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OLG München, Urteil vom 10. April 2003, AZ: 29 U 1833/03 - Werbung mit Umfrageergebnissen

Leitsätzliches

Wer mit Umfragen über sein Produkt und den Umfrageergebnissen werben möchte, muss auf die genauen Inhalte der Umfrage achten: Hier wurde in den Umfragen auch nach einer Gegenüberstellung zu Konkurrenzprodukten gefragt und dabei auch nicht objektive, nicht nachprüfbare Eigenschaften genannt. Nach den Grundsätzen der vergleichenden Werbung fehlte es an einem nachvollziehbaren Tatsachenkern im Sinne einer Sachaussage, deshalb verstößt die beanstandete Werbung teilweise gegen die guten Sitten.

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 1883/03

Entscheidung vom 10. April 2003

 

 

In dem Rechtsstreit

 

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Bundespatentgericht Dr. ... und den Richter am Oberlandesgericht Dr. ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2003 für Recht erkannt:

 

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts M. I vom 28.11.2002 - 4HK O 16778/02 - in Nr. II und Nr. III des Tenors teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

 

Die Beklagte wird unter Androhung von Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld von 5,-- € bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am jeweiligen Geschäftführer der Beklagten) verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte Befragungsergebnisse über das Nutzerverhalten in Form des Berichtes der N. I. MR vom März 2002 zum Branchenbuch "D. M." zu verteilen, zu versenden oder sonst Dritten zugänglich zu machen, soweit darin auch Ergebnisse zu den "G. S." bzw. "G. S. M." aufgelistet oder ausgewiesen sind gemäß den nachstehenden Fragen:

 

- Frage 2B: Ist das die neueste Ausgabe von "G. S." von 1998 oder haben Sie eine ältere Ausgabe, oder gibt es sowohl die neueste als auch eine oder mehrere ältere Ausgaben?

- Frage 2C: Holen Sie selbst oder jemand anderer die "G. S." jedes Jahr bei der Post ab oder lassen Sie sich die "G. S." gegen Gebühr durch die Post zustellen?

- Frage 7B: Und wie gefällt Ihnen die Homepage von "G. S."?

- Frage 10: Welches Ordnungssystem gefällt Ihnen besser? Das Ordnungssystem von "D. M." oder das Ordnungssystem der "G. S."?

- Frage 12: Wenn Sie einmal "D. M." und die "G. S." miteinander vergleichen. Welches Branchenbuch hat Ihrer Meinung die höhere Kompetenz, wenn es um die folgenden Aspekte geht, die ich Ihnen jetzt vorlese?

- Frage 13B: Und wie gefallen Ihnen alles in allem die "G. S."?

- Frage 14: Welche Titelseite gefällt Ihnen besser?

- Frage 15B: Und haben Sie schon einmal Werbung für die "G. S." bemerkt?

Im Übrigen wird die Klage bezüglich des Berufungsantrags Nr. 2 abgewiesen.

 

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

 

3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin 5/27 und die Beklagte 22/27. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 5/9 und die Beklagte 4/9.

 

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,-- €, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

 

Gründe:

I.

Die Klägerin macht, soweit in der Berufungsinstanz noch von Belang, gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit einem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Bericht der N. I. MR "Branchenbuch "D. M."" vom März 2002 (Anlage K 1; im Folgenden: Bericht (Anlage K 1)) geltend, der eine repräsentative Befragung bei in Privathaushalten lebenden Personen ab 18 Jahren in M. Stadt zum Gegenstand hat und in dem auch Ergebnisse zu Fragen bezüglich des Branchenbuchs "G. S." sowie der diesbezüglichen Internet-Homepage enthalten sind.

Die Klägerin bringt zusammen mit der D. D. T. M. GmbH Telefonbücher, Örtliche Telefonbücher sowie das Branchentelefonbuch "G. S.", u.a. für M. und O. heraus. Die Beklagte bringt seit einigen Jahren das Branchentelefonbuch "D. M." heraus. Die Beklagte hat das Branchenbuch "D. M." mit dem genannten Bericht beworben (vgl. Anlage K 3) und diesen Interessenten zur Verfügung gestellt.

 

Die Klägerin hat in erster Instanz, nachdem die Parteien einen weiteren Antrag

übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, beantragt:

 

Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte

 

a.

Befragungsergebnisse über das Nutzerverhalten in Form des Berichts der N. I. MR vom März 2002 zum Branchenbuch "D. M." zu verteilen, zu versenden oder sonst Dritten zugänglich zu machen, soweit darin auch Ergebnisse zu den G. S. bzw. G. S. M. aufgelistet oder ausgewiesen sind

 

b. zu behaupten, "Jetzt ist es endlich amtlich: D. M. bevorzugen D. M.".

 

Das Landgericht hat mit Urteil vom 28.11.2002 die Beklagte verurteilt,

bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte zu behaupten: "Jetzt ist es amtlich: D. M. bevorzugen D. M."; im Übrigen hat das Landgericht die Klage (zu Nr. a) des Klageantrags) mit der Begründung abgewiesen, der von der Beklagten vorgenommene Vergleich habe nachprüfbare Angaben im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG zum Gegenstand. Der betreffende Vergleich sei auch nicht herabsetzend oder verunglimpfend im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, soweit ihr Klageantrag zu Nr. a) abgewiesen worden ist. Die Klägerin macht geltend, die vergleichende Werbung mit dem Bericht (Anlage K 1) sei nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG unzulässig und verstoße gegen die guten Sitten. Die Angaben von Nutzern der Verzeichnisse seien keine Eigenschaften im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Schon gar nicht könne dem Landgericht darin gefolgt werden, dass es sich dabei um wesentliche, relevante und typische Eigenschaften handele. Dies gelte insbesondere für die Angaben auf Fragen zum Geschmack. Dem Werbeadressaten sei es auch keineswegs möglich, die Angaben nachzuprüfen. Die Nachprüfbarkeit müsse anhand des Produkts möglich sein; nicht ausreichend sei es, dass sich die Ergebnisse in dem Bericht (Anlage K 1) fänden. Die Frage 2B sei suggestiv herabsetzend; damit werde unterstellt, die "G. S." Ausgabe 1998 sei in 2002 die aktuelle Ausgabe gewesen; in Wirklichkeit sei Anfang 2002 die Ausgabe 01/02 die aktuelle Ausgabe der "G. S." gewesen. Dies führe zu einer Verfälschung der Antworten. Unabhängig davon sei die Frage 2C zumindest irreführend ausgewiesen. Dort sei nämlich unter der Spalte "Branchenbuch D. M." jeweils ein höherer Wert für die Abholung ausgewiesen als im übrigen Tabellenteil, obwohl "D. M." gar nicht bei der Post abgeholt werden könnten. Diese Irreführungsgefahr bestehe in gleicher Weise bei den Fragen 2A und 2B zum Verbreitungsgrad und zur Verfügbarkeit. Mit dem Bericht (Anlage K 1) werde außerdem der Eindruck erweckt, die verglichenen Produkte wiesen einen bestimmten Grad der Akzeptanz auf.

Nach der Methodenbeschreibung der Studie seien nur Privathaushalte befragt worden. Dies stelle erkennbar nur einen relativ kleinen Anwendungsbereich der Branchenbücher dar. Die Studie berge insoweit eine Irreführungsgefahr, als die Ergebnisse vom unbefangenen Werbeadressaten auf generelle Akzeptanzwerte aller Nutzer hin missverstanden werden könnten.

 

Die Klägerin beantragt:

 

1. Das Urteil des LG München I vom 28.11.02, Az. 4HK O 16778/02 wird in Ziff. II. und III. aufgehoben.

 

2.

Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte Befragungsergebnisse über das Nutzerverhalten in Form des Berichtes N. I. MR vom März 2002 zum Branchenbuch "D. M." zu verteilen, zu versenden oder sonst Dritten zugänglich zu machen, soweit darin auch Ergebnisse zu den "G. S." bzw. "G. S. M." aufgelistet oder ausgewiesen sind gemäss den dortigen Fragen

 

a. 1B und/oder

 

b. 2A und/oder

 

c. 2B und/oder

 

d. 2C und/oder

 

e. 3A und/oder

 

f. 3B und/oder

 

g. 3C und/oder

 

h. 3D und/oder

 

i. 5 und/oder

 

j. 6 und/oder

 

k. 7B und/oder

 

l. 8B und/oder

 

m. 9B und/oder

 

n. 10 und/oder

 

o. 12 und/oder

 

p. 13B und/oder

 

q. 14 und/oder

 

r. 15B.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Die von der Klägerin mit der Berufung beanstandeten Aussagen seien weder als unzulässige vergleichende Werbung noch unter irgendeinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Der Berufungsantrag der Klägerin richte sich nur noch gegen den umfangreichen Bericht (Anlage K 1) selbst. Der Antrag sei nicht hinreichend substantiiert, er richte sich gegen den Bericht (Anlage K 1) unabhängig davon, ob die Ergebnisse für die "G. S." positiv oder neutral oder negativ ausfielen. Im Hinblick auf eventuelle Aussagen zu den "G. S." generell fehle es der Klägerin an der Aktivlegitimation. Entgegen der von der Klägerin nach wie vor vertretenen Auffassung sei die Verwendung des Berichts (Anlage K 1) nicht sittenwidrig im Sinne auch nur eines der Tatbestände des § 2 Abs. 2 UWG. Die Verwendung des Berichts (Anlage K 1) begründe auch keinen unzulässigen Eigenschaftsvergleich im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Kritik der Klägerin zum Stichwort "Eigenschaften" gehe fehl. Das vorliegend streitgegenständliche Nutzerverhalten sei nicht anders zu beurteilen als Einschaltquoten, Reichweiten und Kontaktzahlen im Medienbereich; Nutzerverhalten beruhe auf harten, messbaren Tatsachen, die ohne Weiteres dem Beweis zugänglich seien. Zu Unrecht bemängele die Klägerin sowohl die Objektivität des Vergleichs als auch die Frage der Nachprüfbarkeit.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 10.04.2003 Bezug genommen.

 

II.

 

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Klägerin steht der im Tenor ausgeurteilte Unterlassungsanspruch bezüglich der Ergebnisse zu den Fragen 2C, 7B, 10, 12, 13B, 14, 15B nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 1 UWG und bezüglich der Ergebnisse zur Frage 2B nach § 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 UWG zu.

 

1.

Bei der Umstellung des Berufungsantrags Nr. 2 hin zu dem im Termin vom 10.04.2003 gestellten Antrag gemäß Schriftsatz vom 04.04.2003 handelt es sich um eine nach § 264 ZPO zulässige Konkretisierung. In dem im Termin vom 10.04.2003 gestellten Berufungsantrag Nr. 2 werden sämtliche in dem Bericht (Anlage K 1) zu den "G. S." gestellten Fragen aufgelistet, die die Klägerin schon in erster Instanz beanstandet hatte (Klageschrift vom 16.09.2002, S. 3). Eine teilweise Klagerücknahme des mit der Berufungsbegründung zunächst angekündigten Berufungsantrags Nr. 2 ist mit dieser Umstellung nicht verbunden.

 

2.

Die Klägerin ist als unmittelbar Verletzte klagebefugt und aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte bringen Branchenbücher für M. heraus; sie haben denselben Kundenkreis und können sich mit ihren Angeboten gegenseitig behindern (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Einf, Rdn. 236). Die Klägerin ist als unmittelbar Verletzte berechtigt, Unterlassungsansprüche wegen unzulässiger vergleichender Werbung geltend zu machen (vgl. Köhler/Piper aaO § 2, Rdn. 64); unerheblich ist in diesem Kontext, ob sich die Ergebnisse in dem Bericht (Anlage K 1) nur auf die "G. S." für M. oder auf die "G. S." generell (über M. hinaus) beziehen. Gleichfalls ist in diesem Kontext unerheblich, ob die "G. S." bei den Ergebnissen auf bestimmte Fragen besser abgeschnitten haben als "D. M.".

 

3.

Dadurch, dass die Beklagte den Bericht (Anlage K 1) Dritten zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht hat, hat sie sich die Ergebnisse dieses Berichts zu eigen gemacht und zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt (vgl. BGH WRP 2002, 829, 831- Hormonersatztherapie).

4.

Bei der beanstandeten Verwendung des Berichts (Anlage K 1) durch die Beklagte zu Werbezwecken handelt es sich um vergleichende Werbung im Sinne des § 2 Abs. 1 UWG. Denn durch die Fragen zu Konkurrenzprodukten und die diesbezüglichen Ergebnisse werden konkurrierende Branchen- bzw. Telefonbücher (bzw. Internet-Homepages) und deren Herausgeber, darunter die Klägerin, die u.a. die "G. S." für M. mitherausgibt, ausdrücklich kenntlich gemacht.

 

5.

Soweit die Ergebnisse zu den "G. S." aus dem Bericht (Anlage K 1) zu den Fragen 2C, 7B, 10, 12, 13?, 14 und 15B betroffen sind, denen (mit Ausnahme zu Frage 2C) Ergebnisse zu entsprechenden Fragen bezüglich "D. M." gegenübergestellt werden, verstößt der Werbevergleich gegen die guten Sitten im Sinne von § 1 UWG. Denn es liegen keine objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, typische und nachprüfbare Eigenschaften der verglichenen Branchenbücher bzw. Internet-Homepages bezogenen Vergleiche vor.

 

a)

Soweit es um die Ergebnisse zu den Fragen nach Geschmacksurteilen (Fragen 7B, 10, 12, 13B und14) geht, handelt es sich nicht um Vergleiche, die sich objektiv auf wesentliche, relevante und typische Eigenschaften der verglichenen Branchenbücher bzw. Internet-Homepages beziehen. Allerdings ist der Begriff der Eigenschaft weit zu verstehen; maßgebend ist, inwieweit der angesprochene Verkehr eine nützliche Information für seine (Verbraucher-)Entscheidung erhalten kann; der Begriff der Eigenschaft erfasst nicht nur die physischen Beschaffenheitsmerkmale einer Ware oder Dienstleistung, sondern auch ihre tatsächlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Beziehungen zur Umwelt, soweit diese nach der Verkehrsanschauung für deren Brauchbarkeit und deren Wert von Bedeutung sind (vgl. Köhler/Piper aaO § 2, Rdn. 36). Durch die Werbung der Beklagten mit dem Bericht (Anlage K 1) werden (potentielle) Inserenten angesprochen, die Einträge in einem Branchenbuch für M. oder auf der diesbezüglichen Internet-Homepage vornehmen oder aufrechterhalten oder dort Anzeigen platzieren wollen. Geschmacksabhängige, d.h. die Wertschätzung durch den Verbraucher einbeziehende Aspekte eines Produkts können indes allenfalls - und so auch im Streitfall - dann Gegenstand eines zulässigen Eigenschaftsvergleichs im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG sein, wenn sie einen hinreichenden Tatsachenkern im Sinne einer Sachaussage über das Produkt enthalten (vgl. Henning-Bodewig GRUR Int. 1999, 385, 391 und Fn. 57; Berlit, Vergleichende Werbung, Rdn. 87; Scherer, WRP 2001, 89, 97; vgl. auch Senat OLGR 2000, 53 - Whopper). Das ist bei den Ergebnissen zu den Fragen 7B, 10, 12, 13B und 14 nicht der Fall; die Basis der jeweiligen subjektiven Wertungen bleibt im Dunkeln (vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 2 UWG, Rdn.11). Das gilt auch für die Frage 10 zu den Ordnungssystemen unter den Aspekten "Aktualität im Vergleich" und "Informationsgehalt im Vergleich".

b)

Soweit die Ergebnisse zu den Fragen 2C und 15B betroffen sind, liegen ebenfalls keine objektiv auf wesentliche, relevante und typische Eigenschaften bezogenen Vergleiche vor. Wesentlich im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine Eigenschaft dann, wenn ihre Bedeutung für den angesprochenen Verkehr im Hinblick auf die vorgesehene Verwendung des Produkts nicht völlig unerheblich ist (vgl. Köhler/Piper aaO § 2, Rdn. 40). Das Merkmal der Relevanz (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG) deckt sich weitgehend mit dem der Wesentlichkeit (vgl. Gloy/Bruhn, GRUR 1998, 226, 236). Typisch im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine Eigenschaft, die die Eigenart der verglichenen Produkte prägt und damit repräsentativ oder aussagekräftig für deren Wert als Ganzes ist (vgl. Köhler/Piper aaO § 2, Rdn. 43; Tilmann, GRUR 1997, 790, 796). Die Ergebnisse zu der Frage 2C, die auf den Vertriebsweg der "G. S." zu den Privathaushalten zielt, sind für Insertionsentscheidungen der angesprochenen Verkehrskreise insbesondere unter Berücksichtigung der Ergebnisse zu der Frage 2A betreffend die Verbreitung der "G. S." unerheblich; bei Frage 2C wird nämlich vorausgesetzt, dass die "G. S." in dem Haushalt, zu dem der Befragte gehört, vorhanden sind; dieser für Insertionsentscheidungen relevante Umstand ist bereits mit Frage 2A abgefragt worden. Nicht objektiv auf eine wesentliche, relevante und typische Eigenschaft bezieht sich auch der an Frage 15B anknüpfende Vergleich; die genannte Frage geht dahin, ob der Befragte die Werbung für die "G. S." schon einmal bemerkt hat; dabei handelt es sich um einen Randaspekt, der für Insertionsentscheidungen der angesprochenen Verkehrskreise unerheblich ist. Bei den Ergebnissen zu der Frage 2C mangelt es im Übrigen schon an einem Vergleich, weil diese Frage nur bezüglich der "G. S." gestellt wurde.

 

c)

Soweit es um die Ergebnisse zu den Fragen nach der Verbreitung (Frage 2A) und nach dem Nutzerverhalten (Fragen 1B, 3A, 3B, 3C, 3D, 5, 6, 8B und 9B) geht, handelt es sich um objektiv auf wesentliche, relevante, typische und nachprüfbare Eigenschaften der verglichenen Branchenbücher bzw. Internet-Homepages bezogene Vergleiche (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Der Begriff der Eigenschaft ist, wie erörtert, weit zu verstehen und erfasst nicht nur die physischen Beschaffenheitsmerkmale einer Ware oder Dienstleistung, sondern auch die tatsächlichen, wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Beziehungen zur Umwelt, soweit diese nach der Verkehrsanschauung für deren Brauchbarkeit und deren Wert von Bedeutung sind (vgl. Köhler/Piper aaO § 2, Rdn. 36). Für die angesprochenen Verkehrskreise sind bei Insertionsentscheidungen sowohl die abgefragte Verbreitung der konkurrierenden Branchenbücher in Privathaushalten als auch das abgefragte Nutzerverhalten von Privatleuten beim Gebrauch von Branchenbüchern bzw. Internet-Homepages von Bedeutung (vgl. auch OLG Hamburg, Urteil vom 24.06.1999 - 3 U 56/99 = NJWE-WettbR 1999, 276 f, in juris dokumentiert, zur Zulässigkeit des Werbevergleichs mit "Leser pro Ausgabe"). Anders als die vorstehend erörterten Geschmacksurteile haben sowohl die abgefragte Verbreitung als auch das abgefragte Nutzerverhalten jeweils einen Tatsachenkern, weshalb beides bei dem gebotenen weiten Verständnis als Eigenschaft der verglichenen Branchenbücher bzw. Internet-Homepages zu qualifizieren ist. Die Ergebnisse zu den vorstehend genannten Fragen nach der Verbreitung und nach dem Nutzerverhalten betreffen auch wesentliche, relevante und typische Eigenschaften (vgl. zu diesen Kriterien Berlit aaO Rdn. 89 ff).

Sowohl die abgefragte Verbreitung als auch das abgefragte Nutzerverhalten sind schließlich auch hinreichend nachprüfbar. Mit dem Kriterium der Nachprüfbarkeit ist die Unterscheidung zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen angesprochen (vgl. BGH WRP 1998, 1065, 1067 f - Preisvergleichsliste II). Vorausgesetzt wird, dass die bestimmte Eigenschaften vergleichenden Werbeaussagen einen objektiv nachprüfbaren Inhalt haben. Im Streitfall können die Ergebnisse zur abgefragten Verbreitung und die Ergebnisse zum abgefragten Nutzerverhalten durch Wiederholung einer repräsentativen Befragung bei derselben Zielgruppe überprüft werden; dies genügt; die Zulässigkeit eines Werbevergleichs erfordert nicht, dass der Verbraucher stets selbst in der Lage sein bzw. in die Lage versetzt werden muss, die sachliche Berechtigung der Werbeaussage zu überprüfen (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 84, 85 f; Berlit aaO Rdn. 115-116).

 

d)

Die übrigen, die Zulässigkeit eines Werbevergleichs ggf. hindernden Verbotstatbestände gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6 UWG sind im Streitfall bezüglich der Ergebnisse zu den Fragen nach der Verbreitung (Frage 2A) und nach dem Nutzerverhalten (Fragen 1B, 3A, 3B, 3C, 3D, 5, 6, 8B und 9B) nicht erfüllt. Insbesondere ist der Verbotstatbestand gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG (kein Bezug auf Waren für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung) nicht deshalb erfüllt, weil sich die Ordnungssysteme der Branchenbücher "D. M." und "G. S." unterscheiden; während die "G. S." die Branchenvertreter aus dem Gesamtgebiet alphabetisch auflisten, sind diese in "D. M." innerhalb der Branchen nach Stadtbezirken unterteilt. Ein Werbevergleich ist grundsätzlich auch bei nichtidentischen Produkten zulässig, sofern diese funktionsidentisch sind und aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise als Substitutionsprodukte in Betracht kommen (vgl. BGH GRUR 1999, 414, 415 - Vergleichen Sie; Köhler/Piper aaO § 2, Rdn. 33). Letzteres ist hier der Fall; aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich der (potentiellen) Inserenten, die Einträge in einem Branchenbuch für M. oder auf einer diesbezüglichen Internet-Homepage vornehmen lassen oder aufrechterhalten oder dort Anzeigen platzieren wollen, kommen die Branchenbücher "G. S." und "D. M." als Substitutionsprodukte in Betracht; diese erfüllen dieselbe Funktion, nämlich dem Verbraucher den Zugriff vor allem zu Adressen und Telefonnummern unter Branchenrubriken zu ermöglichen.

3.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Ergebnisse zu der Frage 2B nach § 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 UWG zu. In der Frage 2B wird die Ausgabe 1998 der "G. S." als die neueste Ausgabe der "G. S." bezeichnet, in Wirklichkeit existierte, wie unstreitig ist, zum Zeitpunkt der Befragung bereits die Ausgabe 01/02 der "G. S.". Die genannte Angabe ist irreführend, weil sie bei einem nicht unbeachtlichen Teil der situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher (Werbeadressaten) (vgl. zum maßgeblichen Verbraucherleitbild BGH WRP 2002, 527, 529 - Elternbriefe) die Vorstellung hervorrufen kann, die "G. S." erschienen nur alle vier Jahre oder in noch größeren Zeitabständen, was für Insertionsentscheidungen der angesprochenen Verkehrskreise etwa im Hinblick auf absehbare Adressenänderungen ein relevanter Gesichtspunkt ist. Die genannte irreführende Angabe macht den betreffenden Vergleich unzulässig. Dass im unteren Teil der Seite des Tabellenteils, auf der die Frage 2B bezüglich der "G. S." abgedruckt ist, in der linken Spalte zutreffend die seinerzeit neueste Ausgabe (2002) der "G. S." genannt wird, beseitigt die vorstehend erörterte Irreführung nicht, weil die Gefahr besteht, dass ein nicht unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise (Werbeadressaten) nur die Frage 2B (jeweils hinsichtlich "D. M." und hinsichtlich "G. S.") und nicht die zugehörigen Ergebnisse zur Kenntnis nimmt oder gleichwohl annimmt, nicht die Frage 2B, sondern die hierzu ausgewiesenen Ergebnisse seien fehlerhaft. Die vorstehenden Feststellungen zur Verkehrsauffassung kann der Senat kraft eigener Anschauung und Sachkunde treffen; einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Gestalt eines Umfragegutachtens bedarf es insoweit nicht.

 

4.

Im Übrigen steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Ergebnisse zu den Fragen 1B, 2A, 3A, 3B, 3C, 3D, 5, 6, 8B und 9B nicht nach § 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 UWG zu. Soweit die Klägerin geltend macht (Schriftsatz vom 04.04.2003, S. 5), der Bericht (Anlage K 1) berge eine Irreführungsgefahr, weil die Ergebnisse vom unbefangenen Werbeadressaten auf generelle Akzeptanzwerte aller Nutzer - nicht beschränkt auf Angehörige von Privathaushalten - missverstanden werden könnten, trifft dies nicht zu. Der situationsadäquat durchschnittlich aufmerksame, informierte und verständige Verbraucher (Werbeadressat) wird nicht nur den Tabellenteil des Berichts (Anlage K 1) zur Kenntnis nehmen, sondern auch die Einleitung und dort die Methodenbeschreibung auf Seite 3; dort wird unter "1.1 Grundgesamtheit" ausdrücklich erläutert, dass die Grundgesamtheit der Untersuchung alle während des Befragungszeitraums in Privathaushalten lebenden Personen ab 18 Jahren in M. Stadt erfasst. Damit ist für die angesprochenen Verkehrskreise ersichtlich, dass sich die Befragung nicht auf Gerichte, Behörden, Firmen oder Verbände erstreckte. Im Übrigen ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Beklagte den Tabellenteil isoliert ohne entsprechende Erläuterung verschickt oder verwandt hat. In dem Werbeblatt gemäß Anlage K 3, in dem Teilergebnisse aus dem Bericht (Anlage K 1) präsentiert werden, wird am Fuß des Blattes "zur Untersuchung" hinreichend deutlich darauf hingewiesen, dass im Auftrag der Beklagten NFO Infratest in der Stadt M. 508 Personen ab 18 Jahren in der Zeit vom 04.02.2002 bis 01.03.2002 zur Nutzung von D. M. /G. S. persönlich zu Hause befragt hat.

Soweit die Klägerin die Darstellung der Ergebnisse im Bericht (Anlage K 1) insbesondere zur Frage 2A zu den "G. S." für irreführend hält, weil in der rechten Spalte der Seite 1 des Tabellenteils Zahlen zum "Branchenbuch D. M." ausgewiesen werden (Schriftsatz vom 04.04.2003, S. 3), kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie erörtert, wird der verständige Verbraucher (Werbeadressat) nicht nur den Tabellenteil des Berichts (Anlage K 1) zur Kenntnis nehmen, sondern auch die Einleitung und dort die Hinweise zu den Tabellen auf Seite 7; dort wird hinreichend deutlich erläutert, dass in den Kopfaufrissen der Tabellen neben der Grundgesamtheit Teilgruppen ausgewiesen werden; eine solche gesondert ausgewiesene Teilgruppe sind, wie sich aus den Erläuterungen in den Tabellen ergibt, diejenigen, in deren Haushalt das "Branchenbuch D. M." vorhanden ist; diese Teilgruppe wird bei allen Fragen, die die "G. S." betreffen, ausgewiesen. Aufgrund der genannten Erläuterungen ist mit dieser Rubrik keine Irreführungsgefahr verbunden.

 

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97, § 92 Abs. 1 ZPO.

 

6.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und Satz 2 ZPO. Soweit die Beklagte hilfsweise beantragt hat, ihr für den Fall des Unterliegens nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, die auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes erbracht werden kann, ist eine gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht erforderlich.

 

7.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65, 66 f). Die Beantwortung der von der Klägerin für grundsätzlich erachteten Frage (Schriftsatz vom 04.04.2003, Seite 1), ob und mit welchem Inhalt vergleichende Werbung mit Umfrageergebnissen zulässig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

 

(Unterschriften)