Leitsätzliches
Der Kläger ist Designer für Handy-Logos und nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Unterlassung der Benutzung bestimmter Handy-Logos, Auskunft und - nach erteilter Auskunft zu beziffernden - Schadensersatz in Anspruch. Außerdem verlangt er den Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten. Er behauptet, dass er einen Teil der Logos, die die Beklagte im Internet zum Herunterladen aufs Handy anbietet, geschaffen habe und die Beklagte sich diese rechtswidrig angeeignet habe. Zur rechtlichen Begründung seiner Anträge stützt er sich auf urheber- und wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen; außerdem meint er, dass ein rechtswidriger Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliege...(Urheberrecht an Handy-Logos)HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT
URTEIL
Aktenzeichen: 3 U 137/03
Entscheidung vom 25. Februar 2004
In dem Rechtsstreit
...
gegen
...
Gründe:
I.
Der Kläger ist Designer für Handy-Logos und nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Unterlassung der Benutzung bestimmter Handy-Logos, Auskunft und - nach erteilter Auskunft zu beziffernden - Schadensersatz in Anspruch. Außerdem verlangt er den Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten. Er behauptet, dass er einen Teil der Logos, die die Beklagte im Internet zum Herunterladen aufs Handy anbietet, geschaffen habe und die Beklagte sich diese rechtswidrig angeeignet habe. Zur rechtlichen Begründung seiner Anträge stützt er sich auf urheber- und wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen; außerdem meint er, dass ein rechtswidriger Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliege. Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags und des Wortlauts der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit seiner Berufung gegen das landgerichtliche Urteil verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter. Er macht im Wesentlichen geltend:
Entgegen der Meinung des Landgerichts handele es sich bei den Logos nicht um dem Geschmacksmusterschutz zugängliche angewandte Kunst. Für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit seien daher die Maßstäbe der sog. Kleinen Münze anzulegen. Schutzfähig als bildende Kunst sei danach jedenfalls ein Teil der Logos.
Dem Kläger stünden auch die Rechte als Datenbankhersteller zu ( § 87 b UrhG ).Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht Ansprüche aus den §§ 1,3 UWG verneint
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.
II.
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht und mit überzeugender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:
1. Zum Unterlassungsanspruch aus §§ 2, 97 Abs.1 S.1 UrhG:
Zutreffend hat das Landgericht geprüft, ob die Logos nach § 2 Abs.1 Nr.4, Abs.2 UrhG geschützt seien. Zur bildenden Kunst gehört jeder Gegenstand, der einen das ästhetische Empfinden ansprechenden Gehalt durch die Gestaltung von Flächen, Körpern oder Räumen ausdrückt (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9.Aufl., § 2 Rn.51). Vorliegend handelt es sich um kleine Bilder, mit denen Flächen, nämlich die Displays von Handys, in bestimmter Weise gestaltet werden. Dass dies mit Hilfe einer speziellen Software geschieht, mithin digital, steht einer grundsätzlich möglichen Einordnung als bildende Kunst nicht entgegen.
Dabei kann im vorliegenden Fall allerdings dahinstehen, ob es sich bei Handy-Logos auch um dem Geschmacksmusterschutz zugängliche angewandte Kunst handelt, für die der Bundesgerichtshof einen höheren Grad von Eigentümlichkeit und Originalität verlangt, um auch Urheberrechtsschutz zubilligen zu können ( zuletzt BGH GRUR 95, 581,582 "Silberdistel" ). Denn mit dem Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die hier in Rede stehenden Handy-Logos nicht einmal den Anforderungen der sog. Kleinen Münze genügen. Sie weisen keine ausreichende Eigentümlichkeit auf, um sie als Werke der bildenden Kunst anerkennen zu können. Nach der Rechtsprechung sind nur solche Gegenstände als Werke der bildenden Kunst geschützt, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht, dass nach den im Leben herrschenden Auffassungen von Kunst gesprochen werden kann; maßgeblich dafür ist die Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Verkehrskreise ( Nachweise bei Fromm/Nordemann, a.a.O., § 2 Rn.15 ). Zu diesen Verkehrskreisen gehören auch die Mitglieder des ständig mit Urheberrechtssachen befassten Senats, der den Werkcharakter der hier streitgegenständlichen Logos somit aus eigener Sachkunde ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens beurteilen kann.
Keine Werke der bildenden Kunst sind banale, alltägliche und vorbekannte Gestaltungen ohne ein Mindestmaß von Individualität und Aussagekraft für den Betrachter. Um derartige Gestaltungen handelt es sich hier, wie das Landgericht im Einzelnen überzeugend ausgeführt hat.
Der Senat beschränkt sich daher in seinen eigenen Anmerkungen auf diejenigen Logos, zu denen der Kläger in seiner Berufungsbegründung ergänzende Ausführungen macht :
a) Die "Kopulierenden Häschen" sind in der Anlage K 1 schon nicht komplett abgebildet, sondern nur abgeschnitten. Soweit man es erkennen kann, sind sie zwar durch dunklere Schattierungen plastisch gestaltet, im übrigen aber nur umrisshaft gezeichnet und ohne erkennbare Individualität. Der Kläger beruft sich zur Begründung für ihre Schutzfähigkeit auf die geringen Anforderungen, die das Kammergericht für die zeichnerische Darstellung einer Bachforelle hat genügen lassen ( GRUR-RR 2001,292 ). Die hier in Rede stehende Tierdarstellung ist indessen mit dem vom Kammergericht entschiedenen Fall nicht vergleichbar: Dort ging es um eine naturgetreue Wiedergabe eines bestimmten Fisches, während vorliegend keine Nachzeichnung von Hasen nach der Natur zu beurteilen ist. Das Kammergericht hatte sich auch nicht nur darauf gestützt, dass die künstlerische Leistung in der Umsetzung eines dreidimensionalen Tieres in eine zweidimensionale Zeichnung liege - mit dieser Begründung versucht der Kläger den Werkcharakter verschiedener Logos zu begründen, die noch nachfolgend behandelt werden. Das Kammergericht hatte die Bachforellenzeichnung vor allem deshalb für urheberrechtsschutzfähig gehalten, weil der Fisch über diese Umsetzungsleistung hinaus idealisiert als " perfekter Fisch" dargestellt und in eine dynamische geschwungene Form gebracht worden sei. Eine vergleichbare Besonderheit vermag der Senat weder hier noch bei den weiter unten besprochenen Logos zu erkennen. Außerdem scheint es sich nach dem in der Veröffentlichung abgebildeten Foto der Bachforelle um eine wesentlich detailreichere Zeichnung ( z.B. Schuppen ) zu handeln als bei den - von den genannten Schattierungen abgesehen - nur umrisshaft gezeichneten Hasen.
Schließlich zeigen die sonstigen Tierdarstellungen im Logo-Sortiment der Beklagten und der Beklagten im Parallelverfahren 5 U 148/03, dass Tierdarstellungen in großer Zahl als Logos Verwendung finden und die "kopulierenden Häschen" auch im Vergleich dazu keine das Alltägliche überragende Eigentümlichkeit aufweisen. Die "Drei Häschen" in einem weiteren Logo sind noch einfacher und schematischer gestaltet als die "Kopulierenden Häschen" und daher erst recht nicht urheberrechtsschutzfähig.
b) Die "Enten mit Herz" sind sowohl in ihrer ebenfalls nur umrisshaften Darstellung der Tiere als auch von der "Gesamtkomposition" her zu schlicht und konventionell, um Werkcharakter bejahen zu können. Die Kombination Tiere/Herzen stellt darüber hinaus eine alltägliche Kombination für Handy-Logos dar, wie sich aus dem Anlagenkonvolut K 1 in der Parallelsache 5 U 148/03 ergibt.
c) Bei dem Bärenpaar "Eisbär und Panda" verweist der Kläger auf die Originalität der Kombination der beiden Bären, die sich in der Natur nicht begegneten. Dieser Bewertung steht schon entgegen, dass der als "Eisbär" bezeichnete Bär nicht als solcher zu erkennen ist, sondern es sich um eine Art Teddybären handelt, der aber auch nur in Umrissen und ohne nähere Gestaltung der Gesichtszüge oder Mimik dargestellt ist. Für den Pandabären gilt nichts anderes. Insgesamt besteht das Bild damit aus vorbekannten Formen, in sehr einfacher und reduzierter Darstellung ohne irgendwelche Individualität der beiden Bärenfiguren. Für die Anerkennung als bildende Kunst reicht auch diese Darstellung nicht aus.
Die Einzelbären mit den Schriftzügen "komm Kuscheln", "Sorry" und "vermisse Dich" sind ebenfalls so einfach ausgeführt, dass ein Werk der bildenden Kunst nicht angenommen werden kann.
Der Bär des Logos "hey Babe" hat ein Gesicht nach Art einer Comic-Figur mit übergroßen Augen, kreisrunder Clownsnase und Pausbacken. Sämtliche Elemente sind für Comic-Tierfiguren typisch und sind in ihrer konkreten Gestaltung gleichfalls ohne hinreichende Eigentümlichkeit.
d) Bei den Augenpaaren hat der Kläger vor allem das Logo "angeleyes" problematisiert. Durch die Schrägstellung der Augen, die hierauf befindlichen Lichtpunkte und die Schattierungen mag dieses Logo in der Tat zu den qualitativ Besseren der verschiedenen Logos mit Gesichtern und Augenpaaren zählen, wie sie sich aus der Anlage K 1 ergeben. Andererseits ragt das Logo auch nicht heraus und ist ihm - wie auch den anderen Logos zu diesem Themenkreis - keinerlei Individualität oder Ausdruckskraft eigen, die etwa auf Charakterzüge, Stimmungslage oder sonstige Eigenart des Menschen schließen ließe, dessen Augen abgebildet sind. Die Darstellung wirkt auf den Betrachter gänzlich unpersönlich. Das lässt sich mit der angewandten Technik vielleicht auch gar nicht anders bewerkstelligen. Die zu diesem Logo in der Senatssitzung eingereichte Vergrößerung belegt, dass die Herstellung aus Bildpunkten handwerklich durchaus nicht anspruchslos und möglicherweise auch zeitaufwendig sein mag - in welcher Weise die hierbei unstreitig eingesetzte Software behilflich ist, haben die Parteien allerdings nicht näher erläutert . Für die Einordnung als Kunstwerk ist aber nur das Ergebnis entscheidend, wie es dem Betrachter gegenüber tritt, nicht der Arbeitsaufwand, der zu seiner Herstellung erforderlich war. Das erzielte Leistungsergebnis hält der Senat jedoch - ebenso wie das Landgericht - nicht für hinreichend eigentümlich, um ihm den Schutz der Kleinen Münze zusprechen zu können.
Die anderen Augenpaare, die nach dem Foto der Großeltern des Klägers geschaffen worden sein sollen (K 7 ), sind noch weniger gestaltet als die "angeleyes". Das Logo "omaundopa", dem dasselbe Foto zugrunde liegen soll, ist in der Anlage K 1 kaum erkennbar. Hierzu hat der Kläger in der Senatssitzung allerdings eine Vergrößerung eingereicht, die zwei Gesichter vor dunklem Hintergrund schemenhaft erkennen lässt. Auch aus dieser Vergrößerung wird deutlich, dass der Versuch einer Umsetzung des Fotos K 7 in Bildpunkte möglicherweise aufwendig gewesen sein mag. Als Ergebnis sind jedoch nur maskenhafte Gesichtszüge ohne Individualität und Ausdruckskraft erzielt worden, die der Senat ebenfalls nicht als schutzfähig gemäß § 2 UrhG anzuerkennen vermag.
e) Das Logo "Terr" ist abgeschnitten wiedergegeben worden. In der Anlage K 1 des Parallelverfahrens 5 U 148/03 ist es komplett abgebildet ("Terror" Nr. 201612 ). Soweit die Berufungsbegründung also aus einer Verkürzung des Wortes "Terror" eine Eigentümlichkeit ableiten will, geht ihre Argumentation von vornherein ins Leere. Aber auch die Gestaltung der Schriftzüge ist nicht hinreichend eigentümlich, um Werkcharakter annehmen zu können.
f) Zum Logo "Icehockey" : Weder der Schriftzug noch der Icehockey-Spieler, der aus wenigen Strichen dargestellt ist und - wie die Berufung selbst einräumt - nur erahnt werden kann, erfüllt die Anforderungen der Kleinen Münze.
g) Die verschiedenen menschlichen Fußabdrücke sind ebenfalls zu schlicht, um einen Werkcharakter annehmen zu können. Die bloße Stellung der Füße zueinander mag zwar daran denken lassen, dass sie sich liebenden Paaren gehören. Diese Assoziation macht die einfache Wiedergabe von vier oder sechs Fußabdrücken aber noch nicht selbst zum Werk der bildenden Kunst.
h) "Drei Motorräder": Die Motorradfahrer sind in sehr einfacher und reduzierter Darstellung erkennbar. Eine perspektivische Anordnung vermag der Senat im Gegensatz zur Berufung nicht zu erkennen, ebenso wenig einen besonderen ästhetischen Gehalt, der den Schutz der Kleinen Münze verdienen könnte.
2. Zum Anspruch aus §§ 87a, b, 97 UrhG:
Zu den Voraussetzungen dieses Anspruchs hat der Kläger auch in zweiter Instanz keine näheren Umstände vorgetragen. Dass seine Logos in einer systematisch oder methodisch angeordneten Sammlung verwahrt werden, deren Herstellung eine wesentliche Investition erfordert hat (§ 87a UrhG ), und wesentliche Teile von der Beklagten vervielfältigt und verbreitet werden ( § 87b UrhG ) ist nicht mit hinreichenden Tatsachenvortrag belegt. Auch insoweit ist dem Landgericht daher zu folgen.
3. Anspruch aus § 3 UWG:
Ein Anspruch aus dieser Norm ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils zu verneinen. Dazu hat der Kläger auch in der Berufungsbegründung nichts mehr vorgetragen.
4. Anspruch aus § 1 UWG:
Ein Anspruch aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes scheitert bereits daran, dass der Kläger auch in der Berufungsinstanz keinerlei Vortrag zur wettbewerblichen Eigenart seiner Logos im Vergleich zu anderen Logos gebracht hat. Die Anlage K 1 und die Anlage K 1 aus dem Parallelverfahren 5 U 148/03 belegen, dass es zu allen Themen, die der Kläger für seine Logos verwendet, ähnliche Logos gibt, die z.T. sogar aufwendiger gestaltet sind als diejenigen des Klägers.
5. Schließlich ist auch ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr.10, 711 ZPO. Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat ( § 543 ZPO ). Das Herunterladen und Verschicken digitaler Nachrichten und Bilder aus dem Internet- für und über das Handy - gewinnt zunehmende Bedeutung. Für die Hersteller und Vermarkter derartiger Produkte ist deren Schutzfähigkeit eine zentrale Frage, die höchstrichterlich geklärt werden sollte.
Auch hier: Beitrag "Handylogos und ihre urheberrechtliche Schutzwürdigkeit"