OLG Hamm zum Unterlassungsanspruch bei Markenrechtsverletzungen durch beauftrages Unternehmen
Zum Urteil des OLG Hamm vom 13.09.2012; Az.: I-4 U 71/12
von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.
Kann ein Unternehmen dafür auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, dass eine von ihm mit Werbemaßnahmen beauftragte Preissuchmaschine unerlaubt Adwords-Anzeigen schaltet, die Verletzungen von Markenrechten darstellen?
Hiermit hatte sich das OLG Hamm in einem jetzt erschienenen Urteil zu befassen. Danach stellten die Adwords-Anzeigen in dem konkreten Fall eine Markenrechtsverletzung dar. Dies sei auch dem beklagten Unternehmen zurechenbar, sodass dieses auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könnte. Damit verwarf das Gericht die Berufung des beklagten Unternehmens gegen ein Urteil des LG Bochum (Az.: 12 O 247/11).
Wieder ergeht eine interessante Entscheidung auf dem Gebiet des Markenrechts, dass sich mit nicht unmittelbar wahrnehmbaren Werbemethoden beschäftigt. Ebenso wie bei Meta-Tags stellt sich auch hier die spannende Frage, wann eine Markenrechtsverletzung überhaupt vorliegen kann.
Hintergrund: Beauftragtes Unternehmen schaltete Adwords
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es bei der Klägerin um ein Elektronik-Unternehmen, das verschiedene Marken angemeldet hatte und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch nahm. Grund hierfür waren Adwords-Anzeigen, die auch auf Produkte der Klägerin verwiesen. Diese waren von einer Preisssuchmaschine geschaltet worden, deren Betreiber mit der Beklagten, einem Handelsunternehmen für verschiedene Elektronik-Produkte, einen Kooperationsvertrag abgeschlossen hatte. Nach diesem Kooperationsvertrag listete die Beklagte ihre Artikel als Werbung bei der Suchmaschine. Sie stellte jedoch außerdem noch sogenannte Adwords-Anzeigen online.
Adwords-Anzeigen sind in einer separaten Liste neben den eigentlichen Suchergebnissen einer Suchmaschine wiedergegebene Werbeanzeigen. Der Werbetreibende kann selbst bestimmte Wörter eingeben und dadurch das Ergebnis beeinflussen, indem seine Werbung bei bestimmten Suchbegriffen hervorgehoben angezeigt wird. Insbesondere können dabei auch Begriffe so gewählt werden, dass die eigene Werbung neben Suchergebnissen angezeigt wird, die auf die Konkurrent verweisen.
Die Klägerin mahnte die Beklagte anwaltlich ab und nahm sie auf Unterlassung in Anspruch sowie Überhame der anwaltlichen Kosten. Dies lehnte die Beklagte ab, sodass der Streit vor dem Landgericht Bochum landete. Dieses gab der Klägerin in vollem Umfang Recht.
Die Argumente des OLG Hamm im Detail
Das OLG Hamm entschied nun, dass die Berufung der Beklagten zu verwerfen sei. Die Gründe hierfür waren, dass zum einen die Verwendung des streitgegenständlichen Begriffes in den Adwords-Anzeigen eine Verletzung von Markenrechten darstellte und zum anderen diese auch der beklagten zuzurechnen sei. Demnach könne die Klägerin auch einen Anspruch auf Unterlassung gegenüber der Beklagten geltend machen.
Die Markenrechtsverletzung ergibt sich nach den Entscheidungsgründen aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Hiernach bestehe zwischen dem Begriff, der von der Preissuchmaschine eingesetzt wurde und der geschützten Marke der Klägerin eine Ähnlichkeit, die sich auch zu Verwechselungen eignet. Dem stehe nicht die unterschiedliche Groß-/Kleinschreibung entgegen.
Der weitere Grund für diese Entscheidung liegt darin, dass die Beklagte auch dafür auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, dass der von ihr beauftragte Suchmaschinenbetreiber die Markenrechtsverletzung begangen hat. Die Handlungen der Suchmaschine seien der Beklagten aufgrund von § 14 Abs. 7 MarkenG zuzurechnen. Demnach besteht der Unterlassungsanspruch auch, wenn ein Beauftragter die Rechteverletzung begangen hat. Dieser sei unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Rechtsbeziehung derartig in den Betrieb eingebunden, dass der Betriebsinhaber genügend Einfluss auf den Handelnden hat oder zumindest haben könnte. Ein Weisungsrecht müsse dagegen nicht bestehen. Maßgeblicher Grund hierfür ist auch, dass der Werbetreibende seinen Geschäftskreis erweitere und damit auch seine Ertragsmöglichkeiten. Es lässt sich also als Kehrseite gegenüber den wirtschaftlichen Vorteilen sehen, wenn gleichzeitig auch eine Haftungserweiterung für den Auftraggeber eintritt.
Immer wieder Streit um Adwords-Anzeigen
Streitigkeiten über Adword-Anzeigen haben in den letzten Jahren verschiedene Gerichte in Atem gehalten. Hier dazu eine Übersicht über die wesentlichen Punkte der Entwicklung:
Das Landgericht Hamburg hatte im Jahre 2004 eine Markenverletzung noch grundsätzlich abgelehnt, weil Adwords nicht sichtbar seien. In der Entscheidung gleich argumentierte auch das Landgericht Leipzig, das einen Markenschutz mangels visueller Wahrnehmbarkeit ablehnte.Anders entschied schon Ende 2005 das LG München I in einer einstweiligen Verfügung: Hiernach stellte die Verwendung eines markenrechtlich geschützen Begriffs als Google-Adword auch eine Markenrechtsverletzung dar.Dem folgte dann auch das LG Braunschweig in seiner Entscheidung Ende des Jahres 2005. Durch Adwords können ebenso geschützte Marken verletzt werden, weil es bereits ausreicht, wenn auf die Internetseiten des Werbenden hingewiesen wird. Insofern besteht ein Vergleich mit der Rechtsprechung zu den Meta-Tags. Es kann also nicht grundsätzlich Voraussetzung für die Möglichkeit einer Markenrechtsverletzung sein, dass die Werbebegriffe auch sichtbar sind.Das OLG Düsseldorf hat dann im Jahre 2010 entschieden, dass eine Markenverletzung dann besteht, wenn eine wirtschaftliche Verbindung suggeriert wird und nicht klar wird, dass der mit Adwords Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter ist. Dies müsse dann der Werbende auch klar verständlich darlegen.Der BGH hatte die Frage der markenrechtlichen Schutzfähigkeit mittlerweile dem EuGH vorgelegt, der sich deshalb grundlegend mit der Frage zu beschäftigen hatte, ob die Verwendung eines mit der Marke identischen Zeichens als AdWord für die Bewerbung identischer Dienstleistungen eine Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr darstellt (EuGH GRUR 2010, 445, „Google und Google Franc« Rn. 50 ff., EuGH GRUR 2010, 451, „Bergspechte", Rn. 18 f.).Hierzu entschied er, dass die Möglichkeit bestehen müsse, dass die geschützetn Funktionenn der Marke beeinträchtigt werden.Schließlich entschied zeitnah das OLG Köln, dass für eine Markenrechtsverletzung bereits ausreichen kann, wenn dem Internetnutzer eine Alternative zum Angebot des Markeninhabers dargestellt wird.
Zusammenfassung: Adwords und Markenrecht sind ein Dauerbrenner
Wir hatten bereits zu verschiedenen Gelegenheiten zu dem Thema Markenrecht und Adwords-Anzeigen Stellungbezogen. Grundsätzlich scheint mittlerweile geklärt zu sein, dass auch durch die nicht sichtbaren Adwords eine Markenrechtsverletzung infrage kommt. Weiterhin lässt sich an der Entscheidung des OLG Hamm sehr gut sehen, dass der Haftungsumfang sehr weit gehen kann.
Der Fall zeigt also sehr gut, welches Risiko Werbung mit Adwords mit sich bringen kann. Wir halten Sie zu dem Thema auf dem Laufenden!