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Drehen mit versteckter Kamera

Filmaufnahmen mit versteckter Kamera - Die Rückkehr des Wilden Westens

Sie sind aus dem abendlichen Unterhaltungsprogramm unserer heiß und innig geliebten Privatsender mittlerweile nicht mehr wegzudenken: Vermeintlich investigative Beiträge mit versteckter Kamera, die hautnah zeigen, wie der kleine Verbraucher von Handwerkern, Gebrauchtfahrzeughändlern oder sonstigen „Kleinganoven“ aufs Übelste über den Tisch gezogen wird. Die Empörung auf dem heimischen Sofa könnte nicht größer sein.


Doch sind die Methoden der agierenden Fernsehteams nicht ungleich empörender? Und ist es eigentlich erlaubt, Menschen ungefragt mit versteckter Kamera zu filmen und durch die nachfolgende Ausstrahlung öffentlich zu diskreditieren?

Dürfen die das?

Die Antwort kann vorweggenommen werden. Sie lautet wie so oft: Jein!
Die Presseorgane können sich zwar auf die von der Verfassung garantierte Pressefreiheit berufen. Dieser steht jedoch das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht am eigenen Bild auf Seiten des Betroffenen entgegen.


Die zentrale Norm für den Schutz des Rechts am eigenen Bild ist § 22 KUG. Dieser regelt, dass Bildnisse nur mit Einwilligung des Betroffenen verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Die vorherige Einholung einer Einwilligung ist beim geplanten Einsatz einer versteckten Kamera indes erkennbar ungünstig.

Der schwarze Augenbalken

Eine bedeutsame Einschränkung des Schutzes besteht darin, dass nur erkennbare Personenbildnisse tatbestandsmäßig und damit verboten sind. Aus diesem Grund versuchen die Redaktionen gern, die Erkennbarkeit durch den klassischen Augenbalken und/oder Verpixelung des Gesichts auszuschließen.


Maßgeblich ist nach der ständigen Rechtsprechung  stets, ob die Person wirklich derart unkenntlich gemacht worden ist, dass sie auch selbst innerhalb eines mehr oder minder großen Bekanntenkreises nicht mehr identifizierbar ist. Die meisten Personen können allerdings nicht nur anhand ihres Gesichts, sondern auch anhand anderer Merkmale wie etwa der Statur oder auch der Frisur erkannt werden. Aus diesem Grunde haben einige deutsche Gerichte insbesondere den klassischen schwarzen Augenbalken für nicht ausreichend beurteilt (OLG Frankfurt, Urt. v. 26. Juli 2005, Az.: 11 U 13/03). Doch selbst die Verpixelung genügt den strengen Anforderungen keinesfalls immer (LG Frankfurt am Main, Urt. v. 19. Januar 2006, Az.: 2/03 O 468/05).


Auch die Begleitumstände des Beitrags sind oft von entscheidender Bedeutung. Der „Gammelfleisch“ verkaufende Döner-Verkäufer, dessen Gesicht zwar ausreichend verpixelt, dessen Ladenlokal jedoch eindeutig erkennbar ist, ist selbstverständlich für die Einwohner der jeweiligen Stadt ohne weiteres identifizierbar. Dies wird von den Fernsehanstalten häufig und gern übersehen.

 

Wo kein Kläger, da kein Richter

Nicht vergessen soll in diesem Zusammenhang jedoch, dass im konkreten Einzelfall das Informationsinteresse der Allgemeinheit gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen durchaus überwiegen kann. Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn "der Informationswert der verdeckten Aufnahmen schwerer wiegt als die durch die Beschaffung begangene Rechtsverletzung". Bejaht wurde dies etwa in einem Fall, wo die nach Auffassung der Redaktion unzureichenden Bedingungen in einem Münsteraner Tierversuchslabor heimlich gefilmt und veröffentlicht worden waren (OLG Hamm, Urt. v. 21. Juli 2004, Az.: 3 U 77/04).

Nach unserer Auffassung überschreitet indes ein beträchtlicher Teil der verdeckten TV-Beiträge die Grenze des rechtlich Zulässigen deutlich. Den Redaktionen sind die rechtlichen Rahmenbedingungen natürlich ebenfalls bekannt. Gleichwohl setzt man sich offensichtlich bewusst darüber hinweg. Der einfache Grund: Kaum ein Betroffener wehrt sich gegen die scheinbar übermächtigen Medienanstalten.

*Update*

Wir möchten in diesem Zusammenhang gern noch auf ein ganz frisches Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 2. September 2009, Az.: 12 O 273/09) hinweisen. Auch hier hatte das Gericht sich mit der Frage der Zulässigkeit heimlich angefertigter Bild- und Tonaufnahmen zu befassen.

Gegenstand des Verfahrens war ein TV-Beitrag, der dokumentieren sollte, wie problemlos man als Patient in Deutschland über seinen Arzt an verschreibungspflichtige Medikamente gelangt. Zu diesem Zweck hatte eine Journalistin sich als Patientin "getarnt" in eine Arztpraxis begeben und das vermeintliche Patientengespräch mit dem  Arzt sodann heimlich aufgezeichnet.

Der betroffene Arzt wandte sich gegen die Ausstrahlung des Bildmaterials. Das Landgericht gab ihm nun Recht. Zwar sah das Gericht im intendierten Beitrag durchaus die Erörterung einer Angelegenheit von öffentlichem Interesse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt. Gleichwohl sei die heimliche Aufnahme hier unverhältnismäßig. Denn nach Auffassung des Gerichts wäre es beispielsweise ebenso gut möglich gewesen, die vermeintliche "Patientin" zum Inhalt des ärztlichen Gesprächs zu befragen oder etwa das unterschriebene Rezept zu zeigen. Ein konkreter Anlass, auch den betroffenen Arzt und dessen Praxisräume zu zeigen, sei nicht ersichtlich.


Für Rückfragen zu diesen und anderen Fragestellungen des Medienrechts stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.