Leitsätzliches
Werden bei ebay Eintrittskarten zu Bundesliga-Heimspielen zu einem höheren Preis weiterverkauft, als ihn der Bundesligist selbst fordert, so ist dieses Geschäftgebahren unzulässig.Es liegt eine Vertragsverletzung aufgrund des Verstoßes gegen die AGB vor. Weiter besteht ein Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG.
LANDGERICHT NÜRNBERG-FÜRTH
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 29 U 2681/03
Entscheidung vom 28. Juni 2007
Das Landgericht Nürnberg-Fürth, 1. Kammer für Handelssachen, erläßt durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. B.
in Sachen
...
wegen einstweiliger Verfügung
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2007 folgendes
Endurteil:
I. Die Beschlussverfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 08.05.2007 – 1 HKO 3849/07 – wird mit der Maßgabe bestätigt, dass in Ziffer I das Wort “Spiele” durch “Heimspiele” ersetzt wird.
II. Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 30 000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Ansprüche.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth erließ am 08.05.2007 antragsgemäß eine Beschlussverfügung, wie sie nachfolgend wiedergegeben wird:
I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend EUR oder einer am Geschäftsführer zu vollziehenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten –Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann– wegen jeder Zuwiderhandlung
untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Eintrittskarten für Spiele des Antragstellers weiter zu veräußern, insbesondere über Internet-Auktionshäuser und/oder zu einem höheren Preis, als ihn der Antragsteller selbst fordert.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Dagegen richtet sich der am 16.05.2007 bei Gericht eingegangene Widerspruch, der wie folgt begründet wird:
Der Antrag sei infolge zu weiter Fassung unzulässig. Er hätte auf Heimspiele des Verfügungsklägers beschränkt werden müssen.
Der Verfügungskläger habe zudem unzureichend dargelegt, wie seine AGB zwischen den Parteien vereinbart worden seien, nachdem er seine Ansprüche u.a. auf eine AGB-Verletzung stütze.
Es könne auch nicht von einer Behinderung des Verfügungsklägers i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG gesprochen werden.
Eine Verletzung von § 3 UWG sei nicht gegeben, da eine unlautere Handlung nicht darin liege, wenn sie von einem gegenüber dem Verfügungskläger gebundenen Dritten Karten erwerbe und diese weiter veräußere. Die bloße Ausnutzung des Vertragsbruchs eines Dritten sei grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Es entspreche dem Gedanken des Wettbewerbs, wenn bei “Angebotsverknappung” höhere Preise für die Karten zu zahlen seien. Dabei könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass es vorliegend nicht um Produkte gehe, mit denen elementare Lebensbedürfnisse gedeckt würden.
§ 14 AGB halte ohnehin einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB nicht stand. Das Verbot des Verkaufs der Karten zu einem höheren als dem aufgedruckten Preis (§ 14 AGB) verstoße gegen § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach dieser Vorschrift sei es unzulässig, zum Nachteil des Verbrauchers von § 433 BGB abzuweichen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt
Aufhebung der Beschlussverfügung und Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages sowie Auferlegung der Kosten auf die Verfügungsklägerin.
Der Verfügungskläger beantragt,
die Beschlussverfügung aufrechtzuerhalten und der Verfügungsbeklagten die weiteren Kosten aufzuerlegen.
Er macht geltend,
nach den AGB, die sowohl in den offiziellen Verkaufsstellen, als auch im Internet nachgesehen werden könnten, seien sowohl der gewerbliche Weiterverkauf von Eintrittskarten als auch ein privater Weiterverkauf über Internet-Auktionshäuser nicht gestattet.
Durch den gewerblichen Weiterverkauf verstoße die Verfügungsbeklagte gegen § 280 Abs. 1 BGB und betreibe auch unlauteren Wettbewerb gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 UWG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Das Gericht hat keinen Beweis erheoben.
Einverständnis gemäß § 349 Abs. 3 ZPO ist erklärt worden.
Entscheidungsgründe:
Aufgrund des eingelegten Widerspruchs ist die Rechtmäßigkeit der erlassenen Beschlussverfügung zu überprüfen (§§ 936, 925 Abs. 1 ZPO).
Diese Überprüfung führt zur Bestätigung der erlassenen Beschlussverfügung.
1.
Den Bedenken der Verfügungsbeklagten bezüglich der zu weiten Fassung der Beschlussverfügung wird dadurch Rechnung getragen, dass das Unterlassungsgebot auf “Heimspiele” beschränkt wird.
Dies dient allerdings nur der Klarstellung, da es ohne weiteres einsichtig ist, dass der Verfügungskläger “Auflagen.” für seine Eintrittskarten nur dann machen kann, wenn es sich um ein Heimspiel handelt.
2.
Der Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers gegen die
Verfügungsbeklagte ist begründet, da das Verhalten der Verfügungsbeklagten zu beanstanden ist.
a)
Unstreitig wurde die Verfügungsbeklagte vor Beantragung der Beschlussverfügung mit Telefax vom 24.04.2007 abgemahnt. In dieser Abmahnung wird deutlich darauf hingewiesen, dass der Verfügungskläger seine Karten nur über seine Marketinggesellschaft und von dieser beauftragte Vorverkaufsstellen vertreibt; ferner erfolgte der Hinweis, dass ein gewerblicher Weiterverkauf und das Angebot der Karten bei Internet-Auktionshäusern vertragsstrafenbewehrt untersagt ist.
Letztlich weist der Verfügungskläger auch auf seine AGB hin, die u.a. auf der offiziellen Internet-Seite des Verfügungsklägers eingesehen werden können.
Überdies ist davon auszugehen, dass der Verfügungsbeklagten die Beschränkungen des Kartenverkaufs bekannt sind, da sie als “Event-GmbH” gewerblich mit dem Weiterverkauf von Karten, auch für Fußballspiele befasst ist, wie sich aus ihren eigenen AGB (vgl. Anlagen Klagepartei) ergibt.
Schließlich ist daran zu erinnern, dass sich das OLG Hamburg bereits in seiner Entscheidung vom 03.02.2005 (vgl. NJW 05, 3003) mit der Frage befasst hat, inwieweit ein gewerblicher Weiterverkauf von Karten für Bundesligaspiele durch AGB des Veranstalters untersagt werden kann. Es ist davon auszugehen, dass diese Entscheidung, welche die Interessen der Verfügungsbeklagten unmittelbar berührt, dieser nicht unbekannt geblieben ist.
Letztlich ist darauf zu verweisen, dass die Verfügungsbeklagte ihr Verhalten im Prozess als rechtmäßig darstellt, ohne deutlich zu machen, dass ihre Ausführungen ausschließlich der Rechtsverteidigung dienen.
b)
Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Verfügungsbeklagte bewusst über die Bezugsbeschränkungen des Verfügungsklägers hinweggesetzt hat, um ihr Geschäftsmodell zu
verwirklichen, nämlich den Verkauf von Karten zu höheren als den Einstandspreisen.
Hierin liegt eine Pflichtverletzung des Kaufvertrages, welcher den Unterlassungsanspruch rechtfertigt. § 280 Abs. 1 BGB, welcher die Rechtsfolgen einer Pflichtsverletzung aus dem Schuldverhältnis (hier: Kaufvertrag) regelt, ist nämlich über den Wortlaut hinaus dahingehend anzuwenden, dass er einen Unterlassungsanspruch gibt (vgl. Palandt-Heinrichs, 66. Aufl., § 280 BGB, Rn. 33).
3.
Der Anspruch des Verfügungsklägers ist auch aus § 3 UWG gerechtfertigt, der das Verbot unlauterer Wettbewerbshandlungen statuiert.
a)
Es besteht kein Zweifel, dass die Parteien auf dem Markt des Verkaufs von Karten für Fußballspiele in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG).
b)
Es sind besondere, die Unlauterkeit begründende Elemente vorhanden, welche über die “reine Vertragsverletzung” hinausgehen und die Anwendung des Wettbewerbsrechts rechtfertigen. Es geht daher nicht um die bloße Ausnutzung des Vertragsbruchs (vgl. hierzu BGH in GRUR 00, 724 – Außenseiteranspruch II).
(1)
Der Verfügungskläger hat ein schützenswertes Interesse daran, dass sich keine Schwarzmarktstrukturen bilden, welche die berechtigten Interessen des Verfügungsklägers nachhaltig schädigen.
(2)
Es wird nicht verkannt, dass auch der Verfügungskläger wirtschaftliche Interessen verfolgt und durch den Kartenverkauf möglichst hohe Einnahmen erzielen will. Daneben hat er aber auch auf seine Fans Rücksicht zu nehmen. Deren Interesse geht naturgemäß dahin, neben den “normalen” Punktspielen auch sogen. “Spitzenspiele” zu normalen Preisen besuchen zu können. Dies wird durch das Geschäftsmodell der Verfügungsbeklagten jedoch verhindert. Es liegt auf der Hand, dass sich die Verfügungsbeklagte gerade für “Spitzenspiele” größere Kontingente von Eintrittskarten sichert und diese zu weit höheren, als den Einstandspreisen weiterveräußert. Damit wird den Fans, die über normale Einkommen verfügen, der Besuch von Spitzenspielen praktisch unmöglich gemacht, da sie wohl eher nicht in der Lage sind, die von der Verfügungsbeklagten verlangten hohen Preise (vorliegend 147,50 EUR) zu bezahlen.
(3)
Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass eine Nachahmungsgefahr besteht, welche den Wettbewerb im Kartenverkauf der Bundesligavereine nachhaltig zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. OLG Hamburg in NJW 05, 3003).
(4)
Letztlich leidet auch die Seriosität des Verfügungsklägers, da Außenstehende, denen die Strukturen des Kartenverkaufs nicht im einzelnen geläufig sind, den Eindruck gewinnen können, der Verfügungskläger sei nicht ausreichend tätig, um den Kartenverkauf zu überhöhten Preisen zu unterbinden.
4.
Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Verfügungsbeklagte auf die Vorschrift des § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen kann.
a)
§ 475 Abs. 1 Satz 1 BGB verbietet es, vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer zum Nachteil des
Verbrauchers von u.a. § 433 BGB abzuweichen.
Insoweit beruft sich die Verfügungsbeklagte darauf, dass der Käufer eines kleinen Inhaberpapiers i.S.d. § 807 BGB damit nach Belieben verfahren kann, insbesondere sie auch zu einem höheren Preis weiterveräußern darf.
b)
Die Verfügungsbeklagte kann sich schon deshalb nicht auf die Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen, da sie kein Verbraucher ist. Sie erwirbt die Karten vielmehr im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit (vgl. § 13 BGB) und unterfällt insoweit nicht dem Schutzbereich des § 475 BGB.
5.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Da lediglich eine Klarstellung erfolgte, ist eine “Klageabweisung” im übrigen nicht veranlasst.
(Unterschriften)