Leitsätzliches
Ein Sharehoster kann als Gehilfe einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden, wenn er über einen längeren Zeitraum nicht handelt, nachdem er von dem Rechtinhaber über eine rechtswidrig über seinen Dienst zugänglich gemachte Datei aufmersam gemacht wurde.OBERLANDESGERICHT Hamburg
Beschluss
Entscheidung vom 13. Mai 2013
Az.: 5 Aw 41/13
In der Sache
...
beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht ...:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 26.02.2013 wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 14.02.2013 (Az. 310 0 56/13) in Ziffer 1 abgeändert und insoweit wie folgt gefasst:
Im Wege der einstweiligen Verfügung — der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung — wird der Antragsgegnerin bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.-; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, diese zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin)
verboten,
Dritten dabei Hilfe zu leisten, die Tonaufnahmen des Hörspiels "..." im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich zu machen, wie unter der URL
"http://..."
geschehen.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Erlassverfahrens haben die Antragsgegnerin 7/8 und die Antragstellerin 1/8 zu tragen.
4. Die Kosten der Beschwerde haben die Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.
5. Der Gegenstandswert der Beschwerde wird auf € ... festgesetzt.
Gründe:
I.
Die gemäß § 567 I Zff.2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nur zum Teil begründet. Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin besteht nicht lediglich aufgrund einer Haftung als Störer, sondern vielmehr wegen einer Beihilfe der Antragsgegnerin an der öffentlichen Zugänglichmachung des urheberrechtlich geschützten streitgegenständlichen Hörspiels; eine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung der Antragsgegnerin ist allerdings nicht glaubhaft gemacht. Im Einzelnen:
1. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs aus § 97 11 UrhG vorliegen, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Kammer im angegriffenen Beschluss Bezug. Allerdings ist ergänzend anzumerken, dass eine öffentliche Zugänglichmachung durch den Anbieter von Speicherplatz im Internet (File-Hosting- oder Webhosting-Dienst) lediglich in Ausnahmefällen bereits dadurch erfolgt, dass eine Datei mit einem urheberrechtlich geschützten Inhalt über eine bestimmte URL von einem Speicherplatz dieses Webhosters abrufbar ist.
a) Der Senat hierzu in seinem Urteil vom 14.3.2012 (5 U 41/11) in Bezug auf einen anderen File-Hosting-Dienst ausgeführt:
a. Das Landgerichts ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Werke (jedenfalls) in dem Moment i.S.v § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht worden sind, in dem die jeweiligen RapidShare-Links im Rahmen von Downloadlink-Sammlungen im Internet dritten Personen uneingeschränkt zur Verfügung gestellt worden sind. Dieser Auffassung tritt der Senat bei. An seiner früheren Rechtsauffassung, ein öffentliches Zugänglichmachen i.S.v. § 19 a UrhG sei bereits mit dem Einstellen der als rechtsverletzend beanstandenden Werke in den Dienst RapidShare verwirklicht, hält der Senat nicht mehr fest.
aa. Bei seiner gegenteiligen Rechtsauffassung war der Senat in der Entscheidung "Rapidshare I" (Senat MMR 2008, 823 ff — Rapidshare I) davon ausgegangen, dass der Dienst der Beklagten zu 1. ganz überwiegend auf rechtswidrige Nutzung ausgerichtet ist, so dass bereits in einem Upload auf RapidShare letztlich eine eindeutige Zweckausrichtung zu sehen sei, den Link nachfolgend der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vor diesem Hintergrund war es nach Auffassung des Senats gerechtfertigt, den Zeitpunkt des öffentlichen Zugänglichmachens vorzuverlegen. (...)
bb. Seitdem haben sich die Nutzungsgewohnheiten im Internet erheblich fortentwickelt. Die Möglichkeiten, Dateien nicht nur (lokal) auf dem eigenen PC, sondern auf Senem dritter Unternehmen (dezentral) "im Netz" zu speichern, sind seitdem erheblich fortgeschritten und auch offensiv beworben worden. So hat — dies ist den Senatsmitgliedem aus eigener Kenntnis bekannt — etwa der Computerhersteller Dell mit dem Verkauf eines Geräts im Herbst 2009 die Möglichkeit beworben, die regelmäßig notwendigen „backups“ des Datenbestands nicht lokal auf dem Gerät, sondern dezentral auf einem Server des Unternehmens im Netz abzulegen und dieser Option durch eine (zunächst) kostenfreie Nutzung Attraktivität verliehen. Der Senat geht rückblickend nunmehr davon aus, dass auch bereits zu dem Zeitpunkt der hier relevanten Verletzungshandlungen Ende 2009/Anfang 2010 derartige Nutzungsmöglichkeiten deutlich stärker im Vordringen waren und deren Zweckmäßigkeit auch den allgemeinen Verkehrskreisen zunehmend stärker in das Bewusstsein gelangt ist. als der Senat dies noch in seiner Entscheidung „Rapidshare I“ zu Grunde legen konnte.
cc. Vor diesem Hintergrund ist es einem Anbieter von dezentralem Speicherplatz im Netz häufig nicht mehr verlässlich möglich, mit vertretbarem Aufwand und ohne unzulässigen Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Nutzers (urheberrechtlich) zulässige von unzulässigen Speichervorgängen unterscheiden können. In der heute propagierten Ara des "Cloud-Computing" aber auch schon in der vorgelagerten Phase des Übergangs von ausschließlich lokalen zu stärker dezentralisierten Arbeits- und Speichervorgängen liegt es auch für einen ausnahmslos rechtstreuen Nutzer keineswegs mehr fern, z.B. seine Sammlung von Lieblingsmusikstücken bei einem Webhoster zu speichern, um sie überall von seinen Mobilgeräten aus zugänglich zu haben oder nur, um dezentral eine Sicherungskopie vorzuhalten. Denn die unbeschränkte Verfügbarkeit aller Daten überall ist gerade das Charakteristikum der gegenwärtigen IT-Nutzungsgewohnheiten. Selbst wenn sich hierfür vorrangig andere Dienste anbieten sollten, erscheint es dem Senat nicht mehr als fern liegend, dass auch der Dienst RapidShare für eine derartige Aufgabenerfüllung ohne weiteres geeignet ist und deshalb nahe liegend in Anspruch genommen werden kann. (...)
gg. Zumindest unter Berücksichtigung der Gesetzeslage in § 53 VI UrhG lässt vor diesem Hintergrund allein der Upload eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf den Dienst eines Sharehosters wie der Beklagten zu 1. keinen verlässlichen Rückschluss (mehr) zu, dass es sich hierbei zwingend um eine ohne Zustimmung des Rechtsinhabers erfolgte rechtswidrige Nutzung handeln muss. (...)
jj. Die streitgegenständlichen Dateien sind allesamt in Link-Ressourcen für einen größeren Personenkreis öffentlich zugänglich gemacht worden. Denn sie sind dort von den Klägerinnen bzw. von den von ihnen eingeschalteten Unternehmen gerade gefunden worden.
b) Hier hat die Antragstellerin nicht angeführt, dass der Dienst der Antragsgegnerin überwiegend zur Speicherung und anschließenden unzulässigen öffentlichen Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Inhalte verwendet werde. Die Antragstellerin hat aber glaubhaft gemacht, dass die aus dem Tenor ersichtliche URL, die zum Speicherplatz der Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel führte, von ihr auf der ersichtlich allgemein zugänglichen Internetseite "www.....to" aufgefunden wurde, auf der sämtliche Folgen der Hörspielreihe "..." zum Streaming-On-Demand zur Verfügung gestellt wurden. Jedenfalls damit wurde die Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel öffentlich zugänglich gemacht.
c) Dahinstehen kann hier, ob eine Haftung des Anbieters eines File-Hosting-Dienstes daneben grundsätzlich voraussetzt. dass diesem vom Rechteinhaber die exakte Fundstelle einer im Internet aufgefunden URL mitgeteilt wird, die zu einem Speicherplatz führt, unter dem urheberrechtlich geschützte Inhalte gespeichert sind. Denn die Antragstellerin hat hier dargelegt und durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass Mitarbeiter der Antragsgegnerin in zwei Telefonaten zugesichert haben, den streitgegenständlichen Inhalt alsbald zu löschen. Damit könnte sich die Antragsgegnerin hier nicht erfolgreich darauf berufen, dass sie noch hätte überprüfen wollen, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorliegt.
2. Die Antragsgegnerin haftet hier nicht lediglich als Störer, sondern vielmehr als Gehilfe der Person(en), die die Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel in den Dienst der Antragsgegnerin eingestellt und die dazu gehörige URL über die Seite www.....to auffindbar gemacht hat bzw. haben [im Folgenden wird zur sprachlichen Vereinfachung unterstellt, dass es sich herbei um eine einzelne Person handelte].
Zutreffend hat das Landgericht die Grundsätze einer Haftung von Anbietern von Speicherplatz im Internet dargestellt; auch hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Danach ist in derartigen Fällen der Täter einer Urheberrechtsverletzung im Regelfall der, der urheberechtlich geschützte Inhalte durch Veröffentlichung der entsprechenden URL erst öffentlich zugänglich macht, mithin im Allgemeinen der Nutzer des File-Hosting-Dienstes. In der Tat kommt eine Haftung des Anbieters des File-Hosting-Dienstes hingegen häufig lediglich als Störer in Betracht. Anders als das Landgericht sieht der Senat hier aber die Voraussetzungen einer Haftung als Teilnehmer an der Urheberechtsverletzung in Form der Beihilfe als glaubhaft gemacht an.
a) Der vorliegende Fall ist von der Besonderheit geprägt, dass die Antragsgegnerin den Zugang zu der Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel nicht gesperrt, sondern dass diese unter derselben URL unverändert abrufbar blieb, auch nachdem die Antragstellerin die Antragsgegnerin hiervon mit mehreren E-Mails der von der Antragstellerin eingeschalteten proMedia GmbH (erstmals am 15.01.2013) und sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 29.01.2013 (Anl ASt 5) in Kenntnis gesetzt hatte. Nach der anwaltlichen Versicherung in der Beschwerdeschrift vom 26.02.2013 war die Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel sogar noch an diesem Tag unter der im Tenor genannten URL abrufbar; dies ist damit glaubhaft gemacht.
Damit kommt eine Haftungsprivilegierung der Antragsgegnerin nach § 10 TMG nicht in Betracht, denn diese setzt u.a. voraus, dass Diensteanbieter, die fremde Informationen für einen Nutzer speichern, unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information erlangt haben (§ 10 Satz 1 Nr. 2 TMG). Die Antragsgegnerin haftet demnach nach den allgemeinen Grundsätzen.
b) Hiernach kommt indes eine Haftung der Antragsgegnerin als Täter oder Mittäter einer Urheberrechtsverletzung nicht in Betracht. Es ist mangels entgegenstehender Erkenntnisse davon auszugehen, dass auch hier — wie bei File-Hosting-Diensten in aller Regel der Fall — die Datei mit dem geschützten Inhalt vom Nutzer des File-Hosting-Dienstes der Antragsgegnerin durch Bekanntgabe des Zugangslinks im Internet öffentlich zugänglich gemacht wurde, ohne dass die Antragsgegnerin zuvor vom Inhalt dieser Datei Kenntnis genommen hat. Die Antragsgegnerin kann unter diesen Umständen keine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung begehen, denn sie erfüllt dadurch, dass sie Nutzern ihren Dienst zur Verfügung stellt und von diesen dort geschützte Werke in urheberrechtsverletzender Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, nicht selbst den Tatbestand einer Urheberrechtsverletzung. Insbesondere macht sie die Dateien nicht selbst öffentlich zugänglich und vervielfältigt sie auch nicht (vgl. BGH GRUR 2013, 370 [Tz.16] — Alone in the Dark).
Hinzu kommt, dass hier nicht ersichtlich oder glaubhaft gemacht ist, dass auch im weiteren Verlauf in der Person der Antragsgegnerin die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung als Täter oder Mittäter der deliktischen Handlung ihres Nutzers vorliegen. Die Frage, ob jemand als Täter anzusehen ist oder sich als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen. Täter ist danach derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 I StGB). Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. § 830 1 1 BGB) (vgl. BGH GRUR 2011, 152 [Tz.30] — Kinderhochstühle im Internet). Es lässt sich hier indes nicht die Feststellung treffen, dass die Antragsgegnerin in diesem Sinne die von ihrem Nutzer begangene Urheberrechtsverletzung (auch) als eine eigene Tat wollte. Dies gilt trotz der fehlenden Sperrung der fraglichen Datei nach der Inkenntnissetzung durch die Antragstellerin, denn auch dieses Verhalten lässt nicht den Schluss zu, dass die Antragsgegnerin die Urheberrechtsverletzung ihres Nutzers nunmehr als (auch) eigene Tat im Sinne eines Mittäters gewollt hat.
c) Die Antragsgegnerin haftet hier indes als Gehilfe der Urheberrechtsverletzung ihres Nutzers. Eine objektive Unterstützungshandlung der Urheberrechtsverletzung ihres Nutzers liegt ersichtlich vor, denn die Antragsgegnerin hat diese Tat durch die Zurverfügungstellung von verlinkbarem Speicherplatz überhaupt erst möglich gemacht und deren Andauern trotz Kenntnis der Rechtsverletzung geduldet. Die Gehilfenhaftung setzt neben einer objektiven Beihilfehandlung zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (vgl. in Bezug auf Markenverletzungen BGH GRUR 2011, 152 [Tz.30] — Kinderhochstühle im Internet).
aa) Für den Zeitpunkt des Hochladens der Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel lässt sich ein derartiger doppelter Gehilfenvorsatz nicht feststellen; zutreffend weist das Landgericht im angegriffenen Beschluss darauf hin, dass sich nicht feststellen lässt, dass die Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der konkret drohenden Haupttat hatte. Damit liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit auf Seiten der Antragsgegnerin nicht in einem positiven Tun, sondern in einem Unterlassen. Dies gilt auch für den weiteren Verlauf, denn das bloße Nichtsperren der Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel ist ersichtlich kein positives Tun.
bb) In Bezug auf die rechtswidrige Haupttat — die öffentliche Zugänglichmachung der Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel — hat die Antragsgegnerin (wenigstens) mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Kenntnis von der rechtswidrigen Haupttat und von deren Andauern hatte die Antragsgegnerin bereits seit der ersten Mitteilung der proMedia GmbH am 15.01.2013. Auch in der Folgezeit wurde die Antragsgegnerin mehrfach davon in Kenntnis gesetzt, dass unter der aus dem Tenor ersichtlichen URL weiterhin die Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel abrufbar war (so am 17.,
23., 25. und am 28.01.2013). Damit hatte sie positive Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung und blieb gleichwohl untätig; ersichtlich hat sie damit wenigstens billigend in Kauf genommen, dass die Rechtsverletzung andauert.
cc) Angesichts der Umstände des vorliegenden Falls ist auch als glaubhaft gemacht anzusehen, dass die Antragsgegnerin jedenfalls mittlerweile mit Gehilfenvorsatz im Sinne des § 27 StGB handelt. Wie ausgeführt, hat die Antragsgegnerin spätestens seit Mitte Januar 2013 Kenntnis von der andauernden Urheberrechtsverletzung durch ihren Nutzer. Auch haben Mitarbeiter der Antragsgegnerin in zwei Telefonaten zugesagt, dass sie — wenn ihr Nutzer die Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel nicht löscht — selbst die Sperrung der Datei vornehmen würden. Gleichwohl war die Datei auf demselben Speicherplatz noch am 26.02.2013 abrufbar. Ein derartig hartnäckiges Ignorieren der Rechte der Antragstellerin begründet die Annahme, dass die Antragsgegnerin zumindest billigend in Kauf nimmt, dass sie die weitere Urheberrechtsverletzung durch ihren Nutzer damit ermöglicht. Mangels entgegen stehender Anhaltspunkte ist dies daher durch die objektiven Umstände als glaubhaft gemacht anzusehen. Auch in Bezug auf die Hilfeleistung an der rechtswidrigen Haupttat genügt das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes (Kudlich in Heintschel-Heinegg, Beck'scher OK StGB [Stand: 08.03.2013], § 27 Rz.17).
dd) Eine Beihilfe durch Unterlassen setzt zusätzlich zu der objektiven Unterstützung der Rechtsverletzung, dem Vorsatz in Bezug auf die Haupttat und dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit schließlich voraus, dass den Gehilfen eine Rechtspflicht trifft, den Erfolg abzuwenden Die erforderliche Handlung zur Verhinderung des Erfolgs muss von dem Verpflichteten rechtlich gefordert werden können; sie muss ihm möglich und zumutbar sein (vgl. zu Markenverletzungen Dritter BGH GRUR 2011 152 [Tz.34] — Kinderhochstühle im Internet). Auch dies trifft hier zu:
Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob eine Gehilfenhaftung des Betreibers eines Internetangebotes bereits dann in Betracht kommt, wenn dieser seine Prüfungspflichten nachhaltig verletzt (offengelassen etwa von BGH GRUR 2011, 152 [Tz.33] — Kinderhochstühle im Internet), denn im vorliegenden Fall geht es nicht — wie in den meisten bisher entschiedenen Fällen — um die Verletzung von Prüfungspflichten in Bezug auf die Verhinderung zukünftiger gleichartiger Rechtsverletzungen, sondern um das Unterlassen der Beseitigung einer dem Betreiber des File-Hosting-Dienstes bekannten fortdauernden Rechtsverletzung. Damit erschöpft sich hier das Verhalten der Antragsgegnerin gerade nicht in ihrem ursprünglichen passiven Beitrag der Zurverfügungstellung von Speicherplatz. Jedenfalls in einem derartigen Fall trifft den Betreiber eines File-Hosting-Dienstes auch die Verpflichtung, die fortdauernde Rechtsverletzung zu unterbinden. Die erforderliche Pflicht zum Handeln bestand hier jedenfalls wegen der die Antragsgegnerin bereits zuvor treffenden Störerhaftung. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, traf die Antragsgegnerin nach Inkenntnissetzung von der Rechtsverletzung die Pflicht. den Zugang zu der Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel unverzüglich zu sperren und im Rahmen des Zumutbaren zu verhindern, dass es zu gleichartigen erneuten Rechtsverletzungen kommt. Hier hat die Antragsgegnerin bereits das Minimum dessen unterlassen, was sie zu tun verpflichtet war, nämlich den Zugang zu der öffentlich zugänglich gemachten Datei unverzüglich zu sperren. Damit war die Antragsgegnerin unabhängig von der Frage, in welchem Umfang sie zumutbare Prüfpflichten trafen, als Störerin zur Unterlassung verpflichtet. Gegen diese sie treffende Handlungspflicht hat die Antragsgegnerin durch die Fortsetzung ihres Unterlassens einer Sperrung des Zugangs zu der fraglichen Datei verstoßen.
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass nicht bei jeder nicht unverzüglichen Sperrung einer rechtsverletzenden Datei sogleich eine Haftung als Gehilfe in Betracht kommen wird, vielmehr dürfte eine verzögerte Sperrung im Regelfall lediglich eine Haftung des Betreibers eines File-Hosting-Dienstes als Störer begründen, weil es insoweit am Nachweis eines Gehilfenvorsatzes fehlen dürfte. Ohne dass sich hierfür eine starre Regel aufstellen lässt, begründet aber — wie ausgeführt jedenfalls im vorliegenden Fall die hartnäckige Weigerung der Antragsgegnerin, die andauernde Rechtsverletzung zu beenden, die Annahme eines derartigen Vorsatzes.
ee) Schließlich liegt es auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung, dass die Abwendung der andauernden Urheberrechtsverletzung der Antragsgegnerin möglich und zumutbar war und ist. Die Antragsgegnerin hätte lediglich die Datei mit dem streitgegenständlichen Hörspiel unter der ihr bekannten URL auf ihrem eigenen Server löschen oder den Zugang zu ihr sperren müssen.
3. Der Senat hat den Tenor der beantragten einstweiligen Verfügung gemäß § 938 ZPO sprachlich dem Umstand angepasst, dass es hier um eine Haftung als Gehilfe im Sinne von § 27 StGB geht. Dass ein derartiger Unterlassungsausspruch vom Begehren der Antragstellerin mitabgedeckt ist, zeigen die Antrags- und Beschwerdebegründung, in denen die Antragstellerin vertreten hat, dass die Antragsgegnerin (wenigstens) als Gehilfe hafte.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I, 97 I ZPO. Die Inanspruchnahme eines Antragsgegners als Gehilfe richtet sich gegen ein Verhalten mit einem höheren Angriffsfaktor, als dies bei einer Inanspruchnahme als Störer der Fall ist, denn ersteres setzt zusätzlich zu den objektiven Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs auch eine entsprechende subjektive Seite in der Person des in Anspruch Genommenen voraus. Andererseits ist der Angriffsfaktor bei einer Inanspruchnahme als Täter einer Urheberrechtverletzung wiederum höher als bei einer Inanspruchnahme als Gehilfe. Den Wertanteil des zurückgewiesenen Teils schätzt der Senat daher nach pflichtgemäßem Ermessen auf die Hälfte des Wertes des Beschwerdebegehrens.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt § 3 ZPO und orientiert sich an dem vom Landgericht festgesetzten Wert und dem vom Landgericht festgesetzten Unterliegensanteil der Antragstellerin.