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Veröffentlichung von Fotos im Internet - OLG Thüringen, Beschluss vom 10. Dezember 2003, AZ: 2 W 658/03 -

Leitsätzliches

Bei der Veröffentlichung fremder Fotos im Internet ist eine Urheberrechtsverletzung gegeben, wenn diese zur Veröffentlichung im Internet an den Betreiber einer Homepage übersandt werden, selbst wenn der Verletzer von der Veröffentlichung nichts erfahren hat, weil die Bilder auf einer passwortgeschützten Subdomain veröffentlicht wurden.

THÜRINGER OBERLANDESGERICHT

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 2 W 658/03

Entscheidung vom 10. Dezember 2003


In dem Rechtsstreit

W
- Beklagte und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigter:  Rechtsanwalt

g e g e n

H – Kläger und Beschwerdegegner –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

hat der 2. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vizepräsident des Oberlandesgerichts ...,
Richter am Oberlandesgericht Dr. ... und
Richterin am Amtsgericht ...

am 10. Dezember 2003


b e s c h l o s s e n:

 


Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 25.07.2003, Az. 3 O 823/03, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; im Übrigen werden Kosten nicht erstattet.


G r ü n d e:


Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, da ihre Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg hat (§§ 114, 118 ZPO).

Es ist unstreitig, dass der Kläger als Fotograf die Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Aktfotografien, die die Beklagte zeigen, besitzt. Davon ausgehend hat – unabhängig vom Persönlichkeitsrecht der Beklagten – allein der Kläger das Recht, die Aufnahmen zu veröffentlichen, zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 15 UrhG). Ebenso unstreitig ist, dass zumindest drei dieser Fotografien auf einer Internetseite einer Modellagentur veröffentlicht und verbreitet wurden, nachdem die Beklagte dieser die Fotos im Rahmen einer Bewerbung als Fotomodell zur Verfügung gestellt hatte, ohne dass ein Einverständnis des Klägers vorlag.

Die Beklagte hat gegenüber dem aus § 97 Abs. 1 UrhG folgenden Unterlassungsanspruch des Klägers keine durchgreifenden Einwendungen vorgebracht.

Die Veröffentlichung der Fotos auf der Internetseite n.de wurde von der Beklagten adäquat verursacht. Diese ist zur Begründung eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruches ausreichend (vgl. BGHZ 42, 118, 124 – Tonbandgeräte-Hersteller II; Nordemann in: Nordemann/Vinck/Hertin, Urheberrecht, 9. Auflage, § 97 Rn. 16). Die Beklagte hat, und das ergibt sich aus dem Schreiben der Fa. H vom  13.03.2003, dessen Inhalt von der Beklagten nicht bestritten wurde, Fotos, an denen der Kläger das Nutzungsrecht besitzt, im Oktober 2001 der Fa. H im Rahmen ihrer Bewerbung als Fotomodell zur Verfügung gestellt. Dies bedeutet, dass die Beklagte die Bilder dem Betreiber der Internetseite auch und gerade in der Absicht übersandte, dass dieser die Bilder im Internet veröffentlichte. Erst am 31.10.2002 – das ist unstreitig – hat sie verlangt, dass die Bilder von der Homepage der Fa. H entfernt werden.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie habe bis zum Oktober 2002 nicht gewusst, dass die Fotos von der Fa. H überhaupt veröffentlicht worden sind. Die Beklagte hat die Fotos, an denen der Kläger das Nutzungsrecht besitzt, mit der Absicht an die Fa. H übermittelt, dass sie in der Kategorie „Models“ auf der Homepage der Fa. H  veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung erfolgte später auch auf einer Internetseite, die von der Fa H betrieben wird. Denn diese unterhält nicht nur eine Homepage unter der Internetadresse h.de, sondern auch eine subdomain unter der Internetadresse n.de. Dass eine subdomain zur Veröffentlichung genutzt wird, ändert nichts daran, dass die Beklagte eine entsprechende Veröffentlichung veranlasst und gewollt hat, zumal sie Einschränkungen in Bezug auf die zur Veröffentlichung zu nutzenden Internetseiten nicht geäußert hatte. Diese zumindest als Beteiligung an einer Urheberrechtsverletzung zu qualifizierende Handlung der Beklagten ist adäquat kausal für die Urheberrechtsverletzung und reicht aus, damit (auch) die Beklagte nach § 97 Abs. 1 UrhG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH GRUR 1994, 363, 365 – Holzhandelsprogramm; Wild in: Schricker, Urhebergesetz, 2 Auflage, § 97 Rn. 35). Wann die Veröffentlichung dann tatsächlich vorgenommen wird, hat demgegenüber keine Bedeutung.

Es spielt auch keine Rolle, ob diese Internetseite bzw. die subdomain der Beklagten bekannt oder wegen Passwortschutzes für sie nicht zugänglich wr. Entscheidend ist, dass die Beklagte die Ursache dafür gesetzt hat, dass Fotografien ohne Zustimmung des Nutzungsberechtigten in Veröffentlichungsabsicht einem kommerziellen Anbieter zur Verfügung gestellt wurden. Denn auch ohne Kenntnis und eigenen Zugang war vorliegend bereits das Zurverfügungstellen der Bilder eine ausreichende, mitkausale Verletzungshandlung. Ein Verschulden ist nicht Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch. Der Beklagten, die die Möglichkeit des Internet beruflich nutzt, musste aber auch bekannt sein, dass Unterverzeichnisse oder subdomains existieren und gerade bei Internetseiten, die Aktfotografien zum Gegenstand haben, einen Passwortschutz besteht.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Seitenbetreiber zunächst monatelang eine Veröffentlichung der übersandten Fotografien nicht vorgenommen hat. Eine Beteiligung der Beklagten an einer Urheberrechtsverletzung liegt nicht nur dann vor, wenn sie selbst mit dem Betreiber einer Internetpräsenz einen entsprechenden Lizenzvertrag geschlossen hat. Auf die Frage, ob die Fa. H eine Annahmeerklärung in Bezug auf einen Lizenzvertrag innerhalb angemessener Frist erklärt hat, kommt es deshalb nicht an. Ausreichend vielmehr ist, dass die Beklagte der Fa. H den Zugriff auf das Bildmaterial, hinsichtlich dessen die Nutzungsrechte beim Kläger lagen, zum Zwecke der Veröffentlichung eröffnet hat (vgl. ähnlich: BGH GRUR 1994, 363, 365 – Holzhandelsprogramm). Entgegen ihrer Auffassung in der Beschwerdebegründung war ihr auch bereits dies ohne Zustimmung des Klägers nicht erlaubt, da sie Nutzungsrechte nie besaß. Nutzungsrechte hatte allein der Kläger als Fotograf inne. Auf die Persönlichkeitsrechte der Beklagten kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der rechtsverletzende Gebrauch der Fotos durch die Fa. H außerhalb aller Wahrscheinlichkeit lag (vgl. BGHZ 42, 118, 124 – Tonbandgeräte-Hersteller II). Die Fa. H hat die Fotos aber gerade nicht gänzlich ohne Wissen und Zutun der Beklagten veröffentlicht, wie dies der Fall wäre, wenn die Fa. H die Bilder unerlaubt von anderen Internetseiten kopiert hätte. Vielmehr ist das Verhalten der Beklagten nicht hinwegdenkbare Bedingung für die Rechtsverletzung. Denn eine Veröffentlichung von Fotos durch eine Modellagentur auf einer entsprechenden Internetseite, die im Rahmen einer Bewerbung als Fotomodell übersandt worden waren, liegt gerade nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit. Für die Entscheidung ist schließlich ohne Bedeutung, ob der Kläger neben der Beklagten auch die Fa H als Verantwortliche für eine Urheberrechtsverletzung in Anspruch hätte nehmen können. Unter mehreren Verletzern kann der Verletzte wählen (vgl. Wild in: Schricker aaO. Rn. 40; Nordemann aaO Rn. 17).

Dass die für einen Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr besteht, obwohl zuvor von der Beklagten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde, weil infolge des erneuten Verstoßes die Wiederholungsgefahr erneut entstanden ist, hat bereits das Landgericht zutreffend (vgl. dazu auch OLG Stuttgart WRP 1997, 1219, 1223) ausgeführt. Dabei dauerte der (erneute) Verstoß bis Ende Oktober 2002 an, während die Unterlassungserklärung bereits im Mai 2002 abgegeben wurde. Deshalb liegt auch ein der Unterwerfungserklärung folgender, neuer (Dauer-) Verstoß vor. Auf den Zeitpunkt der Übersendung der Fotos allein kann es nicht ankommen.
Schließlich begründet der erneute Verstoß nicht nur die Wiederholungsgefahr für eine Veröffentlichung und Verbreitung der – mindestens – drei auf die Internetseite n.de gestellten Fotos. Vielmehr besteht im Falle eines erneuten Verstoßes grundsätzlich Wiederholungsgefahr auch bezüglich abgewandelter, aber im Kern gleicher Handlungen (vgl. BGH GRUR 1998, 1039, 1050 – Fotovergrößerungen). Daher besteht Wiederholungsgefahr in Hinblick auf eine unerlaubte Veröffentlichung und Verbreitung hinsichtlich aller achtg vom Unterlassungsantrag umfassten Fotografien, die der Kläger von der Beklagten gefertigt hat. Die Beklagte hat – auch dies ergibt sich aus dem bereits erwähnten, inhaltlich unstreitigen Schreiben der Fa. H – die Beklagte im Zuge ihrer Bewerbung als Fotomodell nicht nur die letztlich zur Veröffentlichung ausgewählten Fotos übersandt. Zudem sind sämtliche Bilder Aktfotografien mit ähnlichem Inhalt und Charakter, so dass die Übernahme der Fotos Nr. 4, 7 und 8 auf die genannte Internetseite nur zufällig erscheinen muss.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg (abgedruckt in ZUM 2003, 577 ff.) berufen. Diese Entscheidung bestraf einen auf §§ 22, 23 KUG gestützten Anspruch und dabei einen viel allgemeiner formulierten Unterlassungsanspruch. Die dortigen Ausführungen zur Wiederholungsgefahr sind daher mit dem vorliegenden Fall, bei dem es um die Veröffentlichung einer eng umgrenzten Zahl von bereits gefertigten kommerziellen Fotos mit im wesentlichen gleichen Inhalt geht, nicht vergleichbar.

Insgesamt war daher die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1 ff. GKG.

(Unterschriften)

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