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"Réserve" ist kein Deutscher Wein - OVG Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 21. September 2004, AZ: 7 A 10692/04.OVG

Leitsätzliches

Deutsche Weine dürfen nicht die Bezeichnung "Réserve" und "Grande Réserve" tragen, da dies traditionelle Begriffe sind, die ausschliesslich Weinen aus Spanien, Griechenland, Italien und Portugal vorbehalten bleiben. Auch nachahmende Begriffe, wie "Reserve" oder " Privat-Reserve" verstoßen gegen das europäische Bezeichnungsrecht.

 

OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 7 A 10692/04.OVG

Entscheidung vom 21. September 2004


In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Etikettierung von Wein

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2004, für Recht erkannt:

 

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 29. Januar 2004 - 2 K 1628/03.NW - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Inhaber des Weinguts S..., das seinen Sitz in der Gemeinde M... hat und mit der Firmenbezeichnung „Consulat des Weins“ im Handelsregister eingetragen ist.
Bei einer am 20. November 2002 erfolgten Überprüfung beanstandete der zuständige Weinkontrolleur die vom Kläger beabsichtigten Etikettierungen der von ihm vermarkteten 8 Weine. Auf den für die Weine der gehobenen Preisklasse vorgesehenen Hauptetiketten soll u.a. in der oberen Hälfte in großformatigen Buchstaben die Firmenbezeichnung „Consulat des Weins“ und darunter in etwas kleinerem Format die Angabe „Grande Réserve“ zu sehen sein. Die Hauptetikette der Weine der mittleren Preisklasse sollen die Bezeichnung „Réserve“ und diejenigen der niedrigeren Preisklasse die Angabe „ Terroir“ oder „Terroir Palatinat“ aufweisen. Auf den Rücketiketten aller Weine will der Kläger über der Bezeichnung „D... L..., E..., V...straße“ u.a. die Qualitätsstufe der Weine („Qualitätswein“), das Anbaugebiet („Pfalz“), die jeweilige amtliche Prüfnummer und neben dem Wort „Abfüller“ die seinem Weingut zugeteilte Abfüller-Nummer angeben.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2002 untersagte der Beklagte dem Kläger, Weine mit der Angabe
1. „Domaine Ludwigshöhe“
2. „Terroir Palatinat“
3. „Consulat des Weins-Réserve“ bzw. „Réserve“ und
4. „Consulat des Weins-Grande Réserve“ bzw. „Grande Réserve“
zu bezeichnen und in den Verkehr zu bringen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, dass die Verwendung der beanstandeten Angaben unzulässig, weil irreführend sei.

Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt und sich im Widerspruchsverfahren u.a. bereit erklärt, gegebenenfalls auf die Verwendung der französischen Begriffe „Réserve“ und „Grande Réserve“ zugunsten der deutschsprachigen Bezeichnungen „Reserve“ und „Privat-Reserve“ zu verzichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2003 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zugleich teilte er dem Kläger mit Schreiben vom 21. Mai 2003 mit, dass für die Angabe „Privat-Reserve“ das im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid zum Begriff „Grande Réserve“ Ausgeführte entsprechend gelte.
Der Kläger hat die am 26. Juni 2003 erhobene Klage, die er in der mündlichen Verhandlung insoweit zurückgenommen hat, als sie Ziffer 2 der Verfügung (Zulässigkeit des Begriffs „Terroir Palatinat“) betraf, im Wesentlichen wie folgt begründet: Zunächst sei zu berücksichtigen, dass ab 1. August 2003 aufgrund der neuen Verordnung Nr. 753/2002 das „Verbotsprinzip“ durch das „Missbrauchsprinzip“ abgelöst worden sei. Aber auch das bisherige Recht habe neben den ausdrücklich normierten Begriffen die Verwendung von „Marken“ erlaubt, soweit diese nicht den Verbraucher täuschen könnten. Dies sei bei den Bezeichnungen „Consulat des Weins-Réserve“und „Consulat des Weins-Grande Réserve“, die beim EU-Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt, Alicante, als Marken eingetragen seien, nicht der Fall.
Der Begriff „Réserve“ werde in Spanien und Frankreich allgemein benutzt, um innerhalb der Produktionsreihe eines Betriebes die „bessere Qualität“ anzubieten. Darüber hinaus würden in Deutschland Weine u. a. aus Italien und Österreich mit dieser Bezeichnung in den Verkehr gebracht. Aus den zahlreichen Beispielen für die Verwendung der inkriminierten Worte durch andere Anbieter ergebe sich eine entsprechende Verkehrsauffassung. Eine Weinetikettierung, welche sich an allgemein üblichen Begriffen orientiere, könne aber den Verbraucher nicht irreführen oder über die Herkunft bzw. Beschaffenheit eines Weines täuschen. Gerade die Herkunft werde durch die stilisierte Darstellung des betriebsnahen Kavaliersbaus der Schlossanlage auf dem Etikett, die über die Pflichtangaben hinausgehe, verdeutlicht.

Der Kläger hat beantragt,
Ziffern 1, 3 und 4 des Bescheides vom 19. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2003 aufzuheben und festzustellen, dass eine Verwendung der Bezeichnungen „Reserve“ und „Privat-Reserve“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Consulat des Weins“ und in Alleinstellung zulässig ist.

Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide verwiesen und ergänzend im Wesentlichen vorgetragen, dass die Ablösung des Verbotsprinzips durch das Missbrauchsprinzip ab dem 1. August 2003 unerheblich sei, weil maßgeblich die Norm sei, die im Mai 2003, dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides als der letzter Behördenentscheidung, gegolten habe. Dies sei die Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 gewesen. Im Übrigen verstießen die untersagten Bezeichnungen allesamt gegen das Irreführungsverbot, das unabhängig von der Einführung des Missbrauchsprinzips weiter gelte.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. Januar 2004 abgewiesen. Soweit das Verbot der Verwendung der Begriffe „Consulat des Weins-Réserve“ bzw. „Réserve“ und „Consulat des Weins Grande Réserve“ bzw. „Grande Réserve“ Gegenstand der Klage gewesen ist, hat es im Wesentlichen ausgeführt: Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung sei die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich, weil es sich bei der vom Beklagten ausgesprochenen Untersagung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Ermächtigungsgrundlage sei § 9 Abs. 1 Satz 1 POG.
Der Beklagte habe dem Kläger danach zu Recht untersagt, die Etiketten für die von ihm erzeugten Weine mit den o.g. französischsprachigen Begriffen in Alleinstellung oder in Verbindung mit der Firmenangabe „Consulat des Weins“ zu versehen. Zwar sei es nach den seit dem 1. August 2003 anwendbaren neuen weinbezeichnungsrechtlichen Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft nicht schlechthin unzulässig, die gesetzlichen Qualitätsangaben durch „hauseigene“ Qualitätseinstufungen zu ergänzen. Jedoch handele es sich bei den hier in Rede stehenden Angaben um sog. „ergänzende traditioneller Begriffe“ nach Maßgabe der Vorschriften des jeweiligen Erzeugermitgliedsstaates der Gemeinschaft. Solche Begriffe seien durch Art. 24 Abs. 2 lit. a) und c) VO (EG) Nr. 753/2002 ausdrücklich gegen widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung und alle sonstigen Praktiken geschützt, die geeignet seien, die Öffentlichkeit irrezuführen. Soweit Art. 24 Abs. 4 UA 2 VO (EG) Nr. 753/2002 bestimme, dass der Schutz eines traditionellen Begriffs nur für die Sprache gelte, in der er in der Verordnung aufgeführt sei, bedeute dies lediglich, dass der Schutzwirkung der Verordnung nur traditionelle Begriffe unterfielen, die in der vorgesehenen Sprache gebraucht würden. Weiterhin müssten die Angaben dem Gebot der Verständlichkeit genügen und unterlägen dem allgemeinen Irreführungsverbot des § 25 WeinG i.V.m. Art. 48 VO (EG) Nr. 1493/1999 und Art. 6 VO (EG) Nr. 753/2002.
Zwar könne zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass die französischen Worte „Réserve“ und „Grande Réserve“ in Deutschland hinreichend verständlich seien. Jedoch ähnelten sie den spanischen, italienischen und portugiesischen Worten „Reserva“, „Riserva“, „Gran Reserva“ und „Grande Reserva“ so sehr, dass von einem Verstoß gegen das Nachahmungsverbot des Art. 24 Abs. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 753/2002 gesprochen werden müsse. Außerdem werde gegen das Irreführungsverbot im oben genannten Sinne verstoßen. Angesichts der Kenntnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers von den für Weine aus Spanien, Italien und Portugal verwandten oben genannten Begriffe würden mit den vom Kläger benutzten Angaben objektivierbare Qualitätsvorstellungen verbunden. Da der Kläger seine Qualitätseinstufungen aber unabhängig von Dritten nach seiner eigenen Einschätzung vorgenommen habe, bestehe die Gefahr einer Enttäuschung berechtigter Verbrauchererwartungen. Unerheblich sei, dass die Bezeichnung „Consulat des Weins-Réserve“ und „Consulat des Weins-Grande Réserve“ beim EU-Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt, Alicante, zur Ein¬tragung als Bildmarke angemeldet sei.

Aus den vorgenannten Gründen müsse auch die Feststellungsklage, mit der der Kläger die Zulässigkeit der deutschsprachigen Bezeichnung „Reserve“ und „Privat-Reserve“ in Alleinstellung oder in Verbindung mit der Firmenbezeichnung „Consulat des Weins“ geklärt wissen wolle, ohne Erfolg bleiben. Zwar werde durch den Wortbestandteil „Privat“ am ehesten der Eindruck vermittelt, dass die Erzeugnisse des Weinguts nach „hauseigenen“ Kriterien einer Güteklassifizierung unterworfen worden seien. Allerdings ändere dies nichts daran, dass insbesondere wegen der blickfangartigen Hervorhebung der Qualitätsbezeichnung auf dem Hauptetikett ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot vorliege.

Der Kläger hat die von Verwaltungsgericht zugelassene Berufung auf die Anfechtung der Ziffern 3 und 4 der angefochtenen Verfügung und die Feststellung beschränkt, dass die Verwendung der Bezeichnung „Reserve“ und „Privat-Reserve“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Consulat des Weins“ und in Alleinstellung zulässig ist und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass insoweit weder ein Verstoß gegen das Nachahmungs- noch gegen das Irreführungsverbot vorliege.
Die Gefahr einer Irreführung des Verbrauchers oder der Öffentlichkeit durch die Verwendung der Begriffe „Consulat des Weins-Réserve“ und „Consulat des Weins-Grande Réserve“ bestehe bereits deshalb nicht, da die Unterschiede in der Schreibweise der Worte in den einzelnen Sprachen zwar gering, aber dennoch für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher deutlich seien. Da es sich um traditionelle Begriffe handele, die eng mit dem Erzeugerort und mit der Sprache verknüpft seien, bestehe auch nicht die Gefahr, dass der Anschein hervorgerufen werde, der geschützte traditionelle Begriff gelte für die Weine des Klägers. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass der Verbraucher konkrete Vorstellungen von den Voraussetzungen für die Verwendung der spanischen, portugiesischen und italienischen Begriffe habe. Deshalb könnten diese auch nicht auf seine Weine übertragen werden. Vielmehr entspreche es der Verbrauchersicht, dass mit den in Rede stehenden Begriffen Weine gehobener Qualität, zu denen seine gehörten, bezeichnet würden.

Nach allgemeiner Auffassung seien die Begriffe „Réserve“ und „Grande Réserve“ nicht geschützt. Insoweit werde auf die weit reichende Verwendung gleicher oder ähnlicher Bezeichnungen auf dem Weinmarkt verwiesen. Sie beruhe darauf, dass keine rechtlichen Einschränkungen nach nationalem Recht oder Gemeinschaftsrecht vorhanden seien. Deshalb greife der Gesichtspunkt, dass kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht bestehe, nicht durch. Es liege auch keine Irreführung dahingehend vor, dass sich die amtliche Qualitätsprüfung auf die Begriffe „Réserve“ und „Grande Réserve“ erstrecke. Zum einen seien diese Angaben nicht blickfangartig auf den Etiketten angebracht. Zum anderen würden die Begriffe „Qualitätswein“ und „Pfalz“ auf den Rücketiketten gerade ins Auge fallen.
Zwar sei es richtig, dass sich das Irreführungsverbot auch auf eingetragene Marken erstrecke. Deshalb werde aber vor der Eintragung geprüft, ob die Marke geeignet sei, das Publikum zu täuschen. Wenn dies von dem in Spanien ansässigen EU-Markenamt nicht angenommen werde, sei nicht einsichtig, warum in Rheinland-Pfalz etwas anderes gelten solle. Alles in allem könne der Verbraucher feststellen, dass es sich nicht um einen spanischen, portugiesischen oder italienischen Wein mit ergänzendem traditionellem Zusatz, sondern um einen deutschen Wein handele, der sich im globalisierten Markt lediglich einen etwas gehobenen und internationaleren Anstrich gebe.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils Ziffern 3 und 4 der angefochtenen Verfügungen aufzuheben und festzustellen, dass die Verwendung der Bezeichnung „Reserve“ und „Privat-Reserve“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Consulat des Weins“ und in Alleinstellung zulässig ist.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass die im Streit befindlichen Begriffe gegen das Nachahmungsverbot des Art. 24 Abs. 2 lit. a) der VO (EG) Nr. 753/2002 verstießen. Vom Schutzbereich dieser Norm seien auch ähnlich geschriebene Worte und Begriffe oder abgewandelte Formen der als traditionell geschützten Begriffe erfasst. Weiterhin liege ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 25 Abs. 2 Nr. 2 WeinG vor.
Auch die Verwendung des Begriffs „Privat-Reserve“ verstoße gegen das Nachahmungsverbot, da sich dieses auch auf Zusätze zu Abwandlungen der geschützten traditionellen Begriffe erstrecke. Außerdem werde mit der vorgenommenen hauseigenen Güteklassifizierung die Grenze der freien Wahl ergänzender Angaben überschritten. Insofern sei zu beachten, dass „andere Angaben“ (Art. 47 Abs. 2 lit. c) VO (EG) Nr. 1493/1999) dann unzulässig seien, wenn sie den Bereich der bereits erschöpfend festgelegten Angaben beträfen, da die Verwendung fakultativer Angaben nicht zu einer Erosion der normierten Angaben führen dürfe. Dies sei indessen vorliegend der Fall. Jede Variante der vom Kläger vorgesehenen Begriffe ersetze, verdränge bzw. ergänze mittels der subjektiven Qualitätseinstufung unzulässig das gesetzlich geregelte Qualitätsgruppensystem. Abschließend werde erneut darauf hingewiesen, dass es auf die Bezeichnungen von Weinen aus anderen Staaten nicht ankomme, da dort unter bestimmten Voraussetzungen die Verwendung traditioneller Begriffe zulässig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Ziffern 3 und 4 der Verfügung vom 19. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2003 ebenso zu Recht abgewiesen, wie die auf Feststellung, dass die Verwendung der Bezeichnungen „Reserve“ und „Privat-Reserve“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Consulat des Weins“ und in Alleinstellung zulässig ist.
Die angefochtene Verfügung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ist gemäß § 1 a Abs. 1 Nr. 2 des Landesgesetzes zur Ausführung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes und zur Weinüberwachung – AGLMBG vom 3. Dezember 1992 (GVBl S. 436) für den Erlass der in Rede stehenden Verfügung zuständig. Dies ergibt sich aus der einschränkungslosen Erwähnung des Weingesetzes, woraus folgt, dass die ADD abgesehen von den in § 1 a Abs. 1 Nr. 1 AGLMBG genannten Befugnissen umfassend für die Weinüberwachung zuständig sein soll (vgl. im Übrigen Urteil des erkennenden Senats vom 4. November 2003 – 7 A 10959/03.OVG -). Weiterhin ist die angefochtene Verfügung materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes – POG – i.d.F. vom 10. November 1993 (GVBl S. 595). Dies beruht darauf, dass das Lebensmittelbedarfsgegenständegesetz und das insoweit erlassene landesrechtliche Ausführungsgesetz nicht für Wein gelten, sodass § 2 Abs. 1 und Abs. 5 AGLMBG i.V.m. § 9 POG keine ausreichende Ermächtigungs¬grundlage für die von dem Beklagten erlassene Untersagungsverfügung darstellt. Vielmehr ist insoweit unmittelbar auf § 9 Abs. 1 Satz 1 POG zurückzugreifen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 4. November 2003 – 7 A 10959/03.OVG -).
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 POG kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Zur öffentlichen Sicherheit gehört das positive Recht, d.h. die objektive Rechtsordnung, soweit sie dem öffentlichen Recht angehört (Roos, POG Rheinland-Pfalz, 2. aktualisierte Auflage Rdnrn. 13, 14 und 17 zu § 1). Diese Voraussetzungen erfüllen die weinrechtlichen Bestimmungen über die Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Weinen. Sie dienen u.a. dem Verbraucherschutz, sodass ihre Einhaltung im Rahmen des der zuständigen Behörde eingeräumten Ermessen durch Maßnahmen der Weinüberwachung sichergestellt werden kann. Hiervon ausgehend stellt die von dem Beklagten beanstandete Verwendung der Begriffe „Réserve“ und „Grande Réserve“ zusammen mit der Firmenbezeichnung „Consulat des Weins“ oder in Alleinstellung bei der Etikettierung deutscher Qualitätsweine eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im o.g. dar, weil sie gegen das Aneignungs-, Nachahmungs- und Anspielungsverbot des Art. 24 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 vom 29. April 2002 (ABl. Nr. L 118 S.1) verstößt. Auf diese zurzeit gültige Verordnung ist bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der im Streit befindlichen Untersagungsverfügung abzustellen, da es sich hierbei um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, bei dessen Überprüfung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Ent¬scheidung maßgeblich ist. Gemäß Art. 24 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 sind die in Anhang III aufgeführten traditionellen Begriffe, zu denen gemäß Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 u.a. auch die ergänzenden traditionellen Begriffe i.S. des Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 gehören, den Weinen vorbehalten, mit denen sie verbunden sind, und sie sind geschützt gegen widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn die geschützte Bezeichnung zusammen mit den Ausdrücken wie „Art“, „Typ“, „Verfahren“, „Fasson“, „Nachahmung“ oder dergleichen verwendet wird. Der Schutz des Art. 24 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 geht über das allgemeine Verbot der Irreführung durch Bezeichnung und Aufmachungen ge¬mäß § 25 Abs. 2 und 3 WeinG i.V.m. Art. 48 1. Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 hinaus. Dies bedeutet, dass eine Aneignung bzw. Nachahmung eines geschützten Begriffs oder die Anspielung auf einen solchen Begriff nicht erst dann vorliegt, wenn sie eine Irreführung zur Folge hat (vgl. Zipfel/Radtke, Lebensmittelrecht Bd. IV, C 400 Rdnr. 33 zu § 26).

Zu den im o. g. Sinne geschützten Bezeichnungen gehören nach Anlage III. für spanische Qualitätsweine b.A. u.a. die Begriffe „Gran Reserva“ und „Reserva“, für griechische Qualitätsweine b.A. u.a die Begriffe „Grande Réserve“ und „Réserve“, für italienische Qualitätsweine b.A. u.a. der Begriff „Riserva“ und für portugiesische Qualitätsweine b.A. u.a. der Begriff „Reserva“. Hieraus folgt, dass diese Begriffe aufgrund des Art. 24 Abs. 4 UA 2 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 dem Schutz des Art. 24 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 unterliegt, wenn sie in der Sprache verwandt werden, in der sie in der Anlage III aufgeführt sind. Dem Fehlen einer Bezugnahme auf Übersetzungen in Art. 24 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 kommt keine Bedeutung in dem Sinn zu, dass die Verwendung von Übersetzungen traditioneller Begriffe vom Schutz des Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 ausgenommen wäre (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O. Rdnr. 45 zu § 26). In der von dem Kläger beabsichtigte Verwendung der Begriffe „Réserve“ und „Grande Réserve“ auf Etiketten für die von ihm erzeugten Weine ist eine gemäß Art. 24 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 unzulässige Nachahmung der oben im Einzelnen aufgeführten ergänzenden traditionellen Begriffe aus der Anlage III für Weine aus Spanien, Griechenland, Italien und Portugal zu sehen. Nachgeahmt ist ein traditioneller Begriff, wenn er nicht identisch, sondern nur ähnlich verwendet wird (vgl. Zipfel/Radtke, a.a.O., Rdnr. 42 zu § 26). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da die in Rede stehenden Begriffe sowohl in der Schreibweise als auch in ihrem sprachlichen Klang nur geringfügige Unterschiede zu den geschützten Begriffen aufweisen. Dies gilt uneingeschränkt für die Verwendung der Begriffe in Alleinstellung. Ob man dies auch für ihre Verwendung im Zusammenhang mit der Firmenbezeichnung „Consulat des Weins“ annehmen muss, kann offen bleiben. Selbst wenn dies nicht so wäre, so liegt jedenfalls eine Anspielung auf die hier maßgeblichen geschützten traditionellen Begriffe vor. Sie ist gegeben, wenn auf einen geschützten Begriff in erkennbarer Weise Bezug genommen wird (vgl. Zipfel/Radtke, a.a.O. Rdnr. 43 zu § 26). Diese Voraussetzungen sind bei den Wortkombinationen bestehend aus „Consulat des Weins“ einerseits und „Réserve“ oder „Grande Réserve“ andererseits erfüllt, da hierdurch - wie vom Kläger beabsichtigt - Assoziationen zu den geschützten Begriffen hergestellt werden sollen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der festgestellte Verstoß gegen Art. 24 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 nicht deshalb zu verneinen, weil die Bezeichndung „Consulat des Weins“ i.V.m. den Begriffen „Réserve“ oder „Grande Réserve“ bei dem EU-Markenamt in Alicante am 22. März 2004 bzw. 12. Mai 2004 als Wort-Bild-Marke eingetragen wurde. Gemäß Art. 24 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 753/2003 dürfen Marken, die die in Anhang III aufgeführten traditionellen Begriffe enthalten, zur Bezeichnung eines Weins in der Etikettierung nur verwendet werden, wenn dieser Wein diesen traditionellen Begriff führen darf. Dies ist bei den Weinen des Klägers nicht der Fall. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 3 UA 2 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002, unter denen von UA 1 abgewichen werden kann, nicht vor. Insbesondere sind die in Rede stehenden Marken nicht vor der Veröffentlichung der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 von dem Kläger in gutem Glauben in der Gemeinschaft eingetragen worden.
Daraus, dass französische Weine mit den hier in Rede stehenden Begriffen in französischer Sprache in Frankreich, aber auch im EU-Ausland, z.B. in Deutschland, in Verkehr gebracht werden, kann der Kläger keine Rechte herleiten. Entweder ist die Verwendung der Begriffe nach nationalem französischem Recht zulässig oder es bedarf – falls dies nicht der Fall ist – eines Einschreitens der französischen Behörden bzw. nach Einfuhr einer Ahndung gemäß Art. 49 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 durch die zuständige deutsche Behörde. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des österreichischen Weins, der nach dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Etikett unter der Bezeichnung „Réserve“ im deutschen Handel aufgetaucht ist, und für andere Weine aus EU-Staaten mit vergleichbaren Bezeichnungen. Unter diesen Voraussetzungen stellt die in Rede stehende Untersagungsverfügung keine Inländerdiskriminierung dar.
Sollten vergleichbare Begriffe auf den Etiketten von aus Drittländern nach Deutschland eingeführten Weinen rechtswidrig verwendet werden, kann auch dies dem Begehren des Klägers nicht zum Erfolg verhelfen. Vielmehr bedürfte es auch in diesen Fällen eines Einschreitens der zuständigen Behörden.

Da die angefochtene Verfügung bereits unabhängig vom Vorliegen einer Irreführung wegen eines Verstoßes gegen Art. 24 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 rechtmäßig ist, kann der Senat die Frage offen lassen, ob in der beabsichtigte Verwendung der Begriffe „Réserve“ und „Grande-Réserve“ ein Verstoß gegen das allgemeine Irreführungsverbot des § 25 Abs. 2 und 3 WeinG i.V.m. Art. 48 1. Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 zu sehen ist. Deshalb kommt es auf das diesbezügliche umfangreiche Vorbringen der Beteiligten insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2004 nicht an.
Schließlich kann auch der auf die Feststellung gerichtete Antrag des Klägers, dass die Verwendung der Bezeichnung „Reserve“ und „Privat-Reserve“ i.V.m. der Bezeichnung „Consulat des Weins“ und in Alleinstellung zulässig ist, keinen Erfolg haben. Dies ergibt sich angesichts der Ausführungen des Senats zur Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung vom 19. Dezember 2002 daraus, dass auch die vom Kläger für die Etikettierung ins Auge gefassten deutschen Begriffe zumindest eine unzulässige Anspielung auf die durch Art. 24 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 geschützten o.g. Begriffe darstellen. Der Kläger beabsichtigt ihre Verwendung, um die mit den geschützten Begriffen verbundenen Qualitätserwartungen auch auf seine Weine zu übertragen. Dies beinhaltet die für eine Anspielung erforderliche und vom Kläger beabsichtigte Assoziation zu den geschützten traditionellen Begriffen.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben, ohne dass Anlass bestand, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG-Vertrages einzuholen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

...


Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 8.000,-- € festgesetzt (§§ 13 Abs. 1, 14 GKG a.F.).

 

Michael Terhaag | Christian Schwarz

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