Leitsätzliches
Das Berliner Landgericht urteilt, die Übersendung nicht verlangter Werbung mittels SMS stelle einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers dar. Für Werbe-SMS sind die selben Grundsätze wie für E-Mail Werbung anzuwenden. Demnach ist die Werbung rechtswidrig, wenn kein Einverständnis vorliegt bzw. zu vermuten ist.Eine „Einverständniserklärung“ in den AGB zu fingieren ist grundsätzlich unwirksam.
LANDGERICHT BERLIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 15 O 420/02
Entscheidung vom 14. Januar 2003
In dem Rechtsstreit
hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin in 10589 Berlin (Charlottenburg), Tegeler Weg 17/21, auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €‚ ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den jeweiligen Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern der Beklagten, zu unterlassen, und zwar
a) die Beklagten zu 1) und 2)
an den Kläger unaufgefordert Werbung per SMS auf sein Mobiltelefon unter der Telefonnummer (...) zu übersenden, Dritte mit der Übersendung von Werbung per SMS zu beauftragen oder durch Weitergabe der Mobiltelefonnummer des Klägers an Dritte, insbesondere Werbe- und Kooperationspartner, Werbung per SMS an diesen zu veranlassen, zu ermöglichen oder zu fördern, es sei denn, der Kläger hat der jeweiligen Sendung oder Weitergabe zuvor zugestimmt,
b) die Beklagte zu 3)
an den Kläger unaufgefordert Werbung per SMS auf sein Mobiltelefon unter der Telefonnummer (...) zu übersenden oder Dritte mit der Übersendung von Werbung per SMS zu beauftragen es sei denn der Kläger hat der jeweiligen Sendung zuvor zugestimmt.
2. Die Beklagten haben ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst und die übrigen Kosten des Rechtsstreits zu jeweils 1/3 zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 7.500,00 € und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte zu 2) betreibt das lnternetportal „... .de“ und bietet für Handybesitzer die Möglichkeit, nach Registrierung mit der Mobilfunknummer, dem Namen und der Anschrift auf ihrem lnternetportal kostenlose SMS-Nachrichten zu übersenden. Der Kläger füllte am 5. Februar 2002 online das Registrierungsformular der Beklagten zu 2) aus, in welchem er seine Mobilfunknummer ... eintrug. Auf dem Anmeldeformular (vgl. Anlage B2 3) kreuzte der Kläger an:
„Ja, ich akzeptiere die Nutzungsbedingungen‘ sowie ja, ich will mit meinem handy an coolen sms-votings von ... und ... .de teilnehmen, ... fragt dich mit einer sms zu verschiedenen themen und aktionen nach deiner meinung, du antwortest mit deinem handy und ... veröffentlicht die ergebnisse im internet.“
Welche Nutzungsbedingungen der Beklagten zu 2) zum Zeitpunkt der Anmeldung galten, ist streitig. Der Kläger geht von den Bedingungen in der Fassung der Anlage K 8 aus. Darin heißt es unter § 3 (,‚Datenschutz“):
„...
(3) mit der registrierung stimmt der nutzer ausdrücklich zu, dass allgemein gehaltene informationen über den nutzer und dessen verhalten werbekunden und kooperationspartnern zur verfügung gestellt werden dürfen. dies gilt der zielgerichteten werbung, z. b. im online bereich oder per sms.“
Die Beklagten behaupten die Geltung der Nutzungsbedingungen gemäß Anlage B2 1, in denen es heißt:
„14.) anmeldung bei .../... .de
nutzer, die bei der anmeldung der teilnahme an sms-abstimmungen von ... .de und ... .de zugestimmt haben, erhalten von ... .de und ... .de in unregelmässigen Abständen entsprechende sms. ... .de darf die daten dieser nutzer explizit an ... oder entsprechende andere partner weitergeben, um den versand von sms durch den partner zu ermöglichen, selbstverständlich werden die daten auf anfrage sofort gelöscht.“
Auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages zwischen der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 1) gab die Beklagte zu 2) an diese die Mobilfunknummer des Klägers weiter. Am 14. April 2002 empfing der Kläger eine SMS-Werbung der Beklagten zu 1) für das Geschäft der Beklagten zu 3) mit folgendem Wortlaut:
„Neu bei ... fish & chips - very british, very lecker! Auf jede Portion fish & chips erhalten Sie bei ... 50 Cent Rabatt bis 11.5. SMS zeigen und sparen! ...“.
Eine Abmahnung des Klägers vom 22. Mai 2002 an die Beklagten blieb ohne Erfolg. Die Daten des Klägers sind zwischenzeitlich aus der Datei der Beklagten zu 1) und 2) genommen worden.
Der Kläger ist der Ansicht, es liege eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Erhalt einer unerbetenen SMS-Werbung vor. Es seien die Grundsätze zur eMail- Werbung heranzuziehen. Die Beklagte zu 1) sei als Werberin unmittelbare Störerin, die Beklagte zu 2) wegen der Weitergabe seiner Handynummer an die Beklagte zu 1) mittelbare Störerin; ebenso sei die Beklagte zu 3) mittelbare Störerin wegen der Beauftragung der Werbung der Beklagten zu 1). Eine wirksame Einwilligung in den Erhalt von SMS-Werbung liege nicht vor, sondern - gemäß § 3 Abs. 3 der Nutzungsbedingungen gemäß Anlage K 8 - lediglich eine Einwilligung in die Weitergabe von Informationen über den Kläger. Eine im ersteren Sinne zu verstehende Klausel sei jedenfalls auf Grund der Überschrift „Datenschutz“ gemäß § 305 c BGB überraschend. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 TDDSG und § 4 a BDSG analog müsse eine Einwilligungserklärung auch deutlich erteilt werden.
Der Kläger beantragt, wie erkannt.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie rügen die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin und bestreiten, dass der Kläger am 14. April 2002 eine etwaige SMS-Werbung in Berlin zur Kenntnis genommen habe. Ferner meinen sie, dass der Streitwert allenfalls mit 3.000,00 € (3 x 1.000,00 €) angenommen werden könne und daher das Amtsgericht sachlich zuständig sei.
Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass eine SMS-Werbung mit dem genannten Inhalt an den Kläger abgesandt und von diesem empfangen worden sei. Sie meinen, dass sich die Zulässigkeit von SMS-Werbung nicht nach den Grundsätzen der eMail-Werbung, sondern der Briefkastenwerbung richte; da der Abruf der SMS-Werbung nicht mit Kosten verbunden ist, bedürfe es auch keiner Einwilligung des Empfängers. Jedenfalls sei eine solche vorliegend nach § 14 der Nutzungsbedingungen gegeben. Im Übrigen müsse der Nutzer eines kostenlosen Internet-Services damit rechnen, dass sich dieser über Werbeeinnahmen finanziere, so dass bereits in der Registrierung ein konkludentes Einverständnis mit dem Erhalt von Werbung zu sehen sei. Auch habe der Kläger - so behaupten die Beklagten - zwischen dem 5. Februar und 13. April 2002 von der Beklagten zu 1) mehrere SMS, „u. a. auch werbenden Inhalts“, erhalten. Die Beklagte zu 3) wisse nicht, wem die Beklagte zu 1) SMS-Werbung schicke, und stelle nur den Werbetext „zur Verfügung“. Der Haftung der Beklagten zu 1) stehe § 9 TDG entgegen. Die Werbung sei auch durch § 28 BDSG gerechtfertigt. Wegen zwischenzeitlicher Löschung der Daten und einer überhöhten Vertragsstrafeforderung in der Abmahnung fehle die Wiederholungsgefahr.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Das Landgericht Berlin ist gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. In Berlin sind weitere Beeinträchtigungen des Klägers durch Erhalt unerbetener SMS-Werbung zu befürchten, da er hier seinen Wohnsitz hat. Der Begehungsort für die im Wege der Unterlassungsklage abzuwendenden Handlungen (vgl. Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 32, Rdnr. 14) liegt somit in Berlin, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger am 14. April 2002 die SMS in Berlin oder an einem anderen Ort tatsächlich zur Kenntnis nahm.
Das Landgericht ist auch sachlich zuständig, da der Zuständigkeitswert von 5.000,00 € überschritten ist. Nach § 5 ZPO ist der Wert der gegen die drei Beklagten verfolgten Unterlassungsansprüche zusammenzurechnen. Die Praxis der Berliner Gerichte in Bezug auf die Bewertung von Unterlassungsansprüchen gegen unerbetene Werbung ist uneinheitlich. Im vorliegenden Fall hat die Kammer den Streitwert auf 3 x 2.500,00 € = 7.500,00 € festgesetzt. An dieser Bewertung hält sie fest. Überzeugende Gründe, warum der Wert auf gerade 3 x 1.000,00 € festzusetzen sei, haben auch die Beklagten nicht dargetan. Die Annahme eines Einzelwertes von 2.500,00 € in der Hauptsache entspricht etwa der Rechtsprechung des 9. Zivilsenats des Kammergerichts; der 5. Zivilsenat geht gar von einem Vielfachen dieses Wertes aus.
2. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB die klagegegenständlichen Unterlassungsansprüche zu. Die Übersendung nicht verlangter Werbung mittels SMS an seine Mobilfunknummer ... im April 2002 stellte einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar.
a) Der Kläger hat eine SMS-Werbung mit dem im Tatbestand wiedergegebenen Inhalt erhalten. Das Bestreiten der Beklagten zu 1) ist bereits unbeachtlich, da sie als unmittelbar Werbende ihre eigene Handlung nicht gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreiten kann. Auch das Bestreiten der übrigen Beklagten ist unsubstanziiert, und zwar bereits deshalb, weil sich aus dem von den Beklagten im Termin am 14. Januar 2003 übergebenen Sendebericht (Bl. 111 d.A.) ergibt, dass am 13. April 2002 um 18.24 Uhr die streitgegenständliche Werbe-SMS abgesandt wurde. Nichts spricht dafür, dass diese SMS den Kläger nicht erreichte und er auf irgendeine andere Weise Kenntnis von dem Werbetext erhielt.
b) Die Beurteilung von SMS-Werbung richtet sich nach den gleichen Grundsätzen wie die von eMail-Werbung, d. h. die Werbung ist rechtswidrig, wenn nicht der Empfänger sein Einverständnis ausdrücklich erklärt hat oder dieses - was vorliegend nicht in Betracht kommt - im geschäftlichen Verkehr ausnahmsweise zu vermuten ist (im Ergebnis auch Baumbach/Hefermehl ,. Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG, Rdnr. 70 c).
Bei der Verletzung von Rahmenrechten wie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist die Rechtswidrigkeit durch die Beeinträchtigung nicht indiziert. Vielmehr ist unter Berücksichtigung aller Umstände abzuwägen, ob der Eingriff befugt ist oder nicht (vgl. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 823, Rdnr. 184). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt das Eindringen in die Privat- oder Geschäftssphäre durch Direktwerbung im Falle unzumutbarer Belästigung des Empfängers eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar (vgl. BGHZ 60, 296, 300 = NJW 1973, 1119, 1120- Briefwerbung -; BGHZ 54, 188, 191 = NJW 1970, 1738, 1739- Telefonwerbung -). Davon ausgehend ist nach der Rechtsprechung u. a. auch der erkennenden Kammer bei unverlangter eMail-Werbung ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers gegeben und ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet, wenn sich der Empfänger mit der Übersendung der eMail-Werbung nicht ausdrücklich einverstanden erklärt hat oder nicht ausnahmsweise von einem mutmaßlichen Einverständnis ausgegangen werden kann. Denn diese Werbung ist - im Unterschied zu der grundsätzlich zulässigen Briefwerbung - mit einer unzumutbaren Belästigung des Empfängers, der Zeit, Mühe und auch Kosten zur Sichtung und Löschung der Werbe-eMails aufwenden muss, verbunden (vgl. Urteil der Kammer in MDR 2001, 391 m. N.; Köhler/Pieper, UWG, 3. Aufl., § 1, Rdnr. 167).
SMS-Werbung ist mit der grundsätzlich zulässigen Brief- und Wurfsendungswerbung nicht vergleichbar, sondern vielmehr im Ergebnis ebenso belästigend wie die grundsätzlich unzulässige eMail-Werbung. Zuzugeben ist den Beklagten allerdings, dass der Erhalt einer SMS für den Empfänger ebenso wenig mit Kosten verbunden ist, wie der Erhalt eines Briefes und dass sich darin beide Werbeformen von der eMail-Werbung unterscheiden. Die Belastung mit Kosten ist jedoch nicht allein ausschlaggebend, sondern nur eines von mehreren Elementen, die - gegebenenfalls in ihrem Zusammenwirken - eine Belästigung begründen können. Dass es nicht allein oder auch nur primär auf den Aspekt der Kostenlast ankommen kann, zeigt bereits, dass unaufgeforderte Telefonwerbung ebenfalls nicht mit Kosten für den Angerufenen verbunden ist und es sich bei ihr um einen klassischen und eindeutigen Fall von grundsätzlich unzulässiger Direktwerbung handelt.
Auch der SMS-Werbung sind Unzuträglichkeiten für den Empfänger immanent, die der Annahme seines stillschweigenden Einverständnisses mit dieser Werbeart entgegenstehen.
Ist das Mobiltelefon eingeschaltet, etwa weil sein Besitzer für private Anrufe und etwa auch private SMS-Mitteilungen erreichbar sein will, so ertönt bei Eingang einer SMS ein - je nach individueller Einstellung - kürzerer oder längerer Signalton. Bereits darin liegt ein aktives Eindringen in die Privatsphäre, die insoweit mit einem Telefonanruf vergleichbar ist und die SMS-Werbung von der Brief- und der eMail-Werbung unterscheidet.
Anders als bei einer eingehenden eMail erkennt der Empfänger an Hand des zugleich erscheinenden Briefsymbols nicht den Absender der SMS, sondern er gelangt je nach Menü des Mobiltelefons nach Drücken einer Taste sofort in den Text der SMS oder in den Ordner „Posteingang“. Eine Betreff- oder Absenderzeile wie bei einer eMail im Posteingangsordner der Mailbox gibt es nicht. Die Absenderdaten wie Name, Mobilfunknummer, Sendedatum stehen regelmäßig am Ende des Textes einer SMS, so dass der Empfänger grundsätzlich zu deren Lektüre gezwungen ist; eine Möglichkeit, sie von vornherein klar und unzweideutig als Werbung zu erkennen und auszusondern, besteht nicht.
Darüber hinaus ist die Speicherkapazität für eingehende SMS-Mitteilungen auf dem Mobiltelefon weitaus beschränkter als die der Mailbox für eMails, so dass die Gefahr des „Überlaufens“ der SMS-Box weitaus höher ist mit der Folge, dass erwünschte SMS-Nachrichten nicht empfangen werden können.
Dies alles spricht dafür, die Werbung per SMS für unzulässig zu halten, sofern nicht der Empfänger sich mit dieser Werbeform einverstanden erklärt hat.
c) Ein derartiges Einverständnis hat der Kläger vorliegend nicht erklärt. Auf vorformulierte Einverständniserklärungen zur werblichen Kontaktaufnahme sind die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen entsprechend anzuwenden (vgl. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 305, Rdnr. 6). Nach BGHZ 141, 124ff. = NJW 1999, 1864, 1865 schließt das Erfordernis eines ausdrücklichen oder konkludenten Einverständnisses eine Herbeiführung der „Einverständniserklärung“ durch AGB aus; eine vorformulierte Klausel, in der der Kunde sein Einverständnis mit telefonischer Werbung erklärt, soll danach eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG beinhalten. In der Entscheidung BGH NJW 2000, 2677 - Telefonwerbung VI - wurde die vorformulierte Einverständniserklärung des Kunden jedenfalls für den Fall für unwirksam gehalten, dass sie sich auch auf telefonische Beratungen in Angelegenheiten bezog, die über das bestehende Vertragsverhältnis zum Klauselverwender hinausgingen.
Vorliegend fehlt es bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten an einer hinreichend klaren (vorformulierten) Einverständniserklärung des Klägers. Die bei der Registrierung angekreuzte Aussage „Ja, ich will mit meinem Handy an coolen SMS- Votings von ... und ... .de teilnehmen ...“ beinhaltet bereits ihrem Wortlaut nach kein Einverständnis mit dem Erhalt von SMS-Werbung. Auf Grund dieser Klausel musste der Kläger lediglich damit rechnen, nach Art einer Umfrage nach seiner Meinung zu bestimmten Produkten etc. befragt zu werden, nicht aber, Werbung für ein Fischgericht zu erhalten. Auch Ziff. 14 der Nutzungsbedingungen in der von den Beklagten behaupteten Fassung spricht nicht von einem Einverständnis mit dem Erhalt von SMS-Werbung. Vielmehr nimmt diese Klausel auf die eben genannte Klausel betreffend die „SMS-Votings“ Bezug und besagt, dass der Nutzer, falls er sich zur Teilnahme an den SMS-Abstimmungen (= Votings) angemeldet hat, von ... .de und ... .de entsprechende „SMS“ erhält. Davon, dass dies zu Werbezwecken und nicht zu Zwecken der Teilnahme an Meinungsumfragen erfolgt, ist dort keine Rede.
Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass auch § 3 Abs. 3 der Nutzungsbedingungen in der vom Kläger behaupteten Fassung nicht geeignet wäre, sein Einverständnis mit dem Erhalt jeglicher SMS-Werbung zu begründen. Dahinstehen kann, ob das Internet Besonderheiten aufweist, die abweichend von den genannten BGH- Entscheidungen dafür sprechen, formularmäßige Einverständniserklärungen für wirksam zu halten, die eine gegenständlich nicht begrenzte Werbung ermöglichen würden. Die Klausel in § 3 Abs. 3 macht nämlich nicht hinreichend deutlich, dass sich der Anmeldende mit einer derart weitreichenden Werbemöglichkeit einverstanden erklären soll, was gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten geht. Der Satz, der die Zustimmung regelt, lautet nämlich nur: „Mit der Registrierung stimmt der Nutzer ausdrücklich zu, dass allgemein gehaltene Informationen über den Nutzer und dessen Verhalten Werbekunden und Kooperationspartnern zur Verfügung gestellt werden dürfen“. Er beinhaltet somit nur die Befugnis zur Weitergabe von Informationen über den Nutzer und nicht automatisch auch von Werbesendungen an den Nutzer. Auch der weitere Satz „dies gilt der zielgerichteten Werbung, z. B. im Online-Bereich oder per SMS‘, führt dem Nutzer nicht mit der erforderlichen Klarheit vor Augen, dass darin seine erforderliche Zustimmung liegen soll. Ferner ist die Klausel überraschend (§ 305 c Abs. 1 BGB), da unter der Überschrift „Datenschutz“ mit einer Klausel, die nicht dem Schutz, sondern gerade der Preisgabe von Daten dienen soll, nicht zu rechnen ist.
Der Kläger hat auch nicht jenseits vorformulierter Erklärungen sein Einverständnis mit dem Erhalt von SMS-Werbung konkludent erklärt. Der frühere Erhalt von SMS- Werbung wird von den Beklagten nicht substanziiert behauptet und würde auch nicht ohne weiteres einem Einverständnis gleichstehen. Keinesfalls genügt auch, dass sich ein wirtschaftlich denkender Nutzer eines kostenlosen Internet-Angebotes die Frage stellen könnte, wie der Anbieter die Dienstleistung finanziert. Sich darüber Gedanken zu machen, ist nicht Aufgabe des Kunden; vielmehr ist es Aufgabe des Werbenden, für klare Verhältnisse zu sorgen und eine ausdrückliche Zustimmung für den Erhalt von Werbung einzuholen. Im Übrigen müsste der Nutzer, auch wenn er damit rechnet, dass der Dienstleister die Leistung durch Werbeeinnahmen finanziert, noch nicht automatisch damit rechnen, dass dies durch die Ermöglichung von Direktwerbung erfolgt; es bestünde äuch die Möglichkeit, Werbeeinnahmen durch Bannerwerbung zu erzielen.
§ 28 BDSG - sofern er anwendbar sein sollte -‚ rechtfertigt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht das unerbetene Eindringen in die Privatsphäre durch Direktwerbung. Die Vorschrift regelt nur die Zulässigkeit der Weitergabe von Daten und nicht, in welcher Weise sodann rechtmäßig von ihnen Gebrauch gemacht werden kann.
d)Die Beklagten sind passiv legitimiert. Die Beklagte zu 1) hat die Werbung abgesandt und unmittelbar gehandelt. Aus § 9 TDG („Durchleitung von Informationen“) lässt sich gegen ihre Haftung nichts herleiten. Sie ist nicht „Diensteanbieterin“ im Sinne von § 3 Nr. 1 TDG, sondern nutzt Teledienste zur Werbung.
Die Beklagte zu 2) ist (Mit-)Störerin, da sie durch Weitergabe der Handynummer des Klägers an die Beklagte zu 1) die Werbung ermöglicht hat.
Die Beklagte zu 3) ist Auftraggeberin der Werbung für ihr Unternehmen. Die Art der Werbung, nämlich das Besorgen der Handynummern über die Beklagte zu 2), entsprach ihrem Willen, jedenfalls war ihr dieses Vorgehen bei zumutbarer Prüfung erkennbar, wodurch die Mitstörereigenschaft ebenfalls begründet wird (vgl. Köhler/Piper, a.a.O., vor § 13, Rdnr. 68).
e) Die Wiederholungsgefahr ist nicht entfallen. Sie hätte lediglich durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten ausgeräumt werden können; eine solche ist erforderlich, wenn bei der Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen in die Rechte anderer eingegriffen wurde (vgl. BGH NJW 1994, 1281, 1283). Dass die Daten des Klägers inzwischen gelöscht worden sind, genügt daher nicht. Die Höhe der in der Abmahnung geforderten Vertragsstrafe spielt für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs keine Rolle, da ein Unterlassungsanspruch auch ohne jegliche Abmahnung bestehen würde.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs 1, 100 Abs 1, 709 ZPO
(Unterschriften)