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Fotos von Promis Lebensgefährten, - OLG Frankfurt aM, Urteil vom 2. September 2003, AZ: 11 U 6/03

Autor

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Wer geht gerade mit wem aus? Eine immer wieder interessante Frage, vor allem, wenn ER bereits mehrfach verheiratet war und als Politiker immer im Fokus der Presse steht... Das Bild "seiner" neue Lebensgefährtin darf jedoch nicht ohne weiteres in den Medien veröffentlicht werden. Sie wird nicht nur durch die Beziehung zu einer sogeannten relativen Person der Zeitgeschichte. Wer sich allerdings im folgenden selbst in die Öffentlichkeit wagt, kann einen Unterlassungsanspruch nicht mehr geltend machen.

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT a.M.

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 26 W 85/02

Verkündet am 2. September 2003

In dem Rechtsstreit

...

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 11. Zivilsenat – unter Mitwirkung der Richter ......... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2003 für Recht erkannt:

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main -3. Zivilkammer – vom 14. November 2002 in den zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Verfahren 2-3 O 284/02 und 2-3 O 283/02 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

 

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,
das im Rahmen des Artikels „Die ..... “ in S. 2 Nr. ......auf Seite .. mit der Bildunterschrift „....... Szene“ verbreitete Foto der Klägerin erneut zu veröffentlichen.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei zuvor in entsprechendem Umfang Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.


GRÜNDE:

I.
Im Zuge des in der Boulevardpresse breit thematisierten Scheiterns der Ehe der X mit Y wurde von der Beklagten in der von ihr herausgegebenen Zeitschrift "S. " in Nummer ... ein Artikel ihres Chefredakteurs unter der Überschrift "..." veröffentlicht, in dem sich unter einem Portraitfoto der Klägerin (im Folgenden: Foto 1) die Bildunterschrift befindet "Die .....". Im Heftinneren wurde dieses Foto auf S. ... in einem Artikel unter der Überschrift „Die ......“ nochmals vergrößert veröffentlicht. Es trägt die Bildnebenschrift "......". Auf dieser Seite befindet sich mit der Bildunterschrift „.... Szene“ ein Bild der Klägerin, das .... (Foto 2); auf Seite ... ist im Rahmen des Artikels ein weiteres Foto der Klägerin veröffentlicht, das sie mit Y, dem früheren Ehemann von X, beim Spaziergang am ....... zeigt (Foto 3).

Unter der Überschrift des Artikels finden sich fettgedruckt vor dem eigentlichen Textbeitrag eine weitere Unterüberschrift, in der es u.a. heißt: "Die ...". Im Text selbst findet sich folgende Passage: "Am ......". Unter dem am ......... entstandenen dritten Foto befindet sich die Bildunterschrift "Als ......".

Die Klägerin macht hinsichtlich der streitgegenständlichen drei Fotografien und der – oben kursiv gesetzten- Textberichtersta ttung eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend, weil ihre bildliche Identifizierung und die Textberichterstattung ihr Recht auf Anonymität und ihre geschützte Privatsphäre missachte. Die Fotos waren Streitgegenstand in dem Verfahren 2-3 O 283/02 LG Ffm., das mit dem die Wortberichterstattung betreffenden Verfahren 2-3 O 284/03 erstinstanzlich zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden wurde.

Das Landgericht hat der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gem. §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 (analog) BGB, 22 KUG zugebilligt. Wegen der Einzelheiten wird auf die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen.

Die Beklagte, die die Abänderung des Urteils und Klagabweisung erstrebt, macht auch mit der Berufung geltend, es bestehe ein überwiegendes Informationsinteresse an einer die Klägerin identifizierenden Berichterstattung. Jedenfalls sei ein solches im Hinblick auf einen gemeinsamen öffentlichen Auftritt der Klägerin mit Herrn Y im Januar 2003 anzunehmen. Insoweit ist unstreitig, dass die Klägerin gemeinsam mit Herrn Y anlässlich ... aufgetreten ist und dass dabei Herr Y im Einvernehmen mit der Klägerin gegenüber der .... Zeitung erklärt hat: „.........". Darüber hinaus ließ sich die Klägerin mit Herrn Y von Pressejournalisten ablichten.

II.
Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

Der der Klägerin vom Landgericht ursprünglich zu Recht zugebilligte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1 und 2, 1004 BGB (analog) in Verbindung mit Art. 1, 2 GG – hinsichtlich der Fotografien aus §§ 823 Abs. 1 und 2, 1004 BGB (analog) in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG, Art. 1, 2 GG - besteht unter Berücksichtigung des gemeinsamen öffentlichen Auftritts der Klägerin mit Herrn Y am ..... nicht mehr in vollem Umfang.

a) Bildberichterstattung
Bildnisse einer Person dürfen nach § 22 KUG grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (ständige Rspr., vgl. BVerfG NJW 1973, 1226; BGH NJW 1992, 2084; 1995, 1955; 1996, 1128). Ohne Einwilligung des Betroffenen dürfen nur Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte verbreitet oder zur Schau gestellt werden (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG), es sei denn, dass dadurch im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird.

Mit diesem abgestuften Schutzkonzept trägt die Regelung sowohl dem auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beruhenden Schutzbedürfnis des Einzelnen als auch den im Hinblick auf Art. 5 GG berechtigten Informationswünschen der Öffentlichkeit und den Interessen der Medien, die diese Wünsche befriedigen, Rechnung (BVerfG NJW 2000, 1021, 1023).

Von diesen Grundsätzen ausgehend kann der Klägerin hinsichtlich der Fotos 1 und 3 derzeit kein die Interessen der Beklagten überwiegendes, der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos entgegenstehendes Schutzbedürfnis zugebilligt werden. Es handelt sich bei diesen beiden Fotos um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte, bei deren erneuter Verbreitung gegenwärtig kein berechtigtes Interesse der Klägerin verletzt würde.

1. Allerdings hat die Klägerin die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung in die Verbreitung der Fotos weder ausdrücklich noch konkludent erteilt. Auch der gemeinsame Auftritt der Klägerin mit Herrn Y bei ..... kann nicht als konkludente Einwilligung in alle in der Vergangenheit von der Klägerin angefertigten und veröffentlichten Bilder verstanden werden. Eine solche Auffassung würde dem Verhalten der Klägerin bei ihrem öffentlichen Auftritt im Januar 2003 einen zu weitgehenden Erklärungswert beimessen. Eine Einwilligung kann sich nach Auffassung des Senats nur auf die anlässlich dieses Auftritts gefertigten Fotografien beziehen.

2. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bedarf es keiner Einwilligung, wenn es sich bei der angegriffenen Veröffentlichung um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelte. Darunter sind Vorgänge zu verstehen, die zwischen Tagesaktualität und Geschichte angesiedelt sein können, die darüber hinaus aber auch ein personales Element aufweisen müssen. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG setzt daher voraus, dass Abbildungsgegenstand eine Person der Zeitgeschichte sein muss. Dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG werden sowohl Bildnisse von Personen zugerechnet, die das öffentliche Interesse punktuell durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis auf sich gezogen haben und im Zusammenhang mit diesem vorübergehend aus der Anonymität herausgezogen worden sind (sog. „relative“ Personen der Zeitgeschichte), als auch von Personen, die unabhängig von einzelnen Ereignissen a ufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemeine öffentliche Aufmerksamkeit finden (sog. „absolute“ Personen der Zeitgeschichte).

2.1 Bei der X, die sich aufgrund ihres Bekanntheitsgrads außergewöhnlich aus dem Kreis ihrer Mitmenschen heraushebt und die deshalb auf Dauer im Blickfeld der Öffentlichkeit steht (vgl. auch BVerfG NJW 2001, 1921 f), handelt es sich um eine absolute Person der Zeitgeschichte.
Dagegen war die Klägerin vor ihrer Beziehung zum früheren Ehemann von Frau X eine in der Öffentlichkeit nicht allgemein bekannte Person; öffentliches Interesse an ihrer Person entstand allerdings im Zusammenhang mit dem Scheitern der Ehe X/Y, weil dieser mit der Klägerin ein außereheliches Verhältnis hatte. Zu Recht ist das Landgericht gleichwohl davon ausgegangen, dass allein dadurch die Klägerin ihrerseits nicht zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden war.
Von der Rechtsprechung sind allerdings Familienangehörige bzw. langjährige Lebensgefährten von absoluten Personen der Zeitgeschichte ihrerseits als relative Person der Zeitgeschichte angesehen worden (OLG Frankfurt AfP 1976, 181; LG Köln AfP 1990, 757). Auch wenn danach der frühere Ehemann von Frau X eine relative Person der Zeitgeschichte darstellen mag, so lässt sich jedoch aus dieser Rechtsprechung nicht herleiten, dass ohne weiteres allein dessen intime Beziehung zu einer dritten Person diese ebenfalls zu einer relativen Person der Zeitgeschichte machte.

2.2 Andererseits bestand in der Öffentlichkeit ein von der Presse bereitwillig bedientes Interesse an der Ehekrise X/Y und in diesem Zusammenhang gelangte die Klägerin on der Öffentlichkeit zu Bekanntheit. Das BVerfG hat indes (NJW 2001,1922) betont, dass auch aus dem Faktum einer öffentlichen Bekanntheit einer Person noch nicht ein normativ schutzwürdiges Interesse der Presse an einer umfassenden Information über den Betroffenen folgt. Das Selbstbestimmungsrecht der Presse erfasse nicht die Entscheidung, wie das Informationsinteresse bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern einzuschätzen sei und der Ausgleich zwischen diesen Rechtsgütern zu erfolgen habe. Allerdings könne das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bezogen auf einen bestimmten zeitgeschichtlichen Vorgang die Veröffentlichung eines Bildes grundsätzlich rechtfertigen.
Zur Zulässigkeit einer identifizierenden Berichterstattung am Beispiel der sog. „Begleiterrechtsprechung“ hat das BVerfG weiter ausgeführt, dass „die Begriffe der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte nur vereinfachende Kürzel sind, nicht aber rechtlich klar begrenzte Tatbestände umschreiben“ und es daher keine absolute Grenzmarkierung, sondern Übergangszonen gebe, in denen sich das Berichterstattungsinteresse an der Begleitperson verselbständigen könne (a.a.O., 1923). Allerdings lässt sich die „Begleiterrechtsprechung“ nicht ohne weiteres auf den Streitfall übertragen. Diese Rechtsprechung sieht ereignisbezogene Fotos von Situationen als zulässig an, in denen jemand als „vertrauter Begleiter“ einer absoluten Person der Zeitgeschichte aufgetreten ist. Darum geht es vorliegend nicht. Die Klägerin ist bis zur Veröffentlichung des vorliegend streitgegenständlichen Fotos bzw. der im Rahmen anderer Verfahren beanstandeten Bilder keineswegs mit Herrn Y in einer Weise öffentlich aufgetreten, die die Bewertung rechtfertigte, sie akzeptiere das durch Frau X bzw. Herrn Y und durch deren private Eheprobleme abgeleitete öffentliche Interesse an ihrer Person. Es verhält sich vielmehr gerade umgekehrt, dass erst die identifizierende Berichterstattung das öffentliche Interesse an ihrer Person in Wort und Bild in besonderer Weise begründet hat. Anders als im Falle der „Begleitrechtsprechung“ geht es auch nicht um das „Begleitereignis“ Y/Z, sondern die Abbildung der Klägerin diente seinerzeit nur als Instrument, um der „Rivalin“ der absoluten Person der Zeitgeschichte X auch in der Öffentlichkeit ein Gesicht zu geben. Mehr noch: Mit der Veröffentlichung der Bilder (insbesondere derer am ..... ) wurde das Zerbrechen der Ehe X/Y als öffentliches zeitgeschichtliches Ereignis erst konstituiert.

2.3 Auch in der bisherigen Rechtsprechung und Literatur wird ein ausreichendes Informationsinteresse an der Bildveröffentlichung einer unbekannten Person, das den Schutz der Privatsphäre überwiegt, in aller Regel dann verneint, wenn der Eingriff zur Befriedigung reiner Unterhaltungsinteressen der Leserschaft bzw. zur Verbreitung von Tratsch und Klatsch vorgenommen wurde (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 3. Aufl., 42. Kapitel, Rn. 10, 11; OLG Köln AfP 1978, 148; OLG Hamburg AfP 1971, 32; AfP 1992, 377, BGH GRUR 1974, 794 ff., 796). Deshalb unterliegen Berichte über Heirats- oder Scheidungsabsichten, Familienzerwürfnisse u.ä. sogar bei Prominenten grundsätzlich der Diskretion (Löffler/Ricker a.a.O.). Zwar kann auch bei unterhaltenden Berichterstattungen die Personalisierung ein wichtiges Mittel zur Erregung der Aufmerksamkeit des Publikums sein (BVerfG aaO, 1923); allein um Personalisierung geht es indes vorliegend nicht. Insoweit konnte nämlich dem berechtigten öffentlichen Interesse an personalisierenden Informationen und Einzelheiten über die Ehekrise bzw. Ehescheidungsverfahren X/ Y durch eine Berichterstattung auch über die Klägerin genügt werden, ohne dass ihre Identifizierung in der Wort- und Bildberichterstattung erforderlich gewesen wäre.

Die Abbildungen der Klägerin und ihre namentliche Identifizierung in der von der Beklagten herausgegebenen Zeitschrift waren daher von einem anzuerkennenden Informationsinteresse nicht mehr gedeckt. Sie dienten lediglich der Befriedigung von Neugier und Sensationslust und konnten kein die Interessen der Klägerin überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit für sich reklamieren. Sie verletzten somit im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung rechtswidrig das Persönlichkeitsrecht der Klägerin.

3. Streitgegenstand ist jedoch nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der seinerzeitigen Veröffentlichung oder ein daran anknüpfender Schadensersatzanspruch, die Klägerin erstrebt vielmehr die Unterlassung erneuter Veröffentlichungen der Fotos. An der für die Zubilligung eines solchen Anspruchs notwendigen Voraussetzung einer Wiederholungsgefahr fehlt es hinsichtlich der Fotos 1 und 3. Hat eine Persönlichkeitsrechtsverletzung – wie vorliegend – bereits stattgefunden, wird die Wiederholungsgefahr für einen erneuten rechtswidrigen Eingriff zwar grundsätzlich vermutet. Jedoch bedarf es im Hinblick auf die zwischenzeitlich unstreitig hinzugetretenen neuen Umstände einer besonderen Prüfung, ob unter Zugrundelegung der vorstehend dargelegte n Rechtsauffassung des Senats auch die erneute Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos als rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin bewertet werden müsste, also ob auch jetzt noch im Rahmen der Abwägung nach § 23 KUG die Wahrung ihrer Anonymität höher bewertet werden muss als das öffentliche Informationsinteresse im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die gescheiterte Ehe X/Y.

3.1 Nach Überzeugung des Senats müssen nach dem gemeinsamen Auftritt von Herrn Y mit der Klägerin am ... und den dabei abgegebenen öffentlichen Äußerungen die Interessen der Klägerin jedenfalls bezüglich der Fotos 1 und 3 hinter den Veröffentlichungsinteressen der Beklagten zurücktreten. Denn die Klägerin hat sich selbst mit ihrem öffentliche n Auftritt anlässlich der ... an die Öffentlichkeit gewandt, ihre Identität und ihre Rolle als neue Lebensgefährtin von Herrn Y auch gegenüber der Boulevardpresse offengelegt und dies sowohl mit dem von ihr gebilligten Interview ihres Partners als auch mit der Einwilligung in die von ihr und Herrn Y dabei angefertigten Fotografien dokumentiert. Sie hat ihre Sozial- und Privatsphäre insoweit mithin selbst öffentlich gemacht. Demgegenüber hatte sie den Rechtsschutzanspruch gegen erneute Fotoveröffentlichungen noch damit begründet, dass sie ein Recht auf Anonymität habe und selbst in keiner Weise dazu beitrage, dass ihr Privatleben an die Öffentlichkeit gelange. Für einen solch umfassneden Persönlichkeitsrechtsschutz ist nun indes kein Raum mehr.

3.2 Die Annahme eines überwiegenden Interesses der Beklagten an der Publikation von Bildern der Klägerin gilt allerdings nicht schrankenlos. Der Beklagten sind insoweit zeitliche und inhaltliche Grenzen gesetzt.

a. Zeitlich sind solche Veröffentlichungen nur so lange als rechtmäßig zu bewerten, als das Scheitern der Ehe X/Y noch als zeitgeschichtlicher Vorgang angesehen werden muss, an der die Öffentlichkeit ein Interesse hat. Nach der inzwischen rechtskräftigen Scheidung dieser Ehe wird die Bedeutung des Vorgangs auch für das öffentliche Informationsinteresse stetig abnehmen, so dass die Klägerin je10 denfalls nicht zeitlich unbegrenzt Veröffentlichungen von Fotografien, die sie abbilden, hinnehmen muss. Gegenwärtig muss allerdings das Interesse der Klägerin an Unterlassung nicht genehmigter Bildveröffentlichungen noch für einen begrenzten Zeitraum hinter dem Informationsinteresse zurücktreten, weil das Scheidungsverfahren betreffend die Ehe X/Y erst in diesem Jahr stattgefunden hat und als zeitgeschichtliches Ereignis im Bewusstsein breiter Teile der Öffentlichkeit noch Aktualität besitzt.

b. Darüber hinaus muss die Klägerin auch keineswegs eine Veröffentlichung sämtlicher der Presse zugänglich gemachten Fotografien hinnehmen. Es besteht nach Auffassung des Senats kein überwiegendes Veröffentlichungsinteresse an Bildern, die die Klägerin in Bereichen der geschützten Intim- und Privatsphäre zeigen bzw. die aus früherer Zeit stammen und in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit ihrem heutigen Leben als Partnerin von Herrn Y stehen.

c. Davon ausgehend kann bezogen auf die Fotos 1 und 3 bei der erforderlichen Abwägung zwischen dem Anspruch der Klägerin auf Unte rlassung von Veröffentlichungen von Fotos, in die sie nicht eingewilligt hat, und dem öffentlichen Informationsinteresse hinsichtlich ihrer Person nicht von einem berechtigten Interesse der Klägerin an der Unterlassung ausgegangen werden. Das Foto 1 ist ein neutrales Portraitfoto und berührt ihre Privatsphäre nur insoweit, als sie als Person optisch in gleicher Weise identifizierbar wird, wie es durch die von ihr gebilligten Aufnahmen anlässlich ..... auch geschehen ist. Auch das aus ihrer Priva tsphäre stammende Foto am ..... weist nach dem ausdrücklichen Bekenntnis der Klägerin zu dieser Beziehung und den in ihrem Einverständnis gefertigten, die Beziehungspartner abbildenden Fotografien keinen weitergehenden Gehalt auf. Hinsichtlich der Verbreitung dieser streitgegenständlichen Bildes überwiegen daher derzeit die Publikationsinteressen der Beklagten, sodass die Veröffentlichung jedenfalls im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht rechtswidrig wäre. Anderes gilt hinsichtlich des Fotos 2. Das Foto, das die Klägerin auf ..... zeigt, gehört zu dem Bereich ihrer Persönlichkeit, den sie ihrerseits bislang in keiner Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Das Foto aus dem Jahr 1996 hat auch nichts mit dem zeitgeschichtlichen Ereignis der Ehescheidung X/Y aus den Jahren .... zu tun und es steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu dem jetzigen Leben der Klägerin als Partnerin von Herrn Y. Der Verbreitung dieses streitgegenständlichen Fotos stehen daher berechtigte Interessen der Klägerin entgegen, sodass die erneute Veröffentlichung weiterhin rechtswidrig wäre. Bezogen auf dieses steht der Klägerin daher der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.

b) Textberichterstattung

Insoweit steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB (analog) in Verbindung mit Art. 1, 2 GG nicht zu. Die Klägerin greift die Texte nicht unter den rechtlichen Gesichtspunkten falscher Tatsachenbehauptungen oder einer unzulässigen Schmähkritik („...“) an, sondern nur wegen einer unerlaubten Verletzung ihrer Privatsphäre, weil sie trotz ihrer Beziehung zu Herrn Y ein Recht auf Anonymität habe. Der Senat lässt dahin stehen, ob insoweit auf der Grundlage der erstinstanzlich gegebenen Sachlage die angegriffene Wortberichterstattung die Grenze zu einer verbotenen Identifizierung der Klägerin überschritten und damit das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat.

Jedenfalls könnte, nachdem die Klägerin sich anlässlich ...... selbst als Person an die Öffentlichkeit gewandt, ihre Identität und ihre Rolle als neue Lebensgefährtin von Herrn Y auch gegenüber der Boulevardpresse offen gelegt hat, durch eine erneute Veröffentlichung der angegriffenen Textaussagen das Persönlichkeitsrecht der Klägerin unter keinem rechtlich relevanten Gesichtspunkt verletzt werden, zumindest wiegen nach dem öffentlichen Auftritt der Klägerin mit Herrn Y nunmehr die Publikationsinteressen der Beklagten schwerer, soweit sich die Wortberichtersta ttung - wie vorliegend - auf das Ehezerwürfnis X/Y und die Partnerschaft Z/Y bezieht.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs.1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Nach § 543 Abs. 2 ZPO war die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Unterlassungsanspruch bezüglich der erneuten Veröffentlichung ursprünglich rechtswidrig verbreiteter Fotografien nachträglich entfallen kann, zuzulassen.

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