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Irgendwo muss eine Linie gezogen werden - Zum Streifenstreit zwischen Adidas und Nike

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Drei Streifen nicht immer geschützt – OLG Düsseldorf stärkt dekorative Designs im Markenstreit Adidas vs. Nike

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem richtungsweisenden Urteil vom 28. Mai 2024 – Az.: 20 U 120/23 klargestellt, dass nicht jedes Streifenmuster auf Sporthosen automatisch eine Verletzung der berühmten „Drei-Streifen-Marke“ von Adidas darstellt. Dem Mitbewerber Nike gelang damit ein wichtiger Teilerfolg gegen eine einstweilige Verfügung, die Adidas erstinstanzlich vor dem Landgericht Düsseldorf erwirkt hatte.

Im Kern ging es um fünf von Nike angebotene Hosenmodelle mit seitlich verlaufenden Streifen, gegen die Adidas wegen behaupteter Markenrechtsverletzungen vorgegangen war.
Adidas verwies darauf, dass die Drei-Streifen-Kennzeichnung weltweit bekannt sei und Verbraucher bei ähnlichen Streifenmustern automatisch an Adidas denken würden. Nike hielt dagegen, dass Streifen entlang der Außennaht von Sporthosen weit verbreitet seien und oftmals rein dekorativen Charakter hätten.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter am OLG Düsseldorf, Erfried Schüttpelz, aus Sicht des Verfassers treffend formuliert: „Wir müssen irgendwo eine Grenze ziehen. Nur wo?“ Genau diese schwierige Abgrenzung zwischen Schutzwürdigkeit der Marke und erlaubter Dekoration beschäftigte den Senat.

Wann sind Streifen Herkunftshinweis und wann bloße Dekoration?

In seiner Entscheidung folgte dieser der Auffassung, dass die bekannte Drei-Streifen-Marke von Adidas zwar einen besonders hohen Schutzumfang genießt, dieser Schutz jedoch nicht grenzenlos ist. Tatsächlich sei es entscheidend, ob Verbraucher das konkrete Design als Herkunftshinweis wahrnehmen oder lediglich als modisches Dekorelement ansehen.

Das Gericht hat ausdrücklich betont, dass neben der konkreten Streifengestaltung auch die sonstige Gestaltung des Kleidungsstücks und weitere Zeichen (wie Logos) zu berücksichtigen sind. Ist beispielsweise das Logo eines anderen Herstellers groß und deutlich sichtbar, tritt die Herkunftsfunktion der Streifen in den Hintergrund. Ist das Logo hingegen zu klein oder farblich unauffällig, kann die Gefahr einer Markenrechtsverletzung bestehen. So gelingt der Entscheidung eine schöne und nachvollziehbare Fallunterscheidung.

„LA Lakers Courtside Pants“ – Zu nah dran an Adidas

Im konkreten Fall sah das Gericht bei einer der Nike-Hosen („LA Lakers Courtside Pants") eine Markenrechtsverletzung, da deren Streifenmuster den Adidas-Streifen zu ähnlich sei. 

Auch das zusätzlich vorhandene Nike-Logo „Swoosh“ ändere nichts daran, da es aufgrund seiner Größe und Farbe nicht stark genug hervortrete.

Anders entschied das OLG jedoch bei den vier übrigen Nike-Modellen: 

Keine Markenverletzung bei Sportswear- und Paris St. Germain-Hosen

Drei davon (Sportswear Pants) unterschieden sich deutlich vom Adidas-Design, da sie lediglich zwei Streifen aufwiesen und außerdem über einen klar dominierenden, großformatigen Nike-Swoosh verfügten. Hier würden Verbraucher keinen Bezug zu Adidas herstellen. 

Das vierte Modell (Paris St. Germain Pants) zeigte zwar drei Streifen, diese erschienen aber durch geringe Abstände und spezielle Farbgebung lediglich als dekoratives Zierelement in Vereinsfarben.

Klare Botschaft des Gerichts: Kein grenzenloser Markenschutz

Das Urteil bestätigt damit, was auch bereits der EuGH 2019 festgestellt hatte: Nicht jede Variante oder Streifenanordnung genießt automatisch Markenschutz. Dieser Auffassung schließt sich der Verfasser ausdrücklich an und begrüßt die klare Botschaft des Gerichts, dass irgendwo Schluss sein muss mit einem zu weiten Markenschutz für einfache Designelemente.

Die Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit für Designer und Hersteller, indem sie klarstellt, dass einfache Designelemente wie Streifen nicht per se monopolisiert werden können.

Fazit: Modische Streifenmuster sind nicht automatisch geschützt

Selbst eine berühmte Marke wie Adidas genießt keinen grenzenlosen Schutz. Entscheidend ist vielmehr, wie das konkrete Muster vom Durchschnittsverbraucher wahrgenommen wird.
Eine klare dekorative Abgrenzung oder ergänzende, markenstarke Logos anderer Hersteller werden regelmäßig ausreichen, um eine Verwechslungsgefahr zu verhindern.

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