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OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. März 2003, AZ.: 4 U 144/02 - wettbewerbswidrige Telefonwerbung

Leitsätzliches

Ruft ein Unternehmen eine Privatperson unaufgefordert an, um bei ihm für ein Produkt zu werben, so genügt eine diesem Privatverbraucher gegenüber oder in Bezug auf diesen Verbraucher abgegebene Unterlassungserklärung nicht dazu, die Gefahr weiterer Anrufe bei anderen Personen auszuräumen. Vielmehr ist eine umfassende Erklärung zur Unterlassung wettbewerbswidriger Telefonwerbung abzugeben.

OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 4 U 144/02

Entscheidung vom 13. März 2003

 

In Sachen ...

 

wegen ...

 

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 4. Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom durch

 

für Recht erkannt:

 

 

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 14.08.2002 - 3 O 99/02 - wird zurückgewiesen.

 

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 12.000 festgesetzt.

 

 

Gründe:

I. Der Kläger, ein eingetragener Verbraucherschutzverein, verlangt von der beklagten GmbH, die Zeitschriftenabonnements vertreibt, die Unterlassung wettbewerbswidriger Telefonwerbung.

Im Herbst 2001 rief ein Mitarbeiter der Beklagten unaufgefordert und ohne vorheriges Einverständnis bei Frau Gisela D. in B. an, um sie zum Abschluss eines Abonnements für die "B." zu werben. Der Kläger hat dieses Verhalten mit Schreiben vom 20.12.2001 abgemahnt und die Beklagte aufgefordert, sich in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung unter anderem zu verpflichten, künftig zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ... Personen unaufgefordert und ohne ihr vorheriges Einverständnis zu gewerblichen Zwecken anzurufen, bzw. anrufen zu lassen.

Die Beklagte hat im Schreiben vom 09.01.2002 als Antwort darauf hingewiesen, dass sie an einem Rechtsstreit nicht interessiert sei und sich verpflichte, es künftig bei Meidung einer Vertragsstrafe ... zu unterlassen, Frau Gisela D., H.str. ..., ..... B., unaufgefordert und ohne ihre vorheriges Einverständnis zu dem Zwecke anzurufen bzw. anrufen zu lassen, das Peoplemagazin "B." zu abonnieren."

Weiter ist in dem Schreiben ausgeführt, dass zu beachten sei, dass diese Erklärung abgegeben sei, ohne im Recht nachzugeben, ohne eine Rechtspflicht anzuerkennen sowie ohne Präjudiz der Sach- und Rechtslage, jedoch gleichwohl verbindlich.

Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils hat die Beklagte ein Schreiben an Frau Gisela D. gerichtet, in dem sie sich ihr gegenüber verpflichtet hat, bei Meidung einer Vertragsstrafe

"es künftig zu unterlassen, Sie - wie im Fall des People-Magazins "B." geschehen - unaufgefordert und ohne Ihr vorheriges Einverständnis zu dem Zwecke erneut anzurufen bzw. anrufen zu lassen, eine Zeitschrift wie das People-Magazin "B." zu abonnieren."

 

Der Kläger ist erstinstanzlich der Ansicht gewesen, er habe einen Anspruch auf eine Unterlassungserklärung, die nicht auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkt sei. Durch die auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkte Unterwerfungserklärung werde die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt.

Die Beklagte hat das Begehren des Klägers für eine unzulässige Popularklage gehalten und gemeint, die Wiederholungsgefahr für einen möglicherweise begründeten Unterlassungsanspruch sei durch ihre Unterwerfungserklärung weggefallen. Ein über die konkrete Verletzungsform hinausgehender Unterlassungsanspruch bestehe nicht, zumal sich die Frage der Erstreckung der Unterlassungsverpflichtung auf im Kern gleiche Fälle nicht im Erkenntnis-, sondern nur im Vollstreckungsverfahren stelle.

 

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte nach dem zuletzt gestellten Antrag unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbraucher unaufgefordert und ohne ihr Einverständnis zum Zwecke des Abschlusses von Abonnementsverträgen anzurufen bzw. anrufen zu lassen.

Es hat diesen Anspruch aus §§ 1, 13 Abs. 4 UWG für begründet erachtet. Die Wiederholungsvermutung umfasse nicht nur die genau identische Verletzungsform, sondern alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen, weshalb auch die Vermutung der Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur durch eine entsprechend weitreichende Unterwerfungserklärung ausgeräumt werde. Der von der Klägerin beanstandete Verstoß werde dadurch charakterisiert, dass die Beklagte einen privaten Verbraucher unaufgefordert und ohne dessen Einverständnis habe anrufen lassen, um ihn für ein Zeitschriften-Abonnement zu gewinnen. Nicht charakteristisch und der Verallgemeinerung zugänglich seien die Person des Verbrauchers und die angebotene Zeitschrift. Die von der Beklagten abgegebene Unterwerfungserklärung genüge danach nicht, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.

Die Beklagte greift die Beurteilung des Landgerichts, wonach der unaufgeforderte Anruf eines ihrer Mitarbeiter bei Frau Gisela D. in B., um sie für ein Abonnement der "B." zu werben, wettbewerbswidrig war, nicht an. Sie meint aber, der Unterlassungsanspruch scheitere am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis, nachdem sie sich zwischenzeitlich mit Schreiben vom 28.08.2002 gegenüber Frau D. strafbewehrt unterworfen habe. Außerdem gehe der vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungstenor zu weit. Ein zulässigerweise auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkter Unterlassungsanspruch sei nach Abgabe einer entsprechenden Unterwerfungserklärung weggefallen.

 

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Offenburg vom 14.08.2002 - 3 O 99/02 - abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

 

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich aus §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 UWG.

Entgegen der Ansicht der Beklagten widerspricht die erstinstanzliche Verurteilung nicht einem zwischenzeitlich angeblich fehlenden Rechtsschutzbedürfnis. Sie ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil der vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungstenor zu weit geht und ein zulässigerweise auf die konkrete Verletzungshandlung zu beschränkender Unterlassungsanspruch nach Abgabe einer entsprechenden Unterwerfungserklärung weggefallen ist.

 

1. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht deshalb entfallen, weil sich die Beklagte gegenüber Frau Gisela D., deren Beschwerde bei der Klägerin dieser Anlass zu ihrem Vorgehen gegen die Beklagte gegeben hat, nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils am 28.08.2002 strafbewehrt unterworfen hat. Der diese Verbraucherin betreffende Wettbewerbsverstoß begründet die Wiederholungsgefahr dafür, dass die Beklagte vergleichbare, andere Verbraucher betreffende Verstöße begehen wird. An der Unterlassung solcher Verstöße hat die Klägerin, die grundsätzlich nicht (nur) Einzelinteressen, sondern abstrakt Verbraucherinteressen wahrnimmt (§ 4 Abs. 2 S. 1 UKlaG), ein Rechtsschutzinteresse. Dieses Interesse wird durch die gegenüber der Verbraucherin abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ausgeräumt (vgl. zum Rechtsschutzinteresse: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. Rdn. 261, 456).

Insbesondere ist durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber Gisela D. die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Zwar kann die Wiederholungsgefahr auch dann entfallen, wenn sich der Abgemahnte gegenüber einem Dritten unterworfen hat. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich aus der Unterwerfung gegenüber dem Dritten auf einen ernstlichen Willen zur Unterlassung entsprechenden Verhaltens in der Zukunft schließen lässt. Aus Sicht des Schuldners muss vom Dritten die Geltendmachung und Durchsetzung der Vertragsstrafe im Verletzungsfall zu erwarten sein. Bei der Beurteilung, ob auf diese Weise weitere Verstöße verhindert werden können, ist ein strenger Maßstab anzulegen; der Dritte muss die Gewähr dafür bieten, dass er bei Verstößen auch tatsächlich einschreitet und der Schuldner befürchten muss, dass die Vertragsstrafe gegen ihn durchgesetzt wird (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl. Vor § 13 Rdn. 14). Daran fehlt es aber, wenn sich die Beklagte gegenüber einer Privatperson unterwirft, die das Marktverhalten der Beklagten regelmäßig nicht beobachten wird und bei der nicht angenommen werden kann, dass sie gegenüber dritten Verbrauchern begangene Wettbewerbsverstöße verfolgen wird.

 

2. Der vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungsanspruch ist in seiner abstrakten Form nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs nicht nur die Unterlassung der konkreten Handlung verlangen. Vielmehr richtet sich die Reichweite des Unterlassungsanspruchs nach der Begehungsgefahr. Beim Verletzungsunterlassungsanspruch besteht nämlich Wiederholungsgefahr nicht nur hinsichtlich der konkreten Verletzungshandlung, sondern auch hinsichtlich leicht abgewandelter, aber in ihrem Kern gleicher Handlungen. Verallgemeinerungen sind zulässig, wenn dadurch das Charakteristische oder der Kern der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (BGH GRUR 1996, 290 = WRP 1996, 199 - Wegfall der Wiederholungsgefahr; GRUR 1998, 483 = WRP 1998, 296 - Der M.-Markt packt aus.; GRUR 1999, 509 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken; GRUR 2000, 907 = WRP 2000, 1258 - Filialleiterfehler, jeweils m.w.N.; Köhler/Piper, a.a.O. Vor § 13 Rdn. 23; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 51 Rdn. 13 ff.; Kap. 5 Rdn. 4 ff.)

 

Danach umfasst die durch den unaufgeforderten Anruf bei Frau Gisela D. wegen des "Peoplemagazins B." begründete Wiederholungsvermutung auch die vom Landgericht untersagten "unaufgeforderten und ohne deren Einverständnis bei Verbrauchern erfolgten Anrufe zum Zwecke des Abschlusses von Abonnementsverträgen"; denn mit dieser Verallgemeinerung wird - was das Landgericht richtig gesehen hat - im Kern das umschrieben, was für den beanstandeten Anruf charakteristisch ist und seine Wettbewerbswidrigkeit begründet, nämlich der zum Zwecke eines bestimmten Geschäftsabschlusses unternommene, unaufgeforderte Anruf bei einem Verbraucher.

Diese Abstrahierung ist weder "uferlos" noch mit dem von der Beklagten zitierten Fall des HansOLG Hamburg - OLGR Hamburg 2002, 125 - zu vergleichen. Dort begründete die Abstrahierung, die den in jedem einzelnen Fall auslegungsbedürftigen Gesetzeswortlaut des § 6 Abs. 1 Nährwert-Kennzeichnungsverordnung weitgehend wiederholte, die Gefahr der Unbestimmtheit des Unterlassungsantrags, mit der Folge, dass nur die auf die konkrete Verletzungshandlung bezogene Unterlassungsverpflichtungserklärung dem Bestimmtheitsgebot genügte. Vergleichbare Auslegungsprobleme, die die Bestimmtheit des Antrags betreffen (dazu Teplitzky, a.a.O. Kap. 51 Rdn. 8), bestehen bei der vom Landgericht gewählten abstrahierenden Form dagegen nicht.

Das Landgericht hat auch nicht durch abstrahierende Verallgemeinerungen die Grenze des Unterlassungsanspruchs überschritten (dazu Teplitzky, a.a.O. Kap. 51 Rdn. 13). Dass die Telefonakquisition nicht schlechterdings untersagt ist, ergibt sich vielmehr aus dem Tenor, nach dem nur Anrufe "zum Zwecke des Abschlusses von Abonnementsverträgen" bei "Verbrauchern", "unaufgefordert und ohne ihr Einverständnis" unzulässig sind. Im Übrigen ist es nicht Sache der Klägerin, einschränkende Voraussetzungen zu formulieren. Sie ist vielmehr berechtigt, Unterlassung in der konkret begangenen Form zu beantragen; Handlungsweisen zu finden, die aus dem Verbotsbereich herausführen, ist Sache der Beklagten (Teplitzky, a.a.O. Kap. 51 Rdn. 25).

 

3. Der Unterlassungsanspruch ist auch nicht durch die von der Beklagten im Schreiben vom 09. 01.2002 (I 111) abgegebene Unterlassungserklärung entfallen. Diese Erklärung deckt das von der Klägerin in zulässigem Umfang geforderte, verallgemeinerte Unterlassungsbegehren nicht ab, da sie sich nach ihrem Wortlaut nur auf die konkrete Verletzungsform bezieht.

 

a) Nach der Rechtsprechung des BGH kann allerdings eine Verurteilung zur Unterlassung durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt werden, wenn an der Ernstlichkeit dieser Erklärung kein Zweifel besteht (BGH GRUR 1996, 290 = WRP 1996, 199 - Wegfall der Wiederholungsgefahr, m.w.N.). Ob eine solche ernstgemeinte Unterlassungsverpflichtung besteht, ist durch Auslegung, die sich nach den allgemeinen, für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen richtet, zu ermitteln. Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien, zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände heranzuziehen sind (BGH GRUR 1997, 931 = WRP 1997, 1067 - Sekundenschnell). Daher kann die Auslegung einer auf die konkrete Verletzungshandlung Bezug nehmenden Unterwerfungserklärung im Einzelfall ergeben, dass sich die Formulierung nicht nur auf die identische, sondern auch auf alle Handlungen erstrecken soll, die gleichfalls das Charakteristische der Verletzungshandlung aufweisen (BGH GRUR 1996, 290 - Wegfall der Wiederholungsgefahr; Köhler/Piper, a.a.O. Vor § 13 Rdn. 214).

 

So wird insbesondere der regelmäßig anzunehmende Zweck eines Unterlassungsvertrags - nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung auszuräumen - erfahrungsgemäß dafür sprechen, dass die Vertragsparteien durch ihn auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollen. Gibt der Unterlassungsschuldner zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr eine vom Gläubiger vorformulierte, auf die konkrete Handlung bezogene Unterlassungserklärung ab, soll diese im Regelfall auch die im Kern gleichartigen Verletzungsformen abdecken. Zwingend ist dies aber nicht. Die Auslegung der Unterlassungserklärung kann vielmehr auch ergeben, dass diese bewusst eng auf die bezeichnete konkrete Verletzungsform bezogen ist (BGH GRUR 1998, 483 - Sekundenschnell).

Hinzu kommt, dass zwischen objektiver, durch Auslegung zu ermittelnder Reichweite der Unterlassungserklärung und dem Wegfall der Wiederholungsgefahr zu unterscheiden ist. Die Wiederholungsgefahr entfällt nämlich nur, wenn hinter der Unterwerfungserklärung ein ernsthafter Wille steht, auch kerngleiche Handlungen zu unterlassen (Köhler/Piper, a.a.O. Vor § 13 Rdn. 215). Geht es um die Beurteilung der Frage, ob die vom Schuldner einseitig abgegebene, auf die konkrete Verletzungsform bezogene Erklärung den bestehenden Unterlassungsanspruch voll abdeckt und damit die Wiederholungsgefahr entfällt, gehen etwaige Zweifel an der Ernstlichkeit der übernommenen Unterlassungsverpflichtung zu Lasten des Schuldners, denn an den Fortfall der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen und es ist Sache des Schuldners, Klarheit zu schaffen.

 

b) Danach kann im vorliegenden Fall nicht von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr ausgegangen werden.

 

Die Klägerin hat in ihrem Abmahnschreiben vom 20.12.2001 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung verlangt, die - wie oben ausgeführt - nicht an der konkreten Verletzungsform orientiert war. Die Beklagte sollte sich nicht nur verpflichten, es zu unterlassen, unaufgefordert und ohne vorheriges Einverständnis Frau Gisela D. anzurufen bzw. anrufen zu lassen, um das Peoplemagazin "B." zu abonnieren. Die von der Klägerin übersandte Erklärung war abstrahiert dahin, "Personen unaufgefordert und ohne ihr vorheriges Einverständnis zu gewerblichen Zwecken anzurufen, bzw. anrufen zu lassen". Auch wenn dieses Verlangen im Hinblick auf "Personen" und "gewerbliche Zwecke" zu weit gefasst gewesen sein mag, hat die Klägerin jedenfalls deutlich zu erkennen gegeben, dass sie keine an der konkreten Verletzungshandlung orientierte Unterlassungsverpflichtung wünschte. Wenn die anwaltlich beratene Beklagte ihre Unterlassungsverpflichtungserklärung im Schreiben vom 09.01.2002 dann auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkt hat, liegt eine Auslegung der Erklärung dahin nahe, dass die Beklagte sich nur verpflichten will, die konkrete Handlung zu unterlassen.

Nachdem die Beklagte in ihrem Schreiben vom 09.01.2002 auch nicht weiter erläutert hat, in welchem Umfang diese Unterwerfung gelten soll, bestehen im Hinblick auf die Ablehnung der allgemeineren Form erhebliche Zweifel an der Ernstlichkeit der Unterwerfungserklärung und damit dem Wegfall der Wiederholungsgefahr auch für kerngleiche Verstöße (Köhler/Piper a.a.O. Vor § 13 Rdn. 215; Teplitzky a.a.O. Kap. 8 Rdn. 16a jeweils m.w.N.). Die Klägerin läuft in einem solchen Fall der nicht plausibel erklärten Beschränkung der in weitergehender Form geforderten Unterwerfung auf die enge konkrete Verletzungsform Gefahr, dass die Hinnahme der vom Schuldner vorgenommenen Einschränkung naheliegenderweise dahin verstanden wird, der Unterwerfungsvertrag habe nach übereinstimmendem Parteiwillen tatsächlich nur die konkrete Verletzungsform erfassen sollen (Teplitzky a.a.O.).

Nachdem der Kläger - wie unter Ziff. 2 ausgeführt - von Anfang an nicht nur eine an der konkreten Verletzungshandlung orientierte Unterlassungsverpflichtungserklärung verlangen konnte, versteht es sich auch nicht - wie die Beklagte meint - von selbst und ist daher nicht juristische "Binsenweisheit", dass jede Unterlassungsverpflichtungserklärung alle "im Kern gleichen" Wettbewerbshandlungen erfasst. Der Schuldner kann vielmehr seine Erklärung so einschränken, dass nur die konkrete Verletzung - hier erneuter unaufgeforderter Anruf bei Frau Gisela D. zum Zwecke des Abschlusses eines Abonnementsvertrags für das Peoplemagazin "B." - erfasst wird. Ob und inwieweit eine künftige Handlung den "Kern" tangiert, ist zwar Frage des Vollstreckungsverfahrens; in das Erkenntnisverfahren gehört aber die Frage, in welchem Umfang sich der Schuldner unterworfen hat und ob aufgrund der auf die konkrete Verletzungshandlung bezogenen Unterlassungsverpflichtungserklärung deshalb die Wiederholungsgefahr ausgeräumt ist, insbesondere ob diese Erklärung auch so verstanden werden kann, dass damit alle im Kern gleichen Verletzungshandlungen erfasst sein sollen.

 

4. Die Beklagte hat die am Wegfall der Wiederholungsgefahr bestehenden Zweifel, auch nicht durch ihr späteres Verhalten, insbesondere ihr Prozessverhalten, das zwar nicht allein zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr, aber zur Auslegung ihrer Unterwerfungserklärung und damit insoweit zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr herangezogen werden kann (BGH GRUR 1996, 290, 291 f. - Wegfall der Wiederholungsgefahr II; GRUR 1998, 483 - Der M.-Markt packt aus, m.w.N.; Köhler/Piper a.a.O. Vor § 13 Rdn. 215), ausgeräumt. So hat die Beklagte in der Klagerwiderung (I 105) lediglich ausgeführt, dass die Klägerin mit der von der Beklagten abgegebenen Erklärung das erhalten habe, was sie beanspruchen könne. Aus der weiteren Erläuterung ergibt sich, dass die Beklagte damit meint, dass die Klägerin lediglich Anspruch auf eine an der konkreten Verletzungsform orientierte Unterlassungsverpflichtungserklärung habe. Dass die auf die konkrete Verletzungshandlung bezogene Erklärung vom 09.01.2002 auch die im Kern gleichartigen Verstöße erfassen soll, hat die Beklagte dagegen nicht eindeutig klargestellt. Zitate der bereits oben genannten Urteile des BGH, in denen dieser auf die Möglichkeit der Auslegung hingewiesen hat, ersetzen diese Erklärung nicht; vielmehr wird in den Urteilen gerade darauf abgestellt, dass sich die Beklagten der dortigen Verfahren eindeutig erklärt haben. In dem nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung eingereichten, insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31.07.2002 (I 181) hat die Beklagte zwar ausgeführt, dass die durch eine Verletzungshandlung begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen umfasse. Zu Unrecht meint sie aber, diese Frage stelle sich im Erkenntnisverfahren nicht, sondern nur nach vorangegangener wiederholter Verletzungshandlung im Vollstreckungsverfahren.

Auch an anderer Stelle erklärt die Beklagte in diesem Schriftsatz nicht eindeutig, dass sich ihre bereits abgegebene Erklärung auf alle im Kern gleichartigen Verletzungen beziehen soll, sondern weist darauf hin, dass kein Grund für eine über die konkrete Verletzung hinausgehende verallgemeinernde Feststellung besteht. Es sei vielmehr in jedem Einzelfall zu klären, ob ein erneuter Verstoß vergleichbar wettbewerbswidrig sei. Es seien nämlich durchaus Fälle denkbar, in denen auch Verbraucher zum Zwecke der Einwerbung von Abonnements telefonisch kontaktiert werden dürfen. Erinnert sei nur an Fälle ausdrücklicher oder konkludenter Einwilligung. Damit lehnt die Beklagte die geforderte, zulässigerweise über die konkrete Verletzungsform hinausgehende Erklärung gerade ab.

Auch aus der Berufungsbegründung ergibt sich nicht, dass die Beklagte ihre Unterlassungserklärung so verstanden wissen will, dass auch das vom Landgericht ausgesprochene, abstrakt umschriebene Verbot erfasst ist. Dies folgt nicht nur daraus, dass die Beklagte unter Ziff. 1 meint, das Rechtsschutzbedürfnis entfalle schon deshalb, weil sie gegenüber Frau Gisela D. eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben habe. Denn diese Erklärung ist nur auf den konkreten Vorfall bezogen. Vor allem weist die Beklagte ergänzend zum erstinstanzlichen Vortrag ausdrücklich darauf hin, dass sie zur Abgabe der vom Landgericht ausgesprochenen, abstrakten "uferlosen" Unterlassungsverpflichtung überhaupt nicht verpflichtet sei. Gerade gegen Letzteres bestehen aber nach dem oben Ausgeführten keine Bedenken.

Angesichts dieses Prozessverhaltens der Beklagten sind Zweifel an der Ernstlichkeit der Unterwerfungserklärung nicht ausgeräumt. Die Wiederholungsgefahr ist deshalb nicht beseitigt.

 

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

VI. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

 

V. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.) liegen nicht vor (BGH NJW 2003, 65 ff.).

 

VI. Der Streitwert wird gemäß §§ 25 Abs. 2 GKG, 3 ZPO festgesetzt. Gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 14.08.2002 (I 203) haben die Parteien nichts eingewandt.

 

 

Unterschriften