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Zur bühnenmäßigen Darstellung bedarf es der Wahrnehmbarkeit - Musical Starlights - BGH, Urteil vom 03.07.2008, Az.: I ZR 204/05

Leitsätzliches

Eine bühnenmäßige Darstellung gemäß dem Urhebergesetz liegt dann vor, wenn ein gedanklicher Inhalt hörbar oder visuell wahrnehmbar ist. Die Darbietung eines gedanklichen Inhalts setzt lediglich voraus, dass nicht nur der Eindruck von zusammenhanglos aneinandergereihten Handlungselementen entsteht, sondern ein sinnvoller Handlungsablauf erkennbar wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: I ZR 204/05

Entscheidung vom 3. Juli 2008 

In dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. ... und die Richter ..., Prof. Dr. ..., Dr. ..., und Dr. ... für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. November 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, die Disney Enterprises Inc., ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musicals „Die Schöne und das Biest”, „Der Glöckner von Notre Dame”, „Der König der Löwen” und „Aida”.

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, veranstaltet im Rahmen von Tourneen bundesweit Aufführungen unter dem Titel „The Musical Starlights of Sir Andrew Lloyd Webber and The Disney Musical Productions”.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte zu 1 führe bei diesen Veranstaltungen die genannten Musicals bühnenmäßig auf, ohne hierzu berechtigt zu sein. Sie hat die Beklagten - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - daher auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer Berufung haben die Beklagten beantragt, das Urteil des Landgerichts insoweit „aufzuheben“, als sie zur (scil.: Unterlassung der) bühnenmäßigen Aufführung von Teilen der Musicals und zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt worden sind. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten seien der Klägerin nach § 19 Abs. 2, § 97 Abs. 1 UrhG zur Unterlassung von Aufführungen der hier in Rede stehenden Musicals sowie zur Auskunftserteilung und Rech-nungslegung verpflichtet. Hierzu hat es ausgeführt:

Die Beklagten hätten das Aufführungsrecht der Klägerin verletzt, weil es sich bei ihrer - auf einem zu den Akten gereichten Videomitschnitt festgehaltenen - Darbietung um eine unberechtigte bühnenmäßige Aufführung der urheberrechtlich geschützten Musicals handele. Insoweit reiche es aus, dass die szenische Darstellung den gedanklichen Inhalt der aufgeführten Bestandteile der Musicals erkennbar mache und sich jeweils ein geschlossenes Bild des Gesamtwerks oder eines abgrenzbaren Bestandteils des Gesamtwerks ergebe. Die Beklagten könnten ein Recht zur bühnenmäßigen Aufführung nicht von der GEMA ableiten, weil diese selbst keine Rechte zur bühnenmäßigen Aufführung von den Berechtigten erwerbe. Die Beklagten seien der Klägerin daher nicht nur zur Unterlassung, sondern auch zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet. Soweit das Landgericht die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt habe, greife die Berufung dies mit ihrem Antrag nicht an.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

1. Der Anspruch auf Unterlassung der bühnenmäßigen Aufführung der Musicals „Die Schöne und das Biest”, „Der Glöckner von Notre Dame”, „Der König der Löwen” und „Aida” ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, gemäß § 19 Abs. 2, § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG begründet. Die Beklagten haben durch die Aufführung der „Musical Starlights“, so wie sie auf dem zu den Akten gereichten Videomitschnitt festgehalten ist, das ausschließliche Recht der Klägerin zur öffentlichen bühnenmäßigen Darstellung von Text und Musik der genannten Musicals widerrechtlich verletzt und sind ihr daher zur Unterlassung weiterer derartiger Aufführungen verpflichtet.

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zur Geltendmachung der Nutzungsrechte an der bühnenmäßigen Aufführung dieser Musicals berechtigt ist, da sie Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an diesen Werken ist. Die Musicals enthalten jeweils miteinander verbundene (§ 9 UrhG), urheberrechtlich geschützte Sprachwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) und Musikwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG). Zu den ausschließlichen Nutzungsrechten zählt das ausschließliche Recht, das Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen (§ 19 Abs. 2 UrhG).

b) Die Beklagten haben, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, das ausschließliche Recht der Klägerin zur öffentlichen bühnenmäßigen Darstellung dieser Werke verletzt. Ob ein Werk bühnenmäßig aufgeführt worden ist, ist weitgehend eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Das Revisionsgericht prüft nur, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts auf einem rechtsfehlerfreien Verständnis des Begriffs der bühnenmäßigen Aufführung beruht (BGHZ 142, 388, 399 - Musical-Gala). Dies ist hier der Fall.

aa) Bei der beanstandeten Aufführung handelt es sich um eine bühnenmäßige Darstellung. Eine bühnenmäßige Darstellung im Sinne des § 19 Abs. 2 Halbs. 2 UrhG liegt jedenfalls in allen Fällen vor, in denen ein gedanklicher Inhalt durch ein für das Auge oder für Auge und Ohr bestimmtes bewegtes Spiel im Raum dargeboten wird (vgl. BGHZ 142, 388, 397 - Musical-Gala; BGH, Urt. v. 18.3.1960 - I ZR 121/58, GRUR 1960, 604, 605 - Eisrevue I; Urt. v. 18.3.1960 - I ZR 75/58, GRUR 1960, 606, 608 - Eisrevue II). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit der gedankliche Inhalt des benutzten Werkes in der Aufführung erkennbar bleibt. Die Erkennbarkeit des benutzten Werkes ist keine Voraussetzung der bühnenmäßigen Aufführung als solcher. Entscheidend ist allein, dass überhaupt ein gedanklicher Inhalt vermittelt wird (vgl. v. Gamm, UrhG, § 19 Rdn. 12; Schricker/v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, 3. Aufl., § 19 UrhG Rdn. 16). Ferner kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Aufführung aus der Sicht des Publikums um die Aufführung eines Werkes in seiner Gesamtheit oder um die Aufführung von Bestandteilen eines Werkes handelt. Erforderlich ist lediglich, dass nicht nur der Eindruck von zusammenhanglos aneinandergereihten Handlungselementen und Musikstücken entsteht, sondern einsinnvoller Handlungsablauf erkennbar wird (vgl. BGH GRUR 1960, 604, 605 - Eisrevue I; OLG Braunschweig ZUM 1989, 134, 135; Möhring/Nicolini/ Kroitzsch, UrhG, 2. Aufl., § 19 Rdn. 16).

(1) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der Darbietung der Beklagten um eine bühnenmäßige Aufführung. Die auf dem zu den Gerichtsakten gereichten Videomitschnitt festgehaltene Aufführung der „Musical Starlights“ ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - entgegen der Darstellung der Beklagten - nicht lediglich eine beliebige Aneinanderreihung musikalischer Highlights ohne Sinn und Zweck. Vielmehr besteht sie aus einer szenischen Darstellung sinnvoller Handlungsabläufe. Diese vermitteln jeweils das geschlossene Bild eines Gesamtwerkes oder eines abgrenzbaren Bestandteils eines Gesamtwerkes. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht in der Kostümierung der Darsteller und der Ausstattung der Bühne zusätzliche Indizien für eine bühnenmäßige Aufführung gesehen hat. Das Berufungsgericht hat dabei nicht verkannt, dass Kostüme und Kulissen kein Ersatz für die fehlende Darstellung von Begebenheiten sein könnten (vgl. BGH GRUR 1960, 604, 605 - Eisrevue I) und für sich genommen für eine bühnenmäßige Aufführung weder erforderlich noch genügend sind.

(2) Auch die Musik ist bei der Darbietung der Beklagten, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, bühnenmäßig aufgeführt worden. Musik, die ein bewegtes Spiel begleitet, wird bühnenmäßig aufgeführt, wenn sie integrierender Bestandteil des Spielgeschehens ist und nicht nur der bloßen Untermalung dient (vgl. BGH GRUR 1960, 604, 605 - Eisrevue I; Möhring/ Nicolini/Kroitzsch aaO). Dementsprechend sind einzelne Lieder jedenfalls dann integrierende Bestandteile des Spielgeschehens, wenn sie aufgrund ihres Textes aus der jeweiligen Situation der Bühnenhandlung zu begreifen sind (vgl. OLG Hamburg OLG-Rep 2004, 13, 14 f.). So verhält es sich hier. Die Songtexte sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unmittelbar auf den Handlungsablauf zugeschnitten und führen die gesprochenen Dialoge in gesungener Form fort. Sie sind damit organischer Bestandteil des musikalisch-dramatischen Geschehens.

bb) Bei den Darbietungen der Beklagten handelt es sich auch um eine bühnenmäßige Aufführung gerade der geschützten Werke. Eine bühnenmäßige Aufführung des geschützten Werkes liegt vor, wenn dem Publikum durch das bewegte Spiel der gedankliche Inhalt des aufgeführten Werkes vermittelt wird (vgl. BGHZ 142, 388, 397 - Musical-Gala; BGH GRUR 1960, 604, 605 - Eisrevue I; BGH GRUR 1960, 606, 608 - Eisrevue II).

(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Aufführung einem Betrachter, der das aufgeführte Werk noch nicht kennt, dessen Handlungsablauf insgesamt oder zumindest großteils vermittelt, sondern dass es ausreicht, wenn der gedankliche Inhalt eines Bestandteils dieses Werkes erkennbar wird.

Die Revision macht ohne Erfolg geltend, nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sei es erforderlich, dass der wesentliche Handlungsablauf des geschützten Werkes für den unbefangenen Betrachter erkennbar sei. In der von der Revision insoweit herangezogenen Entscheidung „Musical-Gala“ (BGHZ 142, 388) hat der Senat allerdings im Hinblick auf die Feststellungen der Vorinstanzen, wonach die Aufführung zwar nur eine gekürzte Fassung des Werkes wiedergab, aber deutlich dessen wesentlichen Handlungsablauf erkennen ließ, ausgeführt, hieraus ergebe sich ohne weiteres, dass das Werk bühnenmäßig aufgeführt worden sei. Dies besagt jedoch nicht, dass Aufführungen, die nicht den wesentlichen Handlungsablauf des aufgeführten Werkes erkennen lassen, keine bühnenmäßigen Aufführungen sind.

Auch kleinste Teile von Werken genießen Urheberrechtsschutz, wenn sie für sich genommen den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügen, also eine persönliche geistige Schöpfung darstellen; auf das quantitative oder qualitative Verhältnis des entlehnten Teils zum gesamten Werk kommt es dabei ebenso wenig an wie darauf, ob sich in diesem Teil die besondere Eigenart des Werkes als Ganzes offenbart (BGHZ 9, 262, 267 f. - Lied der Wildbahn I; 28, 234, 237 - Verkehrskinderlied; BGH, Urt. v. 23.6.1961 - I ZR 105/59, GRUR 1961, 631, 633 - Fernsprechbuch; Schricker/Loewenheim aaO § 2 UrhG Rdn. 2 m.w.N.). Der Senat hat daher in der Entscheidung „Musical-Gala“ (BGHZ 142, 388, 399 f.) - wie im übrigen auch schon in der Entscheidung „Eisrevue I“ (BGH GRUR 1960, 604, 605) - ausgesprochen, dass es für eine bühnenmäßige Aufführung ausreicht, wenn dem Publikum der gedankliche Inhalt eines Bestandteils des aufgeführten Werkes vermittelt wird.

Nach den Feststellungen des Landgerichts, die das Berufungsgericht sich durch Bezugnahme zu eigen gemacht hat, entspricht die Darbietung der Beklagten diesen Anforderungen. Das Landgericht hat aufgrund eines Vergleichs der Drehbücher zu den Musicals „Die Schöne und das Biest”, „Der Glöckner von Notre Dame”, „Der König der Löwen” und „Aida” mit der durch den Videomitschnitt dokumentierten Aufführung der „Musical Starlights“ festgestellt, dass sich einem Betrachter der Aufführung der gedankliche Inhalt der aufgeführten Werke erschließt und er jeweils ein geschlossenes Bild entweder des Gesamtwerkes oder eines abgrenzbaren Bestandteils des Gesamtwerkes gewinnt. Der Annahme einer bühnenmäßigen Aufführung der Musicals stünde, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend angenommen hat, nicht entgegen, wenn in der Aufführung der Beklagten im Vergleich zu den benutzten Musicals Songs in andere Szenen eingefügt oder gelegentlich von anderen Figuren gesungen worden sein sollten. Für die Frage der Erkennbarkeit des benutzten Werkes kommt es nicht darauf an, ob die Aufführung von dem benutzten Werk in Einzelheiten abweicht, sondern darauf, ob die Aufführung und das benutzte Werk in ihrem geistig-ästhetischen Gesamteindruck übereinstimmen (vgl. v. Gamm, UrhG, § 19 Rdn. 12).

(2) Die Revision rügt, die Instanzgerichte hätten keine Feststellungen dazu getroffen, worin die urheberrechtlich geschützte Besonderheit der Musicals der Klägerin bestehe. Es könne daher nicht beurteilt werden, ob bei den Aufführungen der Beklagten Szenen und Figuren in der ihnen von der Klägerin gegebenen charakteristischen Prägung übernommen worden seien. Dies sei deshalb fraglich, weil es sich bei den Geschichten von „Die Schöne und das Biest“, „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Aida“ um gemeinfreie Geschichten handele und auch die Grundzüge der Handlung von „Der König der Löwen“ große Ähnlichkeiten zu gemeinfreien Geschichten aufweise. Allein die Übernahme einzelner Gesangsstücke der Musicals erfülle für sich genommen nicht die Voraussetzungen einer bühnenmäßigen Aufführung. Damit dringt die Revision nicht durch.

Eine bühnenmäßige Aufführung des geschützten Werkes setzt allerdings eine Darstellung der dem benutzten Werk oder seinen Bestandteilen eigentümlichen Begebenheiten, die Übernahme von Szenen und Figuren in der ihnen von den Autoren verliehenen Eigenart und Originalität voraus (vgl. BGH GRUR 1960, 604, 605 - Eisrevue I). Handelt es sich bei dem geschützten Werk - wie hier - um die eigenschöpferische Bearbeitung eines gemeinfreien Stoffes, trägt jedoch der Aufführende die Darlegungslast für seine Behauptung, bei der Aufführung lediglich nicht eigenschöpferisch bearbeitete und daher gemeinfreie Teile des Werkes übernommen zu haben. Dieser Darlegungslast haben die Be-klagten nicht genügt.

Die Revision stellt nicht in Abrede, dass die Musicals auch insoweit Urheberrechtsschutz genießen, als sie auf gemeinfreien Geschichten beruhen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, geht aus den vorgelegten Drehbüchern zweifelsfrei hervor, dass es sich bei den Musicals jeweils um individuelle Bearbeitungen des hergebrachten Stoffs handelt, denen eine eigene schöpferische Leistung zugrunde liegt. Die Drehbücher beschränken sich nicht darauf, die bekannten Stoffe einfach nur wiederzugeben; vielmehr sind die Geschichten textlich und musikalisch bearbeitet und für eine Bühnenaufführung umgesetzt. Die Beklagten haben nicht aufgezeigt, bei welchen Teilen der Musicals es sich nicht um eine eigene Bearbeitung, sondern um eine schlichte Übernahme gemeinfreier Geschichten handelt. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass jede einzelne Szene der Musicals eine eigenschöpferische Bearbeitung des gemeinfreien Stoffs ist und daher sämtliche von den Beklagten bühnenmäßig aufgeführten Teile der Musicals eine ihnen eigene charakteristische Prägung aufweisen.

c) Die Beklagten haben das ausschließliche Recht der Klägerin zur bühnenmäßigen Aufführung der Musicals widerrechtlich verletzt.

Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin der GEMA - oder einer entsprechenden ausländischen Verwertungsgesellschaft, der die GEMA durch einen Gegenseitigkeitsvertrag verbunden ist (vgl. Schricker/Reinbothe aaO Vor §§ 1 ff. WahrnG Rdn. 15) - durch Abschluss eines Berechtigungsvertrags Aufführungsrechte an diesen Werken eingeräumt und ob gegebenenfalls die GEMA den Beklagten entsprechende Nutzungsrechte übertragen hat. Für die revisionsrechtliche Prüfung ist beides daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen. Die Beklagten könnten aber, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, aus einer mit der GEMA getroffenen Vereinbarung kein Recht zu den von ihnen veranstalteten Aufführungen herleiten. Die Rechte für derartige bühnenmäßige Aufführungen der Musicals wären von einem zwischen der Klägerin und der GEMA geschlossenen Berechtigungsvertrag - oder einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Klägerin und einer ausländischen Verwertungsgesellschaft - nicht umfasst gewesen und hätten daher auch nicht von der GEMA auf die Beklagten weiterübertragen werden können.

Der Berechtigte überträgt der GEMA gemäß § 1 lit. a Satz 1 des Berechtigungsvertrages (in der Fassung vom 26./27.6.2007, die insoweit mit früheren Fassungen wortgleich ist, GEMA-Jahrbuch 2007/2008, S. 174) die Wahrnehmung der Aufführungsrechte an Werken der Tonkunst mit oder ohne Text, jedoch unter Ausschluss der bühnenmäßigen Aufführung dramatisch-musikalischer Werke, sei es vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen. Bei den hier in Rede stehenden Darbietungen der Beklagten handelt es sich im Sinne dieser Bestimmung, die der Senat auch als Revisionsgericht selbst auslegen kann (BGHZ 142, 388, 395 - Musical-Gala), um bühnenmäßige Aufführungen dramatisch-musikalischer Werke, die von der Übertragung der Aufführungsrechte an Werken der Tonkunst ausgeschlossen sind.

aa) Der Begriff der bühnenmäßigen Aufführung in § 1 lit. a Satz 1 des Berechtigungsvertrages hat denselben Inhalt wie der Begriff der bühnenmäßigen Darstellung in § 19 Abs. 2 UrhG (vgl. BGHZ 142, 388, 395 - Musical-Gala). Wie bereits (unter II 1 b) dargelegt, haben die Beklagten die hier in Rede stehenden Musicals bühnenmäßig dargestellt bzw. aufgeführt. Bei den Musicals handelt es sich auch um dramatisch-musikalische Werke. Darunter sind alle Werke zu verstehen, die als dramatisch-musikalische Werke „in Szene“ gesetzt werden können, unabhängig davon, ob sie zu diesem Zweck geschaffen worden sind (vgl. BGHZ 142, 388, 395 f. - Musical-Gala). Es steht außer Frage, dass die Komponisten und Librettisten mit ihren Liedern und Texten die Geschichten „Die Schöne und das Biest”, „Der Glöckner von Notre Dame”, „Der König der Löwen” und „Aida” in einer für die Umsetzung auf der Bühne geeigneten - und im Übrigen auch bestimmten - Art und Weise gestaltet haben.

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Rechtseinräumung in § 1 lit. a des Berechtigungsvertrags nach deren Sinn und Zweck allerdings kein Vorbehalt hinsichtlich der Einräumung von Rechten für Werknutzungen zu entnehmen, bei denen Musikwerke, die nicht als dramatisch-musikalische Werke angelegt sind (wie dies etwa bei einem Schlager der Fall sein kann), im Rahmen einer Bühnenaufführung in einer Art und Weise wiedergegeben werden, dass sie als deren integrierender Bestandteil erscheinen und daher auch selbst als bühnenmäßig aufgeführt anzusehen sind. Denn in solchen Fällen ist den Urheberberechtigten eine individuelle Rechtswahrnehmung kaum möglich und eine kollektive Rechtswahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft sinnvoll (BGHZ 142, 388, 396 f. - Musical-Gala).

Ein solcher Fall, in dem die GEMA ausnahmsweise die Rechte an einem bühnenmäßig aufgeführten Werk wahrnimmt, ist im Streitfall jedoch nicht gegeben, weil hier die den Musicals entnommenen Musikwerke als dramatisch-musikalische Werke angelegt sind. Insoweit kommt es, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht darauf an, ob die einzelnen Titel von vornherein als Bestandteil einer dramatisch-musikalischen Aufführung konzipiert waren. Entscheidend ist vielmehr, dass die Musikwerke keine isolierten Einzelstücke geblieben, sondern integrierender Bestandteil eines für die dramatisch-musikalische Aufführung geeigneten Werkes geworden sind.

cc) Es kann schließlich dahinstehen, ob der Urheberberechtigte der GEMA nach § 1 lit. a Satz 1 des Berechtigungsvertrags das Recht zur bühnenmäßigen Aufführung dramatisch-musikalischer Werke in kleineren Teilen überträgt (so Staats, Aufführungsrecht und kollektive Wahrnehmung bei Werken der Musik, 2004, S. 114 ff.; ders., ZUM 2005, 789, 791; a.A. Staudt in Kreile/ Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, Kap. 10 Rdn. 61; Russ, ZUM 1995, 32, 33; vgl. auch Gernot Schulze, ZUM 1993, 255, 259). Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob der letzte Halbsatz dieser Bestimmung - „sei es vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen“ - als abschließende oder als beispielhafte Aufzählung zu verstehen ist und ob der Ausschluss der Rechtsübertragung daher lediglich die dort genannten oder - wie das Berufungsgericht angenommen hat - sämtliche bühnenmäßigen Aufführungen dramatisch-musikalischer Werke umfasst.

Im Streitfall kommt es darauf nicht an, weil die Musicals „Die Schöne und das Biest”, „Der Glöckner von Notre Dame”, „Der König der Löwen” und „Aida” in den Vorstellungen der Beklagten nicht nur „in kleineren Teilen” aufgeführt worden sind. Das Berufungsgericht hat insoweit festgestellt, die Beklagten hätten in ihrer Show eine Vielzahl von sich ergänzenden Handlungsabschnitten der Originalwerke aneinandergefügt. Es hat ausgeführt, die Darbietung sei deshalb in ihrer Gesamtheit zu würdigen; danach könne von der Aufführung nur eines kleinen Teils der Originalwerke keine Rede sein, zumal die Beklagten entsprechend der Ankündigung in ihrem Programmheft die „Highlights” der Musicals, also einige der wichtigsten Schlüsselszenen und die bekanntesten Songs, aufgeführt hätten. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

2. Da die Beklagten das Recht der Klägerin zur bühnenmäßigen Aufführungen verletzt haben, sind auch die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung als Hilfsansprüche zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs gemäß § 242 BGB, § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG begründet.

3. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, die Beklagten hätten das erstinstanzliche Urteil insoweit nicht mit der Berufung angegriffen, als das Landgericht ihre Schadensersatz-Landgerichts insoweit „aufzuheben“, als sie zur bühnenmäßigen Aufführung von Teilen der Musicals und zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt worden sind.

Der offensichtlich unvollständige erste Teil dieses Antrags ist dahin auslegungsfähig, dass die Beklagten sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung der bühnenmäßigen Aufführung der Musicals wenden wollen. Im Übrigen sind die Berufungsanträge der Beklagten entgegen der Ansicht der Revision nicht missverständlich formuliert, sondern eindeutig nur gegen die Verurteilung zur Unterlassung sowie zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung gerichtet. Insoweit sind sie einer Auslegung daher nicht zugänglich.

Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht hätte die Beklagten nach § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, dass sie die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht nicht mit der Berufung angegriffen haben. Die Revision hat nicht dargelegt, dass der Rechtsstreit im Ergebnis anders entschieden worden wäre, wenn ein solcher Hinweis erteilt und ein entsprechender Antrag gestellt worden wäre. Sie hat nicht aufgezeigt, weshalb die Beklagten - die das Aufführungsrecht der Klägerin verletzt haben - der Klägerin nicht zum Schadensersatz verpflichtet sind.

III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

(Unterschriften)

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