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Anforderungen an die Datensicherung, - OLG Oldenburg, Urteil vom 3. Juni 2003, Az.: 9 U 10/03 -

Leitsätzliches

Zu den Anforderungen eine manuell zu betätigenden Datensicherung

 

OBERLANDESGERICHT OLDENBURG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

Aktenzeichen: 9 U 10/03

Entscheidung vom 3. Juni 2003

 

Gründe 
 
 I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Bezahlung von Rechnungen für die Lieferung und Installation von Computerhardware. Die beklagten Ärzte haben gemeint, sie seien zur Zurückbehaltung des Rechnungsbetrages berechtigt, weil die Klägerin bei der ursprünglichen Installation und Konfiguration der Anlage eine fehlerhafte Datensicherung eingebaut habe. Hilfsweise haben die Beklagten mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet, die sie auf den Umstand stützen, dass die Daten nicht ordnungsgemäß gesichert wurden und nach einem Absturz der Anlage von Hand aufwändig rekonstruiert werden mußten. Das Landgericht hat mit Urteil vom 10.12.2002, auf das Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Es ist zwar davon ausgegangen, dass die Datensicherung fehlerhaft gewesen sei, wie dies der Sachverständige Dipl.Inf. X... im selbständigen Beweisverfahren mit Gutachten vom 14.04.2001 festgestellt hat; jedoch reduziere sich der Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Mitverschuldens auf Null. Die Beklagten hätten es der Klägerin zu Unrecht verwehrt, an der Rekonstruktion der Daten mitzuwirken.  

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie den zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch weiterverfolgt.
 
Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen X... im Termin zur mündlichen Verhandlung.
 
II.

Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.
 
Die Beklagten haben, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gegen die Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung, weil die Klägerin den Beklagten eine unzureichende Datensicherung erstellt und installiert hat und dieser Mangel letztlich mitursächlich war für den Datenverlust am 16.03.2000.
 
Die Pflichtverletzung ist darin zu sehen, dass die Klägerin auf der Anlage der Beklagten eine Datensicherung installierte, bei der eine hinreichende und der Klägerin zuzumutende Vorsorge für Bedienfehler der Nutzer nicht getroffen war. Der Sachverständige L... ist der Ansicht, dass die von der Klägerin vorgetragene Art der Datensicherung, dass nämlich die Beklagten manuell alle Anwendungen zu schließen und die Datenbank herunterzufahren hatten, bevor dann manuell die Datensicherung ausgelöst werden musste, nicht dem Stand der Technik entspricht und einem normalen fachfremden gewerblichen Benutzer auch im Jahre 2000 nicht zuzumuten war. Auch der Senat neigt dieser Ansicht zu. Indessen war aus prozessualen Gründen davon auszugehen, dass die Klägerin den Beklagten nur eine solcherart konfigurierte Anlage schuldete, denn die Beklagten sind dem entsprechenden Vorbringen der Klägerin in erster Instanz nicht substantiiert entgegen getreten, worauf der Senat bereits in der terminsleitenden Verfügung hingewiesen hatte. Deswegen ist der Senat auch aus Rechtsgründen gehindert, die Äußerung des Beklagten zu 1. im Termin vom 20.05.2003 zu berücksichtigen, wonach eine automatische Sicherung geschuldet und von der Klägerin versprochen war. Der Senat ist indessen in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen L... der Ansicht, dass die gelieferte Datensicherung auch dann fehlerhaft war, wenn die Klägerin lediglich eine manuell im og. Sinne auszulösende Datensicherung schuldete, denn die Klägerin hat es versäumt, hinreichende Vorsorge für Bedienfehler der Beklagten zu treffen. Im vorliegenden Fall ist von einem solchen Bedienfehler auszugehen, denn die Beklagten haben offensichtlich nicht alle Anwendungen geschlossen, bevor man die Datensicherung startete. Dies führte dazu, dass die komplette Sicherung der Datenbank nicht stattfinden konnte und der jeweils auf den Bändern abgebildete Datenbestand nutzlos war. Gegen einen solchen durchaus naheliegenden Bedienfehler hätte die Klägerin vergleichsweise einfach Vorsorge treffen können, wenn sie die Datenbank vor der Datensicherung nicht wie geschehen mit dem normalen "shutdown"-Befehl, sondern mit "shutdown immediate" (= wartet noch die SQL-Befehle der aktiven Benutzer ab und beendet dann die Verbindung) oder "shutdown abort" (= beendet alle Verbindungen sofort) geschlossen hätte, weil die beiden letztgenannten Befehle sichergestellt hätten, dass die Datenbankanwendungen in jedem Fall vor der Sicherung geschlossen worden wären, so dass das anschließend ablaufende Backup-Programm die Datensätze vollständig hätte abbilden können. Sofern die Klägerin und die Streithelferin mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 23.05.2003 und vom 22.05.2003 sinngemäß vortragen, dass dies schon deshalb nicht angängig sei, weil der Befehl "shutdown abort" die Datenbank in inkonsistentem Zustand hinterlasse und beim Neustart jeweils eine sog. "Instanz Recovery" erforderlich sei, geben diese Ausführungen keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung zu treten. Das entscheidende Versäumnis der Klägerin ist darin zu sehen, im Rahmen der Datensicherung nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass vor der Datensicherung in jedem Fall alle Verbindungen zur Datenbank beendet wurden. Es wäre also völlig ausreichend gewesen, wenn die Klägerin es bei dem eingangs geschilderten zweiphasigen, manuell auszulösenden Verfahren belassen hätte, aber bei manueller Auslösung des Backupprogramms vermittels Sicherungsskriptes vorsorglich den Abort-Befehl vorgeschaltet hätte. Die Notwendigkeit einer "Instanz-Recovery" beschränkte sich dann auf die Fälle der hier in Rede stehenden Bedienfehler und wäre mitnichten ein permanenter Zustand. Dass diese Vorgehensweise durchaus praktikabel ist, zeigt sich auch daran, dass die Datensicherung nach dem 16.03.2000 mit dem Abort-Befehl eingeleitet wurde, wie dies der Sachverständige festgestellt hat. Im übrigen wäre ein hinreichendes Maß an Sicherheit auch durch den Befehl "shutdown immediate" zu erreichen gewesen, der die die Datenbank in konsistentem Zustand hinterläßt. Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich damit verteidigen, dass sie die Beklagten schließlich ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass alle Anwendungen vor der Datensicherung geschlossen sein müßten. Wenn derart leicht ein Funktionsausfall der Datensicherung durch Verwendung eines anderen Shutdown-befehls vermieden werden kann, ist nach Ansicht des Senates der Fachmann verpflichtet, diesen sicheren Weg zu wählen und den fachfremden Benutzer vor den Folgen selbstverschuldeten Datenverlustes zu bewahren. Etwas anderes mag gelten, wenn im Einzelfall die Risiken der unterschiedlichen Shutdown-Befehle mit dem Benutzer besprochen werden und dieser sich bewußt für den hinsichtlich der Datensicherung riskanten Weg entscheidet, weil er z.B. mit häufigen Bedienfehlern rechnet und die Datensicherung für ihn keine große Bedeutung hat. Dies ist aber hier nicht der Fall.
 
Damit haftet die Klägerin nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung für den Schaden, der durch den Datenverlust entstanden ist. Im Ergebnis waren 4.205 Datensätze zu überprüfen. Der Sachverständige hat im selbständigen Beweisverfahren einen Zeitaufwand von jeweils 7 Minuten ermittelt. Dies ergibt einen Gesamtzeitaufwand für die Datenrekonstruktion von 490,58 Stunden. Bei den Arbeitsgängen, die der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten umschrieben hat, ist nicht ersichtlich, dass die Nachbearbeitung durch einen Arzt persönlich hätte stattfinden müssen. Jede Angestellte in der Praxis bzw. eine sonstige Hilfskraft sollte dazu in der Lage gewesen sein. Der Senat hält deshalb einen Stundensatz von 30 EUR für völlig ausreichend (§ 287 ZPO). Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 14.717,50 EUR, von dem die Beklagten wegen ihres überwiegenden Eigenverschuldens ¾ selber zu tragen haben. Da, wie ausgeführt, aus prozessualen Gründen davon auszugehen war, dass die Klägerin die Beklagten hinreichend über die Notwendigkeit belehrt hatte, die Anwendung manuell zu schließen und herunterzufahren, liegt das weit überwiegende Verschulden an der Schadensentstehung bei den Beklagten.
 
Eine weitere Minderung des Anspruchs, weil die Beklagten der Klägerin keine Möglichkeit eingeräumt haben, an der Rekonstruktion der Daten nach dem 16.03.2000 mitzuwirken, kommt nicht in Betracht. Sofern das Landgericht in seinem Urteil ausführt, es sei unstreitig, dass von den Bändern eine vollständige Rücksicherung hätte erfolgen können, ist dies unzutreffend. Die Beklagten hatten dies von vornherein bestritten und auch die Klägerin nimmt für sich lediglich in Anspruch, dass sie an der Rekonstruktion mittels einer eigenen Rücksicherung von Oktober 1999 hätte mitwirken wollen. Der Senat erkennt indessen nicht, wie mit einer derart alten Rücksicherung der Überprüfungsaufwand der Beklagten signifikant hätte verringert werden können. Eine Nachbearbeitung der Daten wegen der fehlenden 5 Monate wäre gleichwohl erforderlich geworden. 
 
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird in Abweichung vom Senatsbeschluss vom 20.05.2003 auf 5.320,09 EUR festgesetzt. Der Beklagte wendet sich in zweiter Instanz nur noch gegen die Berechnung des Schadensersatzanspruchs; ein Zurückbehaltungsrecht wird nicht mehr geltend gemacht. Es handelt sich mithin nunmehr um eine Primäraufrechnung, so dass § 19 III GKG nicht greift.
 
 Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 97, 708 Nr.10, 713 ZPO. 

Michael Terhaag | Christian Schwarz

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