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Sogenannte PING-Anrufe stellen Betrug dar - OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.8.2010, Az.: 1 Ws 371/

Leitsätzliches

Das "Anpingen" per Telefon (kurzzeitiges Anwählen, durch das höchstens ein einmaliges Klingeln beim Angerufenen verursacht wird, und das Hinterlassen einer gleichzeitigen Mehrwertdienste-Nummer mit dem Ziel, das der Angerufene diese teure Nummer zurckruft) führt zur Strafbarkeit wegen Betruges.

OBERLANDESGERICHT OLDENBURG

BESCHLUSS

Entscheidungsdatum: 22. August 2010

Aktenzeichen: 1 Ws 371/10

In der Strafsache

gegen 1. Herrn W… T…aus …,
geboren am …in …,
Verteidiger: Rechtsanwalt …

2. Herrn Ch… O… aus …,
geboren am … in …,
Verteidiger: Rechtsanwalt …

3. Herrn R… W… aus …,
geboren am … in …,
Verteidiger: Rechtsanwalt …

4. Frau M… R… aus …,
geboren am … in …,
Verteidiger: Rechtsanwalt …,

wegen Betruges,

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 20. August 2010 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück vom 26. Mai 2010 aufgehoben, soweit darin die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeschuldigten T…, O… und R… abgelehnt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Anklage der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom 29. Dezember 2009 mit der Maßgabe zur Hauptverhandlung zugelassen, dass die Angeschuldigten T… und O… des versuchten Betruges und die Angeschuldigte R… der Beihilfe zum versuchten Betrug hinreichend verdächtig sind.

Das Hauptverfahren wird insoweit vor der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück eröffnet.

Das weitergehende Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen. Die insoweit im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten und dem Angeschuldigten W… entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Das Landgericht Osnabrück hat mit Beschluss vom 26. Mai 2010, auf dessen Inhalt verwiesen wird, die gegen die Angeschuldigten gerichtete Anklage der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom 29. Dezember 2009 nicht zur Hauptverhandlung zugelassen und die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.

Gegenstand der Anklage ist der Vorwurf, die Angeschuldigten T…, O… und W… hätten in der Weihnachtszeit 2006 in mindestens 785.000 Fällen durch sogenannten ´Anpingen´, also kurzzeitiges Anwählen, durch das höchstens ein einmaliges Klingeln verursacht wurde, und Hinterlassen einer Mehrwertdienstenummer als Nummer des Anrufers, Mobiltelefonkunden in Deutschland vorgetäuscht, eine andere Person habe ein wichtiges Kommunikationsanliegen, und diese so dazu gebracht, die angezeigte Mehrwertdienstenummer anzurufen, wobei diese dort lediglich die für sie nutzlose Tonbandansage ´Ihr Anruf wurde gezählt´ erreicht, für den Anruf aber mindestens 98 Cent zu zahlen gehabt hätten, die nach Abzug der Kosten des Netzbetreibers und für die Miete der Mehrwertdienstenummern ihnen hätten zufließen sollen. Die Angeschuldigte Rehagel habe, nachdem der Angeschuldigte T… zur Tarnung und Verschleierung u.a. gegenüber dem Netzbetreiber eine Webseite habe einrichten lassen, in der zum Zwecke einer Abstimmung über die zum 1. Januar 2007 bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung auf die Mehrwertdienstenummern hingewiesen wurde, in Kenntnis des Tatplanes der übrigen Angeschuldigten in der Erwartung, hierfür entlohnt zu werden, auf anderen Webseiten Werbebanner mit einem Hinweis auf die durch Veranlassung des Angeschuldigten T… eingerichtete Webseite platziert.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anklageschrift verwiesen.

Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt und ausgeführt, es fehle an einer Täuschungshandlung. Die Annahme, mit dem PingAnruf werde zugleich die Erklärung übermittelt, der Anrufer habe den Angerufenen mit einem aus Sicht des Anrufers sinnvollen Kommunikationsanliegen angerufen, gehe aus tatsächlichen Gründen fehl. Der Vorgang des Ping Anrufes erschöpfe sich in der kurzzeitigen Verbindungsherstellung und des Hinterlassens der aufgeschalteten Rufnummer in dem Telefon oder der Telefonanlage des Angerufenen als entgangener oder als nicht angenommener Anruf. Ein Anruf ohne Rufnummernübermittlung sei ein bedeutungsloser Vorgang, der keinerlei Information enthalte. Eine Bedeutung könne dem Vorgang nur unter Heranziehung weiterer, außerhalb des Anrufs liegender Umstände beigelegt werden. Die Annahme eines Kommunikationsinteresses stelle eine willkürliche Unterstellung dar.

Selbst wenn ein solches dem Anruf beigemessen werden könne, stelle dieses aus Sicht des Anrufers keine Täuschung vor, weil dieser gerade den Rückruf wolle. Aus Sicht des Angerufenen ließe sich keine nähere inhaltliche Bestimmung zugunsten oder zuungunsten eines sinnvollen Kommunikationsverlangens begründen. Der PingAnruf unterscheide sich vom äußeren Vorgang nicht vom Anruf eines Teilnehmers, der sich verwählt habe, und damit relativ zum Angerufenen kein sinnvolles Kommunikationsverlangen verfolge.

Dass ein bestimmter Lebensvorgang - ohne Erklärung gegenüber dem Adressaten - zu einem Irrtum beim Adressaten führe, reiche zur Begründung der Betrugsstrafbarkeit nicht aus.

Für diese Ansicht spreche auch die Neuregelung des TKG, wonach es Anrufenden bei Werbung mit einem Telefonanruf untersagt sei, ihre Rufnummer zu unterdrücken. Nach dem Willen des Gesetzgebers erschöpfe sich die Übermittlung der Telefonnummer in der Möglichkeit der Identifizierung des Anrufers.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat in der Sache den sich aus dem Tenor ergebenden Erfolg.

Die Angeschuldigten T… und O… sind des versuchten Betruges, die Angeschuldigte R… der Beihilfe zum versuchten Betrug hinreichend verdächtig.

1.
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft fällt den Angeschuldigten T…, O… und R… folgender Sachverhalt mit einer die Verurteilung erwarten lassenden Wahrscheinlichkeit zur Last:
Am 14. Dezember 2006 stellte der Angeschuldigte O… den Kontakt zu dem Zeugen B… her, der für die Firma I… tätig war. Diese hatte von dem Netzbetreiber … 0137Nummern erhalten. Im Folgenden kam es dann zu Verhandlungen zwischen B… und dem Angeschuldigten T… über die Anmietung von 01377Nummern (0,98 € je Anruf). Schließlich kam es am 22. Dezember zu einem entsprechenden Vertragsschluss zwischen der I… und der Firma M… die durch den vom Angeschuldigten T… dazu veranlassten Zeugen A… geführt wurde. Der Angeschuldigte O… sorgte mithilfe der Firma T… für die Einspeisung der Mobiltelefonnumern auf einem SQLDatenserver und das Anpingen über einen Teil der ihm zur Verfügung stehenden PMXAnschlüsse. Der andere Teil der zur Verfügung stehenden Anschlüsse war für den eingehenden Verkehr eingerichtet . Hierüber wurde ebenfalls ein Vertrag mit der Firma M… abgeschlossen.

Am 22. Dezember 2006 kam es von diesen Anschlüssen aus erstmals zu sogenannten PingAnrufen. Insgesamt erfolgten dann bis zum 28. Dezember 2006 insgesamt 786.850 Rückrufe, bei denen die Anrufer jeweils nur die automatisch generierte Mitteilung ´Ihr Anruf wurde gezählt´ erhielten.

Die Angeschuldigten T… und O… erhofften sich aus den von den Anrufern zu zahlenden Beträgen, die abzüglich der Entgelte der jeweiligen Netzbetreiber der Firma M… zufließen sollten, eine erheblichen finanziellen Vorteil. Zu einer Auszahlung kam es jedoch nicht, weil die Bundesnetzagentur am 28. Dezember 2006 bzw. 2. Januar 2007 eine Abschaltung der Nummern und am 3. Januar 2007 ein Rechnungslegungs und Inkassierungsverbot angeordnet hatte und die Firma I… deshalb eine Auszahlung verweigerte.

Die Angeschuldigte R…, die um die geplante PingAktion wusste, sorgte auf Veranlassung des Angeschuldigten O… für die Platzierung eines Hinweisbanners auf die Abstimmungsseite auf anderen Webseiten, nachdem der Angeschuldigte T…, um gegenüber der Firma I… die Anmietung der Nummern rechtfertigen zu können, durch den Zeugen K… die Internetseite … hatte einrichten lassen, auf der über die gemieteten 0137Nummern zur Abstimmung über die zum 01. Januar 2007 geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer aufgefordert wurde, tatsächlich aber eine Abstimmung gar nicht stattfand. Für ihre Bemühungen, die tatsächlich erst am 28. Dezember 2006, aber noch vor Abschaltung der Nummern, zur Einstellung eines Werbebanners auf der Seite … führten, erhoffte sich die Angeschuldigte R… eine angemessene Entlohnung.

2.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts erfüllt das Verhalten, dessen die Angeschuldigten T…, O… und R… hinreichend verdächtig sind, den Tatbestand des - versuchten - gemeinschaftlichen Betruges (T… und O…) bzw. der Beihilfe dazu (R…).

a.
Die nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft durch die Angeschuldigten T… und O… initiierten PingAnrufe stellen eine Täuschungshandlung dar.

Tathandlung des Betruges ist eine täuschende Erklärung über Tatsachen. Das Herstellen einer - wenn auch nur kurzfristigen - Verbindung zur Mobilfunknummer des Adressaten, stellt eine solche Erklärung dar.

Der Einschätzung der Kammer, ein Anruf an sich (ohne Rufnummernübermittlung) sei ein bedeutungsloser Vorgang, der keinerlei Information enthalte, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr stellt ein eingehender Anruf - nicht anders als etwa ein Läuten an der Wohnungstür - einen Vorgang dar, der über das damit verbundene Signal hinaus die konkludente Erklärung beinhaltet, jemand wolle inhaltlich kommunizieren.

Der in einer die Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 5. Juni 2009 in einem vergleichbaren Fall betreffenden Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 24. August 2009 (2 Zs 1607/09, in Ablichtung Bd. XXVII Bl. 100) geäußerten Ansicht, ein ernsthaftes Kommunikationsverlangen setzte voraus, dass der Anrufer das Telefon mehr als einmal klingeln lasse, vermag der Senat nicht zu folgen. Denn zum einen ist für den Adressaten nicht erkennbar, aus welchem Grunde es bei dem einmaligen Anklingeln geblieben ist. Zum anderen erfolgt die Anzeige der Mehrwertdienstrufnummer auch dann, wenn der Anruf in Abwesenheit des Adressaten eingegangen ist und dieser überhaupt nicht feststellen kann, wie oft das Telefon geläutet hat (so im Ausgangsfall des Zeugen KOK S…, Bd. I Bl. 4).

Auch der Hinweis der Strafkammer darauf, dass ein Ping-Anruf sich vom äußeren Vorgang nicht vom Anruf eines Teilnehmers unterscheide, der sich verwählt habe, und damit relativ zum Angerufenen kein sinnvolles Kommunikationsverlangen verfolge, geht fehl. Denn aus der Sicht des Angerufenen - wie auch aus Sicht des Anrufers - liegt durchaus ein ernsthaftes Kommunikationsverlangen zu Grunde. Die Annahme einer Täuschung scheitert in einem solchen Fall vielmehr daran, dass der Anrufende selbst eine solche Erklärung nicht abgeben wollte (etwa weil er sich verwählt hat oder eine unzutreffende Rufnummer gespeichert hatte).

Schließlich lässt sich auch aus der Neuregelung des TKG, wonach es Anrufenden bei Werbung mit einem Telefonanruf untersagt sei, ihre Rufnummer zu unterdrücken, nicht ableiten, dass sich die Übermittlung der Telefonnummer in der Möglichkeit der Identifizierung des Anrufers erschöpfe. Denn abgesehen davon, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Erklärungsinhaltes nicht, wie das Landgericht meint, vom Willen des Gesetzgebers abhängen kann, verfolgt die Neuregelung des TKG auch eine andere Zielrichtung, nämlich - worauf die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht hingewiesen hat - das Verbot missbräuchlicher Benutzung von Telekommunikationsdiensten durch Unterdrückung der Rufnummer des tatsächlichen (Werbe)Anrufers.

b.
Die Angeschuldigten T… und O… sind auch hinreichend verdächtig, über diese Tatsache getäuscht zu haben. Denn durch das Anwählen seiner Rufnummer wird dem Mobilfunkteilnehmer ein nicht vorhandener Kommunikationswunsch, also das über das Herstellen einer Kommunikationsverbindung hinausgehende Interesse an einer Gesprächsführung, vorgespiegelt (vgl. Ellbogen/Erfurth, CR 2008, 635).

Täuschung ist jedes Verhalten, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt. Sie setzt die Einwirkung auf die Vorstellung des Getäuschten voraus, nämlich ein Verhalten des Täters, das objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen.

Der Einsatz einer inhaltlich richtigen Erklärung, die geeignet ist, einen Irrtum hervorzurufen, wird dann zur Täuschung, wenn dieses Verhalten planmäßig erfolgt und damit unter dem Anschein äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt wird. Für die Annahme einer objektiven Täuschung kommt es auf die auf Seiten des Erklärungsadressaten zu erwartende - typisierte - Sorgfaltspflicht an. Eine Täuschung liegt deshalb auch vor, wenn die Adressaten auf Grund der typischerweise durch die Situation bedingten mangelnden Aufmerksamkeit irren und dieses nach dem vom Täter verfolgten Tatplan auch sollen (BGH, Urteile v. 26.04.2001, 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, sowie v. 04.12.2003, 5 StR 308/03, NStZRR 2004, 110). Eben dieses ist vorliegend der Fall. Der Angeschuldigte T… hat dieses sogar ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, indem er gegenüber dem Zeugen A… erklärt hat, es gebe Phasen im Jahr, in denen die Leute bereit seien, auf Botschaften zu reagieren, nämlich (wie vorliegend) zu Weihnachten oder zum Jahreswechsel (Bd. IX Bl. 8).

c.
Durch die Täuschung sollten die jeweiligen Inhaber der Mobilfunkanschlüsse zu einem entsprechenden Irrtum und auf Grund dessen zu einer schädigenden Vermögensverfügung veranlasst werden. Denn der von den Angeschuldigten beabsichtigte Rückruf über die 0137er Nummern hätte (ohne Berücksichtigung der Entgelte des eigenen Mobilfunkbetreibers) jedenfalls Kosten in Höhe von 0,98 € verursacht. Dass diesem Vermögensabfluss durch die dadurch bewirkte automatische Ansage ´Ihr Anruf wurde gezählt´ ein gleichwertiges Äquvalent nicht gegenüberstand, liegt auf der Hand. Da nach der Vorstellung der Angeschuldigten T… und O… ihnen eben der von den Anrufern zu zahlende Betrag abzüglich der Entgelte der jeweiligen Netzbetreiber zufließen sollte, ist der durch sie erstrebte Vorteil auch unmittelbare Folge der Vermögensverfügung und damit insoweit stoffgleich. Dem steht nicht entgegen, dass - auch nach der Vorstellung der Angeschuldigten - möglicherweise einzelne Angerufene die Täuschung durchschauen und - etwa aus Neugier - gleichwohl den kostenpflichtigen sinnlosen Rückruf tätigen würden.

Im Hinblick darauf, dass die Angeschuldigten davon ausgingen, dass jedenfalls der Großteil der angerufenen Teilnehmer im Vertrauen auf ein ernsthaftes Kommunikationsinteresse die angezeigte Rufnummer wählen und die damit für sie verbundenen Kosten veranlassen würden, liegt der durch die Angeschuldigten erstrebte Vermögensvorteil mindestens im fünfstelligen Eurobereich und wird gegebenenfalls durch die Strafkammer zu schätzen sein.

d.
Allerdings lässt sich nach den bisherigen Ermittlungen nicht hinreichend sicher feststellen, wie oft und bei welchen Angerufenen es auf Grund täuschungsbedingter Vermögensverfügungen auch zu einem Schaden der Angerufenen gekommen ist. Denn die Bundesnetzagentur hatte bereits am 28. Dezember 2006 bzw. 2. Januar 2007 eine Abschaltung der Nummern angeordnet (Bd. XXV 82, 88) und am 3. Januar 2007 ein Rechnungslegungs und Inkassierungsverbot an alle potentiellen Netzbetreiber erlassen (Bd. XXVI Bl. 44), auf Grund dessen beispielsweise die Firma A… - als Teilnehmernetzbetreiberin - von einer Rechnungsstellung Abstand nahm (vgl. Bd XV, Bl. 184).

Zwar ist es jedenfalls in ca. 100 der in den Fallakten dokumentierten Fällen zu einer Belastung der Anschlussteilnehmer gekommen (vgl. Bd. XXII Bl. 219). Darüber hinaus kam es auch in weiteren Fällen zu Rückzahlungen durch die Teilnehmernetzbetreiber auf Grund von Kundenbeschwerden, wobei eine konkrete Zuordnung zu bestimmten Kunden nicht mehr erfolgen konnte (vgl. z.B. Mitteilung der Dt. Telekom v. 08.10.2009, Bd. XXVII Bl. 1).

Indes steht - was Voraussetzung für die Annahme eines vollendeten Betruges wäre (vgl. BGH, Urteil v. 15.08.2002, 3 StR 11/02, NJW 2002, 3415) - nicht ausreichend fest, dass es gerade in diesen Fällen tatsächlich zu täuschungsbedingten Rückrufen seitens des Anschlussinhabers oder eines sonstigen Berechtigten gekommen ist. In den - nicht vollends auszuschließenden - Einzelfällen, in denen entgegen der Täuschungsabsicht die Anschlussinhaber die angegebene Rufnummer gewählt haben, obwohl sie erkannten, dass dem ein ernsthaftes Kommunikationsverlangen nicht zu Grunde lag, fehlte es jedenfalls an der Täuschungsbedingheit der Verfügung.

Der Senat schließt aus, dass dahingehende Ermittlungen annähernd 4 Jahre nach den vorgeworfenen Taten noch erfolgversprechend wären, zumal in den Fällen, in denen es zu Rückzahlungen auf Grund von Kundenbeschwerden gekommen ist, nach Ermittlung des betroffenen Anschlusses aller Voraussicht nach nicht einmal feststehen würde, wer den die Gesprächskosten auslösenden Anruf getätigt hat.

e.
Da mithin den Angeschuldigten T… und O… ein vollendeter Betrug nicht zur Last gelegt werden kann, kommt die Anwendung des § 263 Abs. 3 Nr. 2, 1. Alt. StGB nicht in Betracht. Denn die Voraussetzungen des Regelbeispieles des Herbeiführens eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes sind beim Versuch des Betruges nicht erfüllt (BGH, Beschluss v. 24.03.2009, 3 StR 598/08, NStZRR 2009, 206).

Auch hinsichtlich des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit (§ 263 Abs. 3 Nr. 1, 1. Alt. StGB) besteht kein hinreichender Tatverdacht. Die Angeschuldigten sind jeweils eines (versuchten) Betruges verdächtig. Zwar kann auch bereits bei Begehung einer Tat im Rechtssinne gewerbsmäßig gehandelt werden, wenn dabei künftige Einnahmen beabsichtigt werden. Die Annahme von Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass zur Gewinnerzielung mehrere rechtlich selbständige Einzeltaten gleicher Art verwirklicht werden sollen. Im Fall eines sog. unechten Organisationsdeliktes reicht es vielmehr aus, wenn eine Mehrzahl tatsächlich jeweils selbständiger Handlungen begangen wird, auch wenn diese konkurrenzrechtlich als eine Tat anzusehen sind (vgl. BGH, Urteil v. 17.06.2004, 3 StR 344/03, NStZRR 2006, 106). Vorliegend sind die Angeschuldigten jedoch - anders als die durch eine Vielzahl von strafbaren Einzelakten tätig gewordenen Beschuldigten in dem der Senatsentscheidung vom 14. Februar 2006 (1 Ws 33/06, NStZ 2006, 467) zu Grunde liegenden Fall - nur zu Beginn der ´PingAktion´ einmalig tätig geworden. Die Anwahl zahlreicher Mobilfunkteilnehmer erfolgte selbständig auf Grund des in Gang gesetzten Verfahrens. Dass seitens der Angeschuldigten darüber hinaus die Begehung weiterer gleichartiger Taten beabsichtigt wurde, lässt sich nicht hinreichend sicher feststellen.

Da eine fortgesetzte Begehung nicht angenommen werden kann, kommt schließlich auch der Versuch des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2, 2 Alt. StGB nicht in Betracht.

III.

Bezüglich des Angeschuldigten W… hat das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Ein hinreichender Tatverdacht gegen den Angeschuldigten W… besteht nicht. Zwar war der Angeschuldigte nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft an früheren Werbeaktionen beteiligt. Auch war er auf einigen EMails der Angeschuldigten R… als Empfänger aufgeführt (vgl. Bd. VIII, Bl. 98, 100, 104, 108, 110). Diese Umstände vermögen zwar einen Anfangsverdacht zu begründen. Sie sind aber nicht geeignet, eine Verurteilung wegen täterschaftlicher Beteiligung oder einer Beteiligung als sonstiger Teilnehmer hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen. Ein konkreter Tatbeitrag wird dem Angeschuldigten W… anders als den Angeschuldigten T…, O… und R… in der Anklage nicht vorgeworfen. Allein der Umstand, dass er aus vorangegangenen ähnlichen Aktionen über das für die Tatbegehung erforderliche Wissen verfügte und mit den Angeschuldigten bekannt war, begründet eine Tatbeteiligung nicht. Auch die Tatsache, dass er Empfänger der von der Angeschuldigten R… versandten EMails bezüglich ihrer Bemühungen um die Bewerbung der Webseite war, führt nicht zur Annahme eines hinreichenden Tatverdachts. Nach den Ermittlungen ist die Angeschuldigte R… auch nicht durch ihn, sondern durch den Angeschuldigten O… zum Tätigwerden veranlasst worden.

IV.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einer anderen Kammer gemäß § 210 Abs. 3 Satz 1 StPO ist nicht veranlasst. Eine solche Entscheidung soll nur dann erfolgen, wenn zu erwarten ist, dass sich die Kammer die Auffassung des Beschwerdegerichts innerlich nicht voll zu eigen machen kann (vgl. MeyerGoßner, StPO, 53. Aufl., § 210 Rz. 10). Derartige Bedenken hat der Senat indes nicht. Denn die 10. große Strafkammer hat in der ablehnenden Beschwerdeentscheidung vom 22. Oktober 2007 (Bd. XV Bl. 10) betreffend den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 15. Juni 2007 (Bd. X Bl. 28) bei im Hinblick auf die Frage der Täuschungshandlung im Vergleich zum jetzigen Zeitpunkt unveränderten Umständen selbst das Vorliegen eines Tatverdachts bejaht. Der Senat hat deshalb keinen Zweifel daran, dass die Kammer unter Berücksichtigung der dargelegten Erwägungen zu seiner ursprünglichen Auffassung zurückzukehren in der Lage ist.

V.

Bezüglich des Angeschuldigten W… beruht die Kosten und Auslagenentscheidung auf § 473 Abs. 1 und 2 StPO. Im Übrigen ist eine Kosten und Auslagenentscheidung nicht veranlasst.

Unterschriften


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