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VG Köln, Beschluss vom 3. August 2001, Az: 1 L 1259/01 - Verpflichtung der DTAG Inkasso und Fakturierung von Mehrwertdiensten

Leitsätzliches

Die RegTP sollte durch das VG Köln im einstweiligen Rechtsschutz verpflichtet werden, den Beschluss vom 14. März 2000 (Umfang der Inkassierungs- und Fakturierungspflicht der DTAG)dahingehend abzuändern, dass die DTAG auch weiterhin Mehrwertdienste, insbesondere Content-Dienste, zu inkassieren und fakturieren hätte.

VERWALTUNGSGERICHT KÖLN

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 1 l 1259/01

Entscheidung vom 3. August 2001

 

In dem verwaltungsrechtlichen Verfahren

 

der,

 

Antragstellerin,

 

Prozessbevollmächtigte:

 

g e g e n

 

die

 

Antragsgegnerin,

 

Beigeladene:

 

Prozessbevollmächtigte:

 

wegen Telekommunikationsgesetz

hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts am 03.08.2001

 

K ö l n

 

durch

den Richter am Verwaltungsgericht die Richterin am Verwaltungsgericht den Richter am Verwaltungsgericht

 

beschlossen:

 

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, trägt die Antragstellerin.

 

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.

 

 

Gründe:

 

1.

Die Antragstellerin ist ein Telekommunikationsunternehmen und Inhaberin einer Lizenz nach § 6 TKG.

 

Die Beigeladene ist Rechtsnachfolgerin der XX bzw. der XX. Sie ist Eigentümerin der Telekommunikationsnetze der ehemaligen Deutschen Bundespost bzw. Deutschen Bundespost Telekom und der hierzu gehörenden technischen Einrichtungen. Sie bietet ihren Zusammenschaltungspartnern die Fakturierung und das Inkasso für das sog. offene Call-by-call sowie für sog. Mehrwertdienste (z.B. 0180- und 0190Nummern, Auskunftsdienste) an. Im März 1999 kündigte die Beigeladene die mit ihren Wettbewerbern geschlossenen Fakturierungs- und Inkassoverträge. Aufgrund einer neuerlichen Zusage führte sie sämtliche bislang vereinbarten Leistungen zunächst unverändert fort. Grund für diese Kündigung war, dass die Beigeladene ihre Fakturierungsleistungen ab dem 01.04.2000 nur in veränderter Form erbringen wollte und bestimmte Inkassoleistungen wie etwa die Forderungseinziehung im Lastschriftverfahren und die rechtliche Verfolgung der Forderungen ihrer Wettbewerber gar nicht mehr anbieten wollte.

 

Auf Beschwerde von Wettbewerbern hin leitete die Antragsgegnerin daraufhin ein Missbrauchsverfahren nach § 33 TKG gegen die Beigeladene ein. Nach vorheriger Beanstandung der von der Beigeladenen beabsichtigten Einstellung einzelner Fakturierungs- und Inkassoleistungen gem. § 33 Abs. 2 Satz 2 TKG legte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.03.2000 auf der Grundlage von § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG fest, welche Teilleistungen der Fakturierungs- und Inkassoleistungen die Beigeladene auch künftig zu erbringen hat. Nach dem Bescheid vom 14.03.2000 ist die Beigeladene zur außergerichtlichen und gerichtlichen Forderungsdurchsetzung sowie zur Bearbeitung von Beschwerden nicht mehr verpflichtet. Über den 31.12.2000 hinaus hat sie im Wesentlichen noch folgende Fakturierungs- und Inkassoleistungen zu erbringen: Die einheitliche Rechnungserstellung, die Entgegennahme der Gesamtrechnungssumme und den Ersteinzug der Gesamtrechnungssumme im Lastschriftverfahren sowie die Weiterleitung der auf Forderungen der Wettbewerber entfallenden Zahlungen an diese. Diese Verpflichtung besteht gegenüber Anbietern von Sprachtelefondienstleistungen (offenes Call-by-call), aber grundsätzlich auch gegenüber Anbietern von Mehrwertdiensten und von Internet-by-callDiensten. Hinsichtlich der Mehrwertdienste und der Internet-by-call-Dienste sind allerdings nach Ziff. 2 des Bescheides solche Dienstleistungen von der Fakturierungs- und Inkassierungspflicht ausgenommen, für die über das Verbindungsentgelt hinaus gesonderte Zahlungen anfallen oder für die - mit Ausnahme von Shared-Cost-Diensten - ein einheitliches Verbindungsentgelt erhoben wird, das sich nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Verbindung bestimmen lässt". Seit dem 01.07.2001 bietet die Beigeladene ihren Zusammenschaltungspartnern Fakturierungs- und Inkassoleistungen nur noch in dem mit Bescheid vom 14.03.2000 festgelegten Umfang an. Demzufolge lehnt sie es ab, die Fakturierung und das Inkasso von Entgelten für sog. "Content-Dienste" zu übernehmen, für die über das Verbindungsentgelt hinaus gesonderte Zahlungen anfallen oder für die ein einheitliches Verbindungsentgelt erhoben wird, das sich nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Verbindung bestimmen lässt. Unter derartigen "Content-Diensten" sind Fernabsatz-Angebote von Waren und Dienstleistungen zu verstehen, bei denen das Entgelt für die betreffende Dienstleistung oder Ware über die Telefonrechnung desjenigen Netzbetreibers abgerechnet wird, bei dem der bestellende Kunde seinen Telefonanschluss hat. Am 21.03.2000 hat die Antragstellerin Klage (1 K 2532/00) erhoben, mit der sie verlangt, dass die von der Antragsgegnerin an geordneten Fakturierungs- und Inkassoleistungen auch zeittaktunabhängige Entgelte für sog. "Content-Dienste" umfassen und dass die Beigeladene darüber hinaus für diese Entgelte auch die sog. erste Mahnung durchführt. Darüber hinaus hat sie am 17.06.2001 den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, mit dem sie die vorläufige Erstreckung der von der Antragsgegnerin angeordneten Fakturierungs- und Inkassoleistungen auch für zeittaktunabhängige Entgelte von sog. "Content-Diensten" begehrt.

 

Ihrer Auffassung nach ist die Antragsgegnerin gem. § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG verpflichtet, der Beigeladenen aufzuerlegen, dass diese die Fakturierung und das Inkasso auch für Entgelte von sog. "Content-Diensten" erbringt. Die Fakturierung und das Inkasso seien wesentliche Leistungen i.S.v. § 33 Abs. 1 TKG für das Angebot dieser Mehrwertdienste. Der Aufbau eines eigenen funktionierenden Abrechnungssystems sei ihr - der Antragstellerin - für die blocktarifierten Mehrwert- und Internet-by-Call Dienstleistungen nicht möglich, weil die Beigeladene als nahezu alleinige Netzzugangsanbieterin über die Bestandsdaten von nahezu 99 % aller Teilnehmeranschlussinhaber verfüge. Darüber hinaus sei es ihr auch rechtlich verwehrt, eine eigene Abrechnung der "Content-Dienste" vorzunehmen, weil § 15 TKV den Kunden das Recht gewähre, dass alle über ihren Teilnehmeranschluss abgewickelten Leistungen durch die Rechnung ihres Teilnehmernetzbetreibers abgerechnet werden. Die begehrte Fakturierung und das Inkasso seien auch intern genutzte Leistungen i.S.d. § 33 Abs. 1 TKG, weil die Beigeladene selbst bereits heute in vielfältiger Art zeittaktunabhängige Dienste anbiete, die sie mit der Telefonrechnung abrechne. Bei einem Wegfall der Abrechnung "blocktarifierter" Mehrwertdienste anderer Diensteanbieter, würde die Beigeladene als einzige Anbieterin verbleiben, die Entgelte für diese Mehrwert- und Internet-by-Call-Dienste wirtschaftlich fakturieren und inkassieren könne. Die Weigerung der Beigeladenen, die Fakturierung und Inkassierung von Entgelten für "Content-Dienste" anderer Anbieter zu übernehmen, sei missbräuchlich, weil sie damit ihr faktisches Monopol im Ortsnetzbereich dazu nutze, diese Monopolstellung auf zeittaktunabhängige Mehrwertdienste und das sog. "Micro- und Macropayment" auszudehnen. Schließlich sei auch der für die begehrte einstweilige Anordnung erforderliche Anordnungsgrund gegeben. Ihr drohe durch die Aufgabe der Fakturierung und Inkassierung der streitigen Entgelte durch die Beigeladene ein irreparabler wirtschaftlicher Schaden. Denn ohne die Fakturierung und Inkassierung durch die Beigeladene könne sie die streitigen "blocktarifierten" Mehrwertdienste nicht mehr anbieten. Die "blocktarifierten" Mehrwertdienste hätten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Wachstum von 1.000 % erzielt. Ihr Anteil am Gesamtumsatz ihrer Mehrwertdienste betrage zur Zeit bereits 5 %. Durch die Weigerung der Beigeladenen, die Fakturierung und Inkassierung der "blocktarifierten" Mehrwertdienste zu übernehmen, befürchte sie einen Umsatzverlust von 20 Mio. DM im Jahr. Durch die begehrte Anordnung werde die Hauptsache nicht vorweggenommen, weil durch sie nur der bisherige Status quo aufrechterhalten bleibe. Dies folge daraus, dass die Beigeladene die streitigen Entgelte bis zum 30.06.2001 fakturiert und inkassiert habe.

 

Die Antragstellerin beantragt,

 

1. die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 1 K 2532/00 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 21.02.2001 und 14.03.2001 insoweit anzuordnen, als durch diese Bescheide die Leistungspflicht der Beigeladenen wie folgt eingeschränkt wird:

 

„wobei hinsichtlich Mehrwertdiensten und Internet-by-Call solche Dienstleistungen nicht erfasst werden müssen, für die über das Verbindungsentgelt hinaus gesonderte Zahlungen anfallen oder für die - mit Ausnahme von Shared-Cost-Diensten ein einheitliches Verbindungsentgelt erhoben wird, das sich nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Verbindung bestimmen lässt",

 

2. die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Beigeladenen aufzugeben, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung ihres Hauptsacheverfahrens 1 K 2532/00 für sie Fakturierungs- und Inkassoleistungen hinsichtlich Mehrwertdiensten und Internet-by-Call auch für solche Dienstleistungen zu erbringen, für die über das Verbindungsentgelt hinaus gesonderte Zahlungen anfallen oder für die ein einheitliches Verbindungsentgelt erhoben wird, das sich nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Verbindung bestimmen lässt. Die Inkassoleistungen umfassen hierbei nur den Ersteinzug der Forderung und die Weiterleitung der inkassierten Beträge an sie.

 

Die Antragsgegnerin beantragt,

 

den Antrag abzulehnen.

 

Ihrer Ansicht nach ist der Antrag zu 1) unzulässig. Ein Rechtsschutzinteresse für einen Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei nicht gegeben, weil eine Vollziehung der Bescheide vom 21.02.2000 und 14.03.2000 gegenüber der Antragstellerin nicht möglich sei. Der Antrag zu 2) sei unbegründet. Auf die Vorschrift des § 33 Abs. 2 TKG könne die Antragstellerin ihr Begehren nicht stützen. Diese Bestimmung diene nicht der Durchsetzung eines allgemeinen Gleichbehandlungsgebotes, sondern sei eine spezielle Regelung zur Ermöglichung von Telekommunikationsdienstleistungen. Hieraus folge, dass sie - die Antragsgegnerin - die Beigeladene nur zum Angebot von solchen Leistungen verpflichten könne, die wesentlich für die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen seien. Die Antragstellerin begehre aber nicht das Inkasso für Telekommunikationsdienstleistungen, sondern für Mehrwertdienste, Warenlieferungen und sonstige Dienstleistungen. Weiterhin sei das Inkasso für die in Rede stehenden "Content-Dienste" auch nicht wesentlich, weil andere Abrechnungsmöglichkeiten bestünden. So könnten bereits jetzt im geschlossenen Call-by-call Waren und Dienstleistungen veräußert werden. Dabei werde per Lastschrift oder Kreditkarte gezahlt. Auch die Zahlung mittels sog. Geldkarten oder auch durch prepaid-cards sei denkbar. Darüber hinaus stünden den Anbietern von den sog. "Content-Diensten" auch andere Vertriebswege offen, bei denen die Entgelte für die Waren oder die Dienstleistungen getrennt von dem Entgelt für die Verbindungsleistung etwa durch Zahlung per Nachnahme oder per Rechnung entrichtet würden. Müsste die Beigeladene auch die Entgelte für die "Content-Dienste" abrechnen, so würde sie ohne sachlichen Grund zum "Kreditkarteninstitut der Nation" gemacht. Schließlich sei auch der nötige Anordnungsgrund nicht gegeben. Ein drohender irreparabler Schaden sei nicht glaubhaft gemacht. Auch ein Auschluss vom Markt drohe der Antragstellerin tatsächlich nicht. Denn es stehe ihr frei, ggfls. im Zusammenschluss mit anderen Wettbewerbern ein eigenes Abrechnungssystem aufzubauen oder aber die mittlerweile zahlreichen Angebote entsprechender Inkasso- und Fakturierungsunternehmen am Markt zu nutzen.

 

Die Beigeladene beantragt,

 

den Antrag abzulehnen.

 

Ihrer Ansicht nach ist sie nicht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG verpflichtet, das Inkasso für telekommunikationsfremde "Content-Dienste" zu erbringen. Das TKG verfolge nicht den Zweck, beliebige wirtschaftliche Geschäftsideen zu unterstützen, sobald nur bei ihrer Anbahnung oder Abwicklung in irgendeiner Weise Telekommunikationsmittel eingesetzt würden. Sinn und Zweck des TKG sei es, den Wettbewerb spezifisch im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen als solche zu fördern. Damit sei sie auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 TKG zur Fakturierung und zum Inkasso allenfalls verpflichtet, soweit das Inkasso einen unmittelbaren Bezug zur erbrachten Telekommunikationsdienstleistung aufweise. Dies sei beim Inkasso der "Content-Dienste" nicht der Fall, weil es hier ausschließlich um die Bezahlung von Waren und Dienstleistungen gehe, deren Angebot und Bezug mit der Telekommunikationsdienstleistung als solcher nichts zu tun hätten.

 

Schließlich stehe der begehrten einstweiligen Anordnung das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Wenn die Antragstellerin von der Erhaltung des Status quo spreche, so übersehe sie, dass das nunmehr anstehende Ende ihrer der Beigeladenen - vertraglichen Verpflichtung zur Durchführung des Inkasso die Rechtslage ohne weiteres verändere. Der Erlass der begehrten Anordnung würde daher keineswegs den bestehenden Zustand fortsetzen, sondern würde die bisher auf vertraglicher Grundlage bestehende Verpflichtung zum Inkasso auf eine neue

rechtliche Grundlage stellen.

 

II.

 

Der Antrag hat insgesamt keinen Erfolg.

 

1. Der Antrag zu 1) ist bereits unzulässig. Die Klage der Antragstellerin ist nicht geeignet, aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO zu entfalten, weil das mit ihr verfolgte Rechtsschutzziel, nämlich die Ausweitung der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.03.2000 festgelegten Fakturierungs- und Inkassopflichten der Beigeladenen, allein mit der Verpflichtungsklage erreicht werden kann. Für eine ergänzende Anfechtung der Bescheide vom 21.02.2000 und vom 14..03.2000 besitzt die Antragstellerin nicht das notwendige Rechtsschutzinteresse, weil die genannten Bescheide keine Verwaltungsakte mit Doppelwirkung i.S.v. § 80 a Abs. 1 VwGO sind. Denn diese sind für die Beigeladene ausschließlich von belastender Natur, weil sie ihr die Durchführung bestimmter Fakturierungs- und Inkassoleistungen auferlegen. Dies gilt auch, soweit die genannten Bescheide sog. zeittaktunabhängige "Content-Dienste" von der Fakturierungs- und Inkassierungspflicht ausnehmen. Dies folgt daraus, dass diese Einschränkung die der Beigeladenen auferlegten Fakturierungs- und Inkassopflichten lediglich konkretisiert und deshalb nicht von ihnen zu trennen ist.

 

2. Der Antrag zu 2) ist unbegründet. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

 

Mit ihrem Antrag erstrebt die Antragstellerin eine teilweise Vorwegnahme der mit ihrer Klage vom 21.03.2000 im Verfahren XX verfolgten Hauptsache. Dem kann sie nicht entgegenhalten, dass die begehrte Anordnung lediglich auf vorläufige Wahrung des status quo gerichtet sei, weil die Beigeladene bislang Fakturierungs- und Inkassoleistungen auch für die streitigen "Content-Dienste" erbracht habe. Denn insoweit verkennt die Antragstellerin, dass die bisherige Erbringung der Fakturierung und des Inkasso durch die Beigeladene auf vertraglicher Grundlage erfolgte, wohingegen die mit der vorliegenden Anordnung geltend gemachte Verpflichtung der Beigeladenen auf eine neue, nämlich die gesetzliche Grundlage des § 33 TKG gestützt wird. Der Erlass einer die Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt - neben einem mit überwiegen der Wahrscheinlichkeit bestehenden Anordnungsanspruch - im Rahmen des Anordnungsgrundes voraus, dass die gerichtliche Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, weil die Antragstellerin sonst Nachteile zu erwarten hätte, die für sie unzumutbar wären,

 

vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 123 Rdnr. 13 ff.; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 13. Aufl. 2000, § 123 Rdnr. 14; Schoch, in Schoch/ Schmidt

Aßmann/ Pietzner, VwGO, § 123 Rdnr. 141;

 

Sind wirtschaftliche Nachteile betroffen, ist dies in der Regel nur dann anzunehmen, wenn es um existentielle Belange geht und die Antragstellerin ohne Erlass der begehrten Anordnung in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre, vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 09. Juni 1992 - 9 TG 2795/91, NVwZ-RR 1993, 145(146); OVG NW, Beschluss vom 02. Juni 1992 - 19 B 358/92 – NWVBI 1993, 58.

 

Die Kammer lässt offen, ob der nötige Anordnungsgrund bereits deshalb nicht gegeben ist, weil die Beigeladene mit Beschluss des LG Köln vom 21.06.2001 - 81 0 (Kart) 102/01 _ verpflichtet wurde, vorläufig die in Rede stehenden Mehrwertdienste für die Antragstellerin zu fakturieren und zu inkassieren. Denn der nötige Anordnungsgrund liegt bereits deshalb nicht vor, weil die Antragstellerin weitreichende wirtschaftliche Nachteile, insbesondere eine wirtschaftliche Existenzgefährdung, nicht glaubhaft gemacht hat. Denn hinsichtlich des von ihr befürchteten wirtschaftlichen Schadens hat sie lediglich vorgetragen, dass sie bei Einstellung der Fakturierung und des Inkassos durch die Beigeladene die in Rede stehenden "Content-Dienste" nicht mehr anbieten könne und ihr hierdurch ein Umsatzverlust von 20 Mio. DM im Jahr drohe. Diese Angaben genügen nicht zur Glaubhaftmachung einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung, weil nicht dargetan ist, inwieweit sich der behauptete Umsatzverlust gewinnmindernd auswirkt und in welchem Verhältnis sich dieser Gewinnverlust zum Gesamtgewinn des Unternehmens der Antragstellerin verhält.

 

Ein Anordnungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Durchführung der Fakturierung und des Inkasso für die streitigen "Content-Dienste" offensichtlich und ohne weitere Prüfungen zusteht, vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.10.1989 - 12 M 107/89, NVwZ 1990, 780.

 

Vielmehr spricht alles dafür, dass die Beigeladene nicht im Wege der Missbrauchsaufsicht nach § 33 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 TKG zur Erbringung der Fakturierung und des Inkasso für „Content-Dienste“ verpflichtet werden kann. Nach dieser Bestimmung kann die Regulierungsbehörde einem auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen marktbeherrschenden und diese Stellung missbräuchlich ausnutzenden Anbieter ein Verhalten auferlegen, wenn dieser gegen seine Verpflichtung verstößt, Wettbewerbern auf diesem Markt diskriminierungsfrei Zugang zu seinen intern genutzten und zu seinen am Markt angebotenen wesentlichen Leistungen zu den Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt.

 

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Fakturierung und Inkassierung von zeittaktunabhängigen Mehrwertdiensten eine intern genutzte Leistung i.S.d. § 33 Abs. 1 TKG ist. Das Gericht hat bereits mehrfach entschieden, dass der Begriff „Leistung“ im Sinne dieser Vorschrift zwar weiter ist als der der „Telekommunikationsdienstleistung“ nach § 3 Nr. 18 TKG und jedenfalls auch solche vom Marktführer intern genutzte Bestandteile seiner Infrastruktur erfasst, die für die Erbringung von „Telekommunikationsdienstleistungen" im Sinne von § 3 Nr. 18 TKG erforderlich sind, vgl. Urteil, VG Köln vom 05.11.1998,a.a.O. Beschluss vom 05.07.2000 - 1 L 770/00 -I vgl. auch OVG NW, Beschluss vom 02.04.1998 - 13 B 213/97.

 

Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG („...die er sich selbst bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt...") ergibt, sind aber nur solche vom Marktführer intern genutzte Bestandteile seiner Infrastruktur intern genutzte "Leistungen" i.S.d. § 33 Abs. 1 TKG, die für die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen i.S.d. § 3 Nr. 18 TKG genutzt werden. Dass der Marktführer Wettbewerbern Zugang zu seiner Infrastruktur nur insoweit einräumen muss, als diese für die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen notwendig sind, folgt zudem aus dem Zweck des TKG, der darin besteht, nur für den spezifischen Bereich der Telekommunikation Wettbewerb zu schaffen und zu fördern (vgl. § 1 TKG). Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung des Leistungsbegriffs i.S.d. § 33 Abs. 1 TKG wird darüber hinaus bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des § 33 TKG. Denn in der Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. heißt es zu § 32 des Entwurfes, der der Gesetz gewordenen Bestimmung des § 33 TKG entspricht, dass nach dieser Vorschrift für den marktbeherrschenden Anbieter "die Regel gelte, dass er sich selbst bei der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen...nur solche Bedingungen einräumen dürfe, wie er diese Bedingungen auch Wettbewerbern einzuräumen bereit sei",

 

vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P., BT-Drs. 13/3609, S. 45 f.

 

Die zeittaktunabhängigen "Content-Dienste", für die die Antragstellerin die Fakturierung und Inkassierung verlangt, sind jedoch aller Voraussicht nach keine Telekommunikationsdienstleistungen. Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 18 TKG sind Telekommunikationsdienstleistungen das gewerbliche Angebot von Telekommunikation einschließlich des Angebots von Übertragungswegen für Dritte. Gern. § 3 Nr. 16 TKG ist Telekommunikation der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels Telekommunikationsanlagen. Hiervon ausgehend begehrt die Antragstellerin das Inkasso nicht für eine Telekommunikationsdienstleistung, also für den technischen Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Nachrichten. Denn die in Rede stehenden Entgelte .für "Content-Dienste" orientieren sich nicht an Art und Dauer der in Anspruch genommenen Telekommunikationsdienstleistung, sondern dienen ausschließlich der Bezahlung von sonstigen Dienstleistungen und Waren, die mit der Telekommunikationsdienstleistung als solcher nichts zu tun haben. Hiergegen kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg einwenden, dass die Antragsgegnerin angesichts des Wesensmerkmals aller Mehrwertdienste, dass über das Verbindungsentgelt hinaus gesonderte Zahlungen anfielen, sich widersprüchlich verhalte, wenn sie die Beigeladene nur zur Fakturierung und Inkassierung zeittarifierter Mehrwertdienste verpflichte. Denn zur Überzeugung der Kammer spricht gerade wegen des von der Antragstellerin bezeichneten Wesensmerkmals aller Mehrwertdienste einiges dafür, dass diese insgesamt - und zwar unabhängig von der Art ihrer Tarifierung - nicht als Telekommunikationsdienstleistungen zu qualifizieren sind.

 

Aber auch wenn das von der Antragstellerin begehrte Inkasso als intern genutzte Leistung i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG zu qualifizieren wäre, wären aller Voraussicht die weiteren Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 TKG nicht gegeben. Denn dass das von der Antragstellerin begehrte Inkasso für das Angebot von zeittaktunabhängigen "Content-Diensten" wesentlich ist, ist nicht offensichtlich und kann ohne weitere Prüfungen nicht festgestellt werden. Das Gericht hat bereits entschieden, dass das Wesentlichkeitskriterium dann erfüllt ist, wenn der Wettbewerber ohne die begehrte Leistung faktisch an der Erbringung der von ihm beabsichtigten Telekommunikationsdienstleistungen gehindert ist,

 

vgl. Urteil vom 05.11.1998

 

 

wobei es weiter der Auffassung des OVG NW folgt, nach der es insoweit auf eine abstrakte Sichtweise ankommt, die - unabhängig vom konkreten Bedarf des jeweiligen Wettbewerbers - danach zu fragen hat, ob es sich bei den nachgefragten Leistungen um Leistungen handelt, die objektiv für die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen wesentlich sind. Hiervon ausgehend sind die von der Antragstellerin begehrten Fakturierungs- und Inkassoleistungen für das Angebot zeittaktunabhängiger Mehrwertdienste aller Voraussicht nach nicht wesentlich. Die Antragstellerin behauptet zwar, dass ihr der Aufbau eines eigenen Abrechnungssystems für die in Rede stehenden Entgelte nicht möglich sei, weil ihr die Bestandsdaten der Teilnehmeranschlusskunden unbekannt seien. Über diese verfüge in 99 % aller Anschlusskunden nur die Beigeladene. Die fehlenden Bestandsdaten hindern die Antragstellerin am Aufbau eines eigenen Abrechnungssystems aber nur dann, wenn sie die streitigen "Content-Dienste" im sog. offenen Call-by-call anbietet. Ihr steht es aber offen, die zeittaktunabhängigen "Content-Dienste" im geschlossenen Call-by-call anzubieten. Im geschlossenen Call-by-call ist es nach den Angaben der Antragsgegnerin bereits jetzt möglich, dass verbindungsdauerunabhängige Entgelte für "Content-Dienste" abgerechnet und inkassiert werden könnten, ohne dass es auf die Bestandsdaten der Anschlusskunden ankomme. Dabei könne per Lastschrift oder Kreditkarte gezahlt werden. Auch die Zahlung mittels sog. Geldkarten oder auch durch pre-paid-Karten sei denkbar. Ob diese Abrechnungsmöglichkeiten aus den von der Antragstellerin vorgebrachten Erwägungen tatsächlich nicht zu realisieren sind, vermag die Kammer mit den ihr im vorliegenden Eilverfahren nur beschränkt zur Verfügung stehenden Mitteln der Sachverhaltsaufklärung nicht zu entscheiden. Die Klärung dieser Frage muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

 

Dem Aufbau eines eigenen Abrechnungssystems für die streitigen "Content-Dienste" stehen aller Vorausicht auch die von der Antragstellerin genannten rechtlichen Hindernisse nicht entgegen. Denn es spricht alles dafür, dass die Entgelte für "Content-Dienste" von der nach § 15 Abs. 1 TKV vorgeschriebenen einheitlichen Rechnungsstellung durch den Teilnehmernetzbetreiber nicht erfasst sind. Dies folgt schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, die eine einheitliche Rechnung nur für "Entgelte für Verbindungen" anordnet. Dass Entgelte für "Content-Dienste" nicht von der einheitlichen Rechnungserstellung nach § 15 TKV erfasst sind, ergibt sich ferner aus dem Anwendungsbereich der TKV. Denn dieser erstreckt sich nach § 1 Abs. 1 TKV auf die Rechte und Pflichten "der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen" für die Öffentlichkeit und deren Kunden. "Content-Dienste" sind jedoch aus den zuvor genannten Gründen keine Telekommunikationsdienstleistungen.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.

 

Rechtsbelehrung

 

Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Beschwerde ist nur zuzulassen, wenn

 

1.

 

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen,

 

2.

 

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

 

3.

 

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

 

4.

 

der Beschluss von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

 

5.

 

ein der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

 

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, zu stellen. Der Antrag muss den angefochtenen Beschluss bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Beschwerde zuzulassen ist, darzulegen.

 

Der Antrag kann nur durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule gestellt und begründet werden; juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können

 

sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

 

Die Antragsschrift sollte dreifach eingereicht werden.

 

Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.

 

Die Beschwerde ist innerhalb von 6 Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

 

 

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes einhundert Deutsche Mark übersteigt.

 

Die Beschwerdeschrift sollte dreifach eingereicht werden.