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Schadensberechnung bei Geschmacksmusterverletzung – Gemeinkostenanteil BGH, Urteil vom 2. November 2000 – Az.: I ZR 246/9

Leitsätzliches

1. Ist gemäß § 14 a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG Schadensersatz durch Herausgabe des Verletzergewinns zu leisten, dürfen Gemeinkosten nur abgezogen werden, wenn und soweit sie ausnahmsweise den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können. 2. Der Verletzer kann bei der Bestimmung der Höhe des Verletzergewinns nicht geltend machen, dieser beruhe auf besonderen eigenen Vertriebsleistungen.

BUNDESGERICHTSHOF

URTEIL 

Aktenzeichen: I ZR 246/9 

Entscheidung vom 2. November 2000

 

Tatbestand:

Die Klägerin und die Beklagte zu 1 sind Unternehmen der Schmuckwarenindustrie. Die Klägerin ist Inhaberin eines Geschmacksmusters für einen Spannring (Platin-fingerring mit Brillanten). In einem zwischen den Parteien geführten Vorprozess ist rechtskräftig festgestellt worden, dass die Beklagte zu 1 und der Beklagte zu 2, ihr Geschäftsführer, verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, dass die Beklagten Nachbildungen des Geschmacksmusters in drei verschiedenen Gestaltungen gewerbsmäßig hergestellt, feilgehalten oder in den Verkehr gebracht haben. Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien über die Höhe des Schadensersatzes.

Mit Schreiben vom 12. September 1989 legten die Beklagten Rechnung über die durch Herstellung und Verkauf der drei Nachbildungen erzielten Erlöse und Gewinne. Nach dieser Aufstellung ergab sich ein Gesamtgewinn von 11.694,35 DM.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zahlung von Schadensersatz in Höhe des von ihr auf der Grundlage der Rechnungslegung angenommenen Verletzergewinns von 120.703,92 DM. Die mit 109.009,57 DM ausgewiesenen, der Höhe nach aber bestrittenen Gemeinkosten der Beklagten zu 1 seien bei der Gewinnermittlung bereits aus Rechtsgründen nicht zu berücksichtigen. Die Produktion und der Vertrieb der Spannringe habe sich zudem nicht auf die Gemeinkosten der Beklagten zu 1 ausgewirkt. Der Schadensersatzanspruch werde hilfsweise in Höhe von 82.157,70 DM als Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr geltend gemacht, die hier unter Berücksichtigung der besonderen Umstände 30 % der von der Beklagten zu 1 erzielten Verkaufserlöse betrage.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Nach ihrer Ansicht übersteigt der Verletzergewinn nicht die in der Rechnungslegung ausgewiesenen 11.694,35 DM, weil die Gemeinkosten in voller Höhe abzusetzen seien. Die angemessene Lizenzgebühr sei mit 30 % des erzielten Gewinns und dementsprechend mit 3.508,30 DM zu veranschlagen.

Das Landgericht hat die Beklagten nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 38.306,43 DM zuzüglich Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die Parteien jeweils Berufung eingelegt. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil haben die Beklagten an die Klägerin 39.880,13 DM gezahlt.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren beantragt, die Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie insgesamt 120.703,92 DM nebst Zinsen zu bezahlen.

Die Beklagten haben beantragt, das angefochtene Urteil unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als mit dieser ein Betrag von mehr als 3.508,30 DM nebst Zinsen gefordert werde. Weiter haben die Beklagten gemäß § 717 Abs. 2 ZPO beantragt, die Klägerin zur Zahlung des Betrages zu verurteilen, um den ihre zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem landgerichtlichen Urteil geleistete Zahlung in Höhe von 39.880,13 DM den tatsächlich geschuldeten Betrag übersteige.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil unter dessen teilweiser Abänderung dahingehend neu gefasst, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin 35.199,82 DM nebst Zinsen zu bezahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen wird. Die weitergehende Berufung der Beklagten und ihren Zahlungsantrag hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag im Umfang ihres Unterliegens weiter. Die Beklagten haben Anschlussrevision eingelegt, mit der sie ihre zuletzt gestellten Berufungsanträge, soweit sie beschwert sind, weiterverfolgen. Die Parteien beantragen jeweils, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagten verpflichtet seien, an die Klägerin den Betrag von 35.199,82 DM als Verletzergewinn zu bezahlen. Durch den Verkauf von Spannringen, die Nachbildungen des geschützten Geschmacksmusters der Klägerin gewesen seien, habe die Beklagte zu 1 einen Gewinn von insgesamt 50.285,46 DM erzielt. Ausgangspunkt für die Berechnung des Gewinns seien die in der Rechnungslegung vom 12. September 1989 mitgeteilten Verkaufserlöse und Kosten. Danach ergaben sich folgende Zahlen:

Ring I a Ring I b                                       Ring I d

Verkaufserlös (ohne Skontoabzug):        12.230,00 DM    57.950,00 DM    203.679,00 DM

Materialkosten:                                      5.208,00 DM      22.896,00 DM    79.768,00 DM

Lohnkosten:                                           1.474,76 DM      7.988,16 DM      29.558,10 DM

Gemeinkosten:                                       4.799,20 DM      23.298,24 DM    80.912,13 DM

Dieses Zahlenwerk sei allerdings bei der Position »Gemeinkosten« zu korrigieren. Die ausgewiesenen Gemeinkosten könnten der Gewinnberechnung nicht zugrunde gelegt werden, weil die Beklagten die entsprechenden Kostenfaktoren nicht substantiiert dargelegt hätten. Bei der Gewinnberechnung seien daher die Gemeinkosten zugrunde zu legen, mit denen Betriebe der Schmuckwarenindustrie in der Größenordnung der Beklagten zu 1 (mit einem Jahresumsatz zwischen 5 und 10 Mio. DM) im Durchschnitt kalkulierten. Dies seien – im Anschluss an das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen – Gemeinkosten in Höhe von 37 % des Verkaufserlöses (Material-Gemeinkosten: 3,5 %; Fertigungs-Gemeinkosten: 22,5 %; Verwaltungs-Gemeinkosten: 3 %; Vertriebs-Gemeinkosten: 8 %)

Im Streitfall sei allerdings davon auszugehen, dass die Gemeinkosten nur 28 % der Verkaufserlöse betragen hätten: Die Fertigungs-Gemeinkosten seien nur mit

17,5 % (statt 22,5 %) der Verkaufserlöse anzusetzen, weil bei der Herstellung der schutzrechtsverletzenden Spannringe keine Entwicklungs- und Entwurfskosten angefallen seien. Weiterhin seien – wegen geringerer Werbekosten der Beklagten zu 1 – nur 4 % Vertriebs-Gemeinkosten (statt 8 %) anzunehmen.

Weitere Abschläge gegenüber den durchschnittlich von vergleichbaren Unternehmen kalkulierten Gemeinkosten seien dagegen bei der Ermittlung der Kosten der Beklagten nicht zu machen. So sei kein Personalkostenanteil von 7,5 % abzuziehen. Die Personal-Gemeinkosten seien – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht bereits in der Aufstellung der Beklagten über die Lohnkosten enthalten, da diese nur die Fertigungslöhne erfasse.

Als Gemeinkosten (in Höhe von 28 % der Verkaufserlöse) seien danach für den Ring I a 3.424,40 DM, für den Ring I b 16.226,00 DM und für den Ring I d 57.030,12 DM in Ansatz zu bringen. Diese seien auch dann als gewinnmindernd zu berücksichtigen, wenn sie – wie die Klägerin behaupte – bei der Beklagten zu 1 auch ohne die Herstellung und den Verkauf der schutzrechtsverletzenden Spannringe entstanden sein sollten.

Den sich danach auf 50.285,46 DM belaufenden Gewinn hätten die Beklagten nur zu 70 % (d. h. in Höhe von 35.199,82 DM) als Verletzergewinn herauszugeben, weil der Gewinn nicht in vollem Umfang darauf beruhe, dass die verkauften Spannringe dem Geschmacksmuster der Klägerin ähnlich seien. Es sei vielmehr anzunehmen, dass der Verkauf der schutzrechtsverletzenden Spannringe auch durch Umstände in der Sphäre der Beklagten gefördert worden sei. Dazu gehöre neben der Ausnutzung der Geschäftsbeziehungen der Beklagten zu 1 und dem Einsatz ihrer Vertriebserfahrung der deutlich niedrigere Preis ihrer Spannringe, der den Verkauf zweifellos gefördert habe.

Bei der Bemessung des Schadens nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ergebe sich kein höherer Schadensersatzanspruch. Es sei nicht anzunehmen, dass redliche Lizenzvertragsparteien für die Nutzung des Geschmacksmusters der Klägerin eine höhere Lizenzgebühr als 70 % des später tatsächlich angefallenen Gewinns vereinbart hätten. Denn dieser liege weit über dem durchschnittlichen Gewinn von 5 %, der nach den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen in den Jahren 1985 bis 1989 in der Schmuckwarenbranche zu erzielen gewesen sei. Bei der Bemessung der angemessenen Lizenzgebühr seien die Fixkosten und die Gemeinkosten zu berücksichtigen, weil sie auch von vernünftigen Lizenzvertragsparteien nicht außer Betracht gelassen worden wären.

II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Revision der Klägerin

a) Durch das im Vorprozess ergangene rechtskräftige Urteil ist festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin für die Verletzung ihres Geschmacksmusterrechts schadensersatzpflichtig sind (§ 14 a Abs. 1 Satz 1 GeschmMG). Dies berechtigt die Klägerin auch, als Schadensersatz die Herausgabe des Gewinns zu verlangen, den die Beklagte zu 1 durch die Nachbildungen und deren Verbreitung erzielt hat (§ 14 a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG).

(1) Die Grundsätze, nach denen der Verletzergewinn zu ermitteln ist, werden durch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung bestimmt, die diese Form des Schadensausgleichs zulässt. Danach kann der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zugestimmt werden, dass zur Ermittlung des Verletzergewinns von den erzielten Erlösen ein Gemeinkostenanteil abzuziehen ist ohne Rücksicht darauf, ob diese Gemeinkosten auch ohne die Herstellung und den Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Spannringe entstanden wären. Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist kein Anspruch auf Ersatz des konkret entstandenen Schadens, sondern zielt in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensnachteils, den der verletzte Rechtsinhaber erlitten hat (vgl. BGH GRUR 1995, 349, 352 = WRP 1995, 393 – Objektive Schadensberechnung). Es liegt in der Natur der Immaterialgüterrechte, dass im Einzelfall kaum feststellbar und beweisbar ist, welcher Gewinn dem Rechtsinhaber dadurch entgangen ist, dass der Verletzer in das ihm zugewiesene Ausschließlichkeitsrecht eingegriffen und damit seine eigenen Möglichkeiten zur Auswertung des Rechts geschmälert hat. Es wäre jedoch unbillig, dem Verletzer einen Gewinn, der auf der unbefugten Nutzung des Ausschließlichkeitsrechts beruht, zu belassen (vgl. BGHZ 119, 20, 30 – Tchibo/Rolex II). Das Gesetz enthält deshalb mit dem Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns aus § 14 a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG eine Regelung, nach der sich der Verletzer letztlich so behandeln lassen muss, als habe er das Geschmacksmusterrecht als Geschäftsführer ohne Auftrag benutzt (vgl. dazu – zum Patentrecht – BGH GRUR 1962, 509, 511 – Dia-Rähmchen II, im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts; Benkard/Rogge, Patentgesetz, 9. Aufl., § 139 Rn. 72). Wegen der besonderen Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Geschmacksmusterrechts als eines Immaterialgüterrechts wird der Verletzte auch schon bei fahrlässigem Handeln des Verletzers so gestellt wie der Geschäftsherr bei der sog. angemaßten Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB (vgl. dazu auch Staudinger/Wittmann, BGB, 13. Bearb., § 687 Rn. 21). Es wird dabei, um dem Ausgleichsgedanken Rechnung zu tragen, fingiert, dass der Rechtsinhaber ohne die Rechtsverletzung durch die Verwertung seines Schutzrechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte (vgl. dazu auch BGHZ 57, 116, 118 f. – Wandsteckdose II; 60, 168, 173 – Modeneuheit; 68, 90, 94 – Kunststoffhohlprofil; BGH GRUR 1995, 349, 351 – Objektive Schadensberechnung). Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient dabei auch der Sanktionierung des schädigenden Verhaltens (vgl. BGHZ 68, 90, 94 – Kunststoffhohlprofil) und auf diese Weise auch der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte (vgl. BGHZ 57, 116, 118 – Wandsteckdose II).

(2) Im Hinblick auf diese Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist der Verletzergewinn von dem Gewinn eines Unternehmens, das auch seine Gemeinkosten erwirtschaften muss, um lebensfähig zu bleiben, zu unterscheiden. Nach Sinn und Zweck des Anspruchs auf Herausgabe des Verletzergewinns ist es grundsätzlich gerechtfertigt, bei der Ermittlung des Verletzergewinns von den erzielten Erlösen nur die variablen (d. h. vom Beschäftigungsgrad abhängigen) Kosten für die Herstellung und den Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände abzuziehen, nicht auch Fixkosten, d. h. solche Kosten, die von der jeweiligen Beschäftigung unabhängig sind (z. B. Mieten, zeitabhängige Abschreibungen für Anlagevermögen; vgl. Lehmann, BB 1988, 1680, 1683 ff.; Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, § 97 Anm. 11 b; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 34 Rn. 33; Körner, in: Festschrift für Steindorff, 1990, S. 877, 886 f.; a. A. OLG Köln GRUR 1983, 752, 753; Schricker/Wild, Urheberrecht, 2. Aufl., § 97 UrhG Rn. 67; Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 14 a Rn. 15). Würde dem Verletzer uneingeschränkt gestattet, von seinen Erlösen einen Gemeinkostenanteil abzusetzen, würde im Allgemeinen der aus der Rechtsverletzung stammende Gewinn nicht vollständig abgeschöpft. Dem Verletzer verbliebe vielmehr ein Deckungsbeitrag zu. seinen Fixkosten (vgl. dazu näher Lehmann, BB 1988, 1680, 1686 f.). Dies stünde in Widerspruch zu Sinn und Zweck des Schadensausgleichs in der Form der Herausgabe des Verletzergewinns und insbesondere zu dem Gedanken, dass der Verletzte durch die Herausgabe des Verletzergewinns so zu stellen ist, als hätte er ohne die Rechtsverletzung den gleichen Gewinn, wie der Rechtsverletzer erzielt. Denn in diesem Fall hätte der Verletzte bei einem Einsatz des eigenen Unternehmens für die Herstellung und den Vertrieb einen Deckungsbeitrag zu seinen eigenen Gemeinkosten erwirtschaften können.

Der pauschale Abzug anteiliger Gemeinkosten kann – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht damit begründet werden, dass auch Gemeinkosten im Zusammenhang mit der Verletzungshandlung stünden, weil die Herstellung und der Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände auch diese anteilig verursacht hätten. Ein solcher Zusammenhang ist regelmäßig nicht gegeben (vgl. Lehmann, BB 1988, 1680, 1684). Gemeinkosten sind zwar Voraussetzung für die Leistungserstellung und damit ggf. für die Herstellung schutzrechtsverletzender Gegenstände. Sie können jedoch einer solchen Produktion im Allgemeinen nicht unmittelbar zugerechnet werden. Bei Fixkosten besteht dementsprechend die Vermutung, dass sie ohnehin angefallen wären (vgl. BGHZ 107, 67, 69). Falls und soweit Fixkosten und variable Gemeinkosten ausnahmsweise den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können, sind diese allerdings bei der Ermittlung des Verletzergewinns von den Erlösen abzuziehen; die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Verletzer (vgl. Lehmann, BB 1988, 1680, 1685).

Der Annahme, dass der Verletzer von seinem Gewinn ohne weiteres anteilige Gemeinkosten absetzen kann, steht zudem der Gedanke entgegen, dass sich der Verletzer im Verhältnis zum Verletzten so behandeln lassen muss, als habe er Herstellung und Vertrieb der schutzrechtsverletzenden Gegenstände als dessen Geschäftsführer in angemaßter Geschäftsführung betrieben. Der Verletzer könnte in einem solchen Fall nach § 687 Abs. 2 Satz 2, § 684 Satz 1 BGB Aufwendungsersatz nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen (vgl. MünchKomm/Seiler, BGB, 3. Aufl., § 687 Rn. 11, m. w. N.). Anteiligen Gemeinkosten, die keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der unbefugten Ausnutzung des Schutzrechts haben (und möglicherweise wirtschaftlich unvernünftig oder maßgeblich durch die Kosten der Herstellung anderer Produkte des Verletzerunternehmens beeinflusst sind), steht nicht eine entsprechende Bereicherung des Verletzten gegenüber. Für den Aufwendungsersatzanspruch des angemaßten Geschäftsführers ist es unerheblich, ob sein Unternehmen lebensfähig wäre, wenn er sich nur mit derartigen unberechtigten Tätigkeiten befassen würde. Dementsprechend ist auch der nach § 14 a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG herauszugebende Verletzergewinn nicht, danach zu bemessen, ob sich ein Unternehmen, das nur schutzrechtsverletzende Gegenstände herstellt, auf dem Markt halten könnte (vgl. auch Lehmann, BB 1988, 1680, 1686 f.). Für den Verletzer ist die Unterhaltung eines Betriebs zwar notwendige Voraussetzung für den Rechtseingriff, diese Leistung kommt aber dem Verletzten nicht zugute, wenn er, wie nach dem Rechtsgedanken des § 14 a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG zu unterstellen ist, selbst einen entsprechenden Betrieb unterhält, der dieselben Produktions- und Vertriebsleistungen wie der Betrieb des Verletzers hätte erbringen können.

Soweit in der Senatsentscheidung »Dia-Rähmchen II« (GRUR 1962, 509, 511) abweichend von den vorstehend dargelegten Grundsätzen bei der Ermittlung des Verletzergewinns die Absetzung von Gemeinkosten von den Erlösen uneingeschränkt zugelassen wurde, wir daran jedenfalls für den Anwendungsbereich des § 14 a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG nicht festgehalten.

(3) Im erneuten Berufungsverfahren wird danach zu prüfen sein, inwieweit angefallene Gemeinkosten unmittelbar der Herstellung der schutzrechtsverletzenden Schmuckstücke zugerechnet werden können. Die Darlegungs- und Beweislast dafür liegt bei den Beklagten.

(4) Die Revision der Klägerin rügt zudem mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den von ihm angenommenen Gewinn der Beklagten zu 1 der Klägerin nur zu 70 % als Verletzergewinn zugesprochen hat, weil der Gewinn der Beklagten zu 1 in Höhe von 30 % auf deren eigene Leistungen (die Ausnutzung ihrer Geschäftsbeziehungen, den Einsatz ihrer Vertriebskenntnisse und die Vertriebsförderung durch Unterbietung der Verkaufspreise der Klägerin um etwa 30 %) zurückzuführen sei. Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurteilung übersehen, dass der Verletzergewinn nach der gesetzlichen Regelung in voller Höhe herauszugeben ist, ohne dass der Verletzer geltend machen könnte, der Verletzte hätte den Gewinn, der durch die unbefugte Benutzung seines Schutzrechts erzielt worden ist, selbst nicht erreichen können (vgl. dazu auch BGHZ 38, 200, 205 – Kindernähmaschinen; 60, 168, 173 – Modeneuheit; Eichmann/v. Falckenstein, aaO., § 14 a Rn. 15; Nirk/Kurtze, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., §§ 14, 14 a Rn. 67; Heermann, GRUR 1999, 625, 627). Die Zuerkennung eines Anspruchs auf Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns beruht – wie dargelegt – gerade auf dem Gedanken, dass der Verletzer so behandelt werden soll, als habe er bei der Nutzung des Schutzrechts als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt. Dem steht nicht entgegen, dass der Verletzergewinn nach § 14a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG (»durch die Nachbildung oder deren Verbreitung«) nur insoweit herauszugeben ist, als er auf der Rechtsverletzung beruht (vgl. dazu weiter BGHZ 119, 20, 30 f. – Tchibo/Rolex II; BGH GRUR 1974, 53, 54 = WRP 1973, 520 – Nebelscheinwerfer; Eichmann/v. Falckenstein, aaO., § 14 a Rn. 15; Nirk/Kurtze, aaO., §§ 14, 14 a Rn. 70). Durch diese gesetzliche Regelung soll nicht den Vertriebsleistungen des Verletzers Rechnung getragen werden, sondern ggf. der Umstand Berücksichtigung finden, dass das unter Verletzung des Schutzrechts hergestellte Erzeugnis keine identische Nachbildung des geschützten Gegenstands darstellt oder sonst besondere Eigenschaften aufweist, die für den erzielten Erlös von Bedeutung sind.

b) Unter den gegebenen Umständen kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob das Berufungsgericht die Höhe des Schadensersatzes unter dem Gesichtspunkt der Lizenzanalogie zutreffend bemessen hat. Es ist insoweit lediglich darauf hinzuweisen, dass entgegen der Ansicht der Revision bei der Schätzung der Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr nicht außer Betracht bleiben könnte, dass vernünftige Lizenzvertragspartner die Fixkosten berücksichtigen würden, weil jeder Betrieb langfristig nur lebensfähig ist, wenn er auch diese Kosten decken kann.

2. Anschlussrevision der Beklagten

a) Mit ihrer Anschlussrevision rügen die Beklagten vor allem, dass das Berufungsgericht bei dem Abzug eines Gemeinkostenanteils vom Verletzergewinn nicht bedacht habe, dass die Beklagte zu 1 beim Verkauf der schutzrechtsverletzenden Spannringe die Preise der Klägerin um 30 % unterboten habe. Dementsprechend hätten die Gemeinkosten bei der Beklagten zu 1 einen verhältnismäßig höheren Anteil ausgemacht als sonst durchschnittlich bei Unternehmen gleicher Größenordnung in derselben Branche. Mit dieser Rüge kann die Anschlussrevision schon deshalb nicht durchdringen, weil – wie vorstehend dargelegt – bei der Ermittlung des Verletzergewinns von den Erlösen der Beklagten zu 1 grundsätzlich kein Gemeinkostenanteil abzuziehen ist.

b) Die Anschlussrevision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht den Verletzergewinn festgestellt hat, ohne in die Berechnung einzubeziehen, dass die Erlöse der Beklagten zu 1 durch Skontoabzüge von den Verkaufspreisen geschmälert worden sind.

Unterschriften