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BGH, Urteil vom 17.12.2015, Az. I ZR 69/14

Leitsätzliches

UrhG §§ 50, 51 Satz 1, § 87 Abs. 1 Nr. 2, § 96 Abs. 1, § 97 Abs. 1 und 2 a) Die Sendung von Teilen eines zuvor durch ein anderes Sendeunternehmen ausgestrahlten Interviews stellt eine Verletzung der Rechte des erstausstrahlenden Sendeunternehmens dar, seine Sendungen aufzuzeichnen und später zu verbreiten (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, § 96 Abs. 1 UrhG). b) Eine solche Verwendung von Interviewteilen ist keine Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG, weil die Bestimmung zwischen dem Tagesereignis und der im Verlauf dieses Ereignisses wahrnehmbar werdenden urheberrechtlich geschützten Leistung unterscheidet. Das übernommene Bildmaterial ist keine urheberrechtlich geschützte Leistung, die im Verlaufe eines Tagesereignisses, über das berichtet worden ist, wahrnehmbar geworden ist. c) Die Anwendung der Schutzschranke gemäß § 51 UrhG setzt nicht voraus, dass sich der Zitierende in erheblichem Umfang mit dem übernommenen Werk auseinandersetzt.

Bundesgerichtshof

Im Namen des Volkes

Urteil

Entscheidung vom 17. Dezember 2015

Az.: I ZR 69/14

   

In dem Rechtsstreit...

für Recht erkannt:

 

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg 5. Zivilsenat vom 27. Februar 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand:

 

Die Klägerin strahlt das Fernsehprogramm SAT.1 aus. Zu ihren Sendungen gehört das Prominenten-Magazin "STARS & stories". Die Beklagte betreibt den Fernsehsender VOX, der das Boulevard-Magazin "Prominent!" ausstrahlt.

In der Sendung "Prominent!" vom 1. August 2010 verwendete die Beklagte zwei Szenen aus einem Exklusivinterview, das im Auftrag der Klägerin mit Liliana M. geführt und von der Klägerin zuvor am 26. Juli 2010 in ihrem Magazin "STARS & stories" ausgestrahlt worden war. Am 3. August 2010 sendete die Beklagte in "Prominent!" erneut insgesamt fünf verschiedene Szenen aus einem im Auftrag der Klägerin geführten Exklusivinterview mit Liliana M. und Matteo B. Die übernommenen Ausschnitte hatte die Klägerin in ihrer Sendung "STARS & stories" am 2. August 2010 ausgestrahlt. Die Beklagte hatte sich jeweils vor Ausstrahlung ihrer Sendungen bei der Klägerin vergeblich um eine Zustimmung zur Verwendung von Bildmaterial aus den Interviews bemüht. Während der Wiedergabe der Ausschnitte aus den Interviews blendete die Beklagte auf der rechten Bildschirmseite um 90 Grad entgegen der üblichen Leserichtung gedreht von oben nach unten verlaufend die Angabe "Quelle: SAT 1" ein.

Die Klägerin sieht in der Verwendung der Interviewausschnitte eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts sowie ihrer Rechte an Laufbildern aus §§ 94, 95 UrhG. Sie hat - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung - beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) Bildmaterial des Interviews von Liliana M. mit SAT.1 "STARS & stories" vom 26. Juli 2010 zu senden bzw. senden zu lassen, wie geschehen in VOX "Prominent!" vom 1. August 2010, 22:45 Uhr;

b) Bildmaterial des Interviews von Liliana M. und Matteo B. mit SAT.1 "STARS & stories" vom 2. August 2010 zu senden bzw. senden zu lassen, wie geschehen in VOX "Prominent!" vom 3. August 2010, 19:50 Uhr.

Die Klägerin hat die Beklagte außerdem auf Auskunftserteilung und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.400,20 € zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht beantragt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Verwendung des Bildmaterials sei als Berichterstattung über Tagesereignisse sowie wegen des Eingreifens der Schutzschranke des Zitatrechts zulässig gewesen.

Das Landgericht hat der Klage abgesehen von einer zeitlichen Einschränkung des Auskunftsantrags stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe:

 

A. Das Berufungsgericht hat die Klage als begründet angesehen. Es hat angenommen, die Beklagte habe in das urheberrechtliche Leistungsschutzrecht der Klägerin als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG eingegriffen, ohne dass die Eingriffe durch die Schutzschranken gemäß § 87 Abs. 4 in Verbindung mit §§ 50, 51 UrhG gerechtfertigt seien. Dazu hat es ausgeführt:

Die Voraussetzungen der Schutzschranke des Zitatrechts im Sinne von § 51 UrhG seien nicht erfüllt. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte sämtliche Ausschnitte aus den Exklusivinterviews der Klägerin in ihren Sendungen zum Zwecke des Zitats übernommen habe. Jedenfalls fehle es an der weiteren Voraussetzung, wonach eine Nutzung nur in einem durch den Zitatzweck gebotenen Umfang erlaubt sei. Zwar seien in quantitativer Hinsicht lediglich kurze Sequenzen aus den Sendungen der Klägerin übernommen worden. Es handele sich jedoch überwiegend um solche Ausschnitte, die inhaltlich den Kern und die Schlüsselszenen der jeweiligen Interviews beinhaltet hätten. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte sich nicht mit den Sendungen der Klägerin auseinandergesetzt habe und der Klägerin ein Interesse an einer angemessenen Erstvermarktung ihrer Exklusivinterviews zukomme, falle die gebotene Interessenabwägung zugunsten der Klägerin aus. Die beanstandete Übernahme des Bildmaterials sei auch nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG zulässig. Die Anwendung der Schutzschranke des § 50 UrhG scheide jedenfalls deshalb aus, weil eine erlaubnis- und vergütungsfreie öffentliche Wiedergabe der Interviewausschnitte durch die Beklagte im Sinne dieser Vor-schrift nicht oder jedenfalls nicht in der streitgegenständlichen Art und Weise geboten sei. Die vorzunehmende Interessenabwägung gehe aus den bereits im Rahmen der Schutzschranke des Zitatrechts gemäß § 51 UrhG maßgeblichen Gründen auch bei der Prüfung des § 50 UrhG zugunsten der Klägerin aus. Hinzu komme, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer sachgerechten Information im Hinblick auf das zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Sendung am 1. August 2010 bereits fünf Tage alte erste Interview aus zeitlichen Gründen nicht maßgeblich zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden könne. Im Vordergrund hätten vielmehr die von der Schrankenregelung des § 50 UrhG nicht geschützten wirtschaftlichen Interessen der Beklagten gestanden. Auch im Hinblick auf die in der Sendung vom 3. August 2010 übernommenen Interviewausschnitte fehle es an überwiegenden Interessen der Beklagten. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass das übernommene Bildmaterial lediglich Anknüpfungspunkt eines Beitrags sei, der weitere Vorgänge nahezu gleicher Gewichtung einbeziehe. Darüber hinaus sei lediglich der Inhalt des Interviews verwendet worden, ohne dass das Interview und der dieses Interview durchführende Sender Gegenstand der Berichterstattung und einer ausdrücklichen unmissverständlichen Auseinandersetzung gewesen sei.

Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Er-folg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin geltenden gemachten Ansprüche nicht bejaht werden.

I. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte durch die Übernahme von Bildmaterial der Interviews von Frau Liliana M. aus den Sendungen "STARS & stories" vom 26. Juli 2010 und vom 2. August 2010 in ihre eigenen Sendungen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützte Rechte der Klägerin verletzt hat (§ 97 UrhG).

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Klägerin als Sendeunter-nehmen die ausschließlichen Rechte gemäß § 87 Abs. 1 UrhG an den Funk-sendungen "STARS & stories" vom 26. Juli 2010 und vom 2. August 2010 zustehen, in denen das von der Beklagten in ihren Sendungen "VOX Prominent!" vom 1. August 2010 und vom 3. August 2010 übernommene Bildmaterial von Interviews mit Liliana M. und Matteo B. gesendet worden ist. Die Beklagte hat damit in das der Klägerin zustehende Recht eingegriffen, ihre Sendungen aufzuzeichnen und später zu verbreiten, § 87 Abs. 1 Nr. 2, § 96 Abs. 1 UrhG (vgl. v. Ungern-Sternberg in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 87 UrhG Rn. 31; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 87 Rn. 13; Ehrhardt in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 87 UrhG Rn. 18; Hillig in BeckOK UrhG, Stand 1. Juli 2015, § 87 UrhG Rn. 24; Boddien in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 87 UrhG Rn. 27). Das Berufungsgericht ist außerdem zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass auch die Übernahme von Teilen einer Sendung in die durch § 87 Abs. 1 UrhG geschützte Leistung des Sendeunternehmens eingreift (vgl. v. Ungern-Stern-berg in Schricker/Loewenheim aaO § 87 UrhG Rn. 29; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 87 Rn. 12; Mohme in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechts-schutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 87 UrhG Rn. 4; vgl. zum Leistungsschutz gemäß §§ 95, 94 UrhG BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 I ZR 42/05, BGHZ 175, 135 Rn. 18 f. TV-Total, zum Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG BGH, Urteil vom 20. November 2008 I ZR 112/06, GRUR 2009, 403 Rn. 14 = WRP 2009, 308 Metall auf Metall I).

II. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen je-doch nicht seine Annahme, die Eingriffe in das Leistungsschutzrecht der Klägerin gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2, § 96 Abs. 1 UrhG seien auch widerrechtlich im Sinne von § 97 Abs. 1 UrhG. Zwar kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Schrankenregelung der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) berufen (dazu II 1). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, auch die Voraussetzungen des Zitatrechts gemäß § 51 UrhG lägen im Streitfall nicht vor, halten der rechtlichen Nachprüfung aber nicht stand (dazu II 2).

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Verwendung der Interviewausschnitte nicht in entsprechender Anwendung des § 50 UrhG als Berichterstattung über Tagesereignisse zulässig war.

a) Nach dieser Vorschrift ist zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. Dabei ist unter einem Tagesereignis jedes aktuelle Geschehen zu verstehen, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist, wobei ein Geschehen so lange aktuell ist, wie ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 127/09, GRUR 2011, 415 Rn. 11 = WRP 2011, 609 Kunstausstellung im Online-Archiv, mwN). Diese Schrankenbestimmung ist gemäß § 87 Abs. 4 UrhG auf die Leistungsschutzrechte des Sendeunternehmens im Sinne von § 87 Abs. 1 UrhG entsprechend anwendbar.

b) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Verwendung der Ausschnitte aus den Sendungen der Klägerin nicht im Sinne von § 50 UrhG zur Berichterstattung über Tagesereignisse gerechtfertigt war.

aa) Die Schrankenregelung des § 50 UrhG dient der Meinungs- und Pressefreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Sie soll die anschauliche Berichterstattung über aktuelle Ereignisse in den Fällen, in denen Journalisten oder ihren Auftraggebern die rechtzeitige Einholung der erforderlichen Zustimmungen noch vor dem Abdruck oder der Sendung eines aktuellen Berichts nicht möglich oder nicht zumutbar ist, dadurch erleichtern, dass sie die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe geschützter Werke, die im Verlauf solcher Ereignisse wahrnehmbar werden, ohne den Erwerb entsprechender Nutzungsrechte und ohne die Zahlung einer Vergütung erlaubt (BGHZ 175, 135 Rn. 49 TV Total, mwN). Ist es dem Berichterstatter oder seinem Auftraggeber dagegen möglich und zumutbar, vor dem Abdruck oder der Sendung des Berichts die Zustimmung des Rechtsinhabers einzuholen, gibt es keine Rechtfertigung dafür, sich über die Belange des Berechtigten hinwegzusetzen (BGH, Urteil vom 27. März 2012 KZR 108/10, GRUR 2012, 1062 Rn. 24 Elektronischer Programmführer).

Im Streitfall ist bereits nicht ersichtlich, dass es der Beklagten nicht möglich oder zumutbar war, rechtzeitig vor der Sendung ihrer Berichte die erforderliche Zustimmung der Klägerin einzuholen. Das Berufungsgericht hat von der Revision unbeanstandet angenommen, der Umstand, dass die Beklagte bei der Klägerin unstreitig um Lizenzierung der Interviews nachgesucht habe, zeige, dass es grundsätzlich möglich gewesen sei, vor der Übernahme des in Rede stehenden Bildmaterials wegen der Zustimmung der Klägerin nachzufragen. Im Streitfall bestehen darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einholung der Zustimmung der Klägerin der Beklagten nicht zumutbar war. Tatsächliche Umstände, wie etwa eine durch die Produktion der Sendung bedingte Zeitnot, die es nur unter einem personell oder wirtschaftlich unverhältnismäßigen Aufwand ermöglichte, die Zustimmung vor den Sendungen einzuholen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Gegen das Vorliegen solche Umstände sprechen vorliegend die Anfragen der Beklagten vor der Ausstrahlung der in Rede stehenden Sendungen. Die Revision hat nicht geltend gemacht, dass für eine Unzumutbarkeit sprechende Umstände vorgelegen hätten.

bb) Die Anwendung der Schutzschranke gemäß § 50 UrhG scheidet im Streitfall auch deshalb aus, weil das von der Beklagten übernommene Bildmaterial aus den Sendungen der Klägerin keine urheberrechtlich geschützte Leistung ist, die im Verlaufe eines Tagesereignisses, über das berichtet worden ist, wahrnehmbar geworden ist.

Die Bestimmung des § 50 UrhG unterscheidet nach ihrem Wortlaut zwischen dem Tagesereignis und dem im Verlauf dieses Ereignisses wahrnehmbar werdenden urheberrechtlich geschützten Werk. Ist § 50 UrhG gemäß § 87 Abs. 4 UrhG entsprechend anzuwenden, ist dementsprechend zwischen dem Tagesereignis und der geschützten Sendung zu unterscheiden. Nicht privilegiert ist eine Berichterstattung, die das Werk oder die urheberrechtlich geschützte Leistung selbst zum Gegenstand hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 I ZR 285/99, GRUR 2002, 1050, 1051 = WRP 2002, 1302 Zeitungs-bericht als Tagesereignis, mwN). Das Werk muss vielmehr bei einem anderen Ereignis in Erscheinung treten (BGH, Urteil vom 1. Juli 1982 I ZR 118/80, BGHZ 85, 1, 6 Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I; Urteil vom 1. Juli 1982 I ZR 119/80, GRUR 1983, 28, 30 Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II; Vogel in Schricker/Loewenheim aaO § 50 UrhG Rn. 21).

Daraus ergibt sich, dass die von der Klägerin im Rahmen ihres Fernseh-programms gesendeten Interviews, also die urheberrechtlich geschützten Leistungen, nicht als aktuelles Tagesereignis im Sinne von § 50 UrhG in Betracht kommen. Entgegen der Auffassung der Revision scheiden auch die Interviews selbst und ihr Inhalt als Tagesereignis im Sinne von § 50 UrhG aus. Die Sen-dung und damit der urheberrechtlich geschützte Gegenstand werden nicht im Verlauf des Interviews wahrnehmbar. Es kommt hinzu, dass die Interviews exklusiv gegenüber der Klägerin gegeben worden sind. In einem solchen Fall lassen sich das Interview und die Sendung des Interviews nicht getrennt betrachten. Anderenfalls wären Exklusivrechte an einer Berichterstattung durch Funksendungen regelmäßig dadurch entwertet, dass diese bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 50 UrhG stets zustimmungs- und vergütungsfrei von Dritten genutzt werden könnten. Eine solche Einschränkung des Urheberrechts ist auch unter Berücksichtigung des Schutzwecks des § 50 UrhG nicht geboten.

Schließlich kommen als aktuelles Tagesereignis auch nicht die von der Beklagten geltend gemachten Gesichtspunkte der Selbstinszenierung der Frau M. sowie ihr Verhalten gegenüber ihrem Ehemann in Betracht. Auf Ereignisse, bei denen es der Öffentlichkeit auf eine zeitnahe Berichterstattung nicht ankommt, ist § 50 UrhG nicht anzuwenden (vgl. BGHZ 175, 135 Rn. 48 TV Total). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass diese Themen, die allgemeine und durch einzelne Ereignisse zu konkretisierende Vorgänge umschreiben, als Ereignisse der Gegenwartsberichterstattung und damit als tagesaktuelles Geschehen wahrgenommen werden. Auch die Revision zeigt nicht auf, dass die allgemeine Thematik der Selbstinszenierung der Frau M. sowie ihr Verhalten gegenüber ihrem Ehemann Lothar M. als Tagesereignis im Sinne von § 50 UrhG anzusehen ist.

cc) Da im Streitfall eine vorherige Rechteeinholung möglich und zumutbar war und die Anwendung der Schutzschranke gemäß § 50 UrhG auch deshalb ausscheidet, weil das von der Beklagten übernommene Bildmaterial aus den Sendungen der Beklagten keine urheberrechtlich geschützte Leistung ist, die im Verlaufe eines Tagesereignisses, über das berichtet worden ist, wahrnehmbar geworden ist, kommt es nicht mehr auf die weitere Begründung des Berufungs-gerichts an, die vorzunehmende Interessenabwägung gehe zu Lasten der Beklagten aus.

2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Verwendung der Interviewausschnitte sei nicht in entsprechender Anwendung des § 51 UrhG als Zitate zulässig gewesen.

a) Gemäß § 51 Satz 1 UrhG, der nach § 87 Abs. 4 UrhG für Eingriffe in die Leistungsschutzrechte des Sendeunternehmens im Sinne von § 87 Abs. 1 UrhG entsprechend gilt, sind die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichen Werks zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.

b) Bei der Beurteilung dieser Schutzschranke kommt es maßgeblich darauf an, ob die Verwendung des fremden Werks oder des urheberrechtlich geschützten Leistungsergebnisses zum Zweck des Zitats geschieht. Die Zitatfreiheit soll die geistige Auseinandersetzung mit fremden Werken erleichtern. Sie gestattet es nicht, ein fremdes Werk oder ein urheberrechtlich geschütztes Leistungsergebnis nur um seiner selbst willen zur Kenntnis der Allgemeinheit zu bringen. Ebenso wenig reicht es aus, dass ein solches Werk oder ein solches Leistungsergebnis in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Weise eingefügt und angehängt wird. Die Verfolgung des Zitatzwecks im Sinne des § 51 UrhG erfordert vielmehr, dass der Zitierende eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk oder der urheberrechtlich geschützten Leistung und den eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrund-lage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint. An einer solchen inneren Verbindung fehlt es regelmäßig, wenn sich das zitierende Werk nicht näher mit dem eingefügten fremden Werk auseinandersetzt, sondern es nur zur Illustration verwendet, es in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Wei-se einfügt oder anhängt oder das Zitat ausschließlich eine informierende Berichterstattung bezweckt (BGH, Urteil vom 30. November 2011 I ZR 212/10, GRUR 2012, 819 Rn. 28 = WRP 2012, 1418 Blühende Landschaften, mwN).

c) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung im Ausgangspunkt zugrunde gelegt. Es hat angenommen, die Beklagte habe die beanstandeten Sendungsausschnitte zwar als Beleg für eigene Ausführungen verwendet. So hätten die in der Sendung der Beklagten vom 1. August 2010 verwendeten Beiträge einen belegenden thematischen Bezug zum Thema der Sendung der Selbstinszenierung von Frau Liliana M. gehabt. Gleiches gelte im Hinblick auf die Sendung vom 3. August 2010, in der es um das Verhalten von Frau Liliana M. gegenüber ihrem Ehemann Lothar M. gegangen sei. Die übernommenen Interviewteile seien ein Beleg für die in der Sendung vertretene These der Beklagten, Frau Liliana M. habe ihren Mann nicht nur aus persönlicher Zuneigung, sondern jedenfalls auch wegen dessen Berühmtheit und Wohlstand geheiratet. Diese Beurteilung wird von der Revision als für sie günstig hingenommen.

d) Das Berufungsgericht hat jedoch das Vorliegen der weiteren Voraus-setzungen der Schutzschranke gemäß § 51 UrhG als nicht gegeben angesehen. Es hat angenommen, die streitgegenständliche Nutzung durch die Beklagte sei in ihrem Umfang aufgrund der konkreten Umstände der Verwendung nicht mehr durch den besonderen Zweck im Sinne von § 51 Satz 1 UrhG abgedeckt. Zwar seien in quantitativer Hinsicht lediglich kurze Sequenzen aus den Sendungen der Klägerin übernommen worden. Andererseits handele es sich jedoch überwiegend um solche Ausschnitte, die inhaltlich den Kern und die Schlüsselszenen der jeweiligen Interviews beinhaltet hätten. Die vorliegende Nutzung der Schlüsselszenen eines hochaktuellen Exklusivinterviews stelle einen besonders schwerwiegenden Eingriff in das originäre Verwertungsrecht der Klägerin an den Interviews dar, so dass die Beklagte von ihrem Zitatrecht nur unter der gebotenen Schonung der Interessen der Klägerin an einer angemessenen (Erst-)Vermarktung ihrer Exklusivinterviews hätte Gebrauch machen dürfen. Durch die Übernahme der Ausschnitte aus den klägerischen Sendungen in die eigenen Sendungen habe die Beklagte es der Klägerin erschwert, die Exklusivinterviews kommerziell umfassend (alleine) auszuwerten. Das Publikumsinteresse an den in den Interviews enthaltenen Informationen sinke nach jeder weiteren Veröffentlichung. Die Beklagte habe durch die Übernahme der Aus-schnitte in ihren Sendungen somit die "Erstauswertungsphase" der Klägerin empfindlich gestört. Das bloße Vorliegen einer Belegfunktion ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der Sendung der Klägerin reiche nach den Umständen des Streitfalls nicht zur angemessenen Wahrung der Interessen der Klägerin aus.

e) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend auf die besonderen Umstände des Einzelfalls abgestellt und diese im Rahmen einer Abwägung der Interessen der Parteien berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1981 I ZR 95/79, GRUR 1982, 37, 40 WK-Dokumentation; Urteil vom 23. Mai 1985 I ZR 28/83, GRUR 1986, 59, 60 Geistchristentum; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 51 Rn. 5).

bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass es das Berufungsgericht im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zu Laten der Beklagten gewertet hat, dass diese in ihren Sendungen Teile der von der Klägerin ausgestrahlten Interviews übernommen und sich mit diesen Sendungen nur in geringem Umfang auseinandergesetzt hat.

Für ein Eingreifen der Schutzschranke des § 51 UrhG ist es nicht erforderlich, dass sich der Zitierende in erheblichem Umfang mit dem übernommenen Werk auseinandersetzt. Für das Vorliegen eines Zitatzwecks und damit die urheberrechtliche Privilegierung des Zitats ist maßgeblich, dass der Zitierende ei-ne innere Verbindung mit dem fremden Werk oder der urheberechtlich geschützten Leistung im Streitfall mit der Funksendung der Klägerin herstellt. Für die Annahme einer inneren Verbindung reicht es aus, dass das fremde Werk als Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint (BGH, GRUR 2012, 819 Rn. 28 - Blühende Landschaften, mwN). Dies ist im Streitfall zu bejahen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatten die Sendung der Beklagten vom 1. August 2010 die Selbstinszenierung von Frau Liliana M. und die Sendung vom 3. August 2010 das Verhalten der Liliana M. gegenüber ihrem Ehemann Lothar M. zum Thema. Die übernommenen Interviewteile sind von der Beklagten als Beleg für die behauptete mediale Selbstinszenierung und die These der Beklagten verwendet worden, Liliana M. habe ihren Mann nicht nur aus persönlicher Zuneigung, sondern jedenfalls auch wegen dessen Berühmtheit und Wohlstand geheiratet. Eine darüber hinausgehende ausführliche Auseinandersetzung auch mit der Klägerin oder ihrer Sendung "STARS & stories" setzt die Schutzschranke des § 51 UrhG dagegen nicht vor-aus.

cc) Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, die Beklagte habe die Schlüsselszenen der Exklusivinterviews der Klägerin übernommen. Es hat darin einen im Rahmen der Interessenabwägung besonders schwerwiegenden Eingriff in das originäre Verwertungsrecht der Klägerin an den Interviews unter dem Gesichtspunkt der empfindlichen Störung der Phase der Erstauswertung der ihr exklusiv gegebenen Interviews gesehen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

(1) Allerdings ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang durch das Zitat die dem Rechteinhaber zustehenden Verwertungsmöglichkeiten beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1958 - I ZR 180/57, BGHZ 28, 234, 243 Verkehrskinderlied; BGH, GRUR 1986, 59, 61 Geistchristentum; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1986 I ZR 189/84, GRUR 1987, 362, 364 Filmzitat; Schricker/Spindler in Schricker/Loewenheim aaO § 51 UrhG Rn. 23; Dustmann in Fromm/Nordemann aaO § 51 UrhG Rn. 18). Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht den Zweck der Schutzschranke des § 51 UrhG verkannt, indem es darauf abgestellt hat, dass die Beklagte jeweils die Schlüsselszenen der von der Klägerin gesendeten Interviews übernommen habe. Das Berufungsgericht hat insoweit nicht das Zitatrecht gerade in Bezug auf die als Beleg besonders geeigneten Stellen eingeschränkt, sondern im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls angenommen, dass das Verwertungsinteresse der Klägerin an den ihr exklusiv gewährten Interviews vor allem die jeweiligen Schlüsselszenen betrifft. Dies ist im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstanden.

(2) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe es durch die Übernahme der Ausschnitte aus den Sendungen der Klägerin wesentlich erschwert, die exklusiv der Klägerin gewährten Interviews kommerziell umfassend allein auszuwerten, wird von seinen getroffenen Feststellungen jedoch nicht getragen.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe zwar in quantitativer Hinsicht lediglich kurze Sequenzen aus den Sendungen der Klägerin übernommen. Es handele sich jedoch überwiegend um solche Ausschnitte, die inhaltlich den Kern und die Schlüsselszenen der jeweiligen Interviews beinhaltet hätten. Dies gelte namentlich für den Gefühlsausbruch von Frau M. im ersten Interview und für die wechselseitigen Statements, die im zweiten Interview Frau M. auf Deutsch und Herr B. auf Italienisch auf einem Sofa sitzend über den aktuellen Stand ihrer Beziehung abgegeben hätten. Die übernommenen Zitate hätten von ihrer Aussagekraft ein besonderes Gewicht und eine erhebliche Bedeutung, weil es sich dabei um die maßgeblichen Szenen der Interviews handele.

Diesen Ausführungen ist zwar zu entnehmen, dass das Berufungsgericht die übernommenen Sequenzen als "Schlüsselszenen" angesehen hat. Aus welchen Gründen das Berufungsgericht diese Szenen jedoch als für die nachfolgende Verwertung maßgeblichen Kern der Interviews beurteilt hat, lässt sich der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen. Das Berufungsgericht hat außerdem keine Feststellungen dazu getroffen, ob und wenn ja aus welchen Gründen der Fernsehzuschauer die von der Beklagten übernommenen Sequenzen als Schlüsselszenen der von der Klägerin geführten Interviews erkennen und aus diesem Grund sein Interesse an der Wahrnehmung der vollständigen Interviews auf dem Sender der Klägerin oder durch von der Klägerin lizenzierte Veröffentlichungen verlieren wird.

C. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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