Gegenleistung, ist eine Kennzeichnung nur dann erforderlich, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich wirkt. Die Kennzeichnung muss zudem klar und für Nutzer:innen sofort erkennbar sein, vgl. hierzu u.a. Influencer I. – Luisa-Maxime HussBGH, Urteil vom 9. September 2021, Az. I ZR 90/20; Influencer II. – Leonie HanneBGH, Urteil vom 9. September 2021, Az. I ZR 125/20, Influencer III. – Cathy HummelsBGH, Urteil vom 9. September 2021, Az. I ZR 126/20 oder Terhaag/Schwarz, "Influencer vor dem BGH – Die ersten drei Akte", Fachveröffentlichung in der Kommunikation und Recht.
Die BGH-Urteile unterscheiden sich in Details: Während Huss in den Vorinstanzen unterlag und eine Kennzeichnungspflicht bejaht wurde, entschieden die Gerichte im Fall Hummels und Hanne zugunsten der Influencerinnen. Der BGH hat mit seinen Urteilen eine differenzierte Linie gezogen, die sich an der Gegenleistung und dem Gesamteindruck des Beitrags orientiert.

Der Gang zum Bundesverfassungsgericht

Luisa-Maxime Huss sah sich durch das BGH-Urteil in ihren Grundrechten, insbesondere wohl der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), verletzt. Sie argumentierte im Wesentlichen, das Urteil greife unzulässig in ihre Freiheit ein, redaktionelle Inhalte oder Produktempfehlungen zu veröffentlichen – selbst dann, wenn keine Werbung beabsichtigt sei.

Mit Beschluss vom 24. April 2025 nahm das BVerfG die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Eine Begründung wurde – wie nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG zulässig und nicht unüblich – nicht gegeben. Das Gericht macht hiervon regelmäßig Gebrauch, wenn es eine Verfassungsbeschwerde für offensichtlich unbegründet oder unzulässig hält.

Die Entscheidung ist unanfechtbar. Damit bleibt das Urteil des BGH endgültig bestehen und erhält durch die Nichtannahme eine faktische verfassungsrechtliche Bestätigung.

Was bedeutet das für die Praxis?

Die Entscheidung hat Signalwirkung für Influencer:innen, Agenturen, Unternehmen und Plattformbetreiber:

  • Die Rechtslage bleibt damit klar: Nur wenn eine Gegenleistung erbracht wird – etwa in Form von Geld, Geschenken oder sonstigen Vorteilen – handelt es sich um eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG, die eine Kennzeichnungspflicht als Werbung nach sich zieht.

  • Redaktionelle Inhalte oder persönliche Empfehlungen ohne Gegenleistung müssen dabei nicht unbedingt gekennzeichnet werden, auch wenn sie naturgemäß den Absatz eines Dritten fördern können.

  • Die Meinungsfreiheit wird durch diese Differenzierung nicht verletzt – so jedenfalls die implizite Bewertung des Bundesverfassungsgerichts.

Damit bleibt die Linie des BGH zur Abgrenzung zwischen redaktioneller Kommunikation und Werbung auch aus grundrechtlicher Perspektive tragfähig. Wer gezielt Produkte empfiehlt und dafür Vorteile erhält, muss dies transparent machen – daran ändert auch die Entscheidung des BVerfG nichts bzw. bestärkt die sich zuletzt durchgesetzte Rechtspraxis.

Fazit

Die Verfassungsbeschwerde von Luisa-Maxime Huss ist gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht sieht in der BGH-Entscheidung keine Verletzung der Meinungsfreiheit oder anderen Grundrechten. Damit bleibt es bei einer klaren und differenzierten Linie zur Werbekennzeichnung im digitalen Raum.

Influencer:innen können redaktionelle Inhalte grundsätzlich ohne Kennzeichnung veröffentlichen, solange sie keine Gegenleistung erhalten und der Beitrag nicht übertrieben werblich wirkt. Wird ein Beitrag allerdings so gestaltet, dass er den Eindruck einer Werbung vermittelt – etwa durch einseitige Hervorhebung von Produkten oder Marken ohne kritische Distanz –, kann auch ohne Gegenleistung eine Kennzeichnungspflicht bestehen. Unternehmen und Werbetreibende wissen nun, wo die Grenze verläuft und wie Kooperationen rechtssicher ausgestaltet sein müssen. Entscheidend bleibt: Werbung und dazu zählt auch 'Werbung für Werbung' muss klar und auf den ersten Blick als solche erkennbar sein.

Die Rechtsanwälte Michael Terhaag und Christian Schwarz befassen sich schon seit einigen Jahren mit dem Thema des Influencer-Marketings. Sie haben bereits eine Vielzahl von Fachbeiträgen verfasst. Im August 2021 wurde ihr Rechtshandbuch „Influencer-Marketing“ im Nomos Verlag veröffentlich, von dem im Herbst 2024 die zweite Auflage erschienen ist.

 

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