Leitsätzliches
1. Ein Verfügungsgrund liegt nicht allein wegen einer vergangenen Zuwiderhandlung vor (Wiederholungsgefahr). Es müssen konkrete Anhaltspunkte für eine erneut bevorstehende Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot vorliegen.2. Die Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung ist vom prozessualen Erfordernis des Verfügungsgrunds zu unterscheiden und begründet nicht automatisch die Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung.
3. Angesichts des nach eigenen Angaben des Antragstellers in der Antragsschrift von ihm selbst vermittelten Bildes in der Öffentlichkeit enthält die Zuschrift, wonach der Antragsteller eine recht hochpreisige Champagnerbestellung getätigt haben soll, keine derart schwere Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts, die eine Vorab-Überprüfung notwendig gemacht hätte.
- nicht rechtskräftig -
LANDGERICHT DÜSSELDORF
Urteil
vom 13.12.2024
Aktenzeichen: 2 O 20/21
In dem Rechtsstreit
Maximilian Krah ./. Jan Böhmermann
[...]
für Recht erkannt:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Antragsgegner Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags geleistet hat.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt die Unterlassung von Äußerungen des Antragsgegners unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Am 5.10.2024 teilte der Antragsgegner seinen Zuhörern in dem [...]-Format mit dem Titel „Fest und Flauschig“ in der unter der [...]
abrufbaren Folge mit dem Titel [...] ab ca. Minute 33 mit, „[...]“ über den Antragsteller bekommen zu haben. Der Antragsteller führt dort wie folgt aus:
„[…] Ich hab ne geile Nachricht bekommen, die muss ich ganz kurz vorlesen und zwar eine heiße Geschichte vom Oktoberfest. Ich glaube die Person möchte nicht, dass ich ihren Namen nenne, aber es ist eine anonymisierte Geschichte, das ist er hat auch im weitesten Sinne was mit antifaschistischem Widerstand zu tun, und zwar an Orten, an denen man es nicht glaubt. Es geht relativ schnell pass auf. Hallo Jan., Hallo Olli., hier mal eine kleine Geschichte zum Thema Engagement, die du gerne teilen kannst. Die ganze Geschichte spielt auf dem Oktoberfest in München. vergangenen Samstag, also letzte Woche Samstag, mein sehr enger Freund, nennen wir ihn [...], um ihn ein wenig zu anonymisieren, erkennt am Nachbartisch Maximilian Krah, also der Ober-Tiktok-Fascho von der AFD und bemerkt eine größer werdende Unruhe bei den Bedienungen, die das wohl auch bemerkt haben, dass da ein Fascho mitfeiert im Käferzelt. Auf Nachfrage erfährt er, der Herr hätte 200 Flaschen Champagner bestellt und würde gern das ganze Zelt einladen. Baut sich immer mehr auf, fühlt sich immer stärker und weil mein Kumpel [...] aber [...] kennt, dem das [...] Zelt gehört, springt er zu [...]und klärt ihn auf, wer dort sitzt. [...] reagiert sehr schnell, storniert die Bestellung in Klammern, 200 Flaschen, Champagner und bittet Love and Peace, Musik zu spielen. Anschließend gibt es laute Buhrufe und massenweise Stinkefinger gegen Krah., der [...]-Tisch mit Typen aus der Unterwelt natürlich ist genervt, fängt an [...] und seinen Tisch zu filmen und einzuschüchtern, aber das Gefühl des Moments ist so erhebend, dass es sich lohnt, auf Handyvideos von dem Spacken zu verzichten und auf dem Handyvideos zu sein. Am nächsten Tag bleibt ein mulmiges Gefühl zusätzlich zum Kater, wenn man nicht aufpasst, lädt die AFD plötzlich alle auf eine Flasche Champagner ein. Ich liebe Y. einfach dafür, weil er für einen Moment die Welt ein bisschen besser gemacht hat und alle an einem Strang gezogen haben seid wachsam. Fuck AFD“
Der Antragsgegner ergänzte die EU.-Folge in den darauffolgenden Tagen insgesamt viermal, wobei die letzte im Wortlaut wie folgt lautet:
„Letzter Nachtrag am MITTWOCH, 09.10.2024, ca. 9 Uhr
M.: Achtung, Achtung, Achtung! Es ist inzwischen Mittwoch, der 9. Oktober 2024, drei Tage nach Erstausstrahlung der […]-Folge vom 6. Oktober 2024 und es gibt eine spektakuläre Wende im Fall des […] im Käferzelt:
Entgegen ihrer ersten Ausführungen können sich sowohl der […] als auch […] dann doch auf einmal wieder an alles erinnern.
Das Investigativ-Team von […] und […] hat sich nämlich knallhart hinter die Sache geklemmt und alle nochmal angerufen. Demnach lässt sich festhalten: Die Geschichte aus […] vom 6. Oktober 2024 stimmt. In Klammern: plus minus zwei bis drei Promille.
Hier die Einzelheiten: Entgegen der ersten, zum Teil widersprüchlichen Ausführungen der Unternehmenssprecherin von […] kann sich […] selbst inzwischen an ziemlich viel mehr erinnern. Der […] schreibt, dass […] nun die Schilderungen seiner Sprecherin in Teilen korrigiert.
Demnach, so schildert […] persönlich, habe es am 28. September 2024 eben doch eine Situation gegeben, an die er sich erinnern könne. Ein Gast habe ihn an jenem Abend im Käferzelt darauf aufmerksam gemacht, dass der europaweit bekannte durchgeballerte Rechtsextreme A.. im Käferzelt feiern würde. Daraufhin habe auch […] den Nazi bemerkt und das Treiben rund um den AFD-Politiker beobachtet. Anschließend habe […] seine Band angewiesen, andere Musik zu spielen. Zitat: Der Gast, der mich auf Herrn […] aufmerksam gemacht hat, hat mich gebeten, ob die Band nicht eine besonders positive Musik machen könnte. Dem bin ich nachgekommen.
Weiter finden […] und […] heraus, dass der europaweit bekannte und derzeit in mehrere bedenkliche nachrichtendienstliche Vorgänge mit Bezug zu China und Russland verwickelte Rechtsextreme mit anderen Gästen aus Frankfurt an einem Tisch gesessen habe. Von diesem Tisch sei sehr wohl eine größere Bestellung Champagner ausgegangen, die […] jedoch nicht stornierte.
Auch der Nazi bestätigt nun inzwischen persönlich, dass eine sehr große Bestellung Champagner von seinem Tisch im Käferzelt ausgegangen sei. Der Rechtsextreme persönlich habe jedoch keine 200 Flaschen Schampus bestellt und auch keine 150, führt […] weiter aus. Andere Personen, die mit dem Vorfall im Käferzelt ebenfalls vertraut sind – schreibt […] – berichten, dass die Bestellung rund 50 Flaschen betragen haben soll. ALTER! Die bestellten Flaschen sollen den Gästen im Umfeld des Rechtsextremen, dann zum Teil auch dem Servicepersonal des Käferzelts als freundliche Geste zum Verzehr angeboten worden sein. AAAALTER! Halten wir also noch mal fest: die Geschichte in […] stimmt.
Folgende Medien haben die Darstellung eines europaweit bekannten Rechtsextremen – der zudem ein notorischer Lügner ist und derzeit in mehrere bedenkliche nachrichtendienstliche Vorgänge mit Bezug zu China und Russland verwickelt ist – unüberprüft abgedruckt: […],[…],[…], […] – was auch immer das ist!? Der Chefredakteur von […] ist wohl irgendwie auch gleichzeitig Chefredakteur von […] ... interessant! – […], […], […], […]. Die […] und 28.000 andere […]-Medien, die einfach nur ihren Müll voneinander abschreiben.
Ferner gilt festzuhalten, das einzige Medium, dass sich wirklich die Mühe gemacht hat, die SB.-Geschichte seriös zu recherchieren, war […]. Die alles entscheidende Frage, die über diesem ganzen Vorgang steht, hat jedoch kein einziges Medium gestellt. Darum stellen wir sie hier bei Fest und Flauschig noch einmal:
Warum feiert ein europaweit bekannter Rechtsextremer, der so rechtsextrem ist, dass er selbst der fucking AFD zu rechtsextrem ist, im verschissenen Käferzelt auf dem Oktoberfest? Warum schmeißt […] diesen europaweit bekannten, völkisch rechtsextremen Vollidioten nicht sofort raus und seine ganze Bagage gleich mit, wenn er sie in seinem Zelt entdeckt, sondern lässt positive Musik spielen? Warum feiern europaweit bekannte Rechtsextreme und Verfassungsfeinde, die zudem auch noch mutmaßlich mit russischen und chinesischen Nachrichtendiensten zusammenarbeiten, um die Bundesrepublik Deutschland kaputtzumachen im fucking Käferzelt auf dem Oktoberfest und niemand macht was dagegen?
Und die einzigen beiden Medien, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten so seriös es geht darum bemühen herauszufinden, was wirklich passiert ist, sind […] – und ein verschissener Comedy-Podcast bei Spotify?
Eine ausführliche Nachbesprechung dieses Falls Erfolg natürlich bei Fest und Flauschig am kommenden Sonntag bei Spotify, […] und überall sonst wo es Podcasts gibt.
Und jetzt weiter im Programm.“
Der Antragsteller ist der Ansicht, der vorgetragene Text enthalte die unwahre Tatsachenbehauptung, er habe 200 Flaschen Champagner bestellt. Hierbei handele es sich um eine erhebliche Falschdarstellung, die geeignet sei, sich nennenswert auf sein Persönlichkeitsrecht auszuwirken. Eine solch große Bestellung demonstriere Großspurigkeit, Selbstdarstellung und ein starkes Geltungsbedürfnis. Der Antragsgegner mache sich die Äußerung des Dritten zu eigen, indem er sich nicht hinreichend von ihr distanziert habe und diese in seinen Aktualisierungen sogar perpetuiere. Es liege ebenfalls keine zulässige Verdachtsberichterstattung vor, da kein Mindesttatbestand an objektiven Beweistatsachen vorgelegen habe.
Der Antragsteller beantragt,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
in Bezug auf den Antragsteller wörtlich oder sinngemäß zu behaupten und/oder zu verbreiten, dieser habe am 28.09.2024 auf dem Oktoberfest im „Käferzelt“ 200 Flaschen Champagner bestellt, wenn dies wie folgt und wie in der Sequenz von Minute 33:03 bis 34:56 der Folge des […], „[…]“ vom 05.10.2024 mit dem Titel „[…]“
und wie aus Anlage LHR 3 ersichtlich geschieht:
„[…] Ich hab ne geile Nachricht bekommen, die muss ich ganz kurz vorlesen und zwar eine heiße Geschichte vom Oktoberfest. Ich glaube die Person möchte nicht, dass ich ihren Namen nenne, aber es ist eine anonymisierte Geschichte, das ist er hat auch im weitesten Sinne was mit antifaschistischem Widerstand zu tun, und zwar an Orten, an denen man es nicht glaubt. Es geht relativ schnell pass auf. Hallo Jan., Hallo Olli., hier mal eine kleine Geschichte zum Thema Engagement, die du gerne teilen kannst. Die ganze Geschichte spielt auf dem Oktoberfest in München. vergangenen Samstag, also letzte Woche Samstag, mein sehr enger Freund, nennen wir ihn [...], um ihn ein wenig zu anonymisieren, erkennt am Nachbartisch Maximilian Krah, also der Ober-Tiktok-Fascho von der AFD und bemerkt eine größer werdende Unruhe bei den Bedienungen, die das wohl auch bemerkt haben, dass da ein Fascho mitfeiert im Käferzelt. Auf Nachfrage erfährt er, der Herr hätte 200 Flaschen Champagner bestellt und würde gern das ganze Zelt einladen. Baut sich immer mehr auf, fühlt sich immer stärker und weil mein Kumpel [...] aber [...] kennt, dem das [...] Zelt gehört, springt er zu [...]und klärt ihn auf, wer dort sitzt. [...] reagiert sehr schnell, storniert die Bestellung in Klammern, 200 Flaschen, Champagner und bittet Love and Peace, Musik zu spielen. Anschließend gibt es laute Buhrufe und massenweise Stinkefinger gegen Krah., der [...]-Tisch mit Typen aus der Unterwelt natürlich ist genervt, fängt an [...] und seinen Tisch zu filmen und einzuschüchtern, aber das Gefühl des Moments ist so erhebend, dass es sich lohnt, auf Handyvideos von dem Spacken zu verzichten und auf dem Handyvideos zu sein. Am nächsten Tag bleibt ein mulmiges Gefühl zusätzlich zum Kater, wenn man nicht aufpasst, lädt die AFD plötzlich alle auf eine Flasche Champagner ein. Ich liebe [...] einfach dafür, weil er für einen Moment die Welt ein bisschen besser gemacht hat und alle an einem Strang gezogen haben seid wachsam. Fuck AFD“
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner trägt vor:
Er habe zu keinem Zeitpunkt behauptet, der Antragsteller habe 200 Flaschen Champagner bestellt. Es habe nicht er etwas behauptet, sondern eine Bedienung im Käferzelt habe etwas gegenüber „[...].“ behauptet und [...] – so die Bezeichnung durch den Antragsgegner unter Berufung auf den Quellenschutz - habe diese Behauptung der Bedienung dem Antragsgegner geschildert, der diese Schilderung vorgelesen habe. Für die Verbreitungshandlung gelte dasselbe. Denn nicht einmal [...] habe die vom Antragsteller angegriffene Behauptung überhaupt in seinem Zuhörerbrief aufgestellt hat. Auch er habe lediglich die Aussage einer Bedienung auf die Nachfrage seines Freundes „[...]“ geschildert.
Selbst wenn man eine Verbreitungshandlung annehmen würde, so wäre diese angesichts des durch den Antragsteller selbst in der Öffentlichkeit „erarbeiteten“ Rufs als wertneutral einzustufen.
Ferner sei er, der Antragsgegner, den Anforderungen an die journalistische Sorgfalt gerecht geworden. Er sei nicht verpflichtet gewesen, die in dem der Zuschrift aufgestellten Behauptungen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Der Inhalt der Zuschrift enthalte keine derart schwere Beeinträchtigung des Antragstellers, dass diese nicht ungeprüft hätte veröffentlicht werden dürfen. Schließlich sei eine hinreichende Korrektur erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen. Der Antragsteller hat weder den Verfügungsgrund noch den Verfügungsanspruch hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht.
I.
Der vom Antragsteller neben dem Verfügungsanspruch gleichfalls glaubhaft zu machende Verfügungsgrund besteht in der objektiv begründeten Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit; vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 935, Rn. 5). Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung muss mit dem Ziel einer zulässigen Regelung den Verfügungsgrund - die unmittelbar für die Rechtsverwirklichung und Rechtsdurchsetzung im Hauptverfahren drohende Gefahr - bezeichnen (MüKo/Drescher, ZPO, 4. Aufl., § 940, Rn. 9 f.). An dem Verfügungsgrund fehlt es, wenn die Zeitdimension des Hauptverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und Rechtsdurchsetzung bietet, weil dem Antragsteller auch mit der späteren Realisierung seines Rechts gedient ist (MüKo/Drescher, ebenda). Ein Verfügungsgrund besteht bei - konkreten - Anhaltspunkten für eine bevorstehende Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot, dagegen nicht schon - trotz bestehender Wiederholungsgefahr - allein wegen der vergangenen Zuwiderhandlung (MüKo/Drescher, a.a.O, § 935 Rn. 17; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.01.2015 - I-16 W 92/14, 16 W 92/14, Juris, Rn. 3) Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, dass sich regelmäßig bereits aus der Wiederholungsgefahr zugleich die Dringlichkeit ergebe (Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 940 Rn. 1), wird hierbei außer Acht gelassen, dass es sich bei der Wiederholungsgefahr um eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung handelt, die vom prozessualen, eine Eilentscheidung rechtfertigenden Erfordernis des Verfügungsgrunds zu unterscheiden ist, weshalb diese Ansicht abzulehnen ist (so auch OLG Düsseldorf Urteil vom 10.09.2015 - 16 U 120/15; OLG Köln, Beschluss vom 12. April 2021 – I-6 W 98/20 – Trainerfoto).
Hier ist die angegriffene Verletzungshandlung durch den Antragsgegner bereits eingestellt worden. Denn in der mit dem Unterlassungsantrag geltend gemachten Form wird der streitgegenständliche Beitrag nicht mehr veröffentlicht. Vielmehr wurde er – insoweit unstreitig – zeitnah dahingehend modifiziert, dass in den Beitrag insgesamt vier Ergänzungen eingearbeitet wurden. In der vierten und letzten Ergänzung heißt es unter anderem:
Von diesem Tisch sei sehr wohl eine größere Bestellung Champagner ausgegangen, die [...] jedoch nicht stornierte.
Auch der Nazi bestätigt nun inzwischen persönlich, dass eine sehr große Bestellung Champagner von seinem Tisch im Käferzelt ausgegangen sei. Der Rechtsextreme persönlich habe jedoch keine 200 Flaschen Schampus bestellt und auch keine 150, führt [...] weiter aus. Andere Personen, die mit dem Vorfall im Käferzelt ebenfalls vertraut sind – schreibt [...] – berichten, dass die Bestellung rund 50 Flaschen betragen haben soll.
Diese Darstellung entspricht der Darstellung des Geschehens in der zuletzt abgegebenen eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers (Anlage LHR 8). Die nunmehrige Veröffentlichung des Beitrags ausschließlich in modifizierter Form ist als Einstellung einer etwaigen Verletzungshandlung zu bewerten.
Der Antragsteller hat – auch nach entsprechendem gerichtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung - weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, weshalb es ihm, obwohl eine etwaige Rechtsverletzung bereits eingestellt worden ist, dennoch unzumutbar ist, in einem Hauptsachverfahren eine abschließende Klärung herbeizuführen.
II.
Unabhängig vom Vorliegen eines Verfügungsgrunds hat der Antragsteller auch einen Verfügungsanspruch weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht.
1. In Bezug auf die geltend gemacht Handlungsalternative des „Behauptens“ fehlt bereits schlüssiger Vortrag des Antragstellers zu einer solchen eigenen Behauptungshandlung des Antragsgegners.
Vielmehr hat der Antragsgegner lediglich die Zuschrift eines Zuhörers in wörtlicher Form verlesen und dies in seinen einleitenden Worten auch hinreichend kenntlich gemacht. Ein Zu-Eigen-Machen kann die Kammer nicht feststellen (vgl. BGH, GRUR 1986, 683, 684 – Ostkontakte).
2. In Bezug auf die Verbreitungshandlung besteht ebenfalls kein Verfügungsanspruch in Form eines Unterlassungsanspruchs wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers.
Im Rahmen der Erstveröffentlichung der Hörerzuschrift war der Antragsgegner nicht verpflichtet, die dort aufgestellte Behauptung vor Veröffentlichung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Denn angesichts des nach eigenen Angaben des Antragstellers in der Antragsschrift von ihm selbst vermittelten Bildes in der Öffentlichkeit enthält die Zuschrift, wonach der Antragsteller eine recht hochpreisige Champagnerbestellung getätigt haben soll, keine derart schwere Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts, die eine Vorab-Überprüfung notwendig gemacht hätte (vgl. zum Maßstab BGH, GRUR 1986, 683, 684 – Ostkontakte).
Auch in Bezug auf die sogenannte reaktive Prüfpflicht der Presse ist der Antragsgegner den insoweit bestehenden Sorgfaltsanforderungen nachgekommen. Bei weiterhin online gehaltenen Internetberichterstattungen – insoweit besteht ein Gleichlauf zu online gehaltenen EU.-Folgen - ist im Rahmen der Zumutbarkeit für die Presseorgane im Zweifel in eine zumutbare Überprüfung der Sachlage einzutreten und ggf. eine (zunächst zulässige) Berichterstattung später anzupassen oder gar offline zu nehmen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. März 2023 – I-15 U 190/22 –, juris). Diesen Anforderungen ist der Antragsgegner gerecht geworden, indem er die Veröffentlichungslage zum Komplex ZR.“ im Blick behielt und in den Beitrag tagesaktuell die neuesten Entwicklungen einarbeitete und diesen hierdurch modifizierte. Angesichts dieser hinreichenden journalistischen Sorgfalt muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers hinter dem Grundrecht der Pressefreiheit zurücktreten. Die modifizierte Berichterstattung ist in dieser Form hinzunehmen.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Streitwert: 30.000,00 EUR
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(Unterschriften)