×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Nachrichten
/
Urheberrecht
/
Aktuelles zum Urheberrecht: Die gefährdete Panoramafreiheit und der BGH zum „Framing“

Autor

Portraitbild
Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Aktuelles zum Urheberrecht: Die gefährdete Panoramafreiheit und der BGH zum „Framing“

von Rechtsanwalt Michael Terhaag LL.M. - Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Fachmann für Medien- und Urheberrecht

Zwei Themen aus dem Bereich des Urheberrechts sorgen derzeit für ordentlichen Zündstoff. Da wäre zum einen die Diskussion um die sogenannte Panoramafreiheit, die es erlaubt, Fotos von öffentlich zugänglichen Gebäuden zu veröffentlichen. Dieses Privileg könnte in der EU möglicherweise bald wegfallen. Auch das „Framing“, also das Einbetten von Internetvideos auf Webseiten ist wieder ein Thema. Der Bundesgerichtshof verhandelt am Donnerstag über einen solchen Fall, der möglicherweise richtungsweisend sein könnte. Wir geben einen Überblick.

1. Ist die Panoramafreiheit in Gefahr?

Sorge bereitet auch vielen die Diskussion um die sogenannte Panoramafreiheit. Sie ist für viele (Hobby-)Fotografen ein hohes Gut, denn sie erlaubt es grundsätzlich Fotos von frei zugänglichen Gebäuden oder auch Skulpturen zu machen und die Bilder im Anschluss auch zu veröffentlichen – ganz egal ob gewerblich oder privat. Das Gebäude oder Kunstwerk darf also gezeigt werden, obwohl möglicherweise ein Architekt oder Künstler eigene Urheberrechte an dem Objekt hat. Die Panoramafreiheit schränkt im Ergebnis also die Rechte anderer Urheber ein.

Nun soll die Panoramafreiheit, die neben Deutschland auch in einigen anderen EU-Staaten gilt, Medienberichten zur Folge im EU-Parlament zur Diskussion stehen. So soll die gewerbliche Veröffentlichung von Fotos, die urheberrechtliche Geschützte Gebäude zeigen, von der Einwilligung des Rechteinhabers abhängen. Geplant sei eine neue Urheberrechtsrichtlinie, die in nationales Recht umgesetzt werden müsste.

Sollte die Panoramafreiheit in dieser Form fallen, müssten sich viele Fotografen in Deutschland - zumindest theoretisch - auf einiges gefasst machen. Die Entscheidung des Parlaments könnte letztlich eine Vielzahl von Abmahnungen mit Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Denkbar sind auch, in seltenen Fällen, strafrechtliche Folgen. Das beeindruckende Urlaubsfoto vom Willis-Tower in Chicago, der Schnappschuss von der berühmten Burg in Prag oder das schöne Facebook-Profilbild von den Gehry-Bauten in Düsseldorf – das alles könnte dann möglicherweise zum teuren Spaß werden.

Die Änderung soll, sofern sie denn kommt, nur für die gewerbliche Nutzung gelten. Doch die Unterscheidung zwischen privat und gewerblich fällt nicht immer leicht. Ein Beispiel:  Jeder, der ein Bild bei Facebook hoch lädt, stimmt der kommerziellen Nutzung dieses Fotos durch Facebook zu – so sagen es die Nutzungsbedingungen des Internetdienstes. Somit ist die Veröffentlichung nicht mehr privat. Das bedeutet: Vor der Veröffentlichung müsste der Fotograf in der Regel prüfen, ob das abgebildete Gebäude ein urheberrechtlich geschütztes Werk darstellt. Und falls ja, müsste er sich die Rechte einholen – in der Regel wohl gegen Zahlung einer Lizenzgebühr.

Doch man sollte den Teufel wohl nicht sofort an die Wand malen. Erste Medien berichten bereits, dass die Mehrheit der EU-Abgeordneten wohl im Interesse der „Panorama“-Fotografen stimmen könnte. Ob der öffentliche Aufschrei sie dazu bewegt hat, ist nicht bekannt. Es wäre jedoch eine vernünftige Entscheidung.

2. Der Bundesgerichtshof verhandelt über „Framing“ von Videos auf Internetseiten

Ebenfalls am Donnerstag beschäftigt sich der Bundesgerichtshof (BGH, Az. I ZR 46/12) mit dem Thema „Framing“. Darunter versteht man die Einbindung eines fremden, urheberrechtlich geschützten Videos in seine eigene Website, etwa über YouTube.

In dem nunmehr vom BGH zu entscheidenden Fall geht es um einen Hersteller von Wasserfiltersysteme, der zur Werbezwecken einen zweiminütigen Film herstellen ließ. Dieser erschien unter dem Titel „Die Realität“ und befasst sich mit dem Thema Wasserverschmutzung. Das Video war auf YouTube abrufbar – nach Angaben des Wasserfilterherstellers jedoch ohne seine Zustimmung.

Bei den beiden Beklagten handelt es sich um selbständige Handelsvertreter. Sie betreiben eigene Internetseiten, wo sie für ihre Produkte werben. Im Sommer 2010 wurde den Webseitenbesuchern ermöglicht, das streitgegenständliche Video des Wasserfilterherstellers im Wege des „Framing“ abzurufen. Bei einem Klick auf den elektronischen Verweis wurde das Video vom YouTube-Server abgerufen und in einem auf dem Internetseiten der Beklagten ermöglichten Rahmen, dem sogenannten „Frame“, abgespielt. Der Wasserfilterhersteller vertritt die Auffassung, die Beklagten hätten das Video unberechtigt im Sinne des Urhebergesetzes öffentlich zugänglich gemacht. Er nahm sie deshalb auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.

Der BGH hatte durch Beschluss vom 16. Mai 2013 das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az. C-348/13).

Der EuGH entschied: „Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.“

Die Entscheidung kann man hier in voller Länge nachlesen.

Es bleibt nun abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof entsprechend entscheiden wird.

Die Grundsätze, die der EuGH in seinem Beschluss aufgestellt hat, sollen jedoch nicht automatisch auf alle urheberrechtlich geschützten Werke im Internet Anwendung finden. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf kürzlich entschied (Urteil vom 16. Juni 2015, Az. I-20 U 203/14) sollen sie auf die Verwendung eines Fotos nicht anwendbar sein, wenn dieses nicht unter der Original-Quelle verlinkt wird, sondern auf den Server der Internetseite geladen wird.

Beim Thema „Framing“ ist also noch ordentlich Musik drin – es könnte die Gerichte auch in Zukunft noch beschäftigen.