Leitsätzliches
Im Wahlkampf kann ein Satz, der eine andere Partei und ihre Kandidaten mit Mitteln des Sarkasmus und der Häme herabsetzt und lächerlich macht, zum Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG gehören. Eine solche überspitzte Äußerung in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner gehört zu den Grundformen eines Wahlkampfes.Oberlandesgericht Desden
Urteil
Entscheidung vom 5. Mai 2015
Az.: 4 U 1676/14
In dem Rechtsstreit
(...) gegen (…)
I. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 04.11.2014 und der Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 20.08.2014, Az. 5 O 2106/14, abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Der Verfügungskläger hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Verfügungskläger begehrt von dem Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Kläger und Beklagter) die Unterlassung einer Äußerung, die der Beklagte über den Kurznachrichtendienst „Twitter“ im August 2014 kurz vor den sächsischen Landtagswahlen veröffentlicht hat.
Der Kläger ist Vorstand... der X-Partei in Sachsen und Gesellschafter eines Friseurbetriebes, der unter der Firmierung „G.“ zwei Salons in Leipzig betreibt. Der Beklagte ist Rechtsanwalt und war Vorstand... des Leipziger Stadtverbandes der Y-Partei. Die Beteiligten traten zur Landtagswahl als Kandidaten für ihre jeweiligen Parteien an.
In der zweiten Augustwoche 2014 veröffentlichte der Beklagte über seinen privaten Account folgende Mitteilung:
„Ab sofort empfehle ich, nicht mehr zum Friseur G. in #Leipzig zu gehen. Inhaber ist ein #X ler. Man weiß nie, wo die Schere ansetzt“.
Den Eintrag löschte der Beklagte nach einem kurzen Zeitraum. In der Folge wurde die Mitteilung u.a. in weiteren Blogs von Mitgliedern der X-Partei zitiert.
Mit Schreiben vom 08.08.2014 forderte der Kläger den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf wegen persönlichkeitsrechtsverletzender und wettbewerbswidriger Äußerungen sowie Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Er behauptet, er sei vertretungsberechtigter Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts „G.“.
Das Landgericht hat auf Antrag des Klägers am 20.08.2014 dem Beklagten die Verbreitung der streitgegenständlichen Äußerung verboten. Zur Begründung wird ausgeführt, durch den Zusatz „Man weiß nie, wo die Schere ansetzt“ würde - bezogen auf den Antragsteller – eine mögliche Inkompetenz und Eigenmächtigkeit beim Friseurhandwerk suggeriert werden. Darin liege eine Warnung vor dem Antragsteller selbst. Diese Äußerung würde den Antragsteller diffamieren, sozial ausgrenzen und an den Pranger stellen.
Durch Urteil vom 04.11.2014 hat das Landgericht auf den Widerspruch des Beklagten die einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Die Aussage sei entgegen der von dem Beklagten vertretenen Ansicht nicht erkennbar mehrdeutig und auch nicht erkennbar sarkastisch gemeint gewesen. Ein verständiger Dritter bringe den Äußerungsteil „Man weiß nie, wo die Schere ansetzt“ nicht mit einer geistigen Haltung in Verbindung.
Der Beklagte hat gegen das seinem zweitinstanzlich beauftragten Prozessbevollmächtigten am 22.12.2014 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und mit einem am 20.02.2015 eingegangenen Schriftsatz begründet. Er trägt vor, der Kläger mache zu Unrecht Rechte der Gesellschaft geltend. Das erstinstanzliche Gericht habe zudem den erkennbar wahlkampfbezogenen Kontext der Äußerung verkannt. Die Äußerung sei von dem Beklagten nach 20 Minuten wieder gelöscht worden, während allein Mitglieder der X-Partei sie mittels Pressemitteilung und über soziale Netzwerke verbreitet hätten, um die Chancen im Landtagswahlkampf zu erhöhen. Die Äußerung, die inhaltlich keinen Boykottaufruf darstelle, sei als Meinungsäußerung im Rahmen des politischen Meinungskampfes vom Grundrecht des Art. 5 GG gedeckt gewesen. Es sei nicht um den Friseursalon, sondern um die Ideologie der X-Partei gegangen, was er durch den Bezug zur Metapher der „Schere im Kopf“ habe ausdrücken wollen. Die Äußerung stelle auch keine Schmähkritik dar, da die Diffamierung wegen des scherzhaften und sarkastischen Tons der Äußerung nicht im Vordergrund stehe.
Er beantragt,
das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 04.11.2014 und die damit bestätigte einstweilige Verfügung des Landgerichts Leipzig vom 20.08.2014 aufzuheben.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er vertritt darüber hinaus die Ansicht, die Äußerung suggeriere, dass er Körperverletzungen begehen würde.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Die Berufungseinlegungs- und –begründungsfrist wurde, nachdem der sich selbst in erster Instanz vertretende Beklagte nicht durch Abgabe eines Empfangsbekenntnisses an der Zustellung mitgewirkt hat, erst durch die am 22.12.2014 bewirkte Zustellung des landgerichtlichen Urteils an den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten in Gang gesetzt ( § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO), so dass die Berufung fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.
Sie hat auch in der Sache Erfolg, denn der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung der streitigen Äußerung. Die Empfehlung des Beklagten, die Dienstleistungen des Klägers als Mitinhaber des Friseurgeschäftes nicht mehr in Anspruch zu nehmen, (erster Äußerungsteil) begründet weder für sich genommen noch im Zusammenhang mit den weiteren Äußerungen Ansprüche wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, Kreditgefährdung oder sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB, §§ 824, 826 BGB oder aus Wettbewerbsrecht gem. § 8 Abs. 1 UWG. Die zweite Äußerung mit dem Inhalt, dass der Inhaber des Friseursalons Mitglied der X-Partei sei (“Xler“), ist eine wahre Tatsachenbehauptung, deren Verbreitung der Kläger nicht untersagen kann. Der letzte Satz der Mitteilung, „Man weiß nie, wo die Schere ansetzt“ (dritter Äußerungsteil) stellt weder für sich genommen noch im Gesamtzusammenhang einen rechtwidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, so dass auch keine Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht gegeben sind.
1. Der Beklagte kann dem Anspruch des Klägers nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass von der Äußerung die GbR „G.“ und nicht der Kläger betroffen sei. Da dieser Gesellschafter ist und selbst auch den Friseurberuf in der Gesellschaft ausübt, ist zugleich auch eine Betroffenheit des Klägers gegeben.
2. Die Empfehlung des Beklagten stellt als zulässige Meinungsäußerung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 GG keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Klägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (§ 823 Abs. 1, § 1004 BGB).
a)
Das Recht am Gewerbebetrieb ist ein offener Tatbestand, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit den konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben (BGH, Urteil v. 28.02.2013, I ZR 237/11, GRUR 2013, 917, 918 m.w.N.). Die Behinderung der Erwerbstätigkeit ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 15.05.2012 - VI ZR 117/11, BGHZ 193, 227 Rn. 27).
Bei dieser Abwägung sind insbesondere die betroffenen Grundrechte zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 - BVerfGE 114, 339, 348 - Stolpe -; BGH, Urteil vom 06.02.2014 – I ZR 75/13 –, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 11.03.2008 - VI ZR 7/07 -, NJW 2008, 2110 Rn. 12 - Gen-Milch -).
Dementsprechend hat die Rechtsprechung differenzierte Maßstäbe für die Zulässigkeit von Boykottaufrufen aufgestellt, wenn also zum Zwecke der Meinungsbildung dazu aufgerufen wird, bestimmte Waren nicht zu kaufen oder bestimmte Dienstleistungen nicht in Anspruch zu nehmen.
Entscheidend sind danach Ziel und den Zweck des Aufrufes sowie die hierfür eingesetzten Mittel (BVerfG, Beschluss vom 08.10.2007, - 1 BvR 292/02 -, BVerfGK 12, 272-279; OLG Frankfurt, Urteil vom 07.03.1969 – 16 U 80/68 –, juris). Zur Abgrenzung wird insbesondere darauf abgestellt, ob der Aufrufer in eigenem (etwa wirtschaftlichem) oder öffentlichem Interesse im Sinne politischer, wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Belange der Allgemeinheit handelte. Schließlich müssen die Mittel der Durchsetzung des Boykottaufrufs verfassungsrechtlich zu billigen sein. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn der Aufrufende sich gegenüber dem Adressaten auf den Versuch geistiger Einflussnahme und Überzeugung beschränkt. Die damit verbundene Prangerwirkung kann insbesondere dann hinzunehmen sein, wenn es sich um appellierende Meinungsäußerung handelt, wobei weiter Art und Grad des Vorwurfes in die Abwägung einzufließen haben (vgl. Götting/Scherz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts 2008, § 32 Rn. 158 m.w.N.). Hier ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Kläger als Friseur und dem als Rechtsanwalt tätigen Beklagten ein auf eigenen wirtschaftlichen Interessen beruhendes Wettbewerbsverhältnis offensichtlich nicht bestand. Hintergrund der Äußerung war vielmehr der Landtagswahlkampf, bei der beide Beteiligte als Kandidaten ihrer konkurrierenden Parteien öffentlich in Erscheinung getreten sind. Der Beklagte begründet seine Empfehlung, nicht mehr zu diesem Friseursalon zu gehen, in erster Linie mit der Zugehörigkeit des Klägers zur X-Partei. Ziel der Mitteilung war daher, die von dem Kläger betriebenen Friseursalons bei Sympathisanten und Anhängern des eigenen politischen Lagers in Misskredit zu bringen, was auch durch die Veröffentlichung auf dem privaten Twitteraccount belegt wird, bei dem ohnehin nur mit einem beschränkten Kreis von Adressaten und erst recht Empfängern zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass auch die Wirkung der Äußerung von vornherein beschränkt gewesen ist, zumal sie nur für einen kurzen Zeitraum abrufbar war. Zwar muss bei Äußerungen im Internet regelmäßig damit gerechnet werden, dass sie weiterverbreitet werden und nicht oder nur schwer wieder gelöscht werden können. Dem steht aber gegenüber, dass die potentielle Aufmerksamkeit von Internetnutzern für die bei Twitter veröffentlichten Mitteilungen des Beklagten allenfalls vor dem Hintergrund des Wahlkampfgeschehens erhöht war und zudem durch ständig wechselnde Themen nebst Reaktionen darauf schon aufgrund des Zeitablaufs ohnehin beschränkt sein dürfte. Es mag sein, dass die Äußerung Auswirkungen auf die geschäftliche Tätigkeit des Klägers gehabt hat, wobei bereits fraglich ist, ob diese Wirkung bei den Adressaten der Äußerung unabhängig von der Twitter-Mitteilung nicht bereits durch die Kandidatur des Klägers für die X-Partei eingetreten ist. Auf der anderen Seite hat der Beklagte nicht in der Verfolgung von Eigeninteressen gehandelt. Der Beklagte hat sich zudem mit der „Empfehlung“ verbunden mit dem Hinweis auf die Parteizugehörigkeit auf einen bloßen Appell beschränkt, die Dienstleistungen des Klägers wegen seiner politischen Ausrichtung nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Einen darüber hinausgehenden Versuch der unzulässigen Einflussnahme lässt sich dem ersten Äußerungsteil wie auch der Äußerung insgesamt nicht entnehmen.
b)
Ein rechtswidriger Eingriff in den Gewerbebetrieb wird auch nicht durch den dritten Äußerungsteil begründet. Es handelt sich um eine von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung des Beklagten, mit der er Distanz und Kritik an der politischen Ausrichtung und geistigen Haltung der X-Partei äußern wollte. Der Kläger hat der Äußerung dagegen das tatsächliche Verständnis zugrunde gelegt, dass der Beklagte die fachliche Zuverlässigkeit und Eignung des Friseurgeschäfts in Frage stellen und ihn darüber hinaus der Körperverletzung verdächtigen wollte. Konstitutiv für die Bestimmung dessen, was als Äußerung einer "Meinung" vom Schutz des Grundrechts umfasst wird, ist das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung; auf den Wert, die Richtigkeit, die Vernünftigkeit der Äußerung kommt es nicht an (BVerfG, Urteil vom 22. Juni 1982 – 1 BvR 1376/79 –, BVerfGE 61, 1, 7-9 - „CSU/NPD von Europa“ -). Maßgeblich für die Deutung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BGHZ 95, 212, 215; 132, 13, 19). Fern liegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn unter Zugrundelegung dieses Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zu Grunde zu legen. Zeigt sich aber, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG, a.a.O. - Stolpe -, BVerfGE 114, 339, 349/350). Als maßgeblicher Adressatenkreis ist hier auf einen politisch interessierten Leser abzustellen, der den Blog des Beklagten als Informationsquelle im Rahmen des Landtagswahlkampfes nutzt und gerade nicht auf einen Internet-Nutzer, der sich über die Qualität der in Leipzig ansässigen Friseure informieren will. Für durchschnittlichen Empfänger des Tweets ist der dritte Äußerungsteil schon dem Wortlaut nach mehrdeutig. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass der metaphorische Bezug zur „Schere im Kopf“ sich einem Durchschnittsleser nicht aufdrängen musste.
Andererseits ergibt sich aus dem Kontext der gesamten Twitter-Nachricht, dass mit der Ungewissheit, wo die Schere ansetzt, nicht die Qualität der Friseurdienstleistung gemeint gewesen sein kann. Ansonsten hätte auch der zentrale Hinweis auf die Parteizugehörigkeit keinen Sinn ergeben. Die Auslegung des Klägers lässt zudem außer Acht, dass sich der Äußerung keine konkret-greifbaren Tatsachen entnehmen lassen. Zwar kann auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Das ist hier aber nicht der Fall. Es handelt sich vielmehr um eine erkennbar sarkastisch gemeinte Meinungsäußerung über die X-Partei unter Anspielung auf den Beruf des Klägers. Dies zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit, wenn der Zweck der Äußerung in Betracht gezogen wird. Es ging darum, kurz vor der Landtagswahl die X-Partei und ihre Kandidaten mit Mitteln des Sarkasmus und der Häme herabzusetzen und lächerlich zu machen. Eine solche überspitzte Äußerung in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner gehört zu den Grundformen eines Wahlkampfes, die prinzipiell in den Bereich des Meinungsmäßigen und damit in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gehören (BVerfG, Urteil vom 22.06.1982 – 1 BvR 1376/79 –, BVerfGE 61, 1, 11; BVerfG, Beschluss vom 13.05.1980 – 1 BvR 103/77 –, BVerfGE 54, 129; 139). Jedenfalls aus diesem Grund verbietet sich vorliegend auch eine Unterlassungsverpflichtung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt, dass von ihm verlangt werden könnte, bei möglicherweise persönlichkeitsverletzenden Äußerungen klarzustellen, welchen Inhalt er seiner Äußerung geben will (vgl. BVerfGE 114, 339, 350/351 - Stolpe -). Die Äußerung fiel als Teil der Auseinandersetzung eines Kandidaten mit einem konkurrierenden Kandidaten im Landtagswahlkampf und damit zugleich als Teil der Auseinandersetzung der jeweiligen Parteien im Rahmen von deren in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zugewiesener Aufgabe, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. „Diese Aufgabe verträgt als eine wesensgemäß politische prinzipiell keine inhaltlichen Reglementierungen, wenn anders sie nicht um eine ihrer Grundvoraussetzungen gebracht werden soll“ (BVerfGE 61, 1, 11/12 - „CSU/NPD von Europa“ -). Gemessen an diesem Maßstab hatte der Kläger die beanstandete Äußerung hinzunehmen.
c)
Die Äußerungen begründen auch im Zusammenhang keinen rechtswidrigen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb. Der Zusammenhang mit der Landtagswahl, die sonstigen erkennbaren Begleitumstände und die Mehrdeutigkeit sprechen für eine Meinungsäußerung des Beklagten, mit der er nicht die Dienstleistungen des Friseursalons kritisieren wollte, sondern sarkastisch und mit einem Wortspiel den Beruf des Klägers nutzte für Kritik an der geistigen Haltung der Partei der X-Partei. Der Beklagte handelte ohne Eigeninteresse und beschränkte sich dabei auf Mittel der geistigen Einflussnahme. Eine mit der Twitternachricht verbundene Prangerwirkung kommt nicht in Betracht, weil der Umstand, Mitglied der X-Partei zu sein, für sich genommen nicht ehrenrührig ist und der dritte Äußerungsteil zwar geeignet ist, den Kläger herabzusetzen, aber wegen des erkennbaren Sarkasmus als freie Meinungsäußerung vom Kläger hingenommen werden muss.
d)
Die vom Kläger begehrte Unterlassung der streitigen Äußerung kann nicht auf Kreditgefährdung gem. § 824 BGB oder sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gem.
§ 826 BGB gestützt werden. Bei den Äußerungen handelte es sich nach den obigen Ausführungen unstreitig um eine wahre Tatsachenbehauptung bzw. um eine zulässige Meinungsäußerung, so dass keine Ansprüche aus § 824 bzw. § 826 BGB bestehen.
Mangels Wettbewerbsverhältnisses bestehen auch keine Unterlassungsansprüche des Klägers nach dem UWG.
3. Der Kläger wird durch die Äußerung auch nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Reichweite des als Rahmenrecht ausgestalteten Persönlichkeitsrechts wird beschränkt durch die Rechte Dritter, hier des aus Art. 5 Abs. 1 GG folgenden Rechts des Beklagten auf Meinungsfreiheit. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Wie bereits dargestellt gilt im politischen Bereich ein erheblich herabgesetzter Schutz. Nur Meinungsäußerungen, die aus unzutreffenden Tatsachengrundlagen hergeleitet werden oder die eine Schmähkritik darstellen, können ausnahmsweise unzulässig sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91, 1 BvR 1980/91, 1 BvR 102/92, 1 BvR 221/92, zit. nach juris, Rdnr. 121 f. m.w.N.; Götting a.a.O., § 21 Rn. 16 m.w.N.). Durch die angegriffenen Äußerungen wird der Kläger weder stigmatisiert noch sozial ausgegrenzt, da sie nicht auf eine Kritik seiner Arbeitsleistung abzielen, sondern auf die Partei, deren Kandidat er ist. Daher wird auch die Grenze zur Schmähkritik im Sinne einer unzulässigen Herabwürdigung der Person des Klägers nicht überschritten.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Zur Begründung der Streitwertfestsetzung wird auf den im Beschwerdeverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 19.09.2014 - Az: 4 W 1020/14 - Bezug genommen.