Die Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen im Internet bei unzureichend gesichertem WLAN
Kürzlich hat der BGH die Frage entschieden, ob bzw. in welchem Umfang der Inhaber eines Internetanschlusses für ein unzureichend gesichertes WLAN haftet, wenn über diesen Anschluss Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen im Internet begangen werden.
Der Anfang allen Übels: Die Abmahnung wegen Filesharings
Wie so oft üblich, hatte der betroffene Anschlussinhaber eine Abmahnung wegen sog. Filesharings erhalten, in der er zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz aufgefordert wurde. Da sich der Anschlussinhaber jedoch keiner Schuld bewusst war, setzte er sich zur Wehr.
Niemand zuhause!
Im konkreten Fall konnte der Anschlussinhaber nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung im Urlaub war und niemand Zugriff auf seinen Computer hatte, der sich in einem verschlossenen Büroraum befand. Allerdings lief das WLAN des Anschlussinhabers, welches durch ein Passwort geschützt war, während seiner Abwesenheit weiter, was sich ein unbekannter Dritter zu Nutze machte und ein Lied über den Anschluss in einer Tauschbörse im Internet zum Download anbot. Dies war möglich, da dass Passwort offensichtlich nur unzureichenden Schutz vor unbefugten Zugriffen auf den Anschluss von außen bot. Das Anbieten von Musik in Taschbörsen stellt in aller Regel einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar und kann dementsprechend vom Rechteinhaber geahndet werden.
Beweislast beim Anschlussinhaber
Der Bundesgerichtshof führt in seinem Urteil ausdrücklich aus, dass der Anschlussinhaber beweisen muss, dass er eine etwaige Rechtsverletzung nicht begangen hat. Dies stellt für Abgemahnte natürlich einen erheblichen Nachteil dar, da ein solcher Beweis nicht immer leicht zu führen sein wird. Zudem unterlaufen den Rechteinhabern bei der Ermittlung der Anschlussinhaber nicht selten Fehler. Die Anschlussinhaber werden anhand der sogenannten IP-Adressen ermittelt. IP-Adressen werden Computern beim Zugang des Internet zugeordnet, sie stellen also quasi einen elektronischen Fingerabdruck dar, den man im Netz hinterlässt.
Im konkreten Fall schied eine Täterschaft des Anschlussinhabers wegen dessen einwandfreien Beweisführung jedoch aus, sodass der Bundesgerichtshof letztlich die Frage zu entscheiden hatte, ob und in welchem Umfang der Anschlussinhaber für über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzungen haftet.
Anschlussinhaber haftet nicht als Täter einer Urheberrechtsverletzung
Erfreulich ist, dass der Bundesgerichtshof ausdrücklich klar gestellt hat, dass der Anschlussinhaber bei erfolgter Urheberrechtsverletzung nicht gleich dem Täter einer solchen zu behandeln ist, auch wenn der Internetanschluss nur unzureichend gegen Zugriffe Dritter gesichert ist.
In diesem Zusammenhang führen die abmahnenden Anwälte in ihren Schreiben nämlich gerne ein älteres Urteil des Bundesgerichtshofes an, was besagt, dass der Inhaber eines Accounts bei ebay als Täter haftet, wenn er diesen Account nicht hinreichend gegen Zugriffe Dritter gesichert hat. Dies wird von den Rechteinhaber bzw. deren Anwälten gerne auf die Haftung des Anschlussinhabers übertragen. Dem hat der BGH nun endgültig den Wind aus den Segeln genommen, indem er ausführt, eine solche Haftung ginge zu weit. Gut so!
Keine Schadensersatzansprüche des Rechteinhabers, aber...
Soweit der BGH eine Täter-Eigenschaft des Anschlussinhabers ausschließt, verneint er konsequent auch Schadensersatzansprüche des Rechteinhabers.
Jedoch hat nach Auffassung des BGH der Anschlussinhaber, welcher über ein unzureichend gesichertes WLAN im Internet surft, zumindest als sogenannter Störer für über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungn einzustehen und schuldet somit Unterlassung. Der BGH begründet dies damit, dass auch private Anschlussinhabern Prüfungspflichten treffen, deren Verletzung zu einer Haftung führt.
Der Anschlussinhaber darf nach den Ausführungen des BGH jedoch auch nicht überobligatorisch hinsichtlich derartiger Verpflichtungen in Anspruch genommen werden. Die finanziell aufwändige Einschaltung eines IT-Fachmannes muss es also nicht sein, jedoch muss der WLAN-Router zumindest bei der Anschaffung entsprechend der zur Verfügung stehenden Sicherungsmaßnahmen konfiguriert werden. Der BGH spricht hier unter anderem von „angemessenen Sicherungsmaßnahmen“, wobei allerdings fraglich bleiben dürfte, was angemessen ist. Ein werksseitig eingestelltes Passwort „0000“ ist sicherlich nicht angemessen, viele Router sind jedoch ab Werk bereits mit zweistelligen voreingestellten Passwörtern eingerichtet.
Mit der Annahme des BGH, der Anschlussinhaber hafte als Störer, geht einher, dass letzterer auch die anwaltlichen Kosten einer Abmahnung tragen muss. Denn immerhin wird der Anschlussinhaber darauf hingewiesen, dass über seinen Anschluss Rechtsverletzungen begangen wurden, was auch in seinem Interesse ist. Insoweit liegt die Abmahnung im Interesse des Abgemahnten mit der Folge, dass der die Anwaltskosten zu tragen hat. Diesbezüglich wurde die Sache jedoch an die Vorinstanz zurückverwiesen, welche nun noch über die Höhe dieser Kosten zu entscheiden hat.
Fazit
Der Bundesgerichtshof hat sich – wie erhofft – leider nicht dazu geäußert, inwieweit die Vorschrift des § 97a Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes, welcher in bestimmten Fällen die Begrenzung der Anwaltskosten auf 100 Euro vorsieht. Dies war zumindest aufgrund der vom BGH veröffentlichten Pressemitteilung noch sehr wahrscheinlich und wurde mit Spannung erwartet.
Immerhin schränkt der BGH die Haftung des Anschlussinhabers deutlich ein. Dies gilt selbstverständlich nur dann, wenn der Anschlussinhaber nicht zugleich auch Täter einer Urheberrechtsverletzung ist! Allerdings dürfte sich in vielen Fällen die Problematik stellen, dass nicht zweifelsfrei bewiesen werden kann, dass der Anschlussinhaber nicht für eine beanstandete Rechtsverletzung im Bereich des Filesharing verantwortlich ist.
Es ist zu erwarten, dass die Abmahnwelle ungebremst weiter über Deutschland rollt und in den Abmahnungen auch weiterhin hohe Gegenstandswerte mit erheblichen Anwaltskosten als Folge angesetzt werden. Hier wären klare Worte vom BGH zu der Höhe der Anwaltskosten wünschenswert gewesen.