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Modeunternehmen Longchamp macht es vor: Mit dem Wettbewerbsrecht gegen Nachahmungen vorgehen

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Modeunternehmen Longchamp macht es vor: Mit dem Wettbewerbsrecht gegen Nachahmungen vorgehen

Von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.
Experte für Wettbewerbs- und Moderecht

Ein interessantes Urteil hat kürzlich das französische Modeunternehmen „Longchamp“ vor dem Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil vom 11.06.2015, Az. 6 U 73/14) erstritten. Die Richter sahen in einer Nachahmung einer bekannten Tasche des Pariser Unternehmens einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.

Seit Mitte der 1990er Jahre stellt Longchamp ihre Tasche in verschiedenen Farben, Größen und Henkellängen her. Sie weist dabei insbesondere die folgenden Merkmale auf:

- Taschenkorpus aus nylonartigem Stoff in einem Trapez-Querformat,

- Tragegriffe aus Leder an der Oberseite. Dazwischen befindet sich ein Überschlag, ebenfalls aus Leder, mit einem Druckknopf,

- die Tasche ist faltbar; im gefalteten Zustand kann der Korpus per Druckknopf mit dem Lederüberwurf befestigt werden

Die Gegnerin in dem Verfahren verkaufte Taschen im Internet und mittel Prospekt, in welchen Longchamp eine Nachahmung ihres Produkts sah.

Das Gericht ging von einer Nachahmung aus

Das sahen auch die Frankfurter Richter so: Die Tasche weise eine hohe Ähnlichkeit zu den Produkten von Longchamp auf. Sie weise sämtliche prägenden Merkmale der Originaltasche auf. In seinem Urteil führte das Oberlandesgericht aus:

„Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit kommt es auf die Gesamtwirkung der einander gegenüberstehenden Produkte an. Denn der Verkehr nimmt ein Produkt in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen wahr, ohne es einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (…). Es ist weiter der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden.“

Markenrechtliche Gesichtspunkte spielten in diesem Verfahren keine Rolle. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hatte einen Markenschutz der Longchamp-Tasche mangels Unterscheidungskraft verneint. Dazu das Oberlandesgericht:

„Gänzlich unerheblich ist, dass die Taschenform (…) nach Ansicht des EuG mangels Unterscheidungskraft nicht als dreidimensionale Marke eingetragen werden kann. Ob eine Warengestaltung geeignet ist, als Herkunftshinweis für ein bestimmtes Produkt nach Art einer Marke zu dienen, ist von der Frage der wettbewerblichen Eigenart zu unterscheiden. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Warenform als markenmäßiges Kennzeichnungsmittel aufgefasst wird, sondern ob das Erzeugnis allgemein Merkmale aufweist, die geeignet sind, auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.“

Entscheidend ist die „wettbewerbliche Eigenart“

Entscheidend war demnach, ob die Tasche eine sogenannte wettbewerbliche Eigenart besitzt. Diese liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs grundsätzlich vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Dies war hier nach Ansicht des Oberlandesgerichts anzunehmen:

„Die Tasche der Klägerin, die seit Mitte der 1990er-Jahre vertrieben wird,  weist Merkmale auf, die in ihrer Kombination besonders und originell wirken. Die Merkmalskombination ist durch die Trapezform, den Reißverschluss an der Oberseite, den reizvollen Material- und Farbkontrast eines Taschenkorpus aus X einerseits und Besatzstücken und Henkeln aus Leder andererseits, den Lederüberwurf mit Druckknopf und die Faltbarkeit gekennzeichnet.“

Die Richter sahen in der klassischen Form der Tasche eine „zumindest durchschnittliche“ wettbewerbliche Eigenart. Durch ihre Bekanntheit in den „maßgeblichen Verkehrskreisen“ sei diese jedoch erheblich gesteigert. Denn die Tasche sei in der Öffentlichkeit „bei modebewussten Frauen seit Jahren allgegenwärtig“, zudem wurde sie in zahlreichen Presse- und Zeitschriftenartikeln erwähnt und abgebildet.

Das unlautere Verhalten des Gegners folge nicht zuletzt aus einer „unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung“ der Longchamp-Tasche. Die Tasche genieße nicht nur einen hohen Bekanntheitsgrad, sondern verfüge über einen „entsprechend guten Ruf“. Schließlich seien sämtliche prägenden Merkmale des erfolgreichen Taschenmodells übernommen worden.

Fazit: Viele Wege führen zum Erfolg

Selbst wenn ein Produkt nach dem Design-, Urheber- oder Markenrecht möglicherweise nicht schutzfähig ist, besteht die Möglichkeit (auch) nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften sich gegen Nachahmungen und Plagiate auf dem Markt zur Wehr zu setzen.

Das Urteil können Sie an dieser Stelle vollständig nachlesen.

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