LG München zur Kennzeichnungspflicht im Affiliate-Marketing
Das Landgericht München I hat am 9. Juli 2024 in einer Entscheidung (Az. 1 HK O 12576/23) weiter Klarheit in die oft umstrittene Praxis der Kennzeichnung werblicher Inhalte auf digitalen Plattformen gebracht. Im Fokus standen die Affiliate-Links in redaktionellen Beiträgen, die ohne eindeutige Kennzeichnung als Werbung angezeigt wurden. Diese Praxis, so das Gericht, verstoße gegen die Transparenzanforderungen des § 5a Abs. 4 UWG und des neuen § 6 DDG, die beide das Ziel verfolgen, den Verbraucher vor irreführender Werbung zu schützen. Das LG München nahm in seiner Entscheidung immer wieder Bezug zu den BGH-Urteilen im Influencer-Marketing.
Der Fall: Zwischen redaktioneller Unabhängigkeit und kommerzieller Intention
Die Beklagten, Betreiber einer Webseite, hatten auf ihrer Startseite und in Suchergebnislisten Teaser für Beiträge platziert, die zu Artikeln mit Affiliate-Links führten. Diese Links waren jedoch nicht als werblich gekennzeichnet, was den Kläger, einen Wirtschaftsverband, dazu veranlasste, eine Unterlassungsklage zu erheben. Das Gericht gab dem Kläger Recht und argumentierte, dass die Vorschauseiten auf kommerziellen Zweck abzielten und somit als geschäftliche Handlungen zu betrachten seien.
Verbindung zur BGH-Rechtsprechung und Influencer-Marketing
Die Entscheidung des LG München I spiegelt die stringenten Anforderungen wider, die der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in mehreren Entscheidungen zum Influencer-Marketing aufgestellt hat (zB. BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 90/20 – Influencer I; BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 125/20 – Influencer II; BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 – Influencer III). Hierbei wird deutlich, dass die Notwendigkeit einer klaren Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung eine essentielle Rolle spielt, um die Glaubwürdigkeit und Transparenz zu wahren und Verbraucher nicht irrezuführen. Ähnlich wie im Fall der Influencer ist auch beim Affiliate-Marketing die Kennzeichnung des kommerziellen Charakters von Content von entscheidender Bedeutung.
Die Relevanz der E-Mail-Betreffzeile als Vergleich
Interessanterweise zog das Gericht einen direkten Vergleich zur Kennzeichnungspflicht von Werbung in der Betreffzeile einer E-Mail, wie sie unter § 6 Abs. 2 TMG (und nunmehr § 6 Abs. 2 DDG) geregelt ist. Die Kopf- und Betreffzeile einer E-Mail dient, analog zu den Vorschauen auf Webseiten, als erste Informationsquelle und Eintrittspunkt für den Leser. Ist der kommerzielle Zweck hier nicht erkennbar oder verschleiert, wird das Vertrauen des Verbrauchers missbraucht, was die gesetzlichen Transparenzanforderungen unterlaufen würde.
Ausblick: Anhaltende Relevanz der BGH-Rechtsprechung
Die aktuelle Entscheidung des LG München I verdeutlicht, dass die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung zu Kennzeichnungspflichten im digitalen Raum wesentlich und auf die neuen Vorschriften des Gesetztes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG) übertragbar sind. Deutlich wird die Notwendigkeit einer stetigen Weiterbildung und Anpassung der Praktiken von Content Creator und Plattformbetreibern, um den Anforderungen des Verbraucherschutzes gerecht zu werden.
Mit dieser Entscheidung setzt das LG München I somit konsequent die durch den BGH ergangene Rechtsprechung zu Influencern an. Unternehmen und Content Creator sind nun mehr denn je gefordert, ihre Werbepraktiken den rechtlichen Anforderungen anzupassen, um sowohl wettbewerbsrechtliche als auch verbraucherschützende Standards zu erfüllen.
Die Rechtsanwälte Michael Terhaag und Christian Schwarz befassen sich schon seit einigen Jahren mit dem Thema des Influencer-Marketings. Sie haben bereits eine Vielzahl von Fachbeiträgen verfasst. Im August 2021 ist ihr Rechtshandbuch „Influencer-Marketing“ im Nomos Verlag erschienen, dessen 2. Auflage aktuell bereits vorbestellbar ist und Ende Septmber 2024 ausgeliefert werden soll.
Das könnte Sie auch interessieren:
Analyse der ersten drei Influencer-Urteile des BGH in der „Kommunikation & Recht“
Erste drei Verhandlungen beim BGH zum Influencer-Marketing
Rechtshandbuch von Terhaag/Schwarz zum „Influencer-Marketing“ (Nomos Verlag) erschienen
Großes Medieninteresse am BGH-Verfahren: diverse Interviews mit Rechtsanwalt Michael Terhaag