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Marktbeherrschendes TK-Unternehmen muß Mitbewerbern Anschlüsse liefern - LG Frankfurt a.M., Urteil vom 22.04.2005, Az.: 3/11 O 133/04

Leitsätzliches

Ein Marktbeherrschendes Telekommunikationsunternehmen muß auch seinen Mitbewerbern seine Endkundenprodukte anbieten. In der Weigerung liegt eine unbillige Behinderung ohne sachlich gerechtfertigten Grund.

 

LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL


Aktenzeichen:  3/11 O 133/04

Entscheidung vom 22. April 2005

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat das Landgericht Frankfurt am Main - 11. Kammer für Handelssachen durch ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.04.2005

für Recht erkannt:

 

Das Versäumnisurteil vom 17.12.2004 wird aufrechterhalten.
Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Telekommunikationsmarkt.

Die Antragstellerin betreibt ein eigenes Telekommunikationsnetz und bietet über dieses eine Vielzahl von Dienstleistungen an. Sie ist auf das Geschäft mit großen und größten Unternehmenskunden spezialisiert, insbesondere entwickelt und betreibt sie (virtuelle) Unternehmensnetze. Dabei werden die Hauptverwaltung und einzelne Standorte der Kunden in der Regel direkt an das Netz der Antragstellerin angeschlossen oder dies geschieht mittels einer Mietleitung oder einer Richtfunkanbindung. Zur Anbindung von Kleinststandorten, wie „Home-Offices" oder abgelegenen Standorten, die Teil des jeweiligen Großprojektes sind und ohne die der Kunde nicht insgesamt versorgt werden konnte, musste die Antragstellerin bisher auf AGB-Produkte der Antragsgegnerin zurückgreifen.

Die Antragstellerin bestellte im eigenen Namen für den jeweiligen Nutzer bei der Antragsgegnerin einen Telefonanschluß auf der Basis des Endkundenangebots der Antragsgegnerin und stellte diesen den eigenen Endkunden zur Verfügung. Der im Netz der Antragsgegnerin geschaltete Anschluss wurde dann auf die Antragstellerin dauerhaft voreingestellt, so dass nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten möglichst alle Verbindungen von diesem Anschluss über das Netz der Antragstellerin geführt wurden. Die Antragsgegnerin rechnete die ihr nach der jeweiligen AGB-Preisliste zustehenden Entgelte gegenüber der Antragstellerin ab. Diese konnte über diese Konstruktion gegenüber ihren Kunden einheitlich als Vertragspartner auftreten und das Endkuridenprodukt der Antragsgegnerin mit der von ihr erbrachten Verbindungsleistung koppeln.

Die Antragsgegnerin belieferte die Antragstellerin mindestens seit dem 01.07.1995 in erheblichem Umfang mit derartigen Telefonanschlüssen. Sie hatte Kenntnis von deren Vorgehensweise und billigt diese, insbesondere gab sie ergänzende allgemeine Geschäftsbedingungen heraus, die die Haftungsverhältnisse zwischen der Antragsgegnerin und solchen Nachfragern regeln, die ihrerseits auf der Basis von den bei der Antragsgegnerin bezogenen Produkten Endkunden-Telekommunikationsdienstleistungen erbringen. Im Juli 2004 waren ca. 5.500 derartige Anschlüsse im Betrieb.

Bei der Antragstellerin hängen mehrere große Kundenbeziehungen von diesem seit Jahren praktizierten Verfahren ab.

Erstmals am 24.08.2004 erfuhr die Antragstellerin, dass sich die Antragsgegnerin weigert, Neubestellungen für Anschlüsse, die nicht von der Antragstellerin selbst genutzt werden, entgegenzunehmen bzw. bestehende Anschlüsse umzuziehen. Andere Wettbewerber der Antragsgegnerin sind ebenso betroffen.

Da die Antragstellerin dringend darauf angewiesen ist, laufende Verträge mit ihren Kunden zu erfüllen, hat sie mit Antrag vom 08.09.2004 die Beschlussverfügung der Kammer vom 09.09.2004 erwirkt, durch die der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, der Antragstellerin weiterhin auf Nachfrage Endkunden-Telefonanschlüsse (so genannte AGB-Produkte), insbesondere analoge Anschlüsse .(T-Net-Anschlüsse) und Standard-ISDN-Anschlüsse (T-ISDN-Anschlüsse) - auch zur Weiterüberlassung an Dritte - zu den Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die auch für sonstige Endkunden der Antragsgegnerin gelten, sowie Standortverlagerungen (Umzüge) bestehender Anschlüsse zu diesen allgemeinen Bedingungen vorzunehmen.

Die Antragsgegnerin hat gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt. Da sie in dem Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch vom 17.12.2004 säumig war, hat die Kammer durch Versäumnisurteil die einstweilige Verfügung der Kammer vom 09.09.2004 bestätigt und der Antragsgegnerin die weiteren Kosten des Verfahrens auferlegt.

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 12.01.2005 zugestellte Urteil hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 26.01.2005, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, Einspruch eingelegt.
Die Antragstellerin führt aus, sei sowohl bei der Einreichung des Antrags als auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung dringend auf die Weiterbelieferung mit AGB-Produkten angewiesen, da verschiedene Kundenprojekte im Falle eines Lieferstops gefährdet wären und ein Gesamtumsatzverlust in Höhe von 30 Mio. € als Schaden hochwahrscheinlich sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 21.04.2005 sowie auf die als Anlage AS 30 vorgelegte eidesstattliche Versicherung Bezug genommen.

Sie ist der Auffassung, dass sich der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Weiterbelieferung mit AGB-Produkten unter anderem aus dem Wettbewerbsrecht ergebe, da die Antragsgegnerin sie in unlauterer Weise gezielt behindere und sich durch ihr Verhalten einen Vorsprung durch Rechtsbruch verschaffe. Die im Markt für Endkundenanschlüsse marktbeherrschende Antragsgegnerin unterliege nach Telekommunikations- und Kartellrecht dem Diskriminierungsverbot sowie der Verpflichtung der Zugangsgewährung. Die Antragsgegnerin missbrauche diese Marktmacht, da sie ihr - der Antragstellerin - den Zugang zu Endkundenprodukten ohne sachlichen Grund verweigere und ihre Wettbewerbsmöglichkeiten dadurch erheblich beeinträchtige. Da die Lieferverweigerung ausweislich der Auskunft der Antragsgegnerin erfolge, um zu unterbinden, dass Wettbewerber Endnutzerleistungen bezögen, um sie an ihre eigenen ,Endkunden weiterzuverkaufen, diene das Verhalten der Antragsgegnerin nur dazu, Wettbewerber auf dem Endkundenmarkt von diesem fernzuhalten. Der Verstoß gegen § 42 Abs. 1 TKG stellt nicht nur einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 10 UWG, sondern auch gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar.

Die Antragstellerin beantragt,

 

I. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt am Main, AZ.: 3/11 O 133/04 vom 17.12.2004. wird aufrechterhalten.

Hilfsweise beantragt die Antragstellerin:

 

II. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung geboten, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,--€, ersatzweise Ordnungshaft von 6 Monaten, oder Ordnungshaft von 6 Monaten, zu unterlassen, gegen die vorläufige Anordnung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 08.10.2004 (Beschlusskammer 2, Az.: BK2a 04/028) zu verstoßen. Insbesondere wird der Antragsgegnerin aufgegeben, weiterhin der Antragstellerin AGB-Leistungen, d. h. Telefonanschlüsse und Anschlüsse des ISDN entsprechend den geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen Telefondienst (insbesondere T-Net-Anschlüsse und T-ISDN-Anschlüsse), i.V.m. den „Zusätzlichen Bedingungen für Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit", zu überlassen und die Überlassung nicht von dem Abschluss einer zusätzlichen „Duldungsvereinbarung" abhängig zu machen.

III. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung gem. § 888 ZPO aufgegeben, der Antragstellerin die in der Anlage AS 29 zu diesem Antrag benannten Endkunden-Telefonanschlüsse - auch zur Weiterüberlassung an Dritte - zu den Allgemeinen Bedingungen (AGB-Bedingungen) zur Verfügung zu stellen.

IV. Es wird im Wege der einstweiligen Verfügung festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, der Antragstellerin weiterhin auf Nachfrage Endkunden-Telefonanschlüsse (sog. AG B-Produkte), insbesondere analoge Anschlüsse (T-Net-Anschlüsse) und Standard-ISDN-Anschlüsse T-ISDN-Anschlüsse) - auch zur Weiterüberlassung an Dritte - zu den Bedingungen zur Verfügung zu stellen die auch für sonstige Endkunden der Antragsgegnerin gelten, sowie Standorteverlagerungen (Umzüge) bestehender Anschlüsse zu diesen allgemeinen Bedingungen vorzunehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

 

das Versäumnisurteil vom 17.12.2004 abzuändern, den Beschluss - einstweilige Verfügung - der Kammer vom 09.09.2004 aufzuheben und den auf seinen Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, das angerufene Landgericht sei nicht zuständig, da es sich bei dem TKG um Sektorenkartellrecht handele, das dem UWG und dem GWB vorgehe. Die Missbrauchsaufsicht gemäß § 42 Abs. 1-3 TKG dürfe gemäß § 42 Abs. 4 TKG ausschließlich von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTB) ausgeübt werden und schließe damit Ansprüche, die auf UWG und GWB gestützt werden, aus. Die Antragstellerin beabsichtige mit ihrer Vorgehensweise eine unzulässige Umgehung der gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeiten und greife damit in das Ermessen der Regulierungsbehörde ein.

Weiterhin lägen die strengen Anforderungen, die an den Erlass einer Leistungsverfügung zu stellen seien, nicht vor. Die Antragstellerin habe einen erheblichen Nachteil, der sich gegenüber der Durchführung eines Hauptsacheverfahrens ergeben würde, nicht dargelegt.

Die Aufrechterhaltung der Beschlussverfügung sei auch nicht mehr notwendig, da die RegTB am 08.10.2004 einen Einleitungsbeschluss im Missbrauchsverfahren im Rahmen einer nicht diskriminierungsfreien Behandlung von Telekommunikationsanbietern, die als Endkunden AGB-Produkte zu Endnutzerpreisen beziehen, bekannt gegeben habe und ihr - der Antragsgegnerin - bis zum Abschluss dieses Verfahrens im Wege einer vorläufigen Anordnung von Amts wegen aufgegeben worden sei, weiterhin Telekommunikationsdiensteanbietern AGB-Leistungen entsprechend den geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu überlassen und die Überlassung nicht von dem Abschluss einer zusätzlichen „Duldungsvereinbarung" abhängig zu machen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den als Anlage B 10 vorgelegten Beschluss Bezug genommen.

Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Leistung. Ihr - der Antragsgegnerin - könne keine missbräuchliche Ausnutzung ihrer Marktstellung im Sinne von § 42 Abs. 1 TKG vorgeworfen werden, da sie lediglich die gesetzliche Ratio hinter der Regelung des §150 Abs. 5 TKG nachvollziehe. Gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 3, 150 Abs. 5 TKG, die am 26.06.2004 in Kraft getreten seien, sei sie zu einem „entbündelten“ Anschluss-Resale-Geschäft erst nach Ablauf einer Übergangszeit von 4 Jahren verpflichtet. Es habe der gesetzgeberischen Intention entsprochen, vor dem 30.06.2008 überhaupt kein entbündeltes Anschluss-Resale-Geschäft zuzulassen, um die Investitionen von Teilnehmer-Netzanbietern zu schützen. Damit habe der gesetzlich gewollte Infrastrukturwettbewerb im Sinne von § 2 Nr. 3 TKG gefördert werden sollen. Die Überlassung des entbündelten Endkunden-AGB-Produktes stelle eine Umgehung der neuen gesetzlichen Vorschriften dar.

Es liege auch keine unlautere Behinderung vor, da sie lediglich den gesetzlichen Regelungen des TKG nachkomme. Daher fehle es auch an einem Rechtsbruch im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch ist zulässig, insbesondere ist er form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 339, 340 ZPO). Damit wird das Verfahren gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor Eintritt der Versäumnis befunden hat.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin ist die Beschlussverfügung vom 09.09.2004 auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

Das angerufene Landgericht ist zuständig, da es sich bei dem vorliegenden Verfahren um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 13 GVG handelt und keine besonderen Gerichte zuständig sind; insbesondere enthält § 42 TKG keine Zuweisung an ein anderes Gericht.

Die der RegTB in § 42 Abs. 4 TKG übertragene Missbrauchsaufsicht schließt eine Anrufung der ordentlichen Gerichte nicht aus (vgl. Art. 92 GG sowie die von der Antragstellerin als Anlage AS 16 vorgelegte Entscheidung des OLG Düsseldorf, MMR 2004, 247 ff).

Der für den Erlass der begehrten Leistungsverfügung erforderliche Verfügungsgrund liegt vor, da die Antragstellerin zur Abwendung wesentlicher Nachteile auf die Weiterbelieferung mit den AGB-Produkten dringend angewiesen ist. Die Antragstellerin hat im einzelnen dargelegt und glaubhaft gemacht (vgl. die als Anlagen AS 1, 3, 4 und 30 vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen), dass sie zur Erfüllung laufender Verträge dringend auf die Lieferung der bei der Antragsgegnerin bestellten AGB-Produkte angewiesen ist. Die Einstellung der Weiterbelieferung durch die Antragsgegnerin hätte zur Folge, dass die Antragstellerin begonnene Projekte nicht zu Ende führen und ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen könnte. Es ist offensichtlich, dass dies bei der Antragstellerin zu einem Verlust von Aufträgen, einer Beschädigung ihres Rufes in der Branche und damit zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führen würde. Bei einer Abwägung der wechselseitigen Interessen ist daher das Interesse der Antragstellerin an einer Weiterbelieferung mit AGB-Produkten höher zu bewerten als das Interesse der Antragsgegnerin in einem Eilverfahren nicht zu einer Leistung verpflichtet zu werden.

Die von der Antragstellerin dargelegte und glaubhaft gemachte weiterhin bestehende Notwendigkeit einer Weiterbelieferung mit AGB-Produkten entfällt auch nicht aufgrund des Einleitungsbeschlusses der RegTB vom 08.10.2004, durch den der Antragsgegnerin im Wege einer vorläufigen Anordnung aufgegeben wurde, Telekommunikationsdiensteanbietern weiterhin AGB-Leistungen zu überlassen. Die vorläufige Anordnung der Regulierungsbehörde im Rahmen ihrer Missbrauchsaufsicht, die bis zur endgültigen Entscheidung der Regulierungsbehörde jederzeit von Amts wegen aufgehoben werden kann und der Antragstellerin keine eigenen durchsetzbaren Rechte gewährt, hat keinen Einfluss auf das vorliegende Verfahren (vgl. Immenga/Mestmächer-Emmerich, GWB, 3. Aufl., § 32 Rn. 13).

Der Antragstellerin steht ein Anspruch auf Fortsetzung der Belieferung mit AGB-Produkten aus §§ 3, 4 Nr. 10, 11, 8 Abs. 1 UWG, 42 Abs. 1 TKG zu. Die Antragsgegnerin verhält sich missbräuchlich im Sinne von § 42 Abs. 1 TKG. Die Antragsgegnerin verfügt auf dem fraglichen Markt für Sprachtelefondienst unstreitig über eine beträchtliche Marktmacht im Sinne von § 42 Abs. 1 TKG. Dies wurde auch von der RegTB in dem Einleitungsbeschluss vom 08.10.2004 festgestellt. Die Antragsgegnerin nutzt ihre beträchtliche Marktmacht missbräuchlich aus, da sie andere Unternehmen - unter anderem die Antragstellerin - unmittelbar unbillig behindert bzw. deren Wettbewerbsmöglichkeiten ohne sachlich gerechtfertigten Grund erheblich beeinträchtigt werden. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, ihre AGB-Produkte unabhängig, vom Nutzungszweck diskriminierungsfrei zu überlassen. Gegen diese Verpflichtung hat die Antragsgegnerin durch die Einstellung der Weiterbelieferung Ende August 2004 verstoßen. Der Ausschluss der Überlassung der AGB-Produkte ist sachlich nicht gerechtfertigt; die Antragsgegnerin kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass sie lediglich die gesetzliche Ratio hinter § 150 Abs. 5 TKG nachvollziehe.

Die Antragsgegnerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass sie gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 3, 150 Abs. 5 TKG bis zum 30.06.2008 Anschlüsse zu Großhandelsbedingungen nur in Verbindung mit Verbindungsleistungen zur Verfügung stellen muss. Im vorliegenden Verfahren handelt es sich jedoch nicht um ein Resale-Produkt, sondern um ein Endkundenprodukt. Die Möglichkeit, dieses nur in Verbindung mit Verbindungsleistungen zur Verfügung zu stellen, sieht das Gesetz gerade nicht vor. Entscheidender Unterschied zwischen den Resale- und den AGB-Produkten ist, dass die Resale-Produkte gemäß § 30 Abs. 5 TKG zu einem Abschlag auf den Endnutzerpreis zur Verfügung gestellt werden müssen. Da die Antragstellerin für die von ihr beanspruchten AGB-Produkte jedoch den Endnutzerpreis entrichtet, greift der Gesetzeszweck, auf den sich die Antragsgegnerin stützt, nicht ein, Es besteht daher auch nach der Gesetzesänderung kein Grund, die Antragstellerin von der Überlassung der AGB-Produkte auszuschließen. Die Antragsgegnerin behindert die Antragstellerin dadurch auch unbillig in ihren Wettbewerbsmöglichkeiten, da es dieser nicht mehr möglich ist, unter Einbeziehung der AGB-Produkte der Antragsgegnerin ihren Kunden eigene Komplettangebote anzubieten.

Der Verstoß gegen § 42 Abs. 1 TKG stellt zugleich eine gezielte Mitbewerberbehinderung im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 10 UWG dar. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin erfasst § 4 Nr. 10 UWG auch die Behinderung einer unbestimmten Zahl von Mitbewerbern (vgl. Harte/Henning/Omsels, UWG, § 4 Nr. 10 Rn. 5).

Weiterhin stellt der Verstoß gegen § 42 Abs. 1 TKG zugleich einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar. § 42 Abs. 1 TKG ist eine Norm, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Bestimmung bezieht sich auf eine Tätigkeit am Markt, d.h. im Bereich des Waren- oder Dienstleistungsaustausches, und hat auch eine sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion, da eine Einhaltung bzw. ein Verstoß gegen die Vorschrift faktische Auswirkungen auf das Marktgeschehen hat. Damit ist ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 TKG als unlauter anzusehen.

Die Leistungsverfügung war zeitlich unbefristet zu erlassen, da die Antragsgegnerin die Rechtmäßigkeit der Fortdauer der Leistungsverfügung jederzeit im Abänderungsverfahren gemäß § 927-ZPO überprüfen lassen kann.

Im Hinblick auf die Vielzahl der durch das Verhalten der Antragsgegnerin beeinträchtigten Projekte der Antragstellerin war ihr die weitere Belieferung umfassend aufzugeben, ohne diese auf die derzeit konkret anstehenden Kundenprojekte zu beschränken.

Die einstweilige Verfügung war daher durch das Versäumnisurteil vom 17.12.2004 zu bestätigen und dieses auf den Einspruch der Antragsgegnerin gemäß § 343 ZPO aufrechtzuerhalten.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin als unterlegene Partei zu tragen (§ 91 ZPO).

Das Urteil ist ohne besonderen Ausspruch auch hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Unterschriften