Leitsätzliches
Die Verwendung eines pseudonymen Tracking-Tools zur Protokollierung des Nutzerverhaltens von Seitenbesuchern löst eine vorherige Hinweispflicht mit der Ermöglichung eines Widerspruchs voraus.LANDGERICHT Frankfurt
Im Namen des Volkes
Urteil
Entscheidung vom 18. Februar 2014
Az.: 3-10 O 86/12
In dem Rechtsstreit
...
Antragstellerin
g e g e n
...
Antragsgegnerin
hat die 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main ...
für Recht erkannt:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,00 Euro - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Ordnungshaft zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
auf den Webseiten der ... GmbH mittels Tracking-Systemen Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen - wie beispielsweise „P.“ unter Einsatz der Anonymisierungsfunktion - zu erstellen, ohne zu Beginn des Nutzungsvorgangs und später jederzeit abrufbar auf die Widerspruchsmöglichkeit hinzuweisen, wenn dies geschieht wie in Anlage A 23.
Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens haben die Antragstellerin 80%, die Antragsgegnerin 20% zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten der Antragsgegnerin vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird insofern nachgelassen, die Vollstreckung durch die Antragsgegnerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Werbung bzw. des Angebots für Software.
Die Antragstellerin stellt her und vertreibt das Programm ... die Antragsgegnerin das Programm ... die jeweils den Nutzer bei unterstützen sollen. Beide Programme werden im Internet zum Download angeboten. Im Rahmen des Erwerbsvorgangs des Programms der Antragsgegnerin ist eine Registrierung der Lizenz per Internet-Verbindung erforderlich; dies ist auch dann notwendig, wenn das Programm, das für eine bestimmten Hardware - Rechner oder USB Stick - lizenziert ist, auf eine andere Hardware übertragen werden soll. Zur Beschreibung der aktuell insofern jeweils erforderlichen Schritte wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 18.07.2012 (BI. 182 ff. d. A.) und dort insbesondere die Anlagen AG 7 ff. Bezug genommen. Zwischen den Parteien bestand jedenfalls seit Anfang 2012 Streit, in dessen Verlauf es auch zu schriftlicher und elektronische Korrespondenz kam. In einer E-Mail vom 02.03.2012 (Anlage AG 4, BI. 120 d. A.) teilte der damalige Bevollmächtigte der Antragstellerin unter anderem mit:
„Auch ist es so, dass in dem Programm ihrer Mandantin offensichtlich ein online-Registrierungszwang implementiert ist, ohne dass darauf rechtzeitig und in der erforderlichen Deutlichkeit hingewiesen würde. Eine ordnungsgemäße Belehrung müsste in etwa lauten: „Zur Aktivierung des Produkts wird eine Internetverbindung benötigt.“ Ein schlichter Hinweise erst in der Installationsanweisung dürfte nicht ausreichend sein.“
Die Antragsgegnerin verwendet zur Analyse des Nutzerverhaltens auf ihrer Homepage, die über einen Server bei 1&1 betrieben wird, das Programm P.. Auf eine entsprechende Abmahnung der Antragstellerin vom 04.05.2012 (Anlage A 12, BI. 56 ff. d. A.) erklärte die Antragsgegnerin, sie werde in Zukunft auf ihrer Webseite nicht mehr damit werben, dass sie auf „Drittkomponenten, wie z. B. Google A.“ verzichte, wenn dies tatsächlich nicht der Fall sei (Schreiben vom 14.05.2012, Anlage A 13, BI. 63ff. d. A.). Eine im Hinblick auf die Umstände der Internet-Lizenzierung der Software verlangte Unterlassungserklärung verweigerte sie. Daraufhin forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 29.05.2012 (Anlage A 14, BI. 65 ff. d. A.) die Antragsgegnerin erfolglos zu Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bezogen auf die Anträge zu Ziff. 1,3, 5 und 6 auf.
Bezüglich des Tracking-Programms P. ist zwischen den Parteien streitig, wie es bei der Antragsgegnerin eingesetzt wird. Unstreitig ist lediglich, dass unter dem Link „Kontakte“, der von jeder aufgerufenen Seite aus erreichbar ist, der Link „Informationen zum Datenschutz“ zu finden war (vgl. Anlage A 23, BI. 148 ff. d. A. sowie Anlage AG 18). In der mündlichen Verhandlung wurde überdies unstreitig gestellt, dass der als Anlage AG 19 (BI. 199 d. A.) vorgelegte Screenshot der Datenschutzinformationen zum Zeitpunkt der Abmahnung bereits die dortige Gestaltung hatte. Ein unmittelbarer Zugriff auf die Datenschutzinformationen war nicht möglich.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, das Verhalten der Antragsgegnerin sei wettbewerbswidrig, da sie zum einen den Kunden nicht auf die tatsächlichen Umstände der Aktivierung der Software hinweise und sie zum anderen datenschutzrechtliche Vorgaben nicht einhalte. So sei nicht ausreichend darüber aufgeklärt worden, dass zur Aktivierung der Software eine Internetverbindung benötigt werde, bei der u. a. Hardware-ID und die IP-Adresse übermittelt würden. Dies sei für den Nutzer neben den datenschutzrechtlichen Erwägungen auch deshalb problematisch, weil das Programm der Antragsgegnerin nach einem Austausch von Hardwarekomponenten das System nicht mehr erkenne, die Lizenz keine Gültigkeit mehr habe und eine Neuvergabe erst nach Inaktivierung der Lizenz - auch dies wiederum mittels Internetverbindung - möglich sei. Im Übrigen sei die Übermittlung von Hardware ID und IP-Adresse - im Zusammenhang mit der Tracking-Software - geeignet, ein Bewegungsprofil des Nutzers zu erstellen. Bei dieser Verbindung mit dem Internet würden nämlich auch sensible Daten der Kunden übertragen, ohne dass dies deutlich gemacht werde. Auch wenn die Antragsgegnerin nunmehr entsprechende Angaben auf ihrer Homepage vornehme, sei dies Anfang Mai 2012 noch nicht der Fall gewesen und eine Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt. Die Antragstellerin behauptet unter Bezugnahme auf die Anlage A 25 (BI. 218 f. d. A.), dass am 30.04.2012 - anders als in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Anlage AG 3 (BI. 119 d. A.) - die Passage „Sie können eine Lizenz von einem Rechner entbinden und für einen anderen Rechner nutzen“ sowie der Link „weitere Hinweise zur Lizenzregistrierung“ gefehlt habe. Darüber hinaus halte die Antragsgegnerin bei der Verwendung von Tracking-Systemen die daten- schutzrechtlichen Vorgaben nicht ein, die durch den Beschluss der obersten Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich aus dem Jahr 2009 (vgl. Anlage A 9, BI. 35 ff. d. A.) konkretisiert würden. Das von der Antragsgegnerin verwendete Programm P. könne zwar so eingestellt werden, dass die Daten anonymisiert werden. Dass eine solche Einstellung seitens der Antragsgegnerin dauerhaft vorgenommen werde, sei jedoch nicht glaubhaft gemacht. Durch das Verhalten der Antragsgegnerin werde das Nutzungsverhalten des Anwenders in unzumutbarer Weise analysiert, ohne dass dieser auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen würde. Bezogen auf den Antrag zu Ziff. 5 habe die Antragstellerin vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass aus dem Programm ... heraus Online-Verbindungen mit Tracking-Analyse hergestellt würden, ohne dass der Anwender zuvor darüber unterrichtet werde. Der Antrag zu Ziff. 6 sei begründet, weil die Antragsgegnerin nicht darauf hinweise, dass bei Wechsel oder Änderung der Hardware, bei Neuinstallation oder Deinstallation ein Internetzugang und Kontakt mit dem Server der Antragsgegnerin erforderlich sei.
Mit Antrag vom 06.06.2012 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin beantragt. Dabei hat sie mit ihrem Antrag zu Ziff. 4 ursprünglich beantragt, für einen ausreichenden Zeitraum, wobei 12 Monate angemessen erscheinen, keinerlei Web-Tracking-Analysetools mehr einzusetzen, um damit den Anwendern, die der bislang veröffentlichen Datenschutzerklärung Vertrauen schenkten, ausreichend Zeit und eine Chance zu bieten, eine neue Version herunterzuladen und mittels ordnungsgemäßer Datenschutzerklärung ausreichend informiert zu werden und, soweit bekannt, die Anwender mittels Newsletter zu unterrichten. In der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2012 hat die Antragstellerin die Anträge insoweit neu gestellt, dass die Anträge zu Ziff. 1 und Ziff. 6 modifiziert und der Antrag zu Ziff. 4 geändert werden.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
die Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen,
1. zu unterlassen, das Produkt ... - insbesondere im Internet - zu bewerben, feilzubieten oder in ähnlicher Weise anzubieten, zu kommentieren oder zu verbreiten, ohne ausdrücklich und jedenfalls vor Kaufabschluss darauf hinzuweisen, dass zur Aktivierung der Software tatsächlich eine Internetverbindung benötigt wird, bei der u. a. die Hardware-ID und IP-Adresse übermittelt werden;
2. zu unterlassen, zu behaupten oder den Eindruck zu erwecken, dass lediglich eine Autorisierung der Lizenz selbst (Lizenzautorisierung) stattfinden würde;
3. zu unterlassen, auf den Webseiten der ... GmbH Tracking-Systeme, wie beispielsweise „Google A.“ oder „P.“ zu verwenden, ohne den Vorgaben des Beschlusses vom 26./27. November 2009 der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich (Richtlinien zur datenschutzkonformen Ausgestaltung von Analyseverfahren zur Reichweitenmessung bei Internet-Angeboten) oder den Vorgaben des ULD zu entsprechen und insbesondere die Widerspruchsmöglichkeit beim Erstbesuch der Seite prominent und ansonsten dauer- haft, z. B. in der Datenschutzerklärung der Webseite, anzubieten;
4. bei Kunden der Versionen bis zur Version 8.0.149 Sorge dafür zu tragen, dass sie vor Beginn eines Webtracking hierüber informiert werden, und die Wahl haben, dem Webtracking zu widersprechen.
5. zu unterlassen, aus dem lokal installierten Programm „PhraseExpress“ eine Online-Verbindung mit Tracking-Analyse herzustellen, ohne dem Anwender bereits innerhalb der Anwendung und somit noch vor der Online-Verbindung eine Widerspruchsmöglichkeit einzuräumen, und
6. zu unterlassen, zu behaupten, ... müsse nur einmalig freigeschaltet werden, sofern bspw. auch zur Deaktivierung ein Internet-Zugang nötig ist und u. a. die Hardware-ID übertragen wird.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, hinsichtlich der Notwendigkeit einer Internetverbindung zur Softwareaktivierung und Deregistrierung sei die Dringlichkeit widerlegt, da die insoweit maßgeblichen Umstände der Antragstellerin - wie sich aus einer E-Mail vom 02.03.2012 (Anlage AG 4, BI. 120 d. A.) ergebe - bereits seit Anfang März 2012 bekannt gewesen seien. Dass die Antragstellerin bereits im März 2012 über die für den Antrag erforderlichen Informationen verfügt habe, folge auch aus einem im einstweiligen Verfügungsverfahren vor der 8. Kammer für Handelssachen (3-08 O 55/12) beigefügten Screenshot des Offline-Handbuchs (vgl. Anlage AG 20, BI. 200 d. A.), der - wie sich aus der dortigen Adresszeile ergebe - nur dann erreichbar sei, wenn man sich bereits mit der Prozedur der Lizenzschlüsselvergabe entsprechend der Anlage AG 21 (BI. 201ff. d. A.) beschäftigt habe. Abgesehen davon habe sie zum Zeitpunkt der Abmahnung am 04.05.2012 entsprechend des als Anlage AG 3 (BI. 119 d. A.) vorgelegten Screenshots bereits auf das Erfordernis einer Internetverbindung zur Lizenzierung und die Bindung an die Hardware hingewiesen. Zu den Umständen der Lizenzierung behauptet sie, die Übermittlung der Hardware-ID, von Teilen des Lizenzschlüssels sowie der IP-Adresse entspreche dem Branchenstandard. Die Erstellung eines Bewegungsprofils anhand dieser Daten sei nicht möglich. Bei einem Softwareupdate werde schon keine Lizenzautorisierung vorgenommen, während eine zweite Lizenzautorisierung nur dann stattfinde, wenn die Lizenz an einen neuen Rechner gekoppelt werde. Schließlich handele es sich bei der Hardware-ID um kein personenbezogenes Datum. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin bestehe keine Pflicht zur Deregistrierung, vielmehr handele es sich insoweit um eine Komfortfunktion, die dem Anwender eine erneute Installation auf einem neuen Rechner ohne weiteren Aufwand ermögliche. Eine Deregistrierung sei nicht erforderlich, wenn man die Software nicht mehr nutzen wolle oder sie nach einer gewissen Zeit auf einem neuen Rechner installieren wolle. Darüber hinaus werde eine Deregistrierung auch per Telefon oder E-Mail vorgenommen, sofern der Kunde dies wünsche.
Bezogen auf den Antrag zu Ziff. 3 meint die Antragsgegnerin, die Software P. sei datenschutzrechtlich unbedenklich. Hierzu behauptet sie, weder im Rahmen der Lizenzschlüsselregistrierung noch im Rahmen der Deregistrierung oder der Update-Prüfung, sondern lediglich beim „Surfen“ über mehrere Seiten des Webauftritts finde ein Webtracking statt. Sie behauptet ferner unter Bezugnahme auf den als Anlage AG 26 vorgelegten Screenshot, bei der Verwendung von P. werde die IP-Adresse anonymisiert. Die entsprechenden Einstellungen bei P. zur Anonymisierung der IP-Adressen seien zu jedem Zeitpunkt des Einsatzes so eingestellt gewesen, dass nur ein anonymes Tracking stattgefunden habe. Eine Analyse des Nutzungsverhaltens unter Verwendung vollständiger IP-Adressen finde nicht statt. Ferner handele es sich bei P. nicht um eine sogenannte Drittkomponente, d. h. - im Gegensatz zur Software Google A. - würden keine Daten außerhalb der Server der Verwender gesandt. Die Daten würden nicht auf andere Server übertragen oder an Dritte weitgegeben, sondern in anonymisierter Form dazu verwendet, das Programm der Antragsgegnerin zu verbessern. Aufgrund der Anonymisierung der IP-Adresse beim P.-Webtracking und des fehlenden Webtracking-Skripts auf dem Lizenzautorisierungsserver könne keine Datenverknüpfung stattfinden. Die ausreichenden Datenschutzhinweise (vgl. dazu Anlage AG 18, AG 19, BI. 199 f. d. A.), seien durch einen entsprechend gekennzeichneten Link auf der Kontaktseite der Antragsgegnerin abrufbar. Darüber hinaus könne der jeweilige Nutzer den „Do Not Track-Mechanismus seines Computers aktivieren und damit dem Webtracking entgehen. Im Übrigen behauptet sie, der für sie zuständige Datenschutzbeauftragte habe die datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit ihrer Handlungen bestätigt.
Den Antrag zu Ziff. 5 hält die Antragsgegnerin insbesondere deshalb für unbegründet, weil der Adressat nicht in die Irre geführt werde. Dem Anwender sei beim Klick auf den im Offline-Handbuch grafisch hervorgehobenen Hyperlink klar, dass er mit dem Internet verbunden werde. Schließlich könne der Antrag zu Ziff. 6 jenseits der fehlenden Dringlichkeit keinen Erfolg haben, weil der Nutzer in einem für das Medium Internet angemessenen Umfang über das Prozedere der Lizenautorisierung und der Deregistrierung informiert werde.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zu der Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist lediglich hinsichtlich des Antrags zu Ziff. 3 weitgehend begründet und im Übrigen unbegründet.
1. Dem Antrag zu Ziff. 1, mit dem die Antragstellerin eine Information des Nutzers dahingehend begehrt, dass zur Aktivierung der Software tatsächlich eine Internetverbindung benötigt wird, bei der u. a. die Hardware-ID und IP-Adresse übermittelt werden, bleibt schon deshalb der Erfolg versagt, weil es am erforderlichen Verfügungsgrund fehlt. Die sich aus § 12 Absatz 2 UWG ergebende Vermutung der Eilbedürftigkeit ist widerlegt, die Antragstellerin ist ihrer danach bestehenden Pflicht, eine fortbestehende Dringlichkeit darzutun, nicht nachgekommen.
Die Kenntnis der Antragstellerin von den insofern relevanten Tatsachen ergibt sich bereits aus der E-Mail ihres ehemaligen Bevollmächtigten vom 02.03.2012. Der Inhalt dieser E-Mail, nach der im Programm der Antragsgegnerin „offensichtlich ein online-Registrierungszwang implementiert ist“ und der Formulierungsvorschlag „Zur Aktivierung dieses Produkts wird eine Internetverbindung benötigt“ gemacht wird, verdeutlicht, dass der Antragstellerin jedenfalls die Pflicht zur Online-Registrierung bekannt war und dass darauf nach Auffassung der Antragstellerin nicht rechtzeitig, sondern „erst in der Installationsanweisung“ hingewiesen wird. Mit der Kenntnis des Erfordernisses einer Online-Verbindung für die Registrierung verbunden ist - zumal bei einem Branchenangehörigen wie der Antragstellerin - das Wissen darum, dass hierbei die IP-Adresse übermittelt wird. Hinzu kommt, dass der Antragstellerin nach der E-Mail ihres früheren Bevollmächtigten die Installationsanweisung bekannt war, so dass sie auch um die Hardwarebindung der Lizenz wusste. Dieser Kenntnisstand ist für den Verlust der Dringlichkeitsvermutung ausreichend, da es nur darauf ankommt, dass der Anspruchsteller die relevanten Tatsachen kennt (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 UWG, Rdn. 3.15a m. w. N.) und nicht dargetan ist, welche weitergehenden Umstände für die Geltendmachung des Anspruchs unter Ziff. 1 in Erfahrung gebracht werden mussten. Der Verweis auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn vom 23.07.2012 (Anlage A23, BI. 215 d. A.) führt zu keiner anderen Beurteilung, da aus dieser schon der genaue Stand der Kenntnisse der Antragstellerin nicht deutlich wird. Der allgemeine Hinweis darauf, dass sie im März 2012 noch keine Kenntnis von den in der Abmahnung und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung genannten Umständen gehabt habe, genügt nicht, weil keine genauen Tatsachen dahingehend vorgetragen werden, welche Kenntnisse vorhanden waren und welche konkreten Informationen für eine Geltendmachung des Anspruchs noch benötigt worden wären. Stattdessen spricht der Umstand, dass die Aufzählung der nach dieser eidesstattlichen Versicherung nicht bekannten Umstände die im Antrag zu Ziff. 1 enthaltene Übermittlung von IP-Adresse und Hardware-ID bei der Registrierung gerade nicht enthält, dafür, dass der Antragstellerin beides bekannt war. Auch die weitere eidesstattliche Versicherung des Herrn, vom 27.07.2012 (BI. 243 d. A.) gibt keinen näheren Aufschluss. Soweit er versichert, er hätte im ... Internet gelesen, dass man für ... wohl einen Registrierungsschlüssel online bestätigen lassen müsse, erschließt sich in Zusammenschau mit den weiteren Umständen gleichfalls nicht, welche weiteren Informationen erforderlich waren, um den Antrag zu Ziff. 1 geltend zu machen.
Darüber hinaus lag die erforderliche Kenntnis jedenfalls mit Einreichung der Anlage A 28 (hier Anlage AG 21, BI. 201 f. d. A.) im Verfahren 3-08 0 55/12 am 13.03.2012 vor. Der Mitarbeiter der Antragstellerin, Herr ... hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass damals unter dem Link „register“ die Anlage AG 21 (BI. 201 d. A.) sichtbar war (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, BI. 275 d. A.), und ferner mitgeteilt, er habe seinerzeit alle Links - also auch den Link „Registrierung von ... angeklickt und geschaut, ob er etwas finde. Soweit er zunächst erklärt hat, er habe das, was unter Registrierung stehen soll, nicht wahrgenommen, zeigt die Bestätigung, dass die Anlage AG 21 seinerzeit sichtbar war, dass er diese auch wahrgenommen haben muss.
Lag damit zwischen der Kenntnis der Antragstellerin von der maßgeblichen Sachlage und der Antragstellung ein Zeitraum von etwa drei Monaten, ist die Vermutung der Eilbedürftigkeit widerlegt. Umstände, die zum Zeitpunkt der Antragstellung dennoch für die erforderliche Dringlichkeit sprechen, sind nicht dargetan.
2. Der Antrag zu Ziff. 2, mit dem die Antragstellerin die Unterlassung begehrt, zu behaupten oder den Eindruck zu erwecken, dass lediglich eine Autorisierung der Lizenz selbst (Lizenzautorisierung) stattfinden würde, ist gleichfalls unbegründet. Dabei wird schon die maßgebliche Verletzungshandlung nicht genau bezeichnet. Das Gericht geht insofern davon aus, dass sich der Antrag auf die eingeblendete Passage auf Seite 5 der Antragsschrift bezieht, nach der „für die kurze Dauer der Lizenzautorisierung eine Internetverbindung erforderlich ist“, sicher feststellen lässt sich dies indes nicht. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Äußerung schon deshalb nicht festgestellt werden kann, weil nicht erkennbar ist, in welchem Umfeld sie erfolgte. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin nicht schlüssig und nachvollziehbar vorgetragen hat, dass die angesprochenen Verkehrskreise zwischen Lizenzautorisierung im Internet und Produktaktivierung maßgeblich unterscheiden bzw. davon ausgehen, eine Online-Lizenzautorisierung würde nicht auch mit einer Produktaktivierung einhergehen. Im Hinblick darauf sind auch keine Tatsachen vorgetragen, die einen Anspruch aus § 5 oder § 5a UWG rechtfertigen könnten. Weder ist ersichtlich, dass der Hinweis auf die Lizenzautorisierung zur Täuschung der Adressaten geeignet ist, noch dass das Unterlassen eines Hinweises auf die Produktaktivierung nach der Verkehrsauffassung Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung hat, da beides im Regelfall in einem zusammenhängenden Vorgang geschieht.
3. Hinsichtlich des Antrags zu Ziff. 3 hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weitgehend Erfolg. Der Verfügungsgrund folgt aus § 12 Absatz 2 UWG, während sich ein Verfügungsanspruch in der tenorierten Form aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 15 Absatz 3 TMG, 938 ZPO ergibt.
a) Soweit die Antragstellerin die Einhaltung sämtlicher im Beschluss der obersten Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich (Anlage A 9, BI. 35 f. d. A.) formulierter Vorgaben bei der Benutzung von Web-Tracking-Systemen verlangt, ist dies zu weitgehend. Mit Ausnahme des Erfordernisses eines deutlichen Hinweises auf das Widerspruchsrecht besteht keine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr, weil die Antragstellerin keine dahingehenden Verletzungshandlungen glaubhaft gemacht hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese zu befürchten sind.
Die unter dem 4. und 5. Bullet Point formulierten Vorgaben betreffen die Verwendung personenbezogener Daten im Sinne des § 13 Absatz 1 TMG. Eine Unterrichtung des Nutzers über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung von Daten und das Erfordernis einer Einwilligung zur Nutzung gemäß § 13 Absatz 1, Absatz 2 TMG ist nur erforderlich, soweit personenbezogene Daten betroffen sind. Nach den Darlegungen und Glaubhaftmachungen der Antragsgegnerin bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie Trackingprogramme unter der Nutzung personenbezogener Daten einsetzt. Stattdessen ist im einstweiligen Verfügungsverfahren aufgrund der Umstände und der vorliegenden Glaubhaftmachungen davon auszugehen, dass bei der Anwendung von P. durch die Antragsgegnerin die letzten beiden Ziffernblöcke der IP-Adresse der Besucher der Seiten anonymisiert werden. Die Antragsgegnerin hat durch Vorlage des Screenshots Anlage 26 (BI. 263 d. A.) die grundsätzliche Möglichkeit einer entsprechenden „Anonymisierung“ dargelegt, die sich überdies auch aus den von der Antragstellerin vorgelegten Hinweise und Empfehlungen des Unabhängigen Zentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (vgl. Anlage A 10, BI. 37 ff., insbesondere BI. 44 ff. d. A.) ergibt. Sie hat ferner durch eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers (vgl. B. 273 d. A.) glaubhaft gemacht, dass sie P. nur so einsetzte, dass die letzten beiden Ziffernblöcke der Internet-Protoll-Adresse von Besuchern der Webseite anonymisiert wurden, ohne dass die Antragstellerin dem substantiiert entgegengetreten ist. Das einfache Bestreiten, dass die Antragsgegnerin nach ihrer Glaubhaftmachung die Anonymisierungseinstellung von P. dauerhaft aktiviert hatte, genügt zur Widerlegung der glaubhaft gemachten Tatsachen nicht. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin - entgegen § 15 Absatz 3 Satz 4 TMG - Nutzungsprofile mit Daten über den Träger eines Pseudonyms zusammenführt.
b) Die Antragsgegnerin ist aber verpflichtet, den Nutzer zu Beginn des Nutzungsumfangs und später jederzeit abrufbar auf die Widerspruchsmöglichkeit hinzuweisen (§§ 15 Absatz 3, Absatz 1 TMG). Nach § 15 Absatz 3 Satz 1 TMG darf der Diensteanbieter zwar für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Er hat den Nutzer allerdings „im Rahmen der Unterrichtung nach § 13 Absatz 1 TMG“ auf sein Widerspruchsrecht hinzuweisen (§ 15 Absatz 3 Satz 1 TMG).
§ 15 Absatz 3 TMG findet auf die von der Antragsgegnerin mit dem Programm P. erstellten Nutzerprofile Anwendung.
aa) Dabei legt die Regelungsstruktur des § 15 TMG nahe, dass § 15 Absatz 3 Satz 1 TMG auch für anonymisierte Daten gilt. Bei der Widerspruchsoption nach § 15 Absatz 3 TMG handelt es sich nämlich um eine Ausnahmevorschrift; die Erstellung von Nutzungsprofilen über diese gesetzliche Erlaubnis hinaus ist nur bei Vorliegen einer Einwilligung des Nutzers möglich (Spindler/Nink, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 15 TMG Rdn. 8). Ein unter den Voraussetzungen des § 15 Absatz 3 TMG erstelltes Profil darf zwar umfangreiche Informationen über einen Nutzer enthalten, der Nutzer darf jedoch - wie sich aus dem Verbot der Repseudonymisierung in § 15 Abs. 3 Satz 3 ergibt - nicht identifizierbar sein (vgl. dazu Härting, Anonymität und Pseudonymität im Datenschutzrecht, NJW 2013, NJW Jahr 2013 Seite 2065, S. NJW Jahr 2013 2065, NJW Jahr 2013 2066), er muss also letztlich anonym bleiben. Hinzu kommt, dass andernfalls eine Regelung zur eigenen Nutzung von durch den Diensteanbieter selbst erhobenen anonymisierten Daten fehlen würde; § 15 Absatz 5 Satz 3 TMG regelt nur die Weitergabe von anonymisierten Nutzungsdaten an Dritte, dies wiederum zum Zwecke der Marktforschung.
bb) Die Frage, ob § 15 Absatz 3 TMG auch für anonymisierte Daten gilt, kann jedoch letztlich offen bleiben, weil die Antragsgegnerin bei Erstellung der Nutzungsprofile mit Hilfe des Programms P. - entgegen der von dem Hersteller von P. selbst gewählten Begrifflichkeit (vgl. dazu den Screenshot Anlage 26, BI. 263 sowie die als Anlage AG 6, BI. 121 ff. d. A. vorgelegte Stellungnahme eines Mitarbeiters der Vertretung P. Deutschland) - Pseudonyme im Sinne des § 15 Absatz 3 TMG verwendet.
Für die Frage, ob es sich um eine Anonymisierung oder eine Pseudonymisierung handelt, sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich. Nach der Legaldefinition in § 3 Absatz 6 BDSG versteht man unter einer Anonymisierung das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem verhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten Person zuzuordnen sind. Pseudonymisieren meint dagegen gemäß § 3 Absatz 6a BDSG das Ersetzen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen zu dem Zweck, die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren. Dabei sind die Grenzen fließend, weil sich die Einordnung letztlich danach bestimmt, ob der Aufwand, die hinter den veränderten Daten stehenden Person zu identifizieren „verhältnismäßig groß“ ist oder nicht (vgl. dazu Spindler/Nink, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 13 TMG Rdn. 12).
Bei Anlegung dieses Maßstabs handelt es sich nach den vorgetragenen Umständen bei der Anonymisierung der IP-Adresse bezogen auf die letzten beiden Ziffernblöcke um eine Pseudonymisie-rung von Daten. Zwar führt die Veränderung der IP-Adresse dazu, dass die erstellten Nutzerprofile für sich genommen keiner konkreten Person zuzuordnen ist. Zum einen dürfte jedoch zumindest die technische Möglichkeit bestehen, die mit der Software P. erstellten Nutzerprofile mit einer Nutzer- oder Abrufstatistik bezogen auf die jeweilige Homepage zu vergleichen und so - mit einer hohen Wahrscheinlichkeit - eine Zuordnung zu den IP-Adressen vorzunehmen. Zum anderen ergibt sich aus den Hinweisen und Empfehlungen des Unabhängige Landeszentrums für Datenschutz (vgl. dazu die Hinweise und Empfehlungen zur Analyse von Internet-Angeboten mit „P.“ des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Anlage A 10, BI. 37 ff., insbesondere BI. 44 ff. d. A.), dass bei der Nutzung von P. Pseudonyme erstellt werden, ohne dass die Antragsgegnerin dieser - von der Antragstellerin in Bezug genommenen -nachfolgenden Darstellung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein im Tatsächlichen entgegengetreten ist:
Danach benutzt P. im Rahmen der Besuchererkennung eine Heuristik, die versucht, einen Besucher mit einem vorherigen Besuch zu identifizieren, indem bestimmte Daten, insbesondere die IP-Adresse, die Auflösung, der Browser, die verwendeten Plugins und das Betriebssystem berücksichtigt werden. Diese Daten werden kombiniert und zu einem Hashwert verrechnet. Auch bei aktiviertem AnonymizelP-Plugin nutzt diese Heuristik intern die volle IP-Adresse, die IP-Adresse wird jedoch nicht isoliert verarbeitet und gespeichert, sondern geht mit anderen Daten verknüpft in einen Hashwert ein. Das Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein weist darauf hin, dass das Rückrechnen mit erheblichem Aufwand denkbar ist, die Wiedererkennung von Internetnutzern allerdings nicht unbedingt an der IP-Adresse hängt, sondern mit überraschend großer Zuverlässigkeit auch über andere Werte vorgenommen werden kann und ordnet die Art der Anonymisierung bei P. letztlich als ein Erstellen von Pseudonymen mit der Folge der Geltung des § 15 Absatz 3 TMG ein (vgl. BI. 45 d. A.). Von dieser Bewertung geht auch das Gericht aus, weil aus der - nicht bestrittenen - Beschreibung der Funktionsweise von P. die Möglichkeit einer Zuordnung zum jeweiligen Nutzer ersichtlich wird.
c) Hat die Antragsgegnerin demnach die Nutzer ihrer Seite auf die Widerspruchsmöglichkeit nach § 15 Absatz 3 Satz 2 TMG in einer den Vorgaben des § 13 Absatz 1 TMG entsprechenden Weise hinzuweisen, genügt die zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung gewählte Form der Erreichbarkeit der maßgeblichen Informationen über die Seite „Kontakte“ nicht, weil der Hinweis nicht „zu Beginn des Nutzungsvorgangs“ erfolgt und nicht im Sinne der Vorschrift „jederzeit abrufbar“ ist.
aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die als Anlage AG 18 und AG 19 (BI. 198 f. d. A.) vorgelegten Seiten die Zugriffsmöglichkeit auf die Datenschutzerklärung der Antragstellerin zum Verletzungszeitpunkt wiedergeben (vgl. dazu Protokoll der mündlichen Verhandlung, Seite 3, BI. 276 d. A.). Die Anlage AG 18 wiederum entspricht hinsichtlich der Erreichbarkeit der Informationen der von der Antragstellerin eingereichten Anlage A 23 (BI. 148 f. d. A.). Danach ist der Link „Kontakt“ auf jeder Seite der Homepage der Antragstellerin zu finden, auf der sich unter der Seite www.../de/k...php hinter dem fett gedruckten Link „Informationen zum Datenschutz“ die Widerspruchsmöglichkeit findet.
bb) Zweck der Regelung in § 15 Absatz 3, Absatz 1 TMG ist es, den Datenverarbeitungsvorgang schon zu Beginn des Nutzungsvorgangs für den Nutzer transparent zu gestalten. Die konkrete Gestaltung der Unterrichtung liegt zwar - mangels weiterer gesetzlicher Angaben - im Ermessen des Diensteanbieters. Sie muss aber u. a. klar und zuverlässig wahrnehmbar sein (Spindler/Nink, in Spindler u. a.: Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 13 TMG Rdn. 5). Diesen Anforderungen entspricht beispielsweise eine Einbindung in den Nutzervorgang, indem der Nutzer über eine Website zwangsläufig mit den Informationen in Berührung kommt oder ein deutlich hervorgehobener Hinweis mit einem Hyperlink auf der Startseite vorhanden ist (vgl. Spindler/Nink, in Spindler u. a.: Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. 2011, § 13 TMG Rdn. 5 m. w. N.).
cc) Dagegen ist die Erreichbarkeit der Datenschutzhinweise über den Link „Kontakt“ schon deshalb nicht geeignet, den Nutzer klar, zuverlässig und zu Beginn des Nutzungsvorgangs über sein Widerspruchsrecht zu informieren, weil er nicht damit rechnet, dass sich auf der Unterseite „Kontakt“ ein Link zu den Datenschutzhinweisen befindet. Weder legt der Begriff „Kontakt“ nahe, dass darunter auch Hinweise zum Datenschutz zu finden sind, noch handelt es sich dabei um einen etablierten Ort für die Platzierung entsprechender Informationen. Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene vorgelegte Mitteilung des Datenschutzbeauftragten (Anlage 25, BI. 261 d. A.), nach der die Rechtsprechung zu den Impressumsangaben nach § 5 TMG „analog“ angewendet werde, d. h. es genügen soll, dass nach maximal zwei Mausklicks die Informationen zur Verfügung stehen, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Auch von einer leichten Erkennbarkeit im Sinne des § 5 TMG kann nämlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Anbieter für weiterführende Links Bezeichnungen wählt, die verständlich sind und sich dem Nutzer ohne weiteres erschließen (vgl. zu § 6 TDG BGH, Urteil vom 20.07.2006, BGH Aktenzeichen IZR22803 I ZR 228/03, MMR 2007, MMR Jahr 2007 Seite 40, MMR Jahr 2007 41). Dies ist bezogen auf die Begriffe „Kontakt“ und „Impressum“ zur Bezeichnung von Links der Fall, die zur Anbieterkennzeichnung gemäß § 5 TMG führen, weil sie sich im Internetverkehr durchgesetzt haben und dies dem durchschnittlichen Nutzer bekannt ist (vgl. zu § 6 TDG BGH, Urteil vom 20.07.2006, BGH Aktenzeichen IZR22803 I ZR 228/03, MMR 2007, MMR Jahr 2007 Seite 40, MMR Jahr 2007 41); eine vergleichbare Durchsetzung des Links „Kontakt“ für Datenschutzhinweise lässt sich indes weder feststellen noch wurde eine entsprechende Etablierung von der Antragsgegnerin substantiiert dargetan.
d) Bei § 15 Absatz 3 TMG handelt es sich schließlich auch um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nummer 11 UWG. Maßgeblich für die Einordnung ist, ob die Norm das Auftreten auf einem Markt regelt und damit zumindest auch die Interessen der Betroffenen als Marktteilnehmer schützt (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4 Rdn. BAUHEFKOWETTBEWR 32 UWG § 4 Randnummer 11.42). Der Anwendungsbereich des § 4 Nummer 11 UWG ist nicht auf solche Marktverhaltensregelungen beschränkt, die eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne aufweisen, dass sie die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2010, BGH Aktenzeichen IZR13909 I ZR 139/09, zitiert nach Juris Tz. 34 - BIO TABAK). Auch eine dem Schutz von Rechten oder Rechtsgütern dienende Vorschrift ist dann eine Marktverhaltensvorschrift, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme berührt wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.05.2012, OLGKARLSRUHE Aktenzeichen 6U3811 6 U 38/11, zitiert nach Juris Tz. 34). Auf dieser Grundlage können Datenschutzvorschriften jedenfalls auch Marktverhaltensregeln sein, wenn sie die Grenzen der Zulässigkeit der Nutzung der Daten für Zwecke der Werbung bestimmen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.08.2009, OLGKOELN Aktenzeichen 6U7009 6 U 70/09, zitiert nach Juris Tz. 5; zu § 28 Absatz 3 BDSG OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.05.2012, OLGKARLSRUHE Aktenzeichen 6U3811 6 U 38/11, zitiert nach Juris Tz. 34; a. A. zu § 28 Absatz 3 BDSG OLG München, Urteil vom 12.01.2012, OLGMUENCHEN Aktenzeichen 29U392611 29 U 3926/11, zitiert nach Juris Tz. 29; vgl. auch zu § 13 TMG als Marktverhaltensregel OLG Hamburg, Urteil vom 27.06.2013, OLGHAMBURG Aktenzeichen 3U2612 3 U 26/12, zitiert nach Juris Tz. 58 unter Verweis auf die Erwägungsgründe zu Art. 10 der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG; a. A. zu § 13 TMG KG Berlin, Beschluss vom 29.04.2011, 5 W 88/11, zitiert nach Juris Tz. 38 ff.).
Ausgehend von diesem Maßstab ist die Regelung des § 15 Absatz 3 TMG auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. § 15 Absatz 3 TMG regelt den Umgang mit Daten für eigene Geschäftszwecke - einschließlich Werbung - und dient damit jedenfalls auch dem Schutz von Rechtsgütern der Kunden im Zusammenhang mit ihrer Marktteilnahme. Schon der Wortlaut der Vorschrift, nach dem der Diensteanbieter die Erstellung von Nutzungsprofilen u. a. für Zwecke der Werbung und der Marktforschung erstellen darf, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht, legt nahe, dass die Norm nicht nur den Persönlichkeitsrechten der Nutzer dient, sondern auch die Regelung des Marktverhaltens bezweckt. Die Regelung der Datenverwendung zu Zwecken der Werbung und Marktforschung, die letztlich die Gewinnung und Beeinflussung von Kunden zum Ziel haben, lässt den Einfluss der Datennutzung durch den Kunden auf den Marktauftritt des Dienstanbieters erkennen. In der Folge werden die Nutzer auch als Marktteilnehmer geschützt, weil ihr Verhalten am Markt betroffen ist und der Anbieter aus dem Nutzungsverhalten Konsequenzen für das eigene Angebot und die eigene Dienstleistung auch den Nutzern gegenüber - beispielsweise durch gezielte Werbung - ziehen will.
4. Der Antrag zu Ziff. 4, mit dem die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, bei Kunden der Versionen bis zur Version 8.0.149 Sorge dafür zu tragen, dass sie vor Beginn eines Webtracking hierüber informiert werden, und die Wahl haben, dem Webtracking zu widersprechen, hat keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat hinsichtlich dieses - in der mündlichen Verhandlung geänderten Antrags zu Ziff. 4 - keine Dringlichkeit im Sinne des §§ 935 ff. ZPO dargetan. Die Vermutung in § 12 Absatz 2 UWG betrifft nur Unterlassungsansprüche, während die Antragstellerin mit dem Antrag zu Ziff. 4 die Beseitigung der Folgen eines in der Vergangenheit liegenden Verstoßes begehrt. Darüber hinaus spricht viel dafür, dass ein Anspruch auf die begehrte Verpflichtung vom Unterlassungstenor dieses Urteils bezogen auf den Antrag zu Ziff. 3 umfasst wäre. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ein Webtracking durch die Antragsgegnerin erfolgt, ohne dass eine Verbindung zur Homepage der Antragsgegnerin hergestellt wird. Wird indes eine Verbindung zur Homepage hergestellt, kann auch der Nutzer früherer Versionen infolge der ausgeurteilten Unterlassungsverpflichtung die notwendigen Informationen dem dauerhaft vorhandenen Hinweis auf das Widerspruchsrecht gemäß § 15 Absatz 3 TMG entnehmen.
5. Auch der Antrag zu Ziff. 5, nach dem der Antragsgegnerin die Unterlassungsverpflichtung auferlegt werden soll, es zu unterlassen, aus dem lokal installierten Programm ... eine Online-Verbindung mit Tracking-Analyse herzustellen, ohne dem Anwender bereits innerhalb der Anwendung und somit noch vor der Online-Verbindung eine Widerspruchsmöglichkeit einzuräumen, ist unbegründet. Die Antragstellerin hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, dass aus dem lokal installierten Programm ... eine Online-Verbindung mit Tracking-Analyse hergestellt wird, d. h. dass bei bloßer Verwendung der Software selbst das Nutzungsverhalten durch die Antragsgegnerin analysiert wird. Sofern es zur Herstellung einer Internetverbindung infolge des Anklickens eines Hyperlinks kommt, ist die Antragsgegnerin wiederum bereits aus der bezüglich des Antrags zu Ziff. 3 tenorierten Unterlassungsverpflichtung gehalten, in geeigneter Form dauerhaft auf das Widerrufsrecht hinzuweisen. Ein Anspruch auf den mit dem Antrag weitergehend be- gehrten Hinweis „vor der Online-Verbindung“ besteht nicht, vielmehr verlangt § 15 Absatz 3, Absatz 1 TMG die Information „zu Beginn des Nutzungsvorgangs“ und im Übrigen dauerhaft.
6. Soweit die Antragstellerin schließlich beantragt, es zu unterlassen, zu behaupten, ... müsse nur einmalig freigeschaltet werden, sofern bspw. auch zur Deaktivierung ein Internet-Zugang nötig ist und u. a. die Hardware-ID übertragen wird, ist diese Äußerung nicht irreführend im Sinne des § 5 UWG. Ausgehend vom maßgeblichen Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise bezieht sich die Erklärung darauf, dass die Software nach dem Download nur einmalig online frei geschaltet werden muss. Eine weitergehender Gehalt dahingehend, dass auch für weitere Aktionen jenseits der einmaligen Freischaltung vor der Möglichkeit der Nutzung der Software - etwa eine Neuinstallation nach Hardwarewechsel oder eine Deinstallation - keine Internetverbindung erforderlich ist, lässt sich weder dem Wortlaut der streitgegenständlichen Aussage entnehmen noch ist ersichtlich oder von der Antragstellerin vorgetragen, dass es branchenüblich wäre, den Begriff der Freischaltung weiter zu verstehen. Soweit im Vortrag der Antragstellerin anklingt, dass jedenfalls nicht verschwiegen werden darf, dass für die Deinstallation eine Internetverbindung nötig ist, hat sie keinen Antrag gestellt, der auf das Verbot eines entsprechendes Verhalten gerichtet ist. Es lässt sich auch nicht dem Antrag zu Ziff. 6 entnehmen, da dieser ausdrücklich darauf gerichtet ist, die Behauptung zu untersagen, ... müsse nur einmalig „freigeschaltet“ werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 2 ZPO. Bei der Kostenverteilung ausgehend von einem Gesamtstreitwert von 21.000,00 Euro legt das Gericht den einzelnen Anträgen die nachfolgenden Werte zugrunde, wobei das Unterliegen der Antragstellerin hinsichtlich des Antrags zu Ziff. 3 mit 1/5 berücksichtigt ist.
Das Gericht geht auf Grundlage der §§ 3, 5 ZPO, 48 GKG für die Anträge zu Ziff. 1 und 3 von einem Streitwert von je 5.000,00 Euro aus, während für die Anträge zu Ziff. 5 und 6 eine Wertfestsetzung von jeweils 2.000,00 Euro, für die Anträge zu Ziff. 2 und 4 ein Wert von jeweils 3.000,00 Euro und für den in der mündlichen Verhandlung neu gestellten Antrag zu Ziff. 4 ein Wert von 1.000,00 Euro angemessen erscheint.
Dabei war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin in der mit Schreiben vom 29.05.2012 übersandten vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (vgl. BI. 70 d. A.) einen auf die Hauptsache gerichteten Streitwert von 20.000,00 Euro bezogen auf die Anträge zu Ziff. 1, 3, 5 und 6 zugrunde legte, so dass für die nur vorläufige Entscheidung im Eilverfahren insoweit 14.000,00 Euro angemessen erscheinen. Nach der Schwerpunktsetzung im Vortrag der Antragstellerin ist ihr Interesse an den Anträgen zu Ziff. 1 und 3 in gleicher Weise höher - nämlich mit 5.000,00 Euro -zu bemessen als das Interesse an den mit diesen Unterlassungsbegehrten im Zusammenhang stehenden Anträge zu Ziff. 5 und 6. Die mit der Antragsschrift zusätzlich gestellten Anträge zu Ziff. 2 und 4 bewertet das Gericht - unter Berücksichtigung der Wertangabe bei Antragseinreichung (insgesamt 20.000,00 Euro, von denen 14.000,00 Euro auf die Anträge zu Ziff. 1, 3, 5 und 6 entfallen) - im Eilverfahren mit je 3.000,00 Euro. Schließlich ist zu bewerten, dass der Antrag zu Ziff. 4 in der mündlichen Verhandlung ausgetauscht wurde; der neue Antrag zu Ziff. 4 bildet einen eigenen Streitgegenstand, weil er auf ein anderes Ziel gerichtet ist, nämlich die Einräumung einer nachträglichen Widerspruchsmöglichkeit statt ursprünglich die Zurverfügungssteliung einer ordnungsgemäßen Datenschutzerklärung. Das auf diesen Antrag gerichtete Interesse gibt ein Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro angemessen wieder.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nummer 6, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 21.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Der Streitwert ist - ausgehend vom maßgeblichen Interesse der Antragstellerin - auf 21.000,00 Euro festzusetzen. Das Gericht geht auf Grundlage der §§ 3, 5 ZPO, 48 GKG für die Anträge zu Ziff. 1 und 3 von einem Streitwert von je 5.000,00 Euro aus, während für die Anträge zu Ziff. 5 und 6 eine Wertfestsetzung von jeweils 2.000,00 Euro, für die Anträge zu Ziff. 2 und 4 ein Wert von jeweils 3.000,00 Euro und für den in der mündlichen Verhandlung neu gestellten Antrag zu Ziff. 4 ein Wert von 1.000,00 Euro angemessen erscheint.
Dabei war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin in der mit Schreiben vom 29.05.2012 übersandten vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (vgl. BI. 70 d. A.) einen auf die Hauptsache gerichteten Streitwert von 20.000,00 Euro bezogen auf die Anträge zu Ziff. 1, 3, und 6 zugrunde legte, so dass für die nur vorläufige Entscheidung im Eilverfahren insoweit 14.000,00 Euro angemessen erscheinen. Nach der Schwerpunktsetzung im Vortrag der Antragstellerin ist ihr Interesse an den Anträgen zu Ziff. 1 und 3 in gleicher Weise höher - nämlich mit 5.000,00 Euro - zu bemessen als das Interesse an den mit diesen Unterlassungsbegehrten im Zusammenhang stehenden Anträge zu Ziff. 5 und 6. Die mit der Antragsschrift zusätzlich gestellten Anträge zu Ziff. 2 und 4 bewertet das Gericht - unter Berücksichtigung der Wertangabe bei Antragseinreichung (insgesamt 20.000,00 Euro, von denen 14.000,00 Euro auf die Anträge zu Ziff. 1, 3, 5 und 6 entfallen) - im Eilverfahren mit je 3.000,00 Euro. Schließlich ist zu bewerten, dass der Antrag zu Ziff. 4 in der mündlichen Verhandlung ausgetauscht wurde; der neue Antrag zu Ziff. 4 bildet einen eigenen Streitgegenstand, weil er auf ein anderes Ziel gerichtet ist, nämlich die Einräumung einer nachträglichen Widerspruchsmöglichkeit statt ursprünglich die Zurverfügungstellung einer ordnungsgemäßen Datenschutzerklärung. Das auf diesen Antrag gerichtete Interesse gibt ein Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro angemessen wieder.