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BGH Urteil vom 15. Mai 2003, Az. I ZR 217/00 - Wettbewerb unter Ärzten

Leitsätzliches

Höchstrichterliches zum Thema der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von Zeitungsanzeigen, mit denen für ambulante ärztliche Leistungen (hier insbesondere der Schönheitschirurgie) geworben wurde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: I ZR 217/00

Entscheidung vom 15. Mai 2003

 

In dem Rechtsstreit

 

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. ... und die Richter Dr. ... , Prof. ..., ... und ...

 

für Recht erkannt:

 

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 4. Zivilsenat in Freiburg - vom 31. August 2000 im Umfang der Annahme der Revision aufgehoben.

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Konstanz vom 27. August 1999 abgeändert.

 

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen, als der Kläger beantragt, der Beklagten zu verbieten, im Geschäftsverkehr mit dem Angebot ambulanter ärztlicher Leistungen in jedweder Form, insbesondere mit

 

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zu werben oder werben zu lassen, sowie bezogen darauf begehrt, ihm die Befugnis zur Urteilsveröffentlichung zuzusprechen, die Beklagte zur Auskunftserteilung zu verurteilen und ihre Schadensersatzpflicht festzustellen.

 

Im übrigen Umfang der Annahme wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

 

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand:

 

Die Beklagte, eine GmbH, ist im Handelsregister mit dem Geschäftsgegenstand "Betrieb einer privaten Tagesklinik zur wiederkehrenden ambulanten Behandlung von Patienten" eingetragen. Sie warb in den Jahren 1998 und 1999 in der Zeitung "S." (Ausgabe Ü.) mit Anzeigen, deren Text (mit unwesentlichen sprachlichen Abweichungen) in dem nachfolgend angeführten Unterlassungsausspruch des Landgerichts wiedergegeben ist.

 

Der Kläger betreibt eine Hautarztpraxis in Ü, in der auch Laserbehandlungen sowie plastische und kosmetische chirurgische Eingriffe vorgenommen werden. Er ist der Ansicht, die Beklagte habe mit ihren Anzeigen in anpreisender Form für ambulante Behandlungen in ihrer Einrichtung, die sie zu Unrecht als "Tagesklinik" bezeichne, gegen das allgemeine Werbeverbot, dem niedergelassene Ärzte nach § 27 der Berufsordnung für die Ärzte Baden-Württembergs vom 14. Januar 1998 unterlägen, verstoßen und damit auch wettbewerbswidrig gehandelt.

 

Der Kläger hat vor dem Landgericht beantragt, der Beklagten zu verbieten, mit dem Angebot ambulanter ärztlicher Leistungen und dem Begriff "Tagesklinik" zu werben oder werben zu lassen, insbesondere eine Werbung wie in den beanstandeten konkreten Anzeigen, zu verbieten. Er hat weiter beantragt festzustellen, daß die Beklagte die Kosten der Veröffentlichung des verfügenden Teils des Urteils im gesamten Verbreitungsgebiet der Zeitung "S. " zu tragen habe. Schließlich hat er beantragt, die Beklagte zur Auskunftserteilung und zur Zahlung einer Vertragsstrafe zu verurteilen sowie ihre Schadensersatzpflicht festzustellen.

 

 

Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, ihre Patienten könnten auch Leistungen in Anspruch nehmen, die einen stationären Aufenthalt erforderlich machten. Die für Ärzte geltenden Werbebeschränkungen seien auf ihren Betrieb, der insoweit rechtlich einem Sanatorium gleichzustellen sei, nicht anwendbar. Ihr Betrieb sei wesentlich umfangreicher und teurer ausgestattet als eine durchschnittliche Hautarztpraxis. Die Ärzte seien bei ihr mit festem Gehalt angestellt.

 

Das Landgericht hat der Klage unter deren Abweisung im übrigen mit dem folgenden Urteilsausspruch stattgegeben:

 

1.Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr mit dem Angebot ambulanter ärztlicher Leistungen in jedweder Form, insbesondere mit der Bezeichnung "Tagesklinik", zu werben oder werben zu lassen, insbesondere mit folgenden Werbeaussagen, wie in der Zeitung "S. " Ausgabe Ü. vom 14. Februar 1998, 4. Juli 1998, 18. Juli 1998, 21. November 1998 und 30. Januar 1999, nämlich

 

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2.Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die unter Ziffer 1 dieses Urteils ausgesprochene Verfügung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils an die Beklagte auf deren Kosten in der Zeitung "S. ", Ausgabe Ü. , in gleicher Schrift und Größe wie die streitgegenständlichen Anzeigen der Beklagten bekanntzumachen.

 

3.Die Beklagte hat dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie für ambulante ärztliche Leistungen geworben hat oder hat werben lassen.

 

4.Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die Werbung der Beklagten entgegen Ziffer 1 dieses Urteils entstanden ist und/

oder noch entstehen wird.

 

Den Vertragsstrafenanspruch hat das Landgericht abgewiesen.

 

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

 

Die Revision der Beklagten gegen diese Entscheidung hat der Senat teilweise angenommen. Er hat sie nicht angenommen, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten wegen der Benutzung des Begriffs "Tagesklinik" gerichtet hat.

 

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, wie folgt begründet:

 

Die vom Kläger beanstandete Werbung sei wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, weil sie mit den Werbebeschränkungen, denen Ärzte nach § 27 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 14. Januar 1998 unterlägen, nicht vereinbar sei. Nach dieser Bestimmung sei es Ärztinnen und Ärzten untersagt, für ihre berufliche Tätigkeit zu werben und eine ihnen verbotene Werbung durch andere zu veranlassen oder zu dulden. In den Anzeigen der Beklagten würden nicht nur die angebotenen medizinischen Leistungen hervorgehoben, sondern auch die Tätigkeit von Ärzten ("Vertrauen Sie unserem Facharzt für plastische Chirurgie", "Unsere Ärzte beraten Sie gerne").

 

Als juristische Person sei die Beklagte zwar nicht Adressatin der standesrechtlichen Werbebeschränkungen für Ärzte, sie habe aber an dem wettbewerbswidrigen Verhalten ihrer Ärzte mitgewirkt. Die Ehefrau ihres Geschäftsführers, die bei der Beklagten als Ärztin angestellt sei, dulde die ihr verbotene Werbung und nehme an deren wirtschaftlichem Erfolg teil.

 

Dem Kläger sei in seinem Interesse und zur Aufklärung der Öffentlichkeit das Recht zur Urteilsveröffentlichung zuzusprechen. Ebenso seien die Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf deren Verurteilung zur Auskunftserteilung begründet.

 

II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

 

1. Nach dem Hauptteil des Unterlassungsantrags soll der Beklagten verboten werden, im Geschäftsverkehr mit dem Angebot ambulanter ärztlicher Leistungen in jedweder Form zu werben oder werben zu lassen. Insoweit ist der Unterlassungsantrag als unbegründet abzuweisen.

 

a) Die Beklagte unterliegt als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht den für Ärzten geltenden Werbebeschränkungen. Sie handelt allerdings wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie durch eine Werbemaßnahme als Störer dazu beiträgt, daß bei ihr angestellte Ärzte gegen die Werbebeschränkungen verstoßen, denen sie nach ihrer ärztlichen Berufsordnung unterliegen (vgl. BGH, Urt. v. 20.5.1999 - I ZR 40/97, GRUR 1999, 1009, 1010 = WRP 1999, 1136 - Notfalldienst für Privatpatienten; Urt. v. 10.11.1999 - I ZR 121/97, GRUR 2000, 613, 615 f. = WRP 2000, 506 - Klinik Sanssouci). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten, die bei dieser als Ärztin angestellt ist, die beanstandete Werbung geduldet.

 

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es Ärzten jedoch nicht vollständig untersagt, für ihre ärztliche Tätigkeit zu werben oder eine solche Werbung zu dulden. Das dem Hauptteil des Unterlassungsantrags entsprechende Werbeverbot kann nicht aufrechterhalten werden, weil es auch eine Werbung mit sachlichen berufsbezogenen Informationen untersagt.

 

Im Zeitpunkt der konkret beanstandeten Werbung galt nichts anderes. Die für Ärzte in Baden-Württemberg geltenden Werbebeschränkungen waren damals in § 27 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 14. Januar 1998 wie folgt geregelt:

 

"§ 27 Unerlaubte Werbung, erlaubte sachliche Information über die

 

berufliche Tätigkeit

 

(1)Ärztinnen und Ärzte dürfen für ihre berufliche Tätigkeit oder die berufliche Tätigkeit anderer Ärztinnen und Ärzte nicht werben. Sachliche Informationen sind in Form, Inhalt und Umfang gemäß den Grundsätzen des Kapitels D Nr. 1-6 zulässig.

 

(2)Ärztinnen und Ärzte dürfen eine ihnen verbotene Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. Dies gilt auch für die anpreisende Herausstellung von Ärztinnen und Ärzten in Ankündigungen von Sanatorien, Kliniken, Institutionen oder anderen Unternehmen. Ärztinnen und Ärzte dürfen es nicht dulden, daß Berichte oder Bildberichte mit werbender Herausstellung ihrer ärztlichen Tätigkeit unter Verwendung ihrer Namen, Bilder oder ihrer Anschrift veröffentlicht werden."

 

Im Hinblick auf die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) war diese Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut nicht dahin auszulegen, daß jede Werbung unzulässig ist. Verboten war nur eine berufswidrige Werbung, nicht dagegen interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen (vgl. BVerfGE 71, 162, 164, 174 = GRUR 1986, 382, 385 - Arztwerbung; BVerfG WRP 2001, 1437, 1439 - Zahnarztsuchservice; BVerfG WRP 2002, 521, 522 - Tierarztwerbung; BGH GRUR 1999, 1009, 1010 - Notfalldienst für Privatpatienten).

 

Die mit Wirkung vom 1. April 2003 in Kraft getretene Neufassung des § 27 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg (ÄBW 2003, 128, 129; im folgenden: BOÄ Baden-Württemberg 2003), die bei der Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs auch im Revisionsverfahren zu beachten ist, trägt dem Rechnung. Diese Vorschrift hat, soweit für das Verfahren von Bedeutung, folgenden Wortlaut:

 

"§ 27 Erlaubte Information und berufswidrige Werbung

 

(1)Zweck der nachstehenden Vorschriften der Berufsordnung ist es, den Patientenschutz durch sachgerechte und angemessene Information zu gewährleisten und eine dem Selbstverständnis des Arztes zuwiderlaufende Kommerzialisierung des Arztberufes zu vermeiden.

 

(2)Auf dieser Grundlage sind Ärztinnen und Ärzten sachliche berufsbezogene Informationen gestattet. Insbesondere können sie

 

1.nach der Weiterbildungsordnung erworbene, führbare Bezeichnungen,

 

2.nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erworbene Qualifikationen,

 

3.Tätigkeitsschwerpunkte

und

 

4.organisatorische Hinweise

ankündigen.

 

Die nach Nr. 1 erworbenen Bezeichnungen dürfen nur in der nach der Weiterbildungsordnung zulässigen Form geführt werden. Ein Hinweis auf die verleihende Ärztekammer ist zulässig.

 

Andere Qualifikationen und Tätigkeitsschwerpunkte dürfen nur angekündigt werden, wenn diese Angaben nicht mit solchen nach geregeltem Weiterbildungsrecht erworbenen Qualifikationen verwechselt werden können.

 

Der Angabe von Tätigkeitsschwerpunkten muss jeweils der Zusatz "Tätigkeitsschwerpunkt" vorangestellt werden.

 

Die Angaben nach Nr. 1 - 3 sind nur zulässig, wenn die Ärztin/der Arzt die umfassten Tätigkeiten nicht nur gelegentlich ausübt.

 

3)Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. Werbeverbote aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt."

 

2. Die Untersagung der konkret beanstandeten Anzeigenwerbung kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ebenfalls nicht aufrechterhalten werden, soweit sie nach dem Verbot der Werbung mit "Tagesklinik" noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist. Das Berufungsgericht hat das Unterlassungsgebot auch insoweit mit der allgemeinen Erwägung begründet, daß die Beklagte mit ihren Anzeigen unter Duldung der bei ihr angestellten Ärzte für ambulante ärztliche Leistungen geworben habe. Diese Begründung trägt - wie aus den vorstehenden Ausführungen hervorgeht - das ausgesprochene Verbot jedoch nicht. Die Beurteilung, ob und gegebenenfalls inwieweit die mit dem Unterlassungsantrag angegriffenen Anzeigen als wettbewerbswidrig zu untersagen sind, hängt danach davon ab, ob diese nach ihrem konkreten Inhalt wettbewerbswidrig sind.

 

3. Von den beanstandeten Anzeigen ("Schönheit ist das Ziel") ist die erste - wie der Senat bereits selbst entscheiden kann - nicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG.

 

a) Berufswidrig ist eine Werbung, die keine interessengerechte und sachangemessene Information darstellt (BVerfG WRP 2002, 521, 522 - Tierarztwerbung). Die beanstandete Werbung ist nicht schon deshalb als berufswidrig anzusehen, weil sie als Zeitungsanzeige erschienen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die Angehörigen der freien Berufe grundsätzlich auch in dieser Form werben, sofern die Anzeigen nicht nach Form, Inhalt oder Häufigkeit übertrieben wirken. Eine Beschränkung ist nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn dem Schutz der Berufsfreiheit durch eine Würdigung aller maßgeblichen Umstände angemessen Rechnung getragen wird. Format, Auflage und Leserkreis der Zeitung können dabei ebenso bedeutsam sein wie ihr Charakter und ihre Aufmachung (BVerfG WRP 2002, 521, 523 - Tierarztwerbung). Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit Leistungen beworben werden, die in vergleichbarer Weise auch von anderen niedergelassenen Ärzten erbracht werden (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.2000 - I ZR 269/97, GRUR 2001, 181, 184 = WRP 2001, 28 - dentalästhetika).

 

b) Die in einer örtlichen Ausgabe der Zeitung "S. " erschienene Anzeige mit der Überschrift "Schönheit ist das Ziel" ist danach nicht als wettbewerbswidrig zu beurteilen. Die Sätze "Schönheit ist das Ziel" und "Vertrauen Sie unserem Facharzt für plastische Chirurgie" werben zwar in allgemeiner Form für die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen und verlassen den Rahmen einer sachangemessenen Information; als Werbesprüche heben sie die eigenen Leistungen aber nicht - insbesondere auch nicht gegenüber den Leistungen anderer - in einer Weise hervor, die als anpreisend beurteilt werden müßte.

 

c) Das Verbot der Anzeige "Schönheit ist das Ziel" kann auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden.

 

aa) Die Revisionserwiderung kann nicht damit gehört werden, der Kläger hätte nach einem gerichtlichen Hinweis geltend gemacht, die beanstandeten Anzeigen erweckten den irreführenden Eindruck, die beworbenen Leistungen würden in Räumen an der angegebenen Adresse erbracht; tatsächlich würden jedoch zumindest die beworbenen schönheitschirurgischen Eingriffe weit entfernt von den Geschäftsräumen der Beklagten in T. durchgeführt. Dieses Vorbringen ist revisionsrechtlich unbeachtlich, weil auf diese Weise - im Revisionsverfahren unzulässig - ein neuer Streitgegenstand eingeführt werden soll. Bei einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage bestimmt sich der Streitgegenstand nach dem Antrag und dem dazu vorgetragenen Lebenssachverhalt. Bei einer auf eine Irreführung gestützten Klage setzt sich der maßgebliche Lebenssachverhalt - ungeachtet der rechtlichen Würdigung, die dem Gericht obliegt - aus der beanstandeten Werbemaßnahme und der - nach der Behauptung des Klägers - dadurch erzeugten Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise zusammen. Demgemäß ist bei einer Anzeige, die eine Mehrzahl von Werbeangaben enthält, für die Bestimmung des Streitgegenstands von maßgeblicher Bedeutung, welche von diesen in der Klage als irreführend beanstandet wird; dabei wird der Streitgegenstand durch die Behauptung einer bestimmten Fehlvorstellung weiter eingegrenzt (vgl. BGH GRUR 2001, 181, 182 - dentalästhetika; vgl. weiter BGH, Urt. v. 28.3.2002 - I ZR 283/99, GRUR 2002, 725, 727 = WRP 2002, 682 - Haar-Transplantationen). Danach wird mit der Behauptung, der Unterlassungsantrag sei auch wegen Irreführung über den Behandlungsort begründet, ein eigener prozessualer Anspruch geltend gemacht. Das Vorbringen des Klägers in den Tatsacheninstanzen hat jedoch keinen Anhaltspunkt dafür geboten, daß er auch diesen zur Entscheidung stellen wollte. Für das Berufungsgericht bestand daher nach §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO a.F. kein Anlaß, ihn auf diese Möglichkeit hinzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 216/98, GRUR 2001, 352, 354 = WRP 2001, 394 - Kompressionsstrümpfe; Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 103/00, GRUR 2003, 436, 439 = WRP 2003, 384, 389 - Feldenkrais).

 

bb) Das Vorbringen der Revisionserwiderung, die Beklagte habe auch deshalb irreführend geworben, weil sie die angebotenen Leistungen seinerzeit nicht durchweg habe erbringen können, betrifft ebenfalls einen eigenen Streitgegenstand. Der Kläger hat zwar diese Behauptung irreführender Werbung im Rahmen seiner erfolgreichen Beanstandung der Werbung der Beklagten mit "Tagesklinik" bereits in einem seiner Schriftsätze aufgestellt; er hat sie aber, obwohl er insoweit darlegungs- und beweisbelastet war, nicht näher substantiiert, insbesondere nicht angegeben, auf welche konkreten Leistungen sich seine Behauptung beziehen sollte. Der Kläger hat es damit in den Vorinstanzen unterlassen, diesen selbständigen Streitgegenstand - wie erforderlich (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 46 Rdn. 5) - zweifelsfrei in das Verfahren einzuführen.

 

4. Die Beurteilung, ob und gegebenenfalls inwieweit die mit dem Unterlassungsantrag angegriffenen weiteren Anzeigen als wettbewerbswidrig zu untersagen sind, hängt davon ab, ob diese - wie der Kläger geltend macht - nach ihrem konkreten Inhalt als anpreisend anzusehen sind. Diese Prüfung, zu der auch weitere Feststellungen erforderlich sind, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus zu Recht - unterlassen; sie wird nunmehr vorzunehmen sein.

 

Bei der Beurteilung, inwieweit die Anzeige, in der für den Einsatz der "K. -Therapien der Hormonkosmetik" zur Behandlung von Akne, Haarausfall, Cellulitis und Altershaut geworben wird, wettbewerbswidrig ist, könnte gegebenenfalls auch von Bedeutung sein, in welchem Umfang der Anzeige Erfolgsversprechen zu entnehmen sind (vgl. dazu § 3 Nr. 2 Buchst. a HWG).

 

Bei der Anzeige "Ästhetische Medizin - Sanfte Schönheitschirurgie" wird u.a. zu prüfen sein, ob die Werbung mit einer "sanften Chirurgie", soweit sie auf die angebotenen Leistungen bezogen ist, im Hinblick auf Art und Umfang des jeweils erforderlichen Eingriffs als anpreisend zu beurteilen ist.

 

5. Die Verurteilung der Beklagten gemäß den Nebenansprüchen des Klägers kann danach ebenfalls keinen Bestand haben. Die Anträge sind unbegründet, soweit sie sich auf den abzuweisenden Hauptteil des Unterlassungsantrags des Klägers und die Anzeige mit der Überschrift "Schönheit ist das Ziel" beziehen. Im übrigen wird ihre Begründetheit im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zu prüfen sein.

 

 

(Unterschriften)