BGH-Verhandlung im Fall Meta vs. Künast: Richtungsweisende Entscheidung zur Plattformhaftung und Fake News erwartet
Am 18. Februar 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zu einer möglicherweise wegweisende Frage zur Verantwortung von Social-Media-Plattformen bei der Verbreitung von Falschinformationen verhandelt.
Der Fall der Grünen-Politikerin Renate Künast gegen Meta (Facebook) steht dabei exemplarisch für die Herausforderungen im Umgang mit Falschzitaten und gezielten Desinformationskampagnen in sozialen Medien.
Rückblick: Der Weg zum BGH
Wir hatten in unserem Artikel zum Urteil des OLG Frankfurt (Az. 16 U 65/22) bereits berichtetet, dass es ursprünglich um ein Meme ging, das auf Facebook verbreitet wurde und Künast ein falsches Zitat zuschrieb:
„Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!"
Das Landgericht Frankfurt untersagte daraufhin nicht nur die konkrete Veröffentlichung, sondern verpflichtete Meta, auch identische und "kerngleiche" Inhalte zu entfernen. Das OLG Frankfurt bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen.
Der VI. Zivilsenat des BGH (Az. VI ZR 64/24) wird nun klären müssen, welche Ansprüche Betroffenen gegen den Betreiber eines sozialen Netzwerks zustehen, wenn über sie falsche Tatsachenbehauptungen verbreitet werden. Zentral ist die Frage, ob und inwieweit Meta verpflichtet ist, nicht nur identische, sondern auch "kerngleiche" Inhalte zu entfernen, und welche technischen Maßnahmen dafür zumutbar sind.
Frage der Zumutbarkeit
Meta argumentiert, dass eine Verpflichtung zur Entfernung sinngleicher Inhalte einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde. Das OLG Frankfurt sah dies anders und betonte, dass Meta bereits über Technologien verfüge, die eine automatische Vorfilterung ermöglichen. Der BGH muss nun abwägen, was technisch machbar und rechtlich geboten ist.
Mögliche Auswirkungen des Urteils und Ausblick
Die Entscheidung des BGH könnte weitreichende Folgen für die gesamte Social-Media-Landschaft haben.
Sollte Meta weiterhin verpflichtet werden, aktiv nach sinngleichen Inhalten zu suchen und diese zu entfernen, könnte dies einen neuen Standard für die Moderation von Inhalten setzen. Andere Plattformen könnten in der Folge gezwungen sein, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, um ihrer Verantwortung bei der Bekämpfung von Falschinformationen gerecht zu werden.
Der Fall Künast vs. Meta ist ein wichtiger Gradmesser für den zukünftigen Umgang mit Falschinformationen und Hassrede im Netz. Das Urteil des BGH wird nicht nur für die direkt Beteiligten, sondern für alle Nutzer sozialer Medien und die Plattformbetreiber von großer Bedeutung sein. Es könnte die Balance zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz vor Falschinformationen neu justieren.
Update: BGH vertagt Meta vs. Künast – EuGH muss Plattformhaftung klären
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Rechtsstreit um Meta’s Löschpflicht für „kerngleiche“ Hassposts gegen Renate Künast bis auf Weiteres ausgesetzt. Der Senat verwies auf die Notwendigkeit, eine parallele Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Auslegung des Digital Service Act (DSA) und der DSGVO abzuwarten.
Damit bleibt die Frage, ob Plattformen wie Meta verpflichtet sind, nicht nur gemeldete Falschzitate, sondern auch deren algorithmisch erkennbare Varianten proaktiv zu löschen, vorerst unbeantwortet.
Hintergrund ist ein seit 2023 laufender Streit um ein Künast untergeschobenes Zitat („*Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal Türkisch lernen*“), das trotz Löschung des Original-Memes in modifizierten Kommentaren weiterverbreitet wurde. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte Meta 2024 zur Entfernung aller inhaltlich identischen Beiträge verpflichtet – ein Schritt, den der Konzern als „*unverhältnismäßige Überwachungspflicht*“ ablehnt.
Der EuGH wird nun klären, inwieweit Plattformen technisch verpflichtet sind, ähnliche Inhalte automatisiert zu identifizieren. Ein Urteil wird frühestens Ende 2025 erwartet. Die Entscheidung könnte die Haftungsstandards für Soziale Medien EU-weit neu definieren – insbesondere ob Algorithmen künftig zur proaktiven Bekämpfung von Desinformation eingesetzt werden müssen.
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