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Poker-Turnier mit 15-EUR-Startgeld ist kein Glücksspiel & Zuständigkeiten bei Pokerverboten - VG Trier, Urteil vom 3.02.2009, Az.: 1 K 592/08.TR

Leitsätzliches

Poker-Turnier mit 15-EUR-Startgeld ist kein Glücksspiel iSd. Gesetzes. Es fehlt nach Einschätzung des Gerichts am glücksspielrechtlichen Merkmal des Einsatzes, wenn die Startgelder lediglich zur Deckung der anfallenden Kosten verwendet und die Hauptpreise durch Dritte gesponsert werden. Für eventuell nach der Gewerbeordnung in Betracht kommende Verbote solcher Turniere ist nicht das Land, sondern die kommunen zuständig.

vgl. hierzu unsere Beiträge "Flop, Turn, River - eine Nation im Pokerfieber" und " All-in vor dem OVG Münster".

VERWALTUNGSGERICHT
TRIER

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

Aktenzeichen: 1 K 592/08.TR

Entscheidung vom 3. Februar 2009

 
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der ...

- Klägerin -

g e g e n

das Land Rheinland-Pfalz, ...

- Beklagter -


w e g e n Lotterierechts

hier: Vollzug des Landesglücksspielgesetzes i. V. m. dem Glücksspielstaatsvertrag

hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2009, an der teilgenommen haben …

für Recht erkannt:


Die Verfügung des Beklagten vom 11. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 wird aufgehoben, soweit davon auch Pokerturniere erfasst sind, die den Auflagen im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. Oktober 2008 – 6 B 10778/08.OVG- entsprechen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand


Die Klägerin, die in den letzten Jahren Pokerturniere u.a. in Rheinland-Pfalz entweder im eigenen Namen oder für die  [...] GmbH veranstaltete, wendet sich gegen die Untersagung von ihr veranstalteter Pokerturniere.

Die Pokerturniere unterlagen in der Vergangenheit bestimmten Bedingungen hinsichtlich des Turnierreglements und der Teilnahmebedingungen, insbesondere der Höhe des sog. Startgeldes und des Werts der zu gewinnenden Sachpreise. Unter diesen Bedingungen betrachteten die kommunalen Ordnungsbehörden in Abstimmung mit dem Ministerium des Innern und für Sport in Rheinland-Pfalz die Pokerturniere nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen meist als erlaubnisfreie Spiele im Sinne von § 5a der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit.
Am 1. Januar 2008 traten der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland- GlüStV- und das Landesglücksspielgesetz- LGlüG- vom 3. Dezember 2007 (GVBl. S. 240) in Kraft.

Unter dem 11. April 2008 kündigte die Klägerin dem Beklagten die Veranstaltung eines Pokerturniers mit einem Startgeld von 15 € bzw. 30 € bei Teilnahme an drei Tischen im Vereinshaus der Spielvereinigung  [...] in  [...] für den 12. April 2008 an.

Mit sofort vollziehbarer ordnungsbehördlicher Verfügung vom 11. April 2008 untersagte der Beklagte der Klägerin die Veranstaltung eines entgeltlichen Pokerturnieres am 12. April 2008 in  [...] und forderte sie auf, die von ihr beworbene Veranstaltung in dieser Form, „Spielen gegen Entgelt“ ab Zustellung der Verfügung einzustellen (Ziffer 1). Ferner wurde der Klägerin die Veranstaltung von entgeltlichen Pokerturnieren ab Zustellung der Verfügung im gesamten Gebiet des Beklagten  untersagt (Ziffer 2). Der Beklagte forderte die Klägerin ferner auf, jegliche Werbung für die genannten Pokerturniere gegen Entgelt spätestens mit Ablauf des auf den Tag der Zustellung der Verfügung folgenden Tages einzustellen, Hilfsmittel zur Werbung spätestens mit Ablauf des auf den Tag der Zustellung der Verfügung folgenden Tages zu entfernen (z.B. Entfernen/Überkleben von Werbeaufklebern, Entfernung von Werbebroschüren, Abänderung der Internetseite etc.) und den Vollzug dieser Maßnahme der ADD innerhalb von sieben Tagen ab Zustellung der Verfügung schriftlich anzuzeigen (Ziffer 3). Für den Fall der Nichtbefolgung der Verpflichtung nach Ziffer 1 (Ziffer 4) und nach Ziffer 2 (Ziffer 5) wurde der Klägerin jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 3.000 € je Zuwiderhandlung angedroht. Für den Fall der Nichtbefolgung der Verpflichtung nach Ziffer 3 drohte der Beklagte die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 € an (Ziffer 6). Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass Pokerveranstaltungen außerhalb des legalisierten Bereichs von Spielbanken nach dem Glücksspielstaatsvertrag nicht erlaubnisfähig seien. Eine landesweite Untersagung der Veranstaltungen sei als einzige Maßnahme geeignet, unerlaubtes Glücksspiel in Form von entgeltlichen Pokerturnieren in Rheinland-Pfalz zu unterbinden und damit den von diesen Glücksspielen ausgehenden Gefahren entgegenzuwirken. Die Ermessensentscheidung ergehe unter Berücksichtigung der Ziele des GlüStV, weshalb nach Abwägung aller zur Verfügung stehenden Mittel die landesweite Untersagung der Veranstaltung von entgeltlichen Pokerturnieren einzig geeignet und angemessen sei.
Die Klägerin legte am 21. April 2008 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2008 änderte der Beklagte Ziffern 2 und 5 des Bescheids vom 11. April 2008 dergestalt ab, dass der Klägerin die Veranstaltung von entgeltlichen Pokerturnieren mit Gewinnmöglichkeit mit Ablauf des 5. auf den Tag der Zustellung des Widerspruchsbescheides folgenden Tag im gesamten Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz untersagt wurde, und drohte ihr für den Fall, dass sie der Verpflichtung nach Ziffer 2 des Bescheides nicht nachkomme, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 3.000 € je Zuwiderhandlung (d.h. Durchführung eines entgeltlichen Pokerturniers mit Gewinnmöglichkeit) an. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei den in Rede stehenden Pokerturnieren mit Gewinnmöglichkeit um ein nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV handele. Eine andere Entscheidung im Rahmen des auszuübenden Ermessens scheide aus. Eine Zulassung der Pokerspiele unter Auflagen komme nicht in Betracht, da die Einhaltung derselben bei der Anzahl von Veranstaltungen nicht wirksam kontrolliert werden und damit das Ziel der Bekämpfung der Wettsucht nicht erreicht werden könne.
Mit Beschluss von 9. Juli 2008 hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße auf Antrag der Klägerin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ziffern 2,3,5 und 6 der streitgegenständlichen Verfügung des Beklagten unter im Einzelnen bestimmten Maßgaben angeordnet (5 L 592/08.NW).

Unter Zurückweisung der Beschwerde des Beklagten im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 21. Oktober 2008 die Auflagen zu Ziffer 1 des Tenors des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Juli 2008 der gestalt neu gefasst, dass die Klägerin
Pokerturniere nur in der Weise veranstalten darf, dass von den Teilnehmern kein Einsatz, also keine Geldleistung verlangt wird, die in die Gewinne fließt, lediglich ein Unkostenbeitrag in Höhe von maximal 15,- € pro Turnier und Teilnehmer erhoben wird, eine Erhöhung während des Spiels (re-buy) nicht zulässig ist (Ziffer 1), keine Geldpreise, sondern nur Sachpreise im Wert von höchstens 60,- € je Sachpreis ausgeschrieben werden, die auch nicht teilweise aus den Unkostenbeiträgen der Teilnehmer finanziert werden dürfen (Ziffer 3) und dass sie bei den Ankündigungen der Pokerturniere- auch im Internet- an gut sichtbarer Stelle darauf hinzuweisen hat, dass nur Sachpreise im Wert von höchstens 60,- € je Sachpreis gewonnen werden können (Ziffer 3). Zur Begründung seines Beschlusses hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Wesentlichen ausgeführt, dass erhebliche Zweifel bestünden, ob es sich bei den von der Klägerin veranstalteten Pokerturnieren, an denen gegen einen Unkostenbeitrag von bis zu 15, € teilgenommen werden könne und bei denen lediglich Sachpreise als Gewinne ausgelobt würden, um unerlaubte Glücksspiele im Sinne der §§ 9 Abs. 1, 3 Abs. 1 GlüStV handele.

Dem öffentlichen Interesse an der Bekämpfung von Spielsuchtgefahren bzw. der Begrenzung der Spielleidenschaft könne einstweilen durch die aus dem Tenor ersichtlichen Auflagen Rechnung getragen werden.

Die Klägerin hat am 28. August 2008 Klage erhoben, mit der sie auf ihre Ausführungen im vorangegangenen Eilverfahren verweist und sich den Ausführungen in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz anschließt.


Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 11. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 aufzuheben, soweit davon auch Pokerturniere erfasst sind, die den Auflagen im Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 21. Oktober 2008 – 6 B 10778/08.OVG- entsprechen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und führt vertiefend aus, in Übereinstimmung mit dem Erlass des Ministeriums des Innern und für Sport vom 1. April 2008 sei unter einem Entgelt nach dem Glückspielstaatsvertrag jede Vermögensleistung – unabhängig von ihrer Höhe und der Art ihrer Bezeichnung- zu verstehen, die unmittelbar oder mittelbar zur Teilnahme am Spiel berechtige. Ein Unkostenbeitrag zur Deckung der Veranstaltungskosten genüge. Dies folge aus der Wortwahl des § 3 GlüStV und aus den diesbezüglichen Erläuterungen. Der staatsvertragliche und der strafrechtliche Glücksspielbegriff seien damit nicht identisch. Bei den ordnungsrechtlichen Regelungen des Staatsvertrages gehe es um eine präventive Kontrolle im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens. Die Umgehung verbotener Spiele solle verhindert werden, weshalb eine Geringfügigkeitsgrenze wie im Strafrecht nicht zielführend sei. Die Scharnierfunktion des § 33 h Nr. 3 GewO werde nicht angetastet und folglich nicht in die bundesrechtlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung eingegriffen. § 33 c GewO gelte lediglich der Aufstellerlaubnis für Spielgeräte. § 33 d GewO regele grundsätzlich nur gewerbsmäßig veranstaltete Geschicklichkeitsspiele mit Gewinnmöglichkeit.

Dies zeige als einzige Ausnahme von diesem Grundsatz auch § 33 h Nr. 2 GewO, der die gewerbsmäßig betriebenen Ausspielungen auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen betreffe, bei denen der Gewinn in geringwertigen Gegenständen bestehe. Dies ergebe sich auch aus der Begründung zum ÄndG vom 12. Februar 1979, durch das u.a. § 33 h GewO mit dem Ziel einer klareren Abgrenzung der Zuständigkeiten umgestaltet worden sei. Zur Abgrenzung der Kompetenzen sei als maßgebliches Kriterium das Glückspiel einerseits und das Geschicklichkeitsspiel andererseits angesehen worden. Dass es in § 33 d GewO grundsätzlich um Geschicklichkeitsspiele ohne technische Spieleinrichtung gehe, sei schließlich § 33 e GewO zu entnehmen. Nach dessen Neuregelung (ÄndG vom 20. Dezember 1993, BGBl. I S. 2254) sei davon auszugehen, dass sich der Anwendungsbereich auf manipulationssichere Geschicklichkeitsspiele mit Gewinnmöglichkeit beziehe, die nicht als Glückspiele anzusehen seien. Folglich könne es auch bei Annahme eines „weiten“ Begriffs des Glücksspiels nicht zu Überschneidungen mit den Regelungen der Gewerbeordnung kommen. In diesem Sinne seien die Erläuterungen zum GlüStV zu verstehen. Ansonsten hätte auch die Ausweisung unerlaubten Glücksspiels als Bußgeldtatbestand in § 13 Abs. 1 Nr. 1 LGlüG wenig Sinn. Das Ermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Akten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, den Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakte 5 L 592/08.NW, die vorlagen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.


Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Der Bescheid vom 11. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 ist, soweit die Klägerin diesen mit ihrem Klageantrag angreift, rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten.
Die angefochtene Verfügung ist formell rechtswidrig, weil es an der sachlichen Zuständigkeit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion fehlt. Ein Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit begründet die Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsaktes und führt zu dessen Aufhebung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn.23). Die in Rede stehende Veranstaltung von Pokerturnieren mit einem Startgeld von 15 € unterliegt nicht dem Glücksspielstaatsvertrag, sondern dem gewerblichen Spielrecht. Die behördliche Zuständigkeit für die Untersagung einer solchen gewerblichen Betätigung (zufallsabhängige Gewinnspiele gegen Unkostenbeitrag) folgt aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten im Gewerberecht vom 30. Januar 2001, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Dezember 2006 (GVBl. S. 405). Danach ist zuständige Behörde für die Durchführung des Titels II der Gewerbeordnung (u.a. Untersagung nach § 15 Abs. 2 GewO) mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen die Gemeindeverwaltung der verbandsfreien Gemeinde, die Verbandsgemeindeverwaltung sowie in kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten die Stadtverwaltung.

Die behördliche Zuständigkeit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion für die Untersagungsverfügung ergibt sich vorliegend nicht aus dem allein in Betracht zu ziehenden § 12 Abs. 2 LGlüG, weil es sich bei dem in Rede stehenden Spiel – zufallsabhängiges Spiel mit Unkostenbeitrag in Höhe von 15 € - nicht um ein Glücksspiel im Sinne des GlüStV handelt.

Ein Glücksspiel liegt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die hier gegebene Legaldefinition ist mit dem Glückspielbegriff des § 284 Abs. 1 StGB deckungsgleich (vgl. unter Hinweis auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte des GlüStV: OVG Münster, Beschluss vom 10. Juni 2008 - 4 B 606/08 -). Nach der Entstehungsgeschichte des Staatsvertrages wollten die vertragsschließenden Länder nicht in abschließend geregelte bundesrechtliche Bestimmungen des gewerblichen Spielrechts eingreifen (offengelassen: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Oktober 2008, a.a.O.).
Wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in der zugrundeliegenden Eilentscheidung vom 21. Oktober 2008 a.a.O. bereits ausgeführt hat, gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH 4 StR 148/86, BGHSt 34, 171) zu jedem Glücksspiel in dem in § 284 StGB vorausgesetzten Sinn ein Einsatz, der in der Hoffnung erbracht wird, im Falle des „Gewinnens“ eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten, und in der Befürchtung, dass er im Falle des „Verlierens“ dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfällt. Voraussetzung ist, dass es sich nicht um einen in jedem Fall verlorenen Einsatz handelt, der lediglich der Mitspielberechtigung dient, sondern aus dem Spieleinsatz der Spielteilnehmer die Gewinnchance des Einzelnen erwächst.

Der von der Klägerin erhobene Unkostenbeitrag in Höhe von 15 € ist kein Einsatz im Sinne des strafrechtlichen Glücksspielbegriffs, weil er – jedenfalls bei Beachtung der in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland Pfalz vom 21. Oktober 2008 gemachten Auflagen (vgl. o.) - lediglich der Mitspielberechtigung dient. Wenn entsprechend diesen Auflagen keine Geldleistung verlangt wird, die in die Gewinne fließt, eine Erhöhung während des Spiels nicht zulässig ist, keine Geldpreise, sondern nur Sachpreise im Wert von höchstens 60,- € je Sachpreis ausgeschrieben und diese auch nicht teilweise aus den Unkostenbeiträgen der Teilnehmer finanziert werden, ist die erhobene Unkostenerstattung in Höhe von 15 € für den Spieler auf jeden Fall verloren und seine Gewinnchancen und die Höhe des zu erzielenden Gewinns sind auch nicht von der Höhe der Einsätze der Mitspieler abhängig. Somit handelt es sich im vorliegenden Fall, auch wenn man davon ausgeht, dass beim Pokerspiel auch der hier in Rede stehenden Art die Entscheidung über Gewinn oder Verlust überwiegend vom Zufall abhängt (Fischer, StGB, 55. Aufl. § 284 Rn. 8; VG Neustadt, Beschluss vom 9. Juli 2008 a.a.O.), zwar um ein zufallsabhängiges Spiel, das jedoch den strafrechtlichen Glücksspielbegriff nicht erfüllt.

Ob der von der Klägerin erhobene Unkostenbeitrag anders zu beurteilen wäre, wenn die in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. Oktober 2008 festgelegten Auflagen nicht eingehalten würden, kann hier dahingestellt bleiben, da die Klägerin die Verfügung des Beklagten nur insoweit anficht, als diese auch Veranstaltungen unter Beachtung dieser Auflagen erfasst.

Der staatsvertragliche Glücksspielbegriff weicht nicht von dem strafrechtlichen Glückspielbegriff ab. Zwar ist die Wortwahl – Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance- nicht eindeutig. Nach der Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrages und dem zutage getretenen Willen der beteiligten Länder ist der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV deckungsgleich mit dem strafrechtlichen Begriff. Eine Überschneidung mit dem gewerblichen Spielrecht des Bundes ist nicht gewollt. Die Definition des § 3 Abs. 1 GlüStV ist inhaltsgleich mit der Vorgängerregelung im abgelösten Lotteriestaatsvertrag vom 26. April 2004 -LoStV-. Mit dem LoStV sollten im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben und der ordnungsrechtlichen Aufgabenstellung der Länder einheitliche Grundlagen für die Veranstaltung von Glücksspielen, insbesondere für Lotterien, geschaffen werden (Landtag N-W, Drs. 13/5365, S. 7). Es ist nicht davon auszugehen, dass die den Glücksspielstaatsvertrag abschließenden Länder, die mit seiner Neuregelung in Fortentwicklung des Lotteriestaatsvertrags neben den Sportwetten auch die staatlichen und privaten Lotterien einbeziehen wollten und eine Anpassung an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28. März 2006 bezweckten (Landtagsdrucksache R-P, 15/1454 S. 31), eine inhaltliche Änderung des Glücksspielbegriffes verfolgten. Eine Abkehr vom strafrechtlichen Glücksspielbegriff ist aus den Erläuterungen zu § 3 Glücksspielstaatsvertrag - Drucks. 15/1454 des Landtags R-P, S. 34: „Ein Glücksspiel liegt im Übrigen nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt wird“ - nicht herzuleiten. Die Formulierung wird überlagert von den Erläuterungen zu § 2 des Vertragsentwurfs (Drucks. a.a.O, S. 31), wonach sich die Bundesländer an einer Regelung im GlüStV über das gewerbliche Spiel in Spielhallen durch die abschließende Normierung des Bundes in der Gewerbeordnung und der Spielverordnung gehindert sahen und die ihnen im Zuge der Föderalismusreform übertragene Zuständigkeit nicht das gewerbliche Spielrecht der §§ 33 c bis 33 g GewO umfassen sollte. Dem entsprechen auch die Erläuterungen zu § 2 des Vertragsentwurfs der Anlage zur Drucksache des Landtages N-W 13/5365, S. 7, dass der GlüStV „auf bundesrechtlich geregelte Tatbestände“ nicht anwendbar sein und insbesondere nicht für „die in der Gewerbeordnung abschließend geregelten Spiele mit Gewinnmöglichkeit“ gelten soll. Von daher war eine Abkehr vom strafrechtlichen Glücksspielbegriff nicht beabsichtigt.
Eine Abkehr vom strafrechtlichen Glückspielbegriff würde darüber hinaus eine wie ausgeführt nicht gewollte Überschneidung mit dem bundesgesetzlich abschließend geregelten gewerblichen Spielrecht bedeuten. Der hier in Betracht kommende Tatbestand – Veranstaltung eines zufallsabhängigen Spiels gegen Unkostenbeitrag- ist von der Gewerbeordnung erfasst.

Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht, dass § 33 d GewO lediglich das Geschicklichkeitsspiel mit Gewinnmöglichkeit erfasst.  Nach § 33 d Abs. 1 Satz 1 GewO bedarf derjenige, der gewerbsmäßig ein anderes Spiel mit Gewinnmöglichkeit veranstalten will, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Das von der Klägerin veranstaltete Spiel bietet den Teilnehmern eine Gewinnmöglichkeit im Sinne der Vorschrift und ist zudem als anderes Spiel anzusehen.

Andere Spiele im Sinne des § 33 d GewO sind zum einen solche, die nicht unter § 33 c GewO subsumiert werden können. § 33 c GewO betrifft die gewerbsmäßige Aufstellung von Spielgeräten, die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind, wobei sowohl zufallsabhängige als auch Geschicklichkeitsspiele erfasst sind (vgl. Landmann/Rohmer, GewO, § 33 c Rn. 4). § 33 d GewO regelt demgegenüber als „anderes Spiel“ mit Gewinnmöglichkeit jedenfalls technisch nicht ausgerüstete Spiele, mithin auch grundsätzlich das Kartenspiel Poker (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 30. April 2008 -6 E 4198/07-). Darüber hinaus sind „andere Spiele“ im Sinne des § 33 d Abs. 1 Satz. 1 GewO nicht Glücksspiele im Sinne des § 284 des Strafgesetzbuches (§ 33 h Nr. 3 GewO). Auch von daher fällt das hier streitgegenständliche zufallsabhängige Pokerspiel als anderes Spiel in den Anwendungsbereich des § 33 d GewO, denn nach obigen Ausführungen verlangt der strafrechtliche Glücksspielbegriff zusätzlich den hier nicht gegebenen „Einsatz“.
Die vom Beklagten vertretene Auffassung, § 33 d GewO regele nur das Geschicklichkeitsspiel lässt sich anhand der gesetzlichen Bestimmungen nicht begründen.

Hiergegen spricht zunächst die Ausgestaltung des § 33 d GewO als Auffangtatbestand (vgl. Landmann-Rohmer, GewO, § 33 d Rn. 3). Darüber hinaus hat der Bundesgesetzgeber einerseits das „andere Spiel“ (§ 33 d GewO) von Spielen mit technischen Vorrichtungen (§ 33 c GewO), andererseits vom strafrechtlich geregelten Glücksspiel mit Zufallsabhängigkeit und „Einsatz“ abgegrenzt (§ 33 h Nr. 3 GewO). Das Gesetz enthält nicht den Begriff des Geschicklichkeitsspiels. Nicht zu folgen ist der in der Literatur zum Teil vertretenen Auffassung, § 33 d GewO betreffe grundsätzlich Geschicklichkeitsspiele mit der Ausnahme nach § 33 h Nr. 2 GewO (vgl. Landmann-Rohmer, GewO, § 33 d Rn. 3; a.A. Friauf, GewO, § 33 d Rn 7b,10: wonach Spiele um ganz geringwertige Beträge, auch wenn sie an sich dem Begriff des Glückspiels unterfielen, nicht als verbotene Glücksspiele anzusehen seien, weil bei ihnen allein die harmlose Unterhaltung von Bedeutung sei). Die hierfür gegebene Begründung, § 33h Nr. 3 GewO grenze das Glücksspiel als Zufallsspiel vom unbedenklichen Geschicklichkeitsspiel ab, trägt nicht. Es wird verkannt, dass der Bundesgesetzgeber zur Abgrenzung an den strafrechtlichen Glücksspielbegriff anknüpft. Zwar ist in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 8/1863) u.a. ausgeführt, dass „andere Spiele ….. Geschicklichkeitsspiele sein müssten“.

Vorangestellt ist dem jedoch der Zweck des § 33 h Nr. 3 GewO, der darin liegt, „die anderen Spiele im Sinne des § 33 d Abs. 1 Satz 1 - nachdem für Ausspielungen schon eine selbständige Regelung in § 33 h Nr. 2 besteht - von den Glücksspielen abzugrenzen“. Hierbei ist entscheidend, dass der Gesetzgeber sich im Gesetzestext ausdrücklich an den strafrechtlichen Glücksspielbegriff gebunden hat. Nichts anderes ergibt sich des Weiteren aus § 33 e GewO in der Fassung der Neuregelung vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2254).

Dem Bundeskriminalamt wurde durch die Erweiterung des § 33 e GewO die Handhabe geboten, die Unbedenklichkeitsbescheinigung für andere Spiele zu versagen, die aus Glücksspielen abgeleitet sind und bei denen die Gefahr besteht, dass sie in der Praxis demgemäß auch als Glücksspiele im Sinne des § 284 StBG veranstaltet werden (§ 33 e Abs. 1 Satz 2 GewO).

Auch hier knüpft der Bundesgesetzgeber ausdrücklich an den strafrechtlichen Glückspielbegriff an, der aber das Zufallsspiel betrifft, dem ein „Einsatz“ zugrunde liegt. Die Neuregelung des § 33 e GewO im Jahre 1993 erfolgte ferner nach Ergehen der Entscheidung des 4. Strafsenats des BGH vom 29. September 1986, wonach der Glücksspielbegriff einen Einsatz des Spielers im Gegensatz zu einem Unkostenbeitrag voraussetzt (BGHSt, a.a.O.).

Die Voraussetzung eines „Einsatzes“ für die Annahme des Straftatbestandes dient nach der strafgerichtlichen Entscheidung zudem nicht der Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze, wie der Beklagte meint, sondern er hält die Voraussetzung eines „Einsatzes“, der nicht ganz unerheblich sein soll, zur Abgrenzung zum bloßen Unterhaltungsspiel für geboten. Ferner geht das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Juni 1979 – 1 C 40.76- bei der Teilnahme an einem zufallsabhängigen Bingospiel nicht von einem Glückspiel, sondern einem „anderen“ Spiel im Sinne des § 33 d GewO aus, dessen Einsatz (drei bis vier Mark) versteckt durch Lösung einer Eintrittskarte zu einer Tanzveranstaltung geleistet wird und bei der ein Preis im Wert von 80 bis 120 DM gewonnen werden kann, mit der Begründung, die dargestellten Umstände verböten die Annahme, durch die Veranstaltung werde die natürliche Spielleidenschaft des Publikums wirtschaftlich ausgebeutet, das Vermögen der Besucher gefährdet oder sonstige Schutzzwecke tangiert.

Das Bundesverwaltungsgericht sieht von daher in seiner oben zitierten Entscheidung das der landesrechtlichen Kompetenz unterfallende materielle Glücksspielrecht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. März 1970, 2 Bv 01/65, BVerfGE 28, 119) beim unbedenklichen Zufallsspiel nicht tangiert und ordnet den Vorgang dem gewerblichen Spielrecht (§ 33 d GewO) zu. Abgrenzungsschwierigkeiten von unbedenklichem Zufallsspiel und bedenklichem Glücksspiel (Landmann-Rohmer, GewO, § 33 d Rn. 4), vermögen die eindeutige gesetzgeberische Unterscheidung von „anderen“ (gewerblichen) Spielen und dem an das Strafrecht gebundenen Glücksspielbegriff in § 33 h Nr. 3 GewO nicht in Frage zu stellen. Soweit mit der Klageerwiderung vorgetragen wird, die in Rede stehenden Pokerturniere könnten keine „anderen“ Spiele i.S.d. § 33 d GewO sein, weil sie insbesondere wegen der Voraussetzung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 33 e Abs. 1 GewO nicht genehmigungsfähig seien, ergibt sich nichts anderes. Die Frage, ob eine bestimmte Art einer gewerblichen Betätigung vorliegt, vermag nicht allein mit dem Argument verneinend beantwortet werden, es fehle an ihrer Genehmigungsfähigkeit.

Die normierten Genehmigungsvoraussetzungen, insbesondere nach § 33 e GewO lassen wegen der auch hier vorgesehenen Anknüpfung an das Strafrecht nicht den Schluss zu, „andere“ Spiele könnten nur Geschicklichkeitsspiele sein. Nach alledem erfasst die Auffangvorschrift des § 33 d GewO auch außerhalb der in § 33 h Nr. 2 GewO geregelten Ausspielungen auf Volksfesten, Schützenfesten und ähnlichen Veranstaltungen nicht nur Geschicklichkeitsspiele, sondern auch das zufallsabhängige Gewinnspiel gegen geringen Unkostenbeitrag, mithin die streitgegenständlichen Pokerveranstaltungen.

Von daher könnte die streitgegenständliche Pokerveranstaltung jedenfalls in der durch den Klageantrag umschriebenen Form auf der Grundlage der §§ 15 Abs. 2, 33 d Abs. 1 und 2, 33 e Abs. 1 Satz 2 GewO untersagt werden, sofern die Voraussetzungen vorlägen. Hierfür wären nach obigen Ausführungen die Kommunen und nicht der Beklagte auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrages und des Landesglücksspielgesetzes zuständig, mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Verfügung, soweit sie Streitgegenstand ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

Die Berufung ist zuzulassen, weil die Abgrenzung des Glücksspielbegriffs grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124, 124a VwGO).

(Unterschriften)