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Sportwettenvermittlung im Internet - OLG Köln, Urteil vom 09.12.05, Az.: 6 U 91/05

Autor

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Weder europarechtliche noch verfassungsrechtliche Vorgaben berechtigen zur Durchführung der streitgegenständlichen Sportwetten in Deutschland ohne behördliche Genehmigung. Es mag zweifelhaft sein, ob das mit dem Staatsmonopol (auch) in NRW verfolgte Ziel, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, nicht inzwischen so weit in den Hintergrund getreten ist, dass mit dieser Begründung die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nicht mehr gerechtfertigt ist. 
Nach Auffassung des Senats kommt es hiereauf aber nicht an. Denn auch wenn dies der Fall sein sollte, wäre man nicht berechtigt, sich in der beanstandeten Weise an den vorliegenden Sport­wetten zu beteiligen. Vielmehr obläge es den Betroffenen, bei der Landesregierung NW den Antrag auf Erteilung einer Zulassung zu stellen. Erst in dem sich dann anschließenden Verwaltungsverfahren wäre den Belangen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Lichte der EuGH-Recht­sprechung Rechnung zu tragen. Durch den insofern konstatierten Verstoß gegen die Strafnorm des § 284 Abs.1 StGB handeln die Beklagten im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG einer gesetzlichen Vorschrift zuwider, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten zu regeln. vgl hierzu auch unsere Serie zum Sportwetten- und Glücksrecht!

OBERLANDESGERICHT KÖLN

URTEIL

Aktenzeichen: 61 U 91/05

Entscheidung vom: 19. Dezember 2005

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18.11.2005 unter Mitwirkung seiner Mitglieder ...

f ü r    R e c h t     e r k a n n t:

 

1.) Die Berufung der Beklagten zu 2) bis 5) gegen das am 28.4.2005 verkündete Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 600/04 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Urteilstenor zu 3) wie folgt neu gefasst wird:
Die Beklagten zu 2) bis 5) werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die seit dem 1.7.2004 durch die Entgegennahme von Wetten derjenigen Teilnehmer erzielt worden sind, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz verteilen sich wie folgt:
Von den Gerichtskosten und den Kosten der Klägerin tragen diese 16 % und die Beklagten zu 2) – 6) 84 %. Die Kosten der Beklagten zu 2) bis 6) tragen diese selbst. Die Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin.
Die Kosten des Berufungsverfahrens verteilen sich wie folgt:
Von den Gerichtskosten und den Kosten der Klägerin tragen diese 18 % und die Beklagten zu 2) – 5) 82 %. Die Kosten der Beklagten zu 2) bis 5) tragen diese selbst. Die Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 2) bis 5) können jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist für jeden einzelnen Beklagten Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen:
Bei Vollstreckung des Anspruches auf

a) Unterlassung

70.000 €;

b) Auskunft

20.000 €;

c) Kostenerstattung

120 % der zu vollstreckenden Summe.

4.) Der Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten zu 2) bis 5) wird zurückgewiesen.

5.) Die Revision wird nicht zugelassen.

B e g r ü n d u n g

I

Die Klägerin veranstaltet in Nordrhein-Westfalen mit behördlicher Erlaubnis u.a. die Sportwette P.. Bei P. wettet der Teilnehmer auf den Ausgang bevorstehender Sportereignisse und erhält im Falle des Gewinns eine vorher festgelegte Gewinnquote. Die Sportwette P., die bundesweit von den 16 Landeslotteriegesellschaften gemeinsam durchgeführt wird, wird in verschiedenen Medien beworben, der jährliche Werbeetat beläuft sich auf knapp 5.000.000 €. Die Klägerin beanstandet die Beteiligung der Beklagten an einer im Internet von der J. D. Ltd mit Sitz in Zypern in Zusammenarbeit mit der Internetwetten AG in Österreich angebotenen Sport­wette als wettbewerbswidrig.

Die Beklagte zu 1), die teilweise auch als „E. T. Gesellschaft mbH“ bezeichnet wird, ist ein Wettunternehmen mit Sitz in H.. Ihr wurde unter ihrer damaligen Firmierung „T. H. GmbH“ am 28.8.1990 von dem Gewerbeamt der Stadt H. die aus der Anlage B 1 zur Klageerwiderung ersichtliche „Erlaubnis zum Abschluss und zur Vermittlung von Wetten, insbesondere aus Anlass sportlicher Veranstaltungen und der damit im Zusammenhang stehenden Nebengeschäften“ erteilt. Am 16.2.2004 erhielt sie von der steiermärkischen Landesregierung die „Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten im Bundesland Steiermark“ (Anlage B 3 zur Klageerwiderung). Als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) war seit dem 20.1.2003 der Beklagte zu 2) in das Handelsregister eingetragen. Dieser betreibt die Internetseite www.j..de, deren Impressum in der Vergangenheit die Be­klagte zu 1) als Betreiberin auswies. Inhaberin der Domain www.j..de ist die Beklagte zu 3), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 5) ist. Der Beklagte zu 4) war früher Mitgeschäftsführer der Beklagten zu 3), der Beklagte zu 6) war zeitweilig Administrator der Domain www.j..de. Die Nutzer dieser deutschsprachigen Internetseite wurden zumindest in der Vergangenheit – wie aus den screenshots ersichtlich ist, die auf den Seiten 3 bis 6 der angefochtenen Entscheidung eingeblendet sind - über verschiedene links auf die Internetseite www.j..com geleitet. Diese enthielt u.a. in deutscher Sprache das Angebot der J. D. Ltd zur Teilnahme an Sportwetten. Der so angesprochene Interessent musste sich vor einer Teilnahme registrieren lassen. Dabei war im Rahmen der Angabe der Anschrift das Wohnsitzland des Teilnehmers aus einem vorgegebenen Menü auszuwählen. Dieses Auswahlmenü enthielt auch die Länderangabe „Germany“. Wählte der Interessent für die Finanzierung seines bei der J. D. Ltd einzurichtenden Wettkontos die Überweisungsart „Banküberweisung“, so wurde ihm eine Kontonummer der Dresd­ner Bank genannt.

Die Klägerin hält das beschriebene Angebot der J. D. Ltd für ein (auch) in Deutschland durchgeführtes gem. §§ 284 Abs.1, 287 Abs.1 StGB verbotenes Glücksspiel und sieht die sechs Beklagten als Mittäter der zypriotischen Veranstalterin bzw. als Störer an. Sie hat, gestützt auf §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, 3 Ziff. 1 UWG, die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Nachdem der Beklagte zu 6) den gegen ihn gerichteten Unterlassungsanspruch anerkannt hatte, hat die Klägerin die Annexansprüche, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 6) richteten, zurückgenommen. Unter Modifizierung ihrer Anträge in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat sie sodann beantragt,

1.) die Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie nachfolgend wiedergegeben in der Bundesrepublik Deutschland ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben (es folgten die auf den Seiten 3 bis 6 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Ablichtungen),

2.) festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 5) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 1.7.2004 aus den in Ziffer 1) beschriebenen Handlungen in Nordrhein-Westfalen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

2.) die Beklagten zu 1) – 5) zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die mit oder aufgrund von Handlungen nach Ziffer 1) seit dem 1.7.2004 in Nordrhein-Westfalen erzielt wurden.

Die Beklagten zu 1) bis 5) sind den Ansprüchen entgegengetreten.

Sie haben die Auffassung vertreten, der Unterlassungsantrag sei zu unbestimmt und erfasse die konkrete Verletzungsform nicht. Zudem seien sie nicht passivlegitimiert. Die Strafnorm des § 284 StGB sei nicht erfüllt, weil die Beklagte zu 1), der auch die erwähnte weiterhin gültige Erlaubnis der Stadt H. zugutekomme, nicht selbst Veranstalterin der von der J. D. Ltd durchgeführten Sportwetten sei. Überdies verstießen die von der Klägerin angeführten Straftatbestände sowie das staatliche Glücksspielmonopol in Deutschland gegen die in den Art. 43 und 49 EGV niedergelegte Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Die zur Rechtfertigung des Glücksspielmonopols angeführte Begrenzung und Kanalisierung der Gefahren der Spielsucht werde durch die erheblichen Werbeaufwendungen der Klägerin und der übrigen Landeslotteriegesellschaften, die potenziell zur Förderung der Spielsucht geeignet seien, konterkariert. Die das staatliche Glücksspielmonopol begründenden Vorschriften stellten auch einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs.1 GG dar und führten zu einem Finanzmonopol, das entgegen Art. 105 GG und damit verfassungswidrig zustande komme. Schließlich sei die Klage auch deswegen abzuweisen, weil ihnen mit Blick auf die marktbeherrschende Stellung der Klägerin als Monopolistin ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung von Sportwetten aus § 20 Abs.1 GWB zustehe.

Der Auskunftsantrag bestehe zudem deswegen nicht, weil der - auch weitgehend verjährte - Anspruch auf eine ihr unmögliche Leistung gerichtet sei.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Teil-Anerkenntnis und Schlussurteil, auf das wegen der Begründung verwiesen wird, die Beklagten antragsgemäß verurteilt und ihnen die Kosten auferlegt.

Gegen diese Verurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten zu 1) bis 5). Diese wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Es fehle für einen Verstoß gegen die herangezogenen Straftatbestände schon – so meinen sie insbesondere - an dem notwendigen subjektiven Element, weil die Frage der Rechtswidrigkeit ausländischer Wettangebote auf dem deutschen Markt außerordentlich umstritten sei.

Zudem differenziere die Tenorierung nicht hinreichend zwischen ihrer unterschiedlichen Beteiligung und liege in der erstinstanzlich vorgenommenen Neufassung der Anträge eine Teilrücknahme der Klage, die in der Kostenentscheidung hätte Berücksichtigung finden müssen.

Die Beklagte zu 1) hat sich weiter auf die als Anlage ZL – B 2 vorgelegte Entscheidung des OLG H. vom 10.6.2004 berufen, wonach der bisher als ihr Geschäfts­führer in das Handelsregister eingetragene Beklagte zu 2) aus Rechtsgründen tatsächlich nie ihr Geschäftsführer geworden ist, und vorgetragen, sie habe in der Person ihres wahren Geschäftsführers B. Q. erst am 27.10.2005 von den hier streitgegenständlichen Vorgängen erfahren. Der Beklagte zu 2) sei mit dem Ziel bereits abgemahnt worden, dass er den von der Klägerin beanstandeten Internetauftritt unter Nennung ihres, der Beklagten zu 1), Namens unterlasse.

Daraufhin haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) im Termin zur Berufungsverhandlung den Rechtsstreit im Verhältnis zueinander in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt. Nach einem innerhalb der Spruchfrist eingereichten Schriftsatz der Beklagten zu 1) enthält die Internetseite unter Domain  www.j..de inzwischen den beanstandeten Hinweis auf sie nicht mehr.

Die Beklagten zu 2) - 5) beantragen, unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage abzuweisen, und stellen hilfsweise den Antrag, wegen ihren kartellrechtlichen Einwendungen den Rechtsstreit an den Kartellsenat des OLG Düsseldorf zu verweisen. Weiter hilfsweise stellen sie einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 712 ZPO.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, soweit der Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt worden ist, und stellt klar, dass mit dem Klageantrag zu 3) Auskunft begehrt wird über die Umsätze, die durch die Entgegennahme von Wetten derjenigen Teilnehmer erzielt worden sind, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben.

Wegen des weiteren Sachverhaltes wird ergänzend gem. § 540 Abs.1 S.1 Ziff.1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

II

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die antragsgemäße Neufassung des Urteilstenors zu 3) stellt lediglich eine redaktionelle Klarstellung und damit keinen Teilerfolg der Berufung dar.

Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, hat die Klägerin die Kosten zu tragen, weil die Klage gegen die Beklagte zu 1) bei streitigem Fortgang des Verfahrens auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes hätte abgewiesen werden müssen.

A

1.) Der Unterlassungsantrag ist auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten zu 2) bis 5) gegen diese aus den zutreffenden Gründen der landgerichtlichen Entscheidung, auf die einleitend zustimmend Bezug genommen wird, begründet. Die beanstandete Beteiligung der Beklagten zu 2) bis 5) an dem Angebot der J. D. Ltd im Internet zur Teilnahme an Sportwetten verstößt gegen § 284 Abs.1 und 4 StGB, weswegen der Klägerin der geltendgemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr.11, 8 Abs.1 und Abs. 3 Nr.1 UWG zusteht. Das gilt auch vor dem Hintergrund der vorgebrachten europa- und verfassungsrechtlichen Aspekte der Auseinandersetzung. Die Ein­wendungen der Beklagten zu 2) bis 5) gegen die Antragsfassung greifen ebenfalls nicht durch. Schließlich ist auch der hilfsweise gestellte Verweisungsantrag unbegründet, weil die Entscheidung des Streitfalls ein Eingehen auf katellrechtliche Fragen nicht erfordert.

Die Veranstaltung von Sportwetten durch die J. D. Ltd im Internet verstößt als Glücksspiel gegen § 284 Abs.1 StGB. Ein Glücksspiel im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn bei einem Spiel ein nicht unerheblicher Einsatz erbracht werden muss und die Entscheidung über Gewinn und Verlust zumindest im Wesentlichen nicht von Fähigkeiten, Kenntnissen oder dem Grade der Aufmerksamkeit des Spielers, sondern vom Zufall abhängt (vgl. BGHSt 2,274,276; 29,152,157; 36,74,80; NStZ 03,372). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Teilnehmer setzen – wovon ohne weiteres auszugehen ist - Beträge in nicht unerheblicher Höhe auf den Ausgang eines bevorstehenden Sportereignisses. Die Entscheidung über den nach festen Quoten ausgelobten Gewinn hängt damit zumindest ganz wesentlich vom Zufall ab. Der Ausgang von Sportwettkämpfen wird naturgemäß von der aktuellen körperlichen Verfassung und sonstigen „Tagesform“ der beteiligten Sportler beeinflusst, wes­wegen auch für denjenigen Teilnehmer, der auf Grund besonderer Kenntnisse die Chancen der beteiligten Sportler gut einzuschätzen vermag, letztlich der unkalkulierbare und unbeeinflussbare Zufall über den Ausgang der Wette und den Gewinn der ausgelobten Quote oder den Verlust des nicht unerheblichen Einsatzes entscheidet. Dementsprechend werden Sportwetten sowohl in der strafrechtlichen (BGH NStZ 03, 372) als auch in der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung (BGH GRUR 02,636 – „Sportwetten“; GRUR 04,693,695 – „Schöner Wetten) einhellig als Glückspiele im Sinne des § 284 StGB angesehen (vgl. auch Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 284 Rz 7 m.w.N.).

Die im Internet und damit öffentlich veranstalteten Glücksspiele werden auch in Deutschland, namentlich in Nordrhein–Westfalen, durchgeführt (§§ 3, 9 StGB). Das Angebot der J. D. Ltd richtet sich (auch) an den deutschen Verbraucher. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass es auf der von der österreichischen J. AG gehaltenen Domain www.j..com den Interessenten u.a. in deutscher Sprache offeriert wird. Zudem sieht die beschriebene Länderauswahl bei der zur Teilnahme notwendigen Angabe der An­schrift des Spielers die Länderbezeichnung „Germany“ für Deutschland vor und wird Teilnehmern aus Deutschland die Möglichkeit gegeben, ihre Wetteinsätze über eine Kontoverbindung der Dresdner Bank, also unter Einschaltung eines deutschen Bankhauses, zu entrichten. Zudem handelt es sich bei der von der Beklagten zu 3) betriebenen Domain www.j..de, von der aus die Interessenten auf die das Spielangebot enthaltende Internetseite www.j..com geleitet wird, um eine die Top-Level Domain „de“ für Deutschland aufweisende Domain und werden – was unstreitig ist – Anmeldungen und Wetteinsätze aus Deutschland und damit auch aus Nordrhein-Westfalen entgegengenommen.

Schließlich erfolgt die als Glücksspiel zu qualifizierende Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen auch ohne behördliche Erlaubnis. Gem. § 1 Sportwettengesetz NRW ist die Zulässigkeit von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen von der Erteilung einer Genehmigung der Landesregierung abhängig. Eine solche Genehmigung ist weder der Veranstalterin J. D. Ltd noch einem der Beklagten erteilt worden. Auf die Frage, ob etwa der J. D. Ltd oder der österreichischen J. AG in Zypern, Österreich oder einem anderen Land eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten erteilt worden ist, kommt es nicht an. Die Zulässigkeit der Durchführung von Glücksspielen in Deutschland setzt die Erteilung einer Erlaubnis durch eine inländische zuständige Behörde voraus (vgl. BGH a.a.O. „Sportwetten“ S. 637; „Schöner Wetten“ S. 695; OVG Münster NVwZ-RR 2003, 351 f). An einer solchen fehlt es. Die Beklagten zu 2) – 5) können sich insbesondere nicht auf die der Beklagten zu 1) erteilten Genehmigungen berufen. Die dieser von dem Ge­werbeamt der Stadt H. erteilte, als Anlage B 1 vorgelegte Gewer­beerlaubnis könnte allenfalls für die Beklagte zu 1) die Erlaubnis enthalten, selbst Sportwetten durchzuführen. Sie gestattet es indes schon der Beklagten zu 1) nicht, sich auf die vorliegend streitgegenständliche Weise an der Veranstaltung von Sportwetten zu beteiligen, die von anderen im Ausland und damit außerhalb der Kontrolle und Einflussmöglichkeit deutscher Aufsichtsbehörden durchgeführt werden. Zudem ist die Gewerbeerlaubnis der Stadt H. an die Person der Erlaubnisempfängerin gebun­­den und kommt damit den Beklagten zu 2) bis 5) nicht zugute. Hinsichtlich der als Anlage B 3 vorgelegten Bewilligung der steiermärkischen Landesregierung kommt hin­zu, dass diese nicht von einer inländischen Behörde erteilt worden ist.

Ist damit der objektive Tatbestand des § 284 Abs.1 StGB erfüllt, so teilt der Senat auch die Auffassung der Kammer, wonach die Beklagten zu 2) bis 5) sämtlich gemeinschaftlich im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB gehandelt haben und daher als Mittäter Unterlassungsschuldner sind. Die Beklagte zu 3) hat die Domain www.j..de zur Verfügung gestellt, auf der der Beklagte zu 2) das – allein – auf das deutschsprachige Publikum ausgerichtete Angebot betrieben hat, an Sportwetten teilzunehmen. Das Klagebegehren richtete sich von Prozessbeginn an gegen den Beklagten zu 2) persönlich, weswegen entgegen dessen im Schriftsatz vom 23.1. 2005 geäußerter Auffassung mit Blick auf dessen nur vermeintliche Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) eine Klageänderung, die zudem im Sinne der §§ 263, 525 ZPO sachdienlich wäre, nicht vorliegt. Beide Beklagten haben so gemeinschaftlich deutsche Wettinteressenten angelockt und diese alsdann auf die Internetseite www.j..com geleitet, wo ihnen die Teilnahme an den von der J. D. Ltd veranstalteten Sportwetten ermöglicht wurde. Die Beklagten zu 2) und 3) haben auf diese Weise hinsichtlich der Teilnehmer mit Wohnsitz in Deutschland und insbesondere auch in Nordrhein-West­falen gemeinschaftlich mit der J. D. Ltd die Sportwetten veranstaltet. Das gilt auch für die Beklagten zu 4) und 5). Diese kannten als (frühere) Geschäftsführer der Beklagten zu 3) den Inhalt der von jener betriebenen Internetseite. Hiervon ist schon nach der Lebenserfahrung auszugehen, zudem haben die Beklagten die entsprechende Behauptung der Klägerin nicht bestritten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) bis 5) berechtigen weder europarechtliche noch verfassungsrechtliche Vorgaben zur Durchführung der streitgegenständlichen Sportwetten in Deutschland ohne behördliche Genehmigung.

Der EuGH hat in der Entscheidung „Gambelli“ (NJW 04,139) unter Fortführung seiner früheren Rechtsprechung (EWS 94,204 - „Schindler“; EuZW 00,148 - „Läärä“; EuZW 00,151 – „Zenatti“) entschieden, dass nationale Regelungen, die strafbewehrte Verbote der Durchführung von Sportwetten enthalten, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Art. 43 und 49 EGV darstellen, wenn der betreffende Mitgliedsstaat keine Konzession oder Genehmigung erteilt. Diese Beschränkungen seien – abgesehen von den hier nicht einschlägigen Art. 45, 46 EGV - nur aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt und müssten jedenfalls dem Ziel dienen, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern. Soweit demgegenüber Behörden eines Mitgliedsstaates die Verbraucher dazu ermunterten, an Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zuflössen, sei die staatliche Regulierung nicht mit der Begründung zu rechtfertigen, es müsse im Sinne der sozialen Ordnung die Gelegenheit zum Spiel vermindert werden (a.a.O., Rz 62,63,65,69).

Es mag angesichts der von den Beklagten zu 2) bis 5) ausführlich geschilderten Werbeaufwendungen der Klägerin und der übrigen Landeslotteriegesellschaften zweifelhaft sein, ob das mit dem Staatsmonopol (auch) in NRW verfolgte Ziel, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, nicht inzwischen so weit in den Hintergrund getreten ist, dass mit dieser Begründung die durch den Genehmigungsvorbehalt des § 1 Sportwettengesetz NRW auf staatliche Unternehmen bewirkte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nicht mehr gerechtfertigt ist. Das lässt der Senat ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich offen. Denn auch wenn dies der Fall sein sollte, wären – wie bereits die Kammer zutreffend ausgeführt hat - die Beklagten zu 2) bis 5) jedenfalls nicht berechtigt, sich in der beanstandeten Weise an den Sport­wetten der J. D. Ltd zu beteiligen. Vielmehr obläge es ihnen, bei der Landesregierung NW den Antrag auf Erteilung einer Zulassung zu stellen. In dem sich anschließenden Verwaltungsverfahren wäre den Belangen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Lichte der EuGH-Recht­sprechung Rechnung zu tragen. Auch der BGH hat in Kenntnis des „Gambelli“-Urteils des EuGH in seiner Entscheidung „Schöner Wetten“ (GRUR 04,693,695) durch die in dem angefochtenen Ur­teil auf S.14 zitierte Formulierung entschieden, dass ein etwaiger Verstoß einzelner Landesvorschriften gegen die Art. 46 und 49 EGV nicht zur Erlaubnisfreiheit führt, sondern (nur) bei der Erteilung einer beantragten Erlaubnis zu berücksichtigen ist. Dem schließt sich der Senat gegen die von den Beklagten zu 2) bis 5) in deren Schriftsatz vom 23.11.2005 geäußerten Bedenken an. Es trifft nicht zu, dass die EuGH-Entscheidung „Gambelli“ einer Anwendung des § 284 StGB entgegenstünde. Der EuGH hat das staatliche (italienische) Sportwettenmonopol wie es Gegenstand seiner Entscheidung war, nur unter der oben näher beschriebenen Voraussetzung der Geeignetheit, der Spielsucht entgegenzuwirken und die Gelegenheit zum Spiel zu verringern, für mit Art. 46, 49 EGV vereinbar erklärt. Das bedeutet nicht, dass in einem Land, in dem das staatliche Glücksspielmonopol diesen sozialordnenden Zwecken nicht nachkommt, sondern (auch) zu dem Zweck genutzt wird, Geld für den Fiskus zu erwirtschaften, jedermann nach Belieben Glücksspiele und insbesondere auch Sportwetten betreiben dürfte. Vielmehr erklärt die Entscheidung für diesen Fall, in dem das Ziel einer Eindämmung der Glückspiele durch das Verhalten der staatlichen Lotteriegesellschaften in der Tat konterkariert wird, lediglich das staatliche Monopol auf dem Gebiet des Glücksspiels für unwirksam. Es steht damit einer nationalen Regelung nicht entgegen, die die Rechtmässigkeit von Glücksspielveranstaltungen von einem – im Lichte der vorstehenden Grundsätze  auszulegenden – Erlaubnisvorbehalt abhängig macht. Insbesondere schließt die Entscheidung „Gambelli“ es nicht aus, dass die Erteilung der Erlaubnis von der persönlichen Zuverlässigkeit und Bonität des Betreibers abhängig gemacht wird, wie dies in § 2 Sportwettengesetz NRW geschieht. Das Sportwettenmonopol dient auch den Interessen der Teilnehmer, indem es eine Gefährdung von deren Wetteinsätzen und Gewinnen durch unseriöse Spielmacher ausschließt. Sofern es sich wegen der Werbeaktivitäten der Klägerin und der übrigen Landeslotteriegesellschaften als mit Art. 46 und 49 EGV nicht vereinbar erweisen sollte, wäre dies kein Anlass, das Vermögen der Teilnehmer durch eine ungeprüfte Zulassung von Anbietern zu ge­fähr­den, die es auch unseriösen, z.B. wegen Vermögensdelikten vorbestraften oder verschuldeten Interessenten ermöglichen würden, Sportwetten anzubieten.

Der Senat sieht sich mit dieser Auffassung im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hat in seinen beiden Entscheidungen vom 27.9.2005 (1 BvR 757/05 und 1 BvR 789/05) in Ver­fahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Verbotsverfügung gem. § 80 Abs. 2 Ziff. 4 VwGO bzw. die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung gem. § 80 Abs. 5 VwGO zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches gegen eine Verbotsverfügung nicht  beanstandet.  Dabei hat es entscheidend darauf abgestellt, dass das Recht von Sachsen-Anhalt – dort hatten die Beschwerdeführer ihren Sitz bzw. Wohn­sitz – in den einschlägigen Bestimmungen des § 13 GlüG LSA für die Vermittlung von Sportwetten ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt enthalte, das im Einzelnen Kriterien nenne, unter denen die Erlaubnis zu erteilen sei. So habe der Landesgesetzgeber ein „rechtsförmiges und voraussetzungsvolles Verfahren zur Erlangung einer Erlaubnis für Wettvermittlungstätigkeiten geschaffen“. Damit unterscheide sich der Fall von demjenigen, der der Entscheidung vom 27.4.2005 (1 BvR 223/05) zugrundegelegen habe. Diese Ausführungen belegen zunächst, dass auch nach Auffassung des BVerfG die Rechtmäßigkeit der Durchführung von Sportwetten in Deutschland ungeachtet der vorstehend erörterten europarechtlichen Fragestellungen von der Erteilung einer Erlaubnis abhängig gemacht werden darf. In seinen Entscheidungen, die sämtlich nach dem „Gambelli“- Urteil des EuGH ergangen sind, hat das BVerfG nicht darauf abgestellt, dass tatsächlich die von dem EuGH für eine europarechtliche Konformität von staatlichen Wettmonopolen aufgestellten Anforderungen in Deutschland noch erfüllt seien. Zudem sehen auch die Bestimmungen des Sportwettengesetzes NRW – vergleichbar denen in Sachsen-Anhalt – ein Verbot mit einem in seinen Anforderungen ausformulierten Erlaubnisvorbehalt vor. So darf die Erlaubnis nach § 2 Abs.1 Sportwettengesetz NRW nur erteilt werden, wenn das Wettunternehmen Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung bietet. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn es an der persönlichen Zuverlässigkeit des Betreibers oder einer ordnungsgemäßen und transparenten Durchführung des Wettbetriebes fehlt. Weiter ist zur Auslegung des Begriffes „einwandfreie Geschäftsführung“ ergänzend auf die in dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (GVOBl. M - V S.258) vom 18.12.2003 getroffenen Regelungen abzustellen. Durch den Abschluss dieses Staatsvertrages hat der Landesgesetz­geber zwar unmittelbar Regelungen nur für solche Glücksspiele getroffen, die sich als Lotterien darstellen, die von ihm aufgestellten Anforderungen sind aber auf solche Glücksspiele, die als Sportwetten durchgeführt werden und damit keine Lotterien im engeren Sinne sind, zur Ausfüllung des Rechtsbegriffes „einwandfreie Geschäftsführung“ übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Erlaubnis für Sportwetten nach anderen, gar geringeren Anforderungen erteilt wissen will als für Lotterien, bestehen nicht. Es müssen danach z.B. der Reinertrag, die Gewinnsumme und die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen sowie Art und Umfang der Werbemaßnahmen angemessen sein (§§ 9, 14 Staatsvertrag). Schließlich sieht das Sportwettengesetz NRW in § 2 Abs.1 S.2 die Erteilung von Bedingungen und Auflagen vor, die sich u.a. auf die Gestaltung des Wettunternehmens und seine Überwachung beziehen können. Die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen ist damit derjenigen in Sachsen-Anhalt zumindest hinreichend ähnlich, um auf der Grundlage der erwähnten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 27.9.2005 die gesetzlichen Regelungen als verfassungskonform anzusehen. Den Betreibern der streitgegenständlichen Sportwetten steht es danach frei, eine Erlaubnis nach dem Sportwettengesetz NRW zu beantragen und sich in dem anschließenden Verwaltungsverfahren hinsichtlich des in § 1 Abs.1 Sportwettengesetz NRW normierten Staatsmonopols auf die nach ihrer Auffassung verletzten Art. 46, 49 EGV zu berufen. Sie sind demgegenüber aber nicht befugt, ohne jegliche Überprüfung der persönlichen und sonstigen Voraussetzungen das Sportwettengeschäft einfach zu betreiben.

Es besteht auch kein Anlass für eine Vorlage gem. Art. 234 EGV an den EuGH. Dieser hat in der Gambelli-Entscheidung (a.a.O. Rz 75) ausdrücklich festgeschrieben, es sei Sache der nationalen Gerichte zu prüfen, ob die nationale Regelung den europarechtlich maßgeblichen Zielen Rechnung trage. Allerdings hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 27.4.2005 (1 BvR 223/05) eine solche Vorlage im Hauptsacheverfahren für erforderlich gehalten. Diese Entscheidung betraf jedoch den hier nicht vorliegenden Sachverhalt, dass es nach dem be­treffenden Länderrecht des Freistaates Bayern an einem ausreichenden Regelwerk für die Erteilung einer Zulassung fehlte.

Der Senat lässt auch offen, ob die Regelungen des Sportwettengesetz NRW  einen verfassungswidrigen Eingriff in das Berufsausübungsrecht des Art. 12 Abs.1 GG darstellen. Sollte dies zu bejahen sein, so wären die Beklagten – wie oben dargelegt – gehalten, die erforderliche Erlaubnis des Landes zu beantragen und ggfls. verwaltungsrechtlich zu erstreiten. Auch dann wäre die Rechtslage nicht so, dass derzeit jeder Sportwetten anbieten dürfte, sofern er nur Interesse daran hat.

Schließlich kann für die Entscheidung auch offen bleiben, ob den Beklagten zu 2) bis 5) oder der hinter ihnen stehenden J. D. Ltd ein Anspruch auf Erteilung der fehlenden Genehmigung mit der Begründung zustehen könnte, die Klägerin und die übrigen Landeslotteriegesellschaften missbrauchten eine im Sinne der §§ 19, 20 GWB marktbeherrschende Stellung. Infolgedessen kommt die von den Beklagten zu 2) bis 5) hilfs­weise beantragte Verweisung der Sache an den Kartellsenat des OLG Düsseldorf zur Klärung dieser Frage nicht in Betracht. Auch wenn ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung auf kartellrechtliche Vorschriften gestützt werden können sollte, bleibt das Betreiben der Sportwetten aus den vorstehenden Gründen solange unzulässig, bis eine Genehmigung erteilt worden ist.

Die Beklagten zu 2) bis 5) handeln auch im Sinne des § 284 Abs.1 StGB vorsätzlich. Ihnen sind sämtliche Umstände bekannt, die die Strafbarkeit wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels begründen. Das stellen sie auch selbst nicht in Abrede, sondern berufen sich auf den Umstand, dass in der Rechtsprechung eine gewisse Unsicherheit über die Zulässigkeit privat durchgeführter Sportwetten eingetreten sei. Sie berufen sich damit der Sache nach auf einen Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Das geht jedoch fehl. Der auf eine Verletzung der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gegründete Unterlassungsanspruch aus  8 Abs.1 UWG setzt anders als der Strafanspruch des Staates ein Verschulden nicht voraus. Der Verletzer hat daher den Verstoß gegen eine von § 4 Nr. 11 UWG erfasste gesetzliche Vorschrift auch dann zu unterlassen, wenn er irrtümlich meint, zu seinem Handeln berechtigt zu sein. Es kommt hinzu, dass spätestens mit der Veröffentlichung der Entscheidung „Schöner Wetten“ des BGH feststand, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch in Ansehung der „Gambelli“-Entscheidung des EuGH ohne Erlaubnis durchgeführte private Sportwetten in Deutschland unzulässig sind.

Durch den Verstoß gegen die Strafnorm des § 284 Abs.1 StGB handeln die Beklagten im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG einer gesetzlichen Vorschrift zuwider, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten zu regeln (vgl. BGH „Sportwetten“ a.a.O., S. 637; „Schöner Wetten“ a.a.O. S.695; Baumbach/Hefer­mehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23.Aufl., § 4 Rz. 11.178 m.w.N.).

Die Beklagten zu 2) – 5) haben insbesondere in der Berufungsverhandlung die Auffassung vertreten, die Klage müsse als rechtsmissbräuchlich abgewiesen werden. Das Land NRW, das letztlich hinter der Klägerin stehe, greife einerseits die privaten Unternehmen an, die Sportwetten anbieten, ohne im Besitz einer Genehmigung zu sein, und sorge andererseits mit der restriktiven staatlichen Erlaubnispraxis dafür, dass private Anbieter eine Genehmigung überhaupt nicht erhalten könnten. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es geht schon nicht an, der klagenden Gesellschaft privaten Rechts aufgrund etwaiger staatlicher Einflussmöglichkeiten mit dem Bundesland NRW gleichzusetzen und unter dem Aspekt des Rechtsmissbrauchs anzulasten, was die Regierung und die Behörden des Landes vielleicht falsch machen. Zudem gründet sich der Klageanspruch auf eine Verletzung strafrechtlicher Vorschriften, die ein Konkurrent im Wettbewerb nicht hinnehmen muss. Schließlich ändert die von den Beklagten kritisierte staatliche Genehmigungspraxis nichts daran, dass die Genehmigung im Rechtsstaat notfalls mit Hilfe der Fachgerichte erstritten werden kann, wenn ihre Verweigerung nicht  rechtmäßig ist.

Schließlich hat die Kammer die Beklagten zu 2) bis 5) auch zu Recht nach den zuletzt gestellten Anträgen verurteilt. Die Beklagten zu 2) bis 5) haften als Mittäter für ihr unzulässiges Mitwirken an der Durchführung der Sportwetten, die durch die in den Antrag eingeblendeten Screenshots aus dem Internet konkretisiert sind. Einer Differenzierung ihrer Tatbeiträge bedarf es daher nicht.

Zutreffend hat das Landgericht auch in der Modifizierung der Anträge in der mündlichen Verhandlung eine redaktionelle Klarstellung gesehen, die keine Kostenfolgen hat. Indem die Klägerin anstelle des ursprünglichen Vermittelns nunmehr das Anbieten von Sportwetten in den Antrag aufgenommen hat, hat sie ersichtlich der Rechts­auffassung der Kammer Rechnung getragen, wonach die Beklagten bei dem vorgetragenen Sachverhalt nicht als Vermittler, sondern als Mittäter der unzulässigen Sportwetten anzusehen seien. Die zunächst in den Klageantrag zusätzlich aufgenommene Formulierung, wonach die Beklagten die Sportwetten nicht „sonst fördern“ dürfen, hatte keine über die beiden anderen Antragsalternativen hinausgehende Substanz, sodass ihr späterer Wegfall den Streitgegenstand nicht verändert hat.

2.) Nach dem Vorstehenden sind aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs.1 und 3 Nr.1 UWG i.V.m. § 242 BGB bzw. 9 UWG auch der Auskunftsantrag sowie der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht begründet. Die Beklagten zu 2) bis 5), die aus den dargelegten Gründen schuldhaft gehandelt haben, sind verpflichtet, der Klägerin zur Vorbereitung von bezifferten Schadensersatzansprüchen die begehrten Auskünfte über die in dem geltendgemachten Zeitraum erzielten Umsätze zu erteilen. Dabei wird von den Beklagten zu 2) bis 5) entgegen deren Auffassung keine unmögliche Leistung verlangt. Diese haben Auskünfte über die in ihrer Sphäre erzielten Umsätze zu erteilen. Das ist durch die oben antragsgemäß tenorierte Neuformulierung, nach der nur die Umsätze erfasst sind, die durch die Entgegennahme von Wetten der Teilnehmer erzielt wurden, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben, nunmehr ausdrücklich klargestellt worden. Entgegen den von den Beklagten geäußerten Bedenken ist dem Senat auch nicht ersichtlich, warum etwa bei konkreter Schadensberechnung die Zubilligung eines Schadensersatzes für die Klägerin als Mitbewerberin schon dem Grunde nach ausscheiden sollte, weil dies vom Schutzzweck der Norm nicht erfasst sei.

B.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärte haben, sind die Kosten der Klägerin aufzuerlegen, weil diese bei streitigem Fortgang voraussichtlich unterlegen gewesen wäre (§ 91 a Abs.1 ZPO).

Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wäre abzuweisen gewesen, weil das für ihre Haftung allein in Betracht kommende Verhalten des Beklagen zu 2), der im Namen der Beklagten zu 1) den beanstandeten Internetauftritt unter der Domain www.j..de betrieben hat, ihr nicht zuzurechnen ist.

1.) Die Beklagte zu 1) haftet nicht für eine Geschäftsführertätigkeit des Beklagten zu 2), weil dieser nicht ihr Geschäftsführer war. Seine Bestellung war – wovon die Parteien übereinstimmend ausgehen – unwirksam. Die früheren Geschäftsführer Dr. O. und W. hatten im Jahre 1991 unter Verstoß gegen § 181 BGB und damit mangels nachträglicher Genehmigung unwirksam Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1) veräußert. Wegen der zwischen den Parteien nicht umstrittenen Einzelheiten hierzu wird auf die ausführliche Sachdarstellung in dem Tatbestand des als Anlage ZL - B2 vorgelegten Urteils des OLG H. vom 10.6.2004 – 7 U 2358/04 verwiesen. Die spätere Bestellung des Beklagen zu 2) zum Geschäftsführer ist damit von Personen erfolgt, die nur vermeintlich Gesellschafter waren, und den Beklagten zu 2) nicht wirksam zum Geschäftsführer bestellen konnten.

2.) Die Beklagte zu 1) muss für das Handeln des Beklagten zu 2) auch nicht aus § 15 Abs.3 HGB einstehen. Die Vorschrift betrifft den Geschäftsverkehr und erfasst – wie die Klägerin selbst vorträgt – deliktische Ansprüche wie die vorliegend in Rede Stehenden nicht. Ebenso wie die Teilnehmer ihre Wetten nicht im Vertrauen auf die Richtigkeit der Eintragung des Beklagten zu 2) in das Handelsregister als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) abgeben, gründen sich die Ansprüche der Klägerin nicht auf deren Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Eintragung.

3.) Eine Haftung der Beklagten zu 1) hätte sich auch nicht aus § 31 BGB herleiten lassen. Nach dieser Vorschrift, die über ihren Wortlaut hinaus für alle juristischen Personen Geltung beansprucht (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 64.Aufl., § 31, Rz 3), muss sich die juristische Person das Handeln ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter zurechnen lassen. Der Klägerin ist einzuräumen, dass der Begriff des verfassungsmäßig berufenen Vertreters weit zu verstehen ist (vgl. BGH NJW 68, 391 f; Palandt-Heinrichs, a.a.O. Rz 6; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl. Rz 10; MüKO Reuter, BGB, 2. Aufl. § 31 Rz 19), gleichwohl lässt sich so eine Haftung der Beklagten zu 1) ebenfalls nicht begründen. Die Zurechnung des Verhaltens eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters gründet auf dem Umstand, dass die juristische Person den Handelnden mit der Ausübung der von diesem wahrgenommenen Funktion beauftragt hat. Dem Handelnden muss „durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung eine bedeutsame wesensmäßige Funktion der juristischen Person zur selbständigen eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen“ sein (BGH a.a.O. S. 392). Daran fehlt es, weil der Beklagte zu 2) aus den dargelegten Gründen nicht von den wahren Gesellschaftern mit den von ihm wahrgenommenen Aufgabe betraut worden ist. Für die Haftung aus § 31 BGB genügt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht die Stellung des Beklagen zu 2) als „faktisches Organ“, weil die wahren Gesellschafter auch diese Stellung des Beklagten zu 2) bei der Beklagten zu 1) nicht herbeigeführt oder zu verantworten haben. Ein anderes Ergebnis lässt sich schließlich nicht aus der Kommentierung von Reuter herleiten. Soweit dieser (a.a.O. RZ 19) die Haftung für „faktische“ Organe erwähnt, sind auch damit Personen gemeint, die von dem Unternehmen wirksam mit der Wahrnehmung bestimmter Leitungsfunktionen betraut worden sind. Das zeigen sowohl die  beispielhafte Aufführung von weisungsbefugten externen Personen in der Kommentierung selbst als auch die Verweisung auf die Entscheidung des Kammergerichts DB 96, 2381, weil in dieser die Haftung ebenfalls mit der Zuweisung bedeutsamer wesensmäßiger Funktionen zur selbständigen Erfüllung begründet worden ist.

4.) Wegen Fehlens einer wirksamen Beauftragung des Beklagten zu 2) hätte die Haftung der Beklagten zu 1) auch nicht aus § 8 Abs.2 UWG hergeleitet werden können.

5.) Schließlich hätte die Beklagte zu 1) auch nicht mit Erfolg als Störerin in Anspruch genommen werden können. Sie hatte allerdings vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme am 27.10.2005 an umgehend dafür zu sorgen, dass sie auf der Internetseite www.sportwetten.de nicht mehr als Betreiberin aufgeführt wurde. Dass sie dieser Obliegenheit nicht nachgekommen wäre, behauptet die Klägerin nicht und lässt sich auch dem Akteninhalt nicht entnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht, soweit sie sich nicht auf § 91 a ZPO gründet, auf §§ 97 Abs.1, 100 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Der Antrag der Beklagten zu 2) bis 5), ihnen gem. § 712 Abs.1 ZPO das Recht einzuräumen, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden, ist unbegründet. Die Beklagten zu 2) bis 5) haben keine ihnen durch eine Vollstreckung drohenden Nachteile vorgetragen, die über diejenigen hinausgingen, die üblicherweise mit der Vollstreckung von Unterlassungstiteln im gewerblichen Rechtsschutz verbunden sind.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich insbesondere durch die oben angeführten Entscheidungen „Gambelli“ des EuGH sowie „Sportwetten“ und „Schöner Wetten“ des BGH geklärt. Die Anwendung dieser Rechtsfragen auf den vorliegenden Einzelfall hat nicht im Sinne des § 543 Abs.2 Ziff.1 ZPO grundsätzliche Bedeutung. Ebenso ist aus diesem Grunde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs.2 Ziff.2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 2.8.2005 wie folgt festgesetzt: 

1.)       für den Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2005 auf:

 

440.000 €,

2.)       für den anschließenden Zeitraum auf:

360.000 €.

 

Von dem ursprünglichen Gesamtstreitwert von 500.000 € entfallen nach dem gem. §§ 48 Abs.1 GKG, 3 ZPO auszuübenden Ermessen des Senats auf die Zuvielforderung im Rahmen der Annexansprüche (Zeitraum bis zum 30.6.2004) und die übrigen Annexansprüche, soweit sie ursprünglich gegen der Beklagten zu 6) geltendgemacht worden sind, 20.000 €. Weitere 40.000 € entfallen auf den Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu 6), der am Berufungsverfahren nicht mehr als Partei beteiligt ist.

Der Senat schätzt das Interesse der Klägerin an der Verfolgung ihrer Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) auf 80.000 €. Durch die übereinstimmende Erledigungserklärung bezüglich dieser Beklagten hat sich der Streitwert daher um jenen Betrag weiter reduziert. Die durch die Beteiligung der Beklagten zu 1) entstandenen Kosten bleiben gem. §§ 48 Abs.1 GKG, 4 ZPO bei der Wertfestsetzung außer Betracht.

Unterschriften