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Die Verwendung der Bezeichnung "Jette" als Adword für Schmuck, Uhren und Accesoires gilt als Markenrechtsverletzung, LG Braunschweig, Beschluss vom 27.7.06, Az.: 9 O 1778/06 (256)

Leitsätzliches

Die Verwendung der Bezeichnung "Jette" als Adword stellt eine kennzeichenrechtliche Benutzungshandlung dar, die wegen der Verletzung der Ausschließlichkeitsrechte der Markeninhaberin zu einem Unterlassungsanspruch führt. Diese als typische Markenbezeichnung für Schmuck, Uhren oder dazugehörige Accessoires ist nahe liegend nur dazu geeignet, eine darunter angebotene Leistung von dem Angebot eines anderen Unternehmers zu unterscheiden und muss daher vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werden.

LANDESERICHT BRAUNSCHWEIG

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 9 O 1778/06 (256)

Entscheidung vom 27.Juni 2006

 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

 

erlässt die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig - wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorherige mündliche Verhandlung und durch den Kammervorsitzenden allein - folgende einstweilige Verfügung:

 

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Wettbewerbszwecken die Bezeichnung

„J…“

als adword in Google-adword-Anzeigen für Schmuck, Uhren oder dazugehörige Accessoires in der Weise zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, dass bei Eingabe der Bezeichnung „Jette“ in die Internetsuchmaschine das Internetangebot der Antragsgegnerin, insbesondere ihr Onlineshop www.a….de angezeigt wird, ohne dass ein dort zulässigerweise mit der Bezeichnung der Antragstellerin versehene Produkte angeboten werden.

2. Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 Euro angedroht, an die Stelle des Ordnungsgeldes tritt bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft. Ordnungshaft ist zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe:

Mit der Antragsschrift, auf die verwiesen wird, hat die Antragstellerin Tatsachen glaubhaft gemacht, die sowohl den Verfügungsanspruch als auch den Verfügungsgrund bejahen lassen.

Der begehrte Unterlassungsanspruch rechtfertigt sich aus § 14 MarkenG.

Die Antragsgegnerin hat das geschützte Zeichen der Antragstellerin als sog. „adword“ (advertising word = Werbewort) verwendet. Der Suchmaschinenbetreiber ermöglicht dem Werbenden, selbst gewählte Keywords mit einer auf der Plattform der Suchmaschine erscheinenden kostenpflichtigen Werbeanzeige zu verknüpfen (sponsored search). Dadurch wird dem Nutzer nach Eingabe des entsprechenden Keywords als Suchbegriff automatisch die Werbeanzeige (in der Regel neben der Trefferliste als Anzeige kenntlich gemacht) präsentiert, die Werbung wird ihm somit kontext-sensitiv angezeigt (vgl. Schaefer, MMR, 2005, 807).

Nach Auffassung der Kammer (vgl. LG Braunschweig - 9 O 2852/05) sind die adwords wie Metatags zu behandeln. Metatags stehen im Header eines HTML Dokuments und werden vom Browser nicht angezeigt. Je nach dem definierten Umfang der Metatags finden sich darin Angaben über die verwendete Sprache, die Keywords, eine kurze Beschreibung der Webseite usw. Entscheidend ist, dass adwords und Metatags jeweils für den Internetnutzer nicht unmittelbar sichtbar sind, ihre Verwendung innerhalb der Suchmaschinen aber zu Treffern bzw. Anzeigen führt.

Die Kammer folgt für Metatags bzw. adwords der Auffassung des OLG Hamburg (MMR 2005, 186) nach der von einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalls auszugehen ist, die dabei anzusetzen hat, welche Vorstellungen der Verbraucher bei Eingabe/Aufruf des konkreten Zeichens und der ihm sodann gezeigten Trefferliste hat (ausführliche Nachweise zum Streitstand bei OLG Hamburg, a.a.O.).

Bei dem Zeichen „J…“ handelt es sich um eine typische Markenbezeichnung, die keinen beschreibenden Inhalt erkennen lässt. Die Bezeichnung ist nahe liegend nur dazu geeignet, eine darunter angebotene Leistung von dem Angebot eines anderen Unternehmers zu unterscheiden und muss daher vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werden.

Die Verwendung des klägerischen Zeichens als adword stellt deshalb eine kennzeichenrechtliche Benutzungshandlung dar, welche die Antragstellerinn in ihren Ausschließlichkeitsrechten verletzt.

Indem der Internetnutzer von einer Suchmaschine nach Eingabe des Wortes „J...“ auf die Internetseiten der Antragsgegnerin hingewiesen wird, erfolgt eine gedankliche Verknüpfung, die den Eindruck entstehen lässt, dass dort Waren der Antragstellerin angeboten würden. Die Antragsgegnerin macht sich auf diese Weise die von der Antragstellerin aufgebaute Kraft der Marke zu Nutze und benutzen gerade die für Marken spezifische „Lotsenfunktion“ die darin besteht, in einem großen Angebot gezielt zu den eigenen Waren/Dienstleistungen hinzulenken. Im Ergebnis handelt es sich nur um eine moderne Form der Kennzeichnung eines Produktes. Statt im Laden den Verkäufer nach „XY“ zu fragen, wird jetzt die Suchmaschine im Internet befragt. Daher verletzen jedenfalls auf individuellen Kennzeichnungen beruhende Metatags bzw. adwords die Zeichenrechte des Inhabers. (vgl. zur Kennzeichenverletzung durch Metatags: Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., nach § 15 Rdnr. 83; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 14 Rdnr. 118, 119; OLG Karlsruhe MMR 2004, 256; LG Braunschweig, Urteil v. 10.12.03 - 9 O 2406/03; sowie zu dem adword „impuls“ LG München, MMR 2004, 689 - „impuls“ mit zust. Anm. Pankoke, MMR 2004, 690).

Der Tenor war auf die angegriffene Verletzungsform zu konkretisieren (§ 938 Abs. 1 ZPO).

Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre Grundlage in § 890 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Streitwert war gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO festzusetzen.

(Unterschriften)