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Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in Brandenburg im Eilverfahren bestätigt - OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.05.2009, Az.: 1 S 70.08

Leitsätzliches

Die tatsächlichen Gegebenheiten in Bezug auf die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages und dessen Umsetzung durch die Länder werden in einem Eilverfahren nicht überprüft. Anzeichen und Hinweise für vorschriftswidrige Werbung druch staatliche Anbieter nach den Neuregelungen der Länder reichen nicht aus, um bereits jetzt und im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes von einem die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes in Zweifel ziehenden Vollzugsdefizit auszugehen.

OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 1 S 70.08

Entscheidung vom 8. Mai 2009

 

In der Verwaltungssache

...

gegen

...

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berling-Brandenburg durch die Richter ..., ..., ..., ... und ... beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 2. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens, anhand dessen der Senat zu prüfen hat, ob die Begründung des angefochtenen Beschlusses das Entscheidungsergebnis trägt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), besteht keine Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.

I.

Die Antragstellerin nimmt in ihrer Betriebsstätte in …, u.a. die Annahme und Vermittlung von Sportwetten an den in Gibraltar ansässigen und von den dortigen Behörden lizenzierten Anbieter International Betting Association Ltd. vor. Nachdem dies dem Antragsgegner infolge einer hinsichtlich der beabsichtigten Tätigkeit zunächst unpräzis gehaltenen Gewerbeanmeldung vom 31. Juli 2007, mehrerer Betriebsbesichtigungen und der Beiziehung von Internetpublikationen der Antragstellerin sowie einer präzisierten Gewerbeanmeldung vom 28. August 2007 bekannt geworden war, ordnete er mit Ordnungsverfügung vom 11. September 2007 an, u.a. die Annahme und Vermittlung von Sportwetten mit Ablauf des Tages der Zustellung der Ordnungsverfügung einzustellen; für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung drohte der Antragsgegner unmittelbaren Zwang in Form der zwangsweisen Schließung durch Versiegelung der Betriebsräume in Potsdam an. Die Antragstellerin erhob dagegen am 13. September 2007 Widerspruch und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung erweise sich die angegriffene Ordnungsverfügung, an der der Antragsgegner auch unter Hinweis auf die seit dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage festhalte und die ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) finde, als rechtmäßig. Die geltend gemachten verfahrens- und verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragstellerin gegen das neue Lotterierecht griffen ebenso wenig durch wie ihre vorgetragenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols durch den Glücksspielstaatsvertrag (Anhang zu Art. 1 § 1 Satz 2 des Glücksspielgesetzes des Landes Brandenburg vom 18. Dezember 2007, GVBl. I 2007, 218, 227) und das Gesetz über öffentliche Lotterien, Ausspielungen und Sportwetten im Land Brandenburg und zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Lotterie- und Sportwettengesetz – LottGBbg -; Art. 2 des Glücksspielgesetzes, GVBl. I 218) diene der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und entspreche auch im Übrigen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261). Auch die Zwangsmittelandrohung sei nicht zu beanstanden, nachdem sich das gewählte Zwangsmittel - die Versiegelung der Betriebsräume – als das vorliegend zweckmäßigste Mittel zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung erweise.

Mit der fast 70seitigen Beschwerdebegründung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, macht die Antragstellerin dagegen im Kern geltend, das Verwaltungsgericht habe den Antrag zu Unrecht abgelehnt. Abgesehen davon, dass die Verfügung auf eine inhaltlich nicht mehr gültige Gesetzes- und Rechtslage gestützt und schon aus diesem Grunde rechtswidrig sei, habe das Verwaltungsgericht sich bei der Beurteilung ausschließlich am Wortlaut des Gesetzes und der vermeintlichen Absicht orientiert, ohne zu überprüfen, ob diese Regelungen tatsächlich ausreichend seien, um das vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigte Regelungsdefizit nunmehr zu kompensieren. Die Antragstellerin meint, dass weitaus suchtgefährdendere Spielbereiche wie etwa das Automaten- und das Casinospiel derzeit nicht neu geregelt seien. Es sei weiterhin auch ein tatsächliches Defizit festzustellen, weil der staatliche Anbieter weiterhin aktiv und über die Dachmarke „Lotto“ auch bei Sportveranstaltungen mittelbar für das Unterprodukt „Oddset“ auftrete sowie das Vertriebsnetz kaum reduziert worden sei. Glücksspielprodukte würden in Tabakläden, Tankstellen und auch klassischen Lottoannahmestellen, in denen auch Zeitschriften etwa für Kinder und Fahrscheine für den öffentlichen Nahverkehr verkauft würden, als Gut des täglichen Lebens vertrieben. Der neue Glücksspielstaatsvertrag verletze nicht nur Verfassungsrecht, sondern auch europäisches Recht, weil die mit der Beibehaltung des Sportwettenmonopols einhergehenden Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nicht den Anforderungen an die Rechtfertigung solcher Beschränkungen im Interesse der sozialen Ordnung genügten. Inzwischen habe, wie die Beschwerde im Einzelnen ausführt, eine Reihe erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte in parallel liegenden Verfahren in diesem Sinne entschieden, was die Erfolgsaussicht der Rechtsbehelfe im vorliegenden Verfahren aufzeige; jedenfalls müsse die Interessenabwägung anders ausfallen. Soweit der erkennende Senat entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin aufgehoben habe, genügten die diesbezüglichen Entscheidungen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an eine Entscheidung im Eilverfahren zu stellen seien; insoweit sei zwischenzeitlich im Übrigen der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin angerufen. Was schließlich die Androhung unmittelbaren Zwangs betreffe, sei nicht ersichtlich, warum vorliegend nicht die Androhung eines Zwangsgeldes ausreichen solle; die gesetzlichen Regelungen sähen insoweit ein Stufenverhältnis bei der Androhung von Zwangsmitteln vor. Der Antragsgegner tritt der Beschwerde mit einer entsprechend umfangreichen Erwiderung entgegen.

II.

Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe rechtfertigen eine Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Der Senat kann insoweit gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO von weiterer Begründung absehen, als er die Begründung der angefochtenen Entscheidung für zutreffend erachtet und ihr für die Rechtslage im Land Brandenburg folgt. Sie deckt sich mit der rechtlichen Bewertung der Regelungen des GlüStV, die der Senat seinen im Rahmen der Zuständigkeit für das Land Berlin getroffenen Entscheidungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. November 2008 – OVG 1 S 81.07 und OVG 1 S 203.07 – zur Veröffentlichung in juris vorgesehen, zuletzt etwa Beschluss vom 5. Februar 2009 – OVG 1 S 209.08 -; s. zur Rechtslage in Brandenburg bereits Senatsbeschluss vom 26. Februar 2009 - OVG 1 S 93.08 -). Der Senat teilt danach die von der Beschwerde gehegten Zweifel am Glücksspielstaatsvertrag und den Brandenburger Umsetzungsvorschriften im LottGBbg weder hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit noch hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht; auch die geltend gemachten Defizite stellen nicht in Frage, dass gegenwärtig das öffentliche Interesse, die Untersagung bereits vor Eintritt der Rechtskraft zu vollziehen, das Interesse an der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

Im Gegensatz zu der Beschwerdebegründung ist - entsprechend ständiger Rechtsprechung des Senats (s. zur Berliner Rechtslage etwa Beschluss vom 3. Dezember 2008 – OVG 1 S 104.08 -, S. 6 des Entscheidungsabdrucks) - zunächst nichts dagegen einzuwenden, die angefochtene Ordnungsverfügung mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 (s. Art. 1 § 1 Glücksspielgesetz des Landes Brandenburg, GVBl. I S. 218, und § 29 Satz 1 GlüStV) auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 dieses Staatsvertrages zu stützen; die ursprünglich auf § 13 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes (des Landes Brandenburg) gestützte Ordnungsverfügung wird dadurch in ihrem Wesen nicht verändert. Soweit die Beschwerde weiter bemängelt, dass die Prüfung des Verwaltungsgerichts am Wortlaut des Glückspielstaatsvertrages sowie des Lotterie- und Sportwettengesetzes und den damit verfolgten Regelungsabsichten ansetze, vermag der Senat diese Kritik nicht nachzuvollziehen. Bei einer rechtlichen Ausgestaltung, bei der - wie in § 9 Abs. 2 GlüStV geregelt - die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage ausgeschlossen sind, müssen entsprechend der gesetzlichen Regelung für die behördliche Aussetzung gesetzlich vollziehbarer Verwaltungsakte über Abgaben und Kosten in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen, letztlich also deutliche Erfolgsaussichten für die Rechtsbehelfe in der Hauptsache gegeben sein. Mit diesem Prüfungsmaßstab wäre es nicht vereinbar, sich sogleich in für das vorläufige Rechtsschutzverfahren untunlicher Weise auf einen Abgleich der tatsächlichen Verhältnisse vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006, während des durch diese Entscheidung zugebilligten Übergangszeitraumes und nach Geltung des neuen Glückspielstaatsvertrages zu konzentrieren, um daran anknüpfend festzustellen, dass die Neuregelung die vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Defizite nicht hinreichend abstelle. Die Vorstellung, dass die Aufrechterhaltung des Sportwettenmonopols in der Neuregelung schon deshalb als nicht hinreichend konsequent an dem Gemeinwohlbelang der Bekämpfung der Spielsucht und der Eindämmung der Wettleidenschaft ausgerichtet sei, jedenfalls für einen privaten Interessenten an der Veranstaltung und dem Vermitteln von Sportwetten unverhältnismäßige Beschränkungen enthalte, weil damit die tatsächlich gewachsenen Verhältnisse - auch unter Berücksichtigung der Übergangszeit - nicht gleichsam „auf einen Schlag“ mit den Zielen des Gesetzes in Einklang zu bringen sind, die die Landesgesetzgeber in ihrem Bemühen verfolgen, eine verfassungsgemäße und mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbare Rechtslage zu schaffen, ist dagegen wirklichkeitsfremd und von einem überzogenen Rechtspositivismus getragen. Sie verkennt jedenfalls die Anforderungen, die an Eignung und Verhältnismäßigkeit von Regelungen zu stellen sind. Denn für die Vereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Recht bedarf es zunächst nur der Schaffung eines Regelungsinstrumentariums, mit dem eine tatsächliche Anpassung des staatlichen Glücksspielangebots im Sinne der gesetzgeberischen Absicht der Suchtbekämpfung ermöglicht wird. Mängel in der tatsächlichen Umsetzung schlagen auf die Norm nur dann durch, wenn sie sich als Ausdruck eines normativen Defizits darstellen. Darüber hinaus ist bei der Bewertung der hier zur Überprüfung stehenden Regelungen nicht zu verkennen, dass eine gewisse Attraktivität und Erreichbarkeit des staatlichen Glücksspielangebots auch ein Element der Eignung der Regelungen zur Suchtbekämpfung darstellt, weil die mit dem Monopol beabsichtigte Kanalisierung des Spieltriebes im legalen Sektor nur dann gelingen kann, wenn der bei den Bürgern vorhandene Spieltrieb auch durch das staatliche Spielangebot angesprochen wird, anderenfalls ein Abgleiten in illegale Spielangebote, die ein freiheitlicher Rechtsstaat zwar mit den ihm zu Gebote stehenden präventiven und repressiven Mitteln bekämpfen, aber nie völlig verhindern können wird, zu befürchten wäre.

Das Beschwerdevorbringen lässt in der Verfolgung seines abweichenden, einen Schwerpunkt auf die tatsächliche Ausgestaltung legenden Prüfungsansatzes zudem Zweifel aufkommen, ob es realisiert hat, dass Prüfungsgegenstand die im Land Brandenburg geltenden Vorschriften sind, wenn auf Seite 7 der Begründungsschrift auf Umsetzungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen abgehoben wird und anschließend über Seiten hinweg Rechtsprechung von Verwaltungsgerichten aus anderen Bundesländern referiert wird. Das Ausführungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen etwa weicht von den in Brandenburg geltenden Vorschriften ab; eine Rezeption nordrhein-westfälischen Rechts wie in manchen Bereichen des Brandenburger Landesrechts ist hier nicht erfolgt. Auch die Ausführungen der umfänglichen Beschwerdebegründung zu tatsächlichen Diskrepanzen im Übrigen lassen die gebotene Auseinandersetzung mit dem entscheidungserheblichen Sachverhalt schon insofern vermissen, als sie keinen direkten Bezug zu den Verhältnissen im Land Brandenburg erkennen lassen. Die Beispiele für vermeintliche Anreizung und Ermunterung zum (staatlichen) Glücksspiel stammen sämtlich nicht aus dem Land Brandenburg. Soweit die Beschwerde die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages für verfassungs- und gemeinschaftsrechtswidrig hält, bringt der Senat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck, dass er diese Bedenken - entgegen der von der Antragstellerin in der Beschwerde erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin - nicht teilt. Zuletzt hat der Senat dazu das Folgende ausgeführt:

„1. Der Senat vermag die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts nunmehr geäußerten Bedenken gegen die Verfassungskonformität des Glücksspielstaatsvertrags und des Berliner Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag nicht zu teilen. Mit den unter nachfolgend 3. dargestellten Vorbehalten ist von der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung auszugehen.

Sowohl die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts als auch die zum Teil weitergehende Argumentation der Beteiligten sind diesbezüglich überholt, nachdem die Neuregelung bereits Gegenstand eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens gewesen ist; das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 928/08 – (hier zitiert nach juris) entschieden, dass der Glücksspielstaatsvertrag, das Berliner Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag und weitere, hier nicht einschlägige Regelungen anderer Bundesländer vorrangig dem Ziel dienen, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen, und dass damit überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt werden, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerfG ebenda, Orientierungssatz 3b). Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung u.a. ausgeführt (a.a.O., juris Rn. 29 ff., 39 ff.):

Insbesondere bei der Verhinderung von Glücksspielsucht und bei der wirksamen Suchtbekämpfung handelt es sich um besonders wichtige Gemeinwohlziele. Spielsucht kann zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen (vgl. BVerfGE 115, 276 304 f.>). Zwar haben unterschiedliche Glücksspielformen ein unterschiedliches Suchtpotenzial, wobei das von der Beschwerdeführerin vermittelte (...) weniger zu problematischem oder gar pathologischem Spielverhalten beiträgt als beispielsweise Geld- oder Glücksspielautomaten sowie Kasinospiele. Dies berührt jedoch nicht die Legitimität der von den Landesgesetzgebern verfolgten Ziele.

(...) Wird der Gesetzgeber - wie hier - zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der vom Bundesverfassungsgericht bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE 117, 163 183> m.w.N.). Hieran gemessen sind die Erwägungen der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. (...) Es kommt hinzu, dass die Landesgesetzgeber davon ausgehen, eine Ausweitung des Glücksspielangebots werde die bereits jetzt gegebene Suchtgefahr zwangsläufig vergrößern (vgl. NdsLTDrucks 15/4090, S. 62). Auch diese Prognose ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und stützt zusätzlich die Annahme einer Gefahr, zu deren Verhinderung Eingriffe in die Berufswahlfreiheit gerechtfertigt sein können.

Die angegriffenen Regelungen sind auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfGE 63, 88 115>; 67, 157 175>; 96, 10 23>; 103, 293 307>; 115, 276 308>). Die Regelungen zur Erlaubnispflicht und zu den Erlaubnisvoraussetzungen (§ 4 Abs. 1 und 2, § 9 Abs. 4, § 25 Abs. 6 GlüStV, § 13 Abs. 1, § 14 i.V.m. §§ 7 und 8 Abs. 5 AGGlüStV Bln, § 3 Abs. 4, § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 4, 7 Abs. 2, § 27 Abs. 3 NGlüSpG) sind sowohl dem Grunde als auch dem konkreten Inhalt nach geeignet, um die verfolgten Gemeinwohlziele durchzusetzen. Mithilfe des von den Ländern gewählten Prinzips des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt wird ein Kanalisierungseffekt erreicht, mit dem das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs gefördert wird. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen.

(..) Die in § 5 Abs. 1 bis 4 GlüStV normierten Werbeverbote und Werbebeschränkungen sind ebenfalls geeignet, zur Umsetzung der Ziele des Staatsvertrags und der ihn ergänzenden Landesgesetze von Berlin und Niedersachsen beizutragen. Auch hier erfolgt eine unmittelbare Verknüpfung mit dem Zielkatalog des § 1 GlüStV; denn die Werbung für öffentliches Glücksspiel darf ausdrücklich nicht in Widerspruch zu den dort aufgeführten Zielen stehen. Werbung ist zu unterlassen, wenn sie nach ihrer Form oder ihrem Inhalt zum Glücksspiel anreizt oder ermuntert und damit problembehaftetem Glücksspielverhalten Vorschub leisten könnte. Auch darf Werbung nicht mittels Medien erfolgen, die aufgrund ihrer "Reichweite in besonderem Maße zum Gefährdungspotenzial von Glücksspielen" beitragen (vgl. NdsLTDrucks 15/4090, S. 68). Die Regelung vermeidet Werbung mit Aufforderungscharakter und ist damit ein geeignetes Mittel, um zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht beizutragen.

Das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) ist geeignet, problematisches Spielverhalten einzudämmen. Das Spielen per Internet ist durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit sowie durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet. Hinzu kommt ein im Vergleich zur Abgabe des Lottoscheins in der Annahmestelle höherer Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes - und möglichen Verlustes von Geld - in den Hintergrund treten zu lassen. Die Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels zu beschneiden, bedeutet, die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen zu erschweren und ihm den Vorgang des Spielens bewusster zu machen. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegengewirkt werden. Hinzu kommt, dass nach wie vor erhebliche Bedenken bestehen, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt (vgl. BVerfGE 115, 276 315>). Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel. (...)

Die Eingriffe in die Berufsfreiheit sind zur Erreichung der von den Landesgesetzgebern angestrebten Ziele erforderlich. Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Gesetzgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 102, 197 218>; 115, 276 309>). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die die Landesgesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Abwendung der Gefahren, die mit dem Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen verbunden sind, für erforderlich halten, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfGE 25, 1 12, 19 f.>; 40, 196 223>; 77, 84 106>; 115, 276 309>). Solche milderen Mittel sind vorliegend nicht gegeben.

Mit Blick auf diese verfassungsrechtlichen Zusammenhänge sind die aus der Wesentlichkeitstheorie abgeleiteten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelung, die das Verwaltungsgericht sowie die Antragsteller in einer Reihe paralleler Verfahren vor dem Senat angeführt haben, nicht gerechtfertigt. Der Glücksspielstaatsvertrag und das Berliner Ausführungsgesetz enthalten hinreichende Regelungen, die Art und Zuschnitt der Sportwetten zum Gegenstand haben und den Entscheidungsspielraum der Verwaltung im Erlaubniserteilungsverfahren nachhaltig einengen. So ist in § 4 Abs. 4 GlüStV bestimmt, dass Glücksspiele im Internet weder veranstaltet noch vermittelt werden dürfen. In § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV ist ein Verbot organisatorischer Verbindungen von Sportveranstaltungen und Glücksspielveranstaltungen angeordnet. In § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV findet sich das Verbot einer Verknüpfung von Sportberichterstattung und Sportwetten. In § 21 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 GlüStV ist bestimmt, dass Wetten während laufender Sportereignisse verboten sind. § 21 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GlüStV verbietet die Glücksspielteilnahme via Telefon und SMS. Schließlich sind in § 21 Abs. 3 und § 22 Abs. 2 GlüStV Anforderungen an die organisatorische Durchsetzung von Spielersperren normiert. Damit hat der Gesetzgeber diejenigen Formen von Sportwetten selbst geregelt, denen ein besonders hohes Suchtgefährdungspotenzial innewohnt und die deshalb bei der Bekämpfung der Spielsucht besonders große Bedeutung haben, und zwar im Sinne eines auch den staatlichen Monopolveranstalter treffenden absoluten Verbots; ferner ergeben sich aus diesen Vorschriften Mindestanforderungen, die die Einhaltung dieser Verbote sicherstellen, sofern eine Erlaubnis erteilt wird.

Die Regelung weiterer Detailfragen insbesondere zur technischen Ausgestaltung der einzelnen Glücksspiele durfte der Gesetzgeber den Verwaltungsentscheidungen im Erlaubnisverfahren überlassen. Ein Regelungsdefizit im Sinne der Wesentlichkeitstheorie lässt sich angesichts der bereits im GlüStV selbst enthaltenen Regelungsdichte aus dem Zusammenspiel von grundsätzlichen Vorgaben im GlüStV und näherer Ausgestaltung im Erlaubniserteilungsverfahren nicht ableiten (ebenso BayVGH, Beschluss vom 2. Juni 2008 – 10 CS 08.1102 –, juris, Rn. 20 f.). Dies gilt auch für die Fragen der Durchsetzung der Werbebeschränkungen, der Festlegung eines Einsatzlimits und der (lediglich) graduellen Verminderung der Zahl der Annahmestellen. Bezüglich der Annahmestellendichte merkt der Senat ergänzend an, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung der Höchstzahl der zulässigen Annahmestellen auch berücksichtigen durfte, dass den vorhandenen Annahmestellen bzw. ihren Betreibern Bestandsschutz zukommt; er durfte sich deshalb für ein allmähliches Abschmelzen ihrer Anzahl entscheiden. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes der Annahmestellenbetreiber könne allein wegen der seit Verkündung der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts verstrichenen Zeitspanne keine Bedeutung zugemessen werden, verkennt, dass auch die jeweiligen Betreiber der Annahmestellen Träger der Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG sind, in deren Berufsausübung sowie in deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Landesgesetzgeber nicht beliebig eingreifen durfte.

2. Zur Frage der Vereinbarkeit des GlüStV und des AG GlüStV mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts teilt der Senat nicht die vom Verwaltungsgericht und den Antragstellern der Parallelverfahren geäußerten Bedenken.

a) Die Neuregelung ist in formeller Hinsicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Dies gilt zunächst unter dem Gesichtspunkt der Notifizierungspflicht für wettbewerbsbeeinträchtigende Rechtsnormen. Der GlüStV wurde von der Kommission notifiziert; eine Notifizierungspflicht auch des AG GlüStV ist mangels eines vom Inhalt des Staatsvertrags abweichenden Regelungsinhalts nicht ersichtlich (vgl. zur parallelen Rechtslage in Hessen: HessVGH, Beschluss vom 13. August 2008 – 7 B 29/08 –, Seite 4 des Entscheidungsabdrucks).

Ebenso wenig ergeben sich Bedenken gegen die formelle Gemeinschaftsrechtskonformität der Neuregelung unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Evaluierung von Gefahren, die mit dem Betreiben von Glücksspielen verbunden sind. Zwar hat der EuGH mit Urteil vom 13. November 2003 (- C-42/02 - Lindman, Slg. 2003, I. - 13519) darauf hingewiesen, dass Rechtfertigungsgründe, die von einem Mitgliedsstaat geltend gemacht werden können, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit der von diesem Staat erlassenen beschränkenden Maßnahme begleitet werden müssen, und beanstandet, dass die dem Gerichtshof übermittelten Akten kein Element statistischer oder sonstiger Natur aufwiesen, das einen Schluss auf die Schwere der Gefahren zuließe, die mit dem Betreiben von Glücksspielen verbunden sind oder gar auf einen besonderen Zusammenhang zwischen solchen Gefahren und der Teilnahme der Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedsstaats an in anderen Mitgliedsstaaten veranstalteten Lotterien hindeuteten (sog. "Lindman-Kriterien“). Andererseits hat der EuGH auch entschieden, dass aus dem Gemeinschaftsrecht keine Anforderungen an die Begründung einer nationalen Regelung hergeleitet werden könnten (EuGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - C-70/95 - Sodemare SA u. a., Slg. 1997, I. - 3395). Hiernach muss der nationale Gesetzgeber eine solche Evaluierung nicht bereits vor Schaffung und Inkraftsetzung einer einschränkenden Norm vorgenommen haben. Im Hinblick auf den dem Gesetzgeber für eine Gefahrenprognose grundsätzlich zuzugestehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum bei der Bekämpfung von Suchtgefahren muss es einer Beurteilung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, welche Anforderungen an den Gesetzgeber hinsichtlich der Beurteilung einer Suchtgefahr durch Sportwetten zu stellen sind und ob unter Berücksichtigung der danach relevanten Untersuchungen und Ergebnisse angenommen werden kann, der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum überschritten, indem er gemäß § 27 GlüStV dessen Regelungen erst innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten und ohne nähere Anforderungen an Inhalt und Reichweite einer solchen Evaluierung einer Rechtsfolgenabschätzung unterwerfen will (ähnlich HessVGH, Beschluss vom 13. August 2008 a.a.O., Seite 4 f. des Entscheidungsabdrucks).

b) Es ergeben sich auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die materielle Vereinbarkeit des GlüStV und des AG GlüStV mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - Gambelli u. a., aaO.) können Beschränkungen der Grundfreiheiten auf dem Gebiet der Wetttätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein; jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Der insoweit maßgebliche Begriff der Kohärenz, den das Gemeinschaftsrecht auch in Art. 3 EUV und Art. 11 EUV verwendet, bezieht sich auf das Erfordernis einer Abstimmung und widerspruchsfreien Gestaltung (vgl. Geiger, EUV-EGV, 3. Aufl. 2000, Rdnr. 12 zu Art. 1 EUV). Das bedeutet, dass verschiedene Maßnahmen zur Erreichung eines Zieles nicht im Widerspruch zueinander stehen dürfen und in ein stimmiges Konzept münden müssen. Es lässt sich gegenwärtig nicht feststellen, dass der Gesetzgeber diesen Anforderungen nicht gerecht würde, und zwar sowohl hinsichtlich der Widerspruchsfreiheit (sog. "innere Kohärenz") – dazu sogleich unter aa) – als auch hinsichtlich der Zusammenschau mit anderen Regelungen (sog. "äußere Kohärenz") – dazu nachfolgend bb) –.

aa) Anlass zu näherer Prüfung der inneren Kohärenz der Neuregelung bieten die Übergangsregelung in § 25 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, die Übergangsregelung in § 25 Abs. 6 GlüStV, die Sonderregelung für Rheinland-Pfalz in § 25 Abs. 3 GlüStV und der Umgang mit fortgeltenden Gewerbeerlaubnissen für die Vermittlung oder Veranstaltung von Glücksspielen nach dem Gewerbegesetz der DDR; durchgreifende Bedenken ergeben sich hiernach nicht.

Die zitierten Übergangsregelungen stellen die innere Kohärenz des GlüStV nicht grundsätzlich in Frage, sondern allenfalls für die Dauer ihrer zeitlichen Anwendbarkeit, mithin bis zum 31. Dezember 2008 (dazu im weiteren nachstehend unter 3.); zu aus diesen Regelungen abgeleiteten Zweifeln an der inneren Kohärenz des GlüStV über den 1. Januar 2009 hinaus sieht der Senat keine Anknüpfungspunkte.

Nach der Sonderregelung für Rheinland-Pfalz bleibt es diesem Bundesland weiterhin gestattet, das staatliche Glücksspielmonopol nicht selbst auszuüben, sondern dieses einer Gesellschaft des Privatrechts, an der das Land nicht – jedenfalls nicht mehrheitlich – beteiligt ist, zu überlassen. Hintergrund ist, dass der beabsichtigte Rückerwerb der privatisierten Gesellschaftsanteile der dortigen Lottogesellschaft durch das Land infolge eines Kartellverfahrens blockiert und für den Umgang mit dieser Blockade keine Vorsorge getroffen ist (vgl. insoweit OVG Koblenz, Beschluss vom 18. August 2008 – 6 B 10338/08.OVG WTRP –, Seite 7 f. des Entscheidungsabdrucks). Allerdings wird hierdurch das Konzept des GlüStV noch nicht in Frage gestellt; der tatsächlich in Rheinland-Pfalz bestehende Zustand erweist sich vielmehr als eine von den Vertragsschließenden des GlüStV und den Landesgesetzgebern der jeweiligen Ausführungsgesetze gerade nicht gewollte Abweichung vom Konzept des GlüStV (vgl. OVG Koblenz ebenda, ferner HessVGH, Beschluss vom 13. August 2008 a.a.O., S. 7 des Entscheidungsabdrucks). Die innere Kohärenz der Neuregelung wird durch eine ungewollte Abweichung von dem verfolgten Konzept aber nur dann in Frage gestellt, wenn es sich als nicht möglich oder politisch bzw. gesetzgeberisch nicht durchsetzbar herausstellt, für diese ungewollte Abweichung binnen angemessener Zeit Abhilfe zu schaffen. Schon die dieser Frage innewohnende zeitliche Komponente sprengt den Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes; die Frage ist daher bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens offenzuhalten.

Ähnliches gilt für den Umgang mit den derzeit noch fortgeltenden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 – 6 C 19.06 –, DÖV 2007, 119) Glücksspielerlaubnissen aus der Endzeit der DDR. Auch insoweit muss der näheren Aufklärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob und inwieweit sich die Absicht der betroffenen Länder, ggf. fortgeltende Gewerbeerlaubnisse für Sportwetten aus der Endzeit der DDR aufzuheben (vgl. dazu HessVGH, Beschluss vom 13. August 2008 a.a.O. S. 8 des Entscheidungsabdrucks), verwirklichen lässt; jedenfalls gegenwärtig sind keine durchgreifenden Zweifel an der inneren Kohärenz des GlüStV veranlasst.

bb) Anlass zu näherer Prüfung der äußeren Kohärenz bieten zum einen die von dem Regelungskonzept des GlüStV abweichende rechtliche Ausgestaltung der Pferdewetten und der Automatenspiele, zum anderen die Frage der Effektivität des von dem Gesetzgeber mit der Neuregelung zum 1. Januar 2008 verfolgten Konzepts; auch insoweit sind jedoch durchgreifende Bedenken nicht gegeben.

(1) Der Bereich der Pferdewetten wird ebenso wie der Bereich der allgemeinen Sportwetten von der konkreten Gefahr geprägt, die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten mit der Folge zu überschätzen, dass die Suchtgefahr mit der Überzeugung steigt, langfristig Gewinne verbuchen zu können. Im Unterschied zu dem für allgemeine Sportwetten geltenden staatlichen Monopol besteht jedoch nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I 1922, S. 335) in der Fassung vom 16. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2441), zuletzt geändert am 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), ein System zugelassener Buchmacher, denn dem Gesetzgeber erschien es ausreichend, lediglich Anforderungen der Sachkunde und der Zuverlässigkeit an Buchmacher zu stellen (vgl. BT-Drucks. 10/5532, S. 25). Hier wurde also kein staatliches Monopol für erforderlich gehalten, um die mit dem Gesetz verfolgten Ziele zu erreichen. Auch für den Bereich der Automatenspiele gibt es kein staatliches Monopol, obwohl dort die meisten Spieler mit problematischem oder gar pathologischem Spielverhalten anzutreffen sind, so dass sich dort die Bekämpfung der Spielsucht als besonders dringender Gemeinwohlbelang aufdrängt (vgl. hierzu HessVGH, Beschluss vom 13. August 2008 a.a.O., S. 8 f. des Entscheidungsabdrucks).

Der Senat vermag insoweit im vorliegenden Verfahren nicht die Feststellung zu treffen, der Gesetzgeber habe diesbezüglich den ihm auch gemeinschaftsrechtlich gegebenen Gestaltungsspielraum offensichtlich überschritten. Abgesehen davon, dass mit guten Gründen auch eine sektorale Betrachtung gemeinschaftsrechtlich in Erwägung zu ziehen ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Oktober 2008 – 6 S 1288/08 – ZfWG 2008, 446), setzt die Beantwortung der Frage, ob sich der Gesetzgeber mit der Schaffung sektoral unterschiedlicher Regelungen für einzelne, mehr durch historische Zufälligkeiten als durch systematische Kriterien voneinander abgegrenzte Teilbereiche des gesamten Glücksspielgeschehens noch innerhalb seines Gestaltungsspielraums bewegt, die Prüfung voraus, ob die Teilregelungen in ihrer konkreten Ausgestaltung trotz der sektoralen Unterschiede insgesamt gesehen jedenfalls stimmig das legitime Gemeinwohlinteresse wahren (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Februar 2008 – 13 B 1215/07 –, a.a.O.), etwa auch, ob der Gesetzgeber ein Monopolsystem im Hinblick auf den zu erwartenden Kontrollaufwand bei der Beteiligung privater Anbieter im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielraumes als weniger effektiv ansehen durfte (so BayVGH, Beschluss vom 2. Juni 2008 – 10 CS 08.1102 –, a.a.O.) und ob es andere Gründe gibt, für die verschiedenen Glücksspiele unterschiedliche Regelungen zu treffen und folglich auch verschiedene Regelungsmethoden vorzusehen. Diese Prüfung sprengt den Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes und muss – auch unter Berücksichtigung inzwischen vorliegender erstinstanzlicher Hauptsacheentscheidungen, die sich hierzu weder umfassend noch tragend äußern (s. dazu Urteile des VG Berlin vom 7. Juli 2008 – VG 35 A 167.08 u.a., dort etwa S 70 f. des Abdrucks) - der Klärung in den beim Senat anhängigen Berufungsverfahren vorbehalten bleiben.

(2) Ebenso wenig kann der Senat bei summarischer Prüfung feststellen, dass es der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Neuregelung deswegen an äußerer Kohärenz mangele, weil die Neuregelung strukturelle Defizite aufweise und von vornherein auf Ineffektivität angelegt sei. Diese vermeintlichen strukturellen Defizite, welche das Verwaltungsgericht in den Urteilen vom 7. Juli 2008 sowie, diesem folgend, die Antragstellerin und Antragsteller in Parallelverfahren geltend machen, beruhen überwiegend darauf, dass die Wesentlichkeitstheorie überspannt und die Regelung von Detailfragen im Zuge der Erlaubniserteilungsverfahren als unzureichend angesehen wird; dass dieser Ansatz nicht tragfähig ist, ergibt sich bereits aus dem vorstehend zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2008.

Allerdings ist zuzugestehen, dass Art und Ausmaß der von den staatlichen Monopolanbietern praktizierten Werbung noch immer Bedenken auslöst und nicht stets den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages entsprechen mag. Der Senat hält es jedoch für verfehlt, aus dem Umstand, dass sich die Glücksspielaufsicht bisher womöglich als noch nicht hinreichend effektiv erwiesen hat, um die Werbebeschränkungen des GlüStV vollständig durchzusetzen, vorschnell die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die gesetzliche Regelung auf fehlende Effektivität angelegt und deshalb im gemeinschaftsrechtlichen Sinne inkohärent sei. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Umstände, dass die Glücksspielaufsicht im Zuge der Trennung dieser behördlichen Aufgabe von den fiskalischen Aufgaben der Verwaltung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Neuregelungen umstrukturiert wurde und jedenfalls im Laufe des Jahres 2008 überdies mit zahlreichen Erlaubniserteilungsverfahren erheblich belastet war, ist ein längerer Beobachtungszeitraum erforderlich, um feststellen zu können, ob es sich bei der bisher möglicherweise unvollständigen Durchsetzung der im GlüStV angelegten Werbeverbote gegebenenfalls um typische Anlaufschwierigkeiten einer Neuregelung oder – was aber eher unwahrscheinlich ist - um ein normativ angelegtes, strukturelles Defizit handelt.

3. Der GlüStV und das AG GlüStV weisen jedenfalls für die Zeit nach Auslaufen der in ihnen angelegten Übergangsfristen auch keine normativ begründeten Vollzugsdefizite auf, die der Annahme ihrer Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtskonformität entgegenstünden.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 GlüStV durften die bisher erlaubt tätigen Glücksspielanbieter ihre Tätigkeit bis zum 31. Dezember 2008 fortsetzen, ohne zuvor ein an den Anforderungen des GlüStV ausgerichtetes Erlaubniserteilungsverfahren durchlaufen zu haben. Dementsprechend fehlte es bis zum 31. Dezember 2008 an wirksamen Einsatzlimits, an Bestimmungen zum Jugendschutz, zur Gestaltung von Werbung der einzelnen Annahmestelle sowie an Detailregelungen zur technischen Ausgestaltung der einzelnen Wettangebote. Auch die Ausnahmeregelung zu Internetwetten in § 25 Abs. 6 GlüStV galt nur bis zum 31. Dezember 2008. Diese Übergangsregelungen und die von diesen Regelungen aufgeworfenen Bedenken gegen die Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtskonformität des GlüStV, deretwegen der Senat bis zum 31. Dezember 2008 jeweils sichergestellt hatte, dass eine zwangsweise Durchsetzung der Verbotsverfügung bis dahin unterblieb, sind seither durch Zeitablauf erledigt. Zu einer über den 1. Januar 2009 hinausreichenden Regelung zugunsten privater Glücksspielanbieter besteht insoweit kein Grund.

Ein solcher Grund ergibt sich auch nicht aus Zweifeln, ob die behördenorganisatorische Trennung der Glücksspielaufsicht von den für die Finanzen und die Beteiligungsverwaltung des Antragsgegners zuständigen Behörden gemäß § 9 Abs. 6 GlüStV in Verbindung mit Nr. 5 der Anlage zum ASOG in der durch Art. V des Gesetzes vom 15. Dezember 2007 geänderten Fassung (GVBl. 2007 S. 614) ausreicht, um sicherzustellen, dass effektives ordnungsbehördliches Einschreiten nicht aus fiskalischen Motiven unterbleibt, wenn und soweit der staatliche Monopolveranstalter Werbung betreibt, die den Vorschriften des GlüStV nicht entspricht. Für eine vorschriftswidrige Werbung gab es in der Vergangenheit und zum Teil auch lediglich aus anderen Bundesländern Anzeichen und Hinweise. Sie reichen aber mit Blick auf die Zukunft nicht aus, um bereits jetzt und im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes von einem die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes in Zweifel ziehenden Vollzugsdefizit auszugehen. Vielmehr werden das Werbeverhalten der staatlichen Anbieter und das Vollzugsverhalten der Glücksspielaufsicht zu beobachten und einer näheren Würdigung zuzuführen sein.

4. Schließlich besteht an der sofortigen Vollziehung der gegen die Antragstellerin ergangenen Untersagungsverfügung ein überwiegendes öffentliches Interesse. Aus den Gründen, die das staatliche Wettmonopol und das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von privaten Sportwetten rechtfertigen, folgt zugleich ein besonderes öffentliches Interesse an der Vollziehung, da nur so die Verwirklichung der mit dem Verbot verfolgten Schutzzwecke sichergestellt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2006 - OVG 1 S 90.06 -, S. 17 f. des Entscheidungsabdrucks, bei juris Rn. 33 ff.). Die Dringlichkeit dieses Vollziehungsinteresses hat durch die Hauptsacheentscheidungen der Vorinstanz nichts eingebüßt, da deren – nicht rechtskräftige - Urteile nicht etwa auf einer erweiterten und besseren Erkenntnis des streiterheblichen Sachverhalts, sondern auf rechtlichen Ansätzen beruhen, denen schon im vorläufigen Rechtsschutz nicht gefolgt werden kann. Den öffentlichen Interessen, die die sofortige Vollziehung rechtfertigen, stehen keine gleichrangigen privaten Interessen der Antragstellerin gegenüber, ihre infolge der eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen zunächst unterbrochene gewerbliche Tätigkeit wieder fortzusetzen. Ihr Vertrauen darauf, sie könne die Vermittlung privater Sportwetten ungehindert betreiben, ist schon deshalb stark eingeschränkt, weil sie diese Tätigkeit aufgenommen hat, obwohl ihr – zumal als Buchmacher konzessionierten juristischen Person - das Verbot der Veranstaltung privater Wetten ohne behördliche Erlaubnis und die sich daran anknüpfenden ordnungs- und strafrechtlichen Konsequenzen bekannt gewesen sein mussten. Ihre unternehmerische Entscheidung, in ihren Wettbüros gleichwohl auch allgemeine Sportwetten für entsprechende Wettanbieter anzunehmen, war von vornherein risikobehaftet und verdient kein Vertrauen“ (Senatsbeschluss vom 5. Februar 2009 - OVG 1 S 209.08 -, S. 6 ff. des Entscheidungsabdrucks).

Soweit die Beschwerde geltend macht, eine Reihe erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte in parallel liegenden Verfahren habe in ihrem Sinne entschieden, was die Erfolgsaussicht der Rechtsbehelfe betreffe, und jedenfalls müsse die Interessenabwägung anders ausfallen bzw. soweit der erkennende Senat entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin aufgehoben habe, genügten die diesbezüglichen Entscheidungen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an eine Entscheidung im Eilverfahren zu stellen seien, teilt der Senat dies nicht. Der diesbezüglichen Kritik dürfte wtrp im Übrigen mit der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im hier interessierenden Zusammenhang - Beschluss vom 20. März 2009, 1 BvR 2410/08 - der Boden entzogen sein; in diesem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde eines im Land Niedersachsen ansässigen privaten Sportwettenanbieters zurückgewiesen und gegen die Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols in dem hier inmitten stehenden Glücksspielstaatsvertrag für das Eilrechtsschutzverfahren nichts einzuwenden gehabt.

Soweit sich die Beschwerde schließlich dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht auch gegen die Zwangsmittelandrohung - hier in Form der Versiegelung der Geschäftsräume der Antragstellerin - nichts einzuwenden gehabt hat, greift sie auch insoweit nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat das diesbezügliche Zwangsmittel als das hier zweckmäßigste Mittel zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung gehalten. Diese Erwägung entspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 30. Januar 2007 - OVG 1 S 127.06 -, S. 16 des Entscheidungsabdrucks) und ist im Hinblick darauf, dass mit der in Rede stehenden Annahme und Vermittlung von Sportwetten nicht unerhebliche Umsätze erzielt werden und sich eine Zwangsgeldandrohung so ggf. kaum mehr als effektiv erweisen kann, nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(Unterschriften)