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BGH verhandelt über Vorher-Nachher-Werbung bei Hyaluronbehandlungen – Entscheidung zu § 11 HWG steht bevor

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Vorher-Nachher-Werbung mit Hyaluron & Co.: Jetzt liegt der Ball beim BGH

- Zur mündlichen Verhandlung des Bundesgerichtshofs am 3. Juli 2025 – ein Update zur Zulässigkeit kosmetischer Vergleichswerbung

Vor rund einem Jahr hatten wir bereits über die Entscheidung des OLG Köln berichtet, das Vorher-Nachher-Werbung bei minimalinvasiven kosmetischen Behandlungen – etwa durch Hyaluronsäure – als unzulässig im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) einstufte.

Nun hat sich auch der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 170/24) mit der zentralen Frage beschäftigt, ob Behandlungen wie das Aufspritzen von Lippen oder das Unterspritzen von Falten mit Hyaluron unter das Werbeverbot für "operative plastisch-chirurgische Eingriffe fallen.

Der Fall „Dr. Rick & Dr. Nick“

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW gegen das Düsseldorfer Unternehmen „Aesthetify“, betrieben von den medial bekannten Ärzten „Dr. Rick und Dr. Nick“. Auf der Website sowie bei Instagram warb Aesthetify mit Vorher-Nachher-Bildern zufriedener KundInnen – aus Sicht der Kläger ein klarer Verstoß gegen § 11 Abs.1 Satz 3 Nr.5 HWG. 

Die Vorinstanz, das OLG Hamm, gab der Verbraucherzentrale recht und beurteilte auch minimalinvasive ästhetische Eingriffe als plastisch-chirurgisch im Sinne des Gesetzes – auch wenn kein Skalpell zum Einsatz kommt. Bereits das gezielte Verändern von Form oder Oberfläche eines Körperteils genüge für die Einordnung als operativer Eingriff. Im Ergebnis also wie das OLG Köln: Schon das gezielte Verändern der äußeren Erscheinung mit kosmetischem Ziel – ganz gleich, ob mit Skalpell oder Spritze – sei als plastisch-chirurgischer Eingriff zu werten. Mit der Entscheidung des OLG Hamm bestätigte nun ein weiteres Obergericht diese Sichtweise – mit spürbaren Konsequenzen für Anbieter ästhetischer Leistungen.

BGH signalisiert Zustimmung – aber (noch) kein Urteil

Am 3. Juli 2025 fand die mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof statt. Ein Urteil wurde noch nicht verkündet. Ersten Presseberichten zufolge ließ der Senat in einer ersten rechtlichen Einschätzung ließ der Senat durchblicken, dass er der Linie des OLG Hamm wohl folgen wird – und damit eine weitreichende Bestätigung des Werbeverbots auch für Botox und Hyaluron geben könnte. Entschieden ist das aber noch nicht.

Die Anwälte des beklagten Unternehmens argumentierten, solche Behandlungen würden nicht von Chirurgen durchgeführt, setzten keine chirurgischen Instrumente ein und seien mit geringeren Risiken verbunden als klassische Operationen. Außerdem, so die Betreiber von Aesthetify, handele es sich bei den Vorher-Nachher-Bildern nicht um Werbung, sondern lediglich um eine Form transparenter Information für interessierte Patientinnen und Patienten. Letztgenanntes ist aber offen gestanden ein Witz! Vorher-Nachher-Bilder sind geradezu das Paradebeispiel für werbliche Suggestion.

Die bloße Behauptung, es handele sich um „Information“ und nicht um Werbung, wirkt in diesem Zusammenhang bestenfalls naiv – gerade im Umfeld von Social-Media-Präsentationen und ästhetisch optimierten Ergebnissen. Als rechtlicher Kommentar sei erlaubt: Wer so argumentiert, verkennt schlicht den geltenden Werbebegriff im Heilmittelwerbegesetz.

Die Verbraucherschützer entgegneten folgerichtig, dass solche Darstellungen Risiken wie Infektionen, allergische Reaktionen oder Embolien völlig ausblenden – und damit dem Schutzzweck des HWG zuwiderlaufen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt bereits jede objektiv werbliche Darstellung zur Einordnung als Werbung – insbesondere bei emotionalisierenden Bildvergleichen.

Rechtssicherheit in Sicht?

Bis zur endgültigen Urteilsverkündung können noch einige Wochen vergehen. Für Anbieter kosmetischer Leistungen bleibt die Lage damit weiter heikel: Wer aktuell mit Vergleichsbildern wirbt, riskiert rechtlich angreifbar zu sein – das gilt insbesondere außerhalb medizinischer Fachkreise und auf Plattformen wie Instagram, wo visuelle Wirkung und Emotionalisierung zentrale Rollen spielen.

Wir halten Sie hier selbstverständlich auf dem Laufenden, sobald das Urteil vorliegt – und werden die endgültige Entscheidung des BGH umfassend einordnen. 

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