KG Berlin: Sachverständigengutachten genießen grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz
Beschluss vom 11.05.2011, Az. 24 U 28/11
Sachverständigengutachten unterfallen grundsätzlich dem wissenschaftlichen und nicht dem literarischen Bereich.
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Dr. Volker Herrmann
Der Fall:
Die Berliner Richter hatten zu entscheiden, ob Sachverständigengutachten über Verkehrswerte von Grundstücken urheberrechtlich geschützt sind. Dies wäre der Fall, wenn es sich dabei um Sprachwerke im Sinne des deutschen Urheberrechts handelt.
Allerdings entschieden die Richter, dass es sich bei den vorliegenden Gutachten nicht um literarische, sondern um wissenschaftliche Werke handelt. Zwar können auch wissenschaftliche Werke einen Urheberrechtsschutz genießen. Dafür ist dann jedoch eine gewisse Schöpfungshöhe erforderlich, die regelmäßig, auch bei qualifizierten Gutachten, nicht vorliegt. Dieses Kriterium der Schöpfungshöhe könne bei einem Sachverständigengutachten nämlich nicht allein mit dem wissenschaftlichen oder technischen Inhalt der Ausarbeitung begründet werden. Diese Abgrenzung sei insbesondere wichtig für die Abgrenzung zu den technischen Schutzrechten.
Wann ist die "geistige Schöpfungshöhe" gegeben?
Ob nun die erforderliche geistige Schöpfungshöhe erreicht ist oder nicht, bemisst sich danach, ob dem Text eine gewisse sprachliche Gestaltungskunst zu entnehmen ist, die darauf hindeutet, dass der Verfasser den Stoff vollumfänglich durchdrungen hat und sämtliche Sprach- und Stilmittel sicher beherrscht. Gerade bei Gutachten zu Verkehrswerten von Grundstücken sei letzteres regelmäßig nicht der Fall.
Fazit:
Um ein Sachverständigengutachten dem Urheberrechtsschutz unterfallen zu lassen, müssen schon literarisch anspruchsvolle Formulierungen sowie eine literarisch wertvolle Sprachwahl vorliegen. Durch eine solche Kategorisierung der Gutachten soll selbstverständlich nicht der sachliche Wert der Gutachten bestimmt werden. Es handelt sich lediglich um die Kriterien, die benötigt werden, um einen Urheberrechtsschutz zu bejahen oder zu verneinen.